Eingehaucht

Aufnahme und Mikrofonierung akustischer Gitarren ist und bleibt ein Thema für sich. Im Studio zeitaufwendig, also kostenintensiv, auf der Bühne oft problematisch, suchen Gitarristen seit Jahren nach praktikablen und vor allem gut klingenden Alternativen. Der Hersteller Fishman liefert mit den Aura Imaging Pedals eine viel versprechende Lösung. 

Von Michael Nötges 

Während der diesjährigen Musikmesse hat der amerikanische Tonabnehmer-Spezialist Fishman den Star-Gitarristen Jacques Stotzem zur Präsentation der neuen Aura Imaging Pedals verpflichtet. Mit dem virtuosen Spiel auf seiner Martin-Signature-Gitarre verwandelte der Belgier den Messestand bei jedem Auftritt in einen Konzertsaal und zeigte, wozu das neue Musiker-Gitarren-Effektpedal-Trio fähig ist. Das Ergebnis überzeugt uns derart, dass wir diese jüngste Innovation von Fishman direkt von der Musikmesse zum Test bestellten.

In der Reihe der neuen Aura-Bodentreter gibt es sechs Spezialisten, die jeweils auf unterschiedliche Gitarrentypen – Jumbo, Dreadnought, Orchestra, Concert, 12-String und Nylon (siehe Kasten) – zugeschnitten sind. Jeder Treter bietet 16 auswählbare Klang-Charakteristiken für die jeweilige Gitarren-Bauform. Konzeptionell richten sich die Aura Imaging Pedals an Akustik-Gitarristen, die zu jeder Zeit – auf der Bühne oder im Homestudio – ohne viel Aufwand Gitarren-Aufnahmen anfertigen wollen, ohne sich Gedanken über Raumakustik, Mikrofone oder Vorverstärker machen zu müssen. Aber auch Produzenten mit starker Affinität zu akustischer Gitarrenmusik, sollten ihre wachen Ohren spitzen – die Aura Imaging Pedals könnten ihren Recording-Alltag verändern.

Die neuen Aura Acoustic Imaging Pedals folgen technisch dem mittlerweile vergriffenen Aura Imaging Blender und wollen Signale von Piezo- oder magnetischen Schallloch-Tonabnehmern einer Akustikgitarre wie amtliche Studio-Aufnahmen klingen lassen. Dafür sorgt die sogenannte Imaging Technology, die von Fishman in Zusammenarbeit mit dem japanischen Pro-Audio-Spezialsten Akai entwickelt wurde. Die Technik soll mittels digitaler Faltung dem oft künstlichen und platten Tonabnehmer-Sound zu einem Klangbild verhelfen, das wie eine akustische Aufnahme klingt. Für die Ermittlung der dazu notwendigen mathematischen Algorithmen wurden unterschiedliche Gitarrentypen – über Marken und Modelle für die einzelnen Presets schweigt sicher der Hersteller aus – in einem gut klingenden Raum und parallel über das jeweilige Tonabnehmer-System aufgenommen. Details lässt sich Dave Fournier, Leiter der Produktentwicklung bei Fishman, nur soweit entlocken, dass er die verwendeten Mikrofone und den Vorverstärker nennt: „Wir verwenden unter anderem AKG 414, DPA 4011, Neumann KM 84, KM 184, M 147, U 47 und U 87, sowie Schoeps CMC64, Shure Beta 58 oder das Soundelux E47. Als Mikrofon-Vorverstärker dient der Millenia HV-3D.“ Durch aufwändige Analysen der Phasenverläufe und Frequenzspektren ermitteln die Entwickler die notwendigen Parameter, die in komplexen mathematischen Prozessen schlussendlich das akustische Abbild der Aufnahmen zu errechnen. Hierdurch bleibt, und darauf sind die Entwickler besonders stolz, der individuelle Klang der Gitarre erhalten, wird aber sozusagen mit den akustischen Informationen der Mikrofonaufnahme angereichert. 

Schon beim ersten Kontakt erfreuen die enorme Robustheit, die vorzügliche Verarbeitung und das edle Design der schwarz-silbernen Alu-Kästchen. Allerdings wiegt das kompakte Metall-Brikett auch gute 600 Gramm, die das Aura Imaging Pedal aber auch standfest machen. Boden- und Rückplatte bestehen aus vier Millimeter dickem Aluminium, die insgesamt acht Imbusschrauben sind akkurat versenkt, Kanten abgeschrägt und die Ecken elegant abgerundet. Am Boden mit rutschfesten Gummi-Applikationen ausgestattet, trotzt das kleine Gerät auch heftigsten Fußattacken und macht sich selbst im hitzigen Live-Betrieb nicht selbstständig.

Alle Aura Imaging Pedals haben einen unsymmetrischen 6,35-mm-Klinken-Ein- und Ausgang von guter Qualität – die Klinkenstecker sitzen sicher in ihrer Buchse. Die Stromversorgung wird über einen 9-Volt-Block intern oder über ein externes Netzteil sichergestellt. Ärgerlich, dass weder das Eine noch das Andere im Lieferumfang enthalten ist. Das aus klanglichen Gründen empfohlene Original-Netzteil (Fishman 910-R) kostet rund 30 Euro zusätzlich. Laut Fishman hält eine 9-Volt-Batterie rund 27 Stunden. Allerdings sollte immer darauf geachtet werden, dass man nach Gebrauch den Instrumenten-Stecker aus der Eingangs-Buchse entfernt, da sonst das Pedal eingeschaltet bleibt. Vergessliche Typen sollten deswegen immer die eine oder andere Ersatztbatterie im Gitarrenkoffer haben. Doch spätestens beim ersten Versuch, den 9-Volt-Block aus dem Batteriefach zu entfernen, kommt Frust auf, denn die Batterie ist mit bloßer Hand kaum zu entnehmen, allzu leicht brechen dem Gitarristen bei diesem Geschicklichkeitsspiel die akkurat gefeilten Nägel ab. Hilfreich ist aber beispielsweise ein stabiler Kugelschreiber oder Schraubendreher. Beruhigend ist, dass eine rote LED auf der Oberseite des Gerätes rechtzeitig über einen bevorstehenden Batteriewechsel informiert, da ein schnelles Austauschen während eines Konzerts kaum möglich ist. 

Der seitlich im Gehäuse eingelassene Trim-Regler für den Eingang kann mit Plektrum, Daumennagel oder einem Ein-Cent-Stück justiert werden. Der Eingangspegel ist optimal eingestellt, wenn die Übersteuerungs-LED – dieselbe zeigt auch den Batterie-Status an – bei heftigem Anschlag gelegentlich aufleuchtet. Den Ausgangspegel bestimmt dagegen einer der drei handlichen und leichtgängigen Alu-Dreh-Knöpfe. Der Blend-Regler bestimmt das Verhältnis von Tonabnehmer-Signal und beigemischten Image (Effekt-Signal). Das reine Pick-up-Signal erhält man folglich, wenn dieser Regler auf Linksanschlag steht, hundert Prozent Effekt-Anteil dagegen, wenn der Regler auf Rechtsanschlag steht. Etwas größer als seine beiden Geschwister und deshalb von denen deutlich zu unterscheiden ist der Select-Regler. Das Rasterpoti wählt zuverlässig eines der 16 vorgefertigten Klangbild-Presets aus, das dann, mit dem Tonabnehmer-Signal verrechnet, einen entsprechenden Klangcharakter ergibt. Per Schiebe-Schalter kann zudem die Phase um 180 Grad gedreht werden, um zum einen – wie wir durch den Praxistest bestätigen können – Rückkopplungseffekte bei hohen Lautstärken zu vermeiden oder bei niedrigen Pegeln die Basswiedergabe zu verbessern. Zur Aktivierung des Imaging-Effekts muss man den satt klickenden Fußschalter betätigen. Dann leuchtet eine weiße LED, die gerade in dunklen Umgebungen bestens zu erkennen ist und ganz nebenbei dem Gerät auch noch ein besonderes Aura verleiht. Hält man den Fußschalter zirka drei Sekunden gedrückt, schaltet sich das Imaging Pedal in den Mute-Modus: Erlischt jetzt die LED, ist das Signal stumm geschaltet. Ein sehr praktisches Feature, um in Konzertpausen das Gitarrensignal abzuschalten. 

Auch bei den Messungen im Labor von Professional audio Magazin zeigt das Aura Imaging Pedal seine Sonnenseiten. Wir messen in den Presets Dreadnought-, Jumbo- und Concert-Modell und stellen, bis auf die erwartungsgemäß unterschiedlichen Frequenzgänge bei eingeschaltetem Preset, keine wesentlichen Unterschiede bei den elektroakustischen Messwerten fest. Fremdspannungs- und Geräuschspannungsabstand liegen immer bei ausgezeichneten 87,6 und 90,7 Dezibel und belegen, dass Fishman hier auf hohem Niveau spielt, störendes Rauschen oder Brummen ist weder während einer Aufnahmesitzung noch auf der Konzertbühne zu erwarten. Selbst als wir das Pedal starken magnetischen Störfeldern, wie sie insbesondere auf der Bühne immer wieder auftreten können, aussetzen, zeigt es sich unerschütterlich: von störendem Brumm keine Spur. Der Klirrfaktor liegt bei guten 0,5 Prozent. Das FFT-Spektrum (siehe Diagramm) zeigt, dass die angenehm klingende zweite harmonische Verzerrung k2 sehr stark ausgeprägt ist und so maßgeblich für den erhöhten Klirr, aber auch sicher für die vom Hersteller beabsichtigen Klanggestaltung verantwortlich zeichnet.

Im ausführlichen Hör- und Praxis-Test von Professional audio Magazin fertigen wir Aufnahmen mit einer Lakewood M-14 CP Stellstring-Gitarre (Bauform: Grand Concert) mit Tonabnehmer-System an. Zum einen nehmen wir die Gitarre mit verschiedenen Presets des Aura Imaging Pedals, dann mit dem sehr neutralen Großmembran-Mikrofon M 930 von Microtech Gefell (6/2007) und schließlich mit dem, in den unteren Mitten etwas kräftigeren, D-196 von Milab (Test, Seite 26) auf. Selbst bei zugedrehtem Blend-Regler klingt bereits das Pick-up-Signal sehr direkt und leicht veredelt. Latenzen beim Spielen durch den eingebauten Analog Devices Blackfin(r) 32-Bit-DSP mit 24-Bit-Wandler von AKM, sind Fehlanzeige. Das Aura Imaging Pedal macht sich langsam und behutsam an den suboptimalen Ton heran und beginnt hier bereits zu wirken. Wir stellen nun den Blend-Regler auf ein Uhr und nehmen ein kurzes Fingerpicking und ein Akkord-Strumming nacheinander mit den 16 unterschiedlichen Klangbildern auf. Nach konzentriertem Durchhören der Takes ist klar, klanglich lassen sich die Presets in drei Gruppen aufteilen: Eine Gruppe fasst durchsichtige, aber auch harte Klangbilder mit einem ausgeprägtem Höhen-Anteil Versehene zusammen (Presets 1, 3, 4, 7, 12, 13, 16). Die nächste Gruppe bietet Varianten im Banjo-Stil, die sehr mittig und durchsetzungsstark klingen und wenig Bauch haben (Presets 2, 5, 8, 10, 15). Wobei sich das Mittenspektrum jeweils stark unterscheidet. Gruppe drei zeichnet sich durch eher bauchige, aber ansonsten sehr ausgeglichene Charakteristika aus (Presets 6, 9, 11, 14). Das Schöne bei allen Einstellungen ist, dass der Charakter des gespielten Instruments nicht verloren geht, sondern ihm vielmehr eine zweite Seele eingehaucht wird, dessen Intensität aber glücklicherweise über den Blend-Regler je nach Geschmack einstellbar ist. Klanglich ist nicht jedes Preset unmittelbar überzeugend, jedoch ist der typische Piezo-Sound, der dem Klang eine eigentümliche Künstlichkeit und schlechte Höhen-Wiedergabe verleiht, wie weggeblasen. Je nach Arrangement können sich die mitunter sehr mittigen und eingegrenzten Sounds (Preset 5) hervorragend im Mix durchsetzen, beziehungsweise Klangbilder mit leichtem Mitten-Loch (Preset 14) den Vocals oder Keyboards mehr Luft lassen. Einige eignen sich perfekt für Finger-Stilisten (Preset 3, 6), andere punkten besonders als frische Begleitgitarren in komplexen Arrangements (Preset 12, 13). 

Schlussendlich treten wir den direkten Vergleich mit den Mikrofon-Aufnahmen an. Die Vorteile des Aura Imaging Pedals liegen sofort auf der Hand: Es gibt keine Nebengeräusche – abgesehen von den Spielgeräuschen –, die Aufnahme geht schnell und ohne langes Ausprobieren unterschiedlicher Mikrofone und deren Positionen vonstatten und klanglich zeigen sich mehr als ordentliche Ergebnisse. Dabei bieten die Presets eine flexible Palette für unterschiedliche Einsatzzwecke. Außerdem treten auch bei hohen Pegeln keine Feedbacks auf, so dass das Aura Imaging Pedal im Live-Betrieb entscheidende Vorteile bietet. Klanglich zeigt sich unsere Lieblings-Einstellung (Preset 6) sehr frisch in den Höhen mit angenehm ausgewogene Mitten und einem perlenden Anschlag. Lässt man die Klangfarbe einmal außen vor, klingen die Mikrofon-Aufnahmen aber doch noch ein Quäntchen natürlicher und insbesondere die Auflösung und das Impulsverhalten des M 930 bleibt unerreicht. Auch das D-196 liefert in Bezug auf die detailgetreue Wiedergabe ein etwas organischeres Resultat, was insgesamt dem Original näher kommt. Lautet die Maxime, das Instrument so gut es geht abzubilden, ist das Aufzeichnen mit exzellenten Mikrofonen, Vorverstärkern und Wandlern nach wie vor erste Wahl. Abgesehen von den entsprechenden Kosten braucht man dafür einen Raum mit guter Akustik und einen gut ausgebildeten Techniker, der weiß, wie das Instrument ideal in Szene gesetzt wird. Die Aura Imaging Pedals klingen hingegen sehr unmittelbar, etwas weniger transparent als die perfekte Mikrofonierung, dennoch insgesamt sehr gut und hauchen dem flachen Tonabnehmer-Signal den edlen Klang amtlich mikrofonierter Akustik-Gitarren ein. 

Fazit

Für den Live-Betrieb sind die Aura Imaging Pedals absolut zu empfehlen. Sie klingen ausgezeichnet, sind robust und für diesen Zweck eine unkomplizierte und flexible Lösung. Klangpuristen mögen weiter auf aufwendige Mikrofonierungen schwören, aber auch im Studio werden die Aura Imaging Pedals professionellen Ansprüchen gerecht. Für rund 345 Euro sind die Edel-Bodentreter für anspruchsvolle Akustikgitarristen eine sinnvolle Investition.

Bauformen Westerngitarren


Die unterschiedlichen Bauformen von Western- oder Steelstring-Gitarren definieren sich über deren konstruktionsbedingte und klangliche Eigenschaften, wie sie im wesentlichen schon im 19. Jahrhundert von C.F. Martin (1796 – 1873) und Orville H. Gibson (1856 – 1918) entwickelt wurden. Entscheidend ist die Breite des Korpus (ausladenste Stelle), die zwischen 13 und 16 Zoll, das entspricht zirka 33 beziehungsweise 40 Zentimetern, liegt. Heute haben sich vier grundlegende Kategorisierungen durchgesetzt: Jumbo, Dreadnought, Concert und Orchestra. Um eine kurze Charakterisierung bat Professional audio Magazin den Experten Christian Stoll, der nicht nur zahlreiche Bücher über Gitarrenbau geschrieben hat, sondern auch seit über 25 Jahren eigene, mit zahlreichen Auszeichnungen gekrönte Instrumente baut: 

„Die größte der genannten Bauformen ist die Jumbo, die klassische Country-Gitarre der 1950er-Jahre. Sie ist im Laufe der Zeit zum unverzichtbaren Werkzeug der Singer-Songwriter geworden, da ihr Frequenzspektrum die menschliche Singstimme ideal ergänzt und unterstützt. 
Am weitesten verbreitet unter den Stahlsaitengitarren ist die Dreadnought. Die wörtliche Bedeutung „nichts fürchtend“ wurde erstmals für einen bestimmten Typ von Kriegsschiffen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verwendet. Der Name ist bei dieser Gitarre Programm. Sie klingt laut und kraftvoll mit dominanten Bässen. Die Dreadnought wird universell eingesetzt, um den typischen Steelstring-Gitarrensound zu erzielen.
In die Gruppe ‚Concert’ fallen die Instrumente, die basierend auf den Entwürfen der frühen Martin-Gitarren des ausklingenden 19. Jahrhunderts und deren Weiterentwicklungen gebaut werden. Sie sollen einen sensiblen und doch im kleinen Konzertrahmen durchsetzungsfähigen Ton produzieren. Im Großen und Ganzen handelt es sich dabei um eine Gitarrenform, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus den vorher üblichen Parlourgitarren entwickelt wurde.
Die Orchestra-Gitarren, die auch Auditorium genannt werden, ähneln in der Größe etwa einer modernen klassischen Gitarre, sind aber breiter und verfügen über ein etwas kantigeres Äußeres. Die Gitarre hat durch ihre längere Mensur ein deutlich schärferes und aggressiveres Klangbild. Die Orchestra-Modelle gehen auf das 000-Modell der Firma Martin zurück und unterscheiden sich von diesem durch die Verlegung des Hals-Korpus-Übergangs auf den 14. Bund. Der hauptsächliche Einsatzbereich dieses Gitarrentyps liegt heute beim Finger-Picking.“

 

Erschienen in Ausgabe 05/2008

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 345 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut