Compressione speciale italiano

Das Dynamics 2806 Modul des italienischen Herstellers Frap Audio wartet mit einer speziellen Kombination aus Kompressor und Expander auf. Damit soll es nicht nur fürs technische Eindämmen der Signaldynamik hervorragend geeignet sein, sondern sich auch als kreativ-flexibles Sounddesignwerkzeug empfehlen. Wir haben die Probe aufs Exempel gemacht.

von Georg Berger

Das italienische Unternehmen Frap Audio ist noch relativ kurz im weiten Rund der Tonstudio-Technik unterwegs. Doch ihre Firmengründer und Angestellten sind trotzdem alte Hasen im Business, denn unter der Firmenbezeichnung „Frap Tools“ produzieren sie in Modena seit einiger Zeit erfolgreich Synthesizer-Module im Eurorack-Format. Mit dem zum Test anstehenden einkanaligen Dynamics 2806 Modul feiert Frap Audio jetzt seinen Einstand im Markt. Das im populären API 500-Format konstruierte Modul enthält einen Kompressor und einen Expander, die sich nach allen Regeln der Kunst detailliert einstellen lassen, um lautes leiser und leises, noch leiser zu machen. Mehr noch stehen beide Prozessoren nicht isoliert für sich, sondern interagieren miteinander. Dabei hat sich Frap Audio bei der Konstruktion ihres Prozessors vom ADR Compex F760X Kompressor inspirieren lassen, wie mir Frap Audio Mitarbeiter Giovanni Grandi verrät. Kostenpunkt: 1.330 Euro. Damit rangiert der Frap Audio Dynamikknecht auf Augenhöhe zu Highend-Mitbewerbern wie SSL, Chandler Limited, Rupert Neve Designs, Great River oder API, die für ihre Kompressor-Module ähnliche oder sogar noch höhere Preise aufrufen. Das weckt natürlich Erwartungen an den Klang und die enthaltenen Features. Später dazu mehr. Konzeptionell soll sich das 2806-Modul durch eine gleichsam einfache Bedienung wie auch flexible Einsatzmöglichkeiten auszeichnen, um dem Anwender ohne viel Mühen stets professionelle Ergebnisse zu liefern. Zusätzlich wurde Wert auf ein möglichst geradliniges Schaltungsdesign gelegt, das frei von unnötigen Zwischenstufen im Audiopfad ist. So werkeln zwei separate Sidechain-Steuerschaltkreise im Inneren des Moduls – einer für den Kompressor, der andere für den Expander – die gemeinsam auf einen Verstärkerschaltkreis einwirken. Der Kompressor-Sidechain ist dabei Feed-Back und der Expander-Sidechain auf Feed-Forward geschaltet (siehe Kasten auf Seite xx). Zudem offeriert das Modul verschiedene teils nicht selbstverständliche Features und Arbeitsmodi, die für die versprochene Flexibilität sorgen. Doch genug der Vorrede, schauen wir uns das Modul einmal näher an.

Geradlinigkeit und Flexibilität

Das Modul nimmt zwei Slots im Rahmen ein und verfügt somit über zwei Ein- und Ausgänge. Allerdings dienen die nicht für den Stereobetrieb. Vielmehr fungiert der zweite Input als Sidechain-Eingang, mit dem sich der Steuerschaltkreis von externen Signalen steuern lässt. Der zweite Ausgang leitet als Auxiliary-Output je nach Betriebszustand das unbearbeitete oder bearbeitete Signal heraus. Eine Link-Funktion zum Verkoppeln eines zweiten 2806-Moduls für den Stereobetrieb ist nicht vorgesehen. Solch ein Feature würde laut Frap Audio lediglich einen faulen Kompromiss im Vergleich zu einem reinrassigen Stereogerät darstellen. Das ist zwar nachvollziehbar, aber trotzdem schade. So müssen Einstellungen, so man einen zweiten 2806 dafür besitzt, mühsam an beiden Modulen vorgenommen werden.

Einmal mehr sehe ich beim Betrachten des Innenlebens eine qualitativ hochfeine Verarbeitung. Bauteile wie WIMA-Kondensatoren, ein 2181 Verstärker der THAT Corporation und ein Lundahl LL1585 Ausgangsübertrager zeugen vom Qualitätsanspruch des Herstellers, was dem Kunden nur zu Gute kommt.

Die Frontplatte wirkt auf den ersten Blick wüst mit Drehreglern vollgestopft. Ein näherer Blick zeigt nach kurzer Zeit aber ein durchdachtes Layout der Regler. So sind die Bedienelemente des Kompressors in der oberen und die des Expanders in der unteren Hälfte verbaut. Links ist eine LED-Meter-Kette eingelassen, die Auskunft über die Pegelreduktion gibt. In der Mitte der Frontplatte finden sich eine Reihe kleiner Kippschalter sowie der Makeup-Gainregler und ein Parallel-Parameter, der das durchgeleitete unbearbeitete Signal bei Bedarf zum prozessierten hinzumischt, also ganz so, wie es auch an einem Mischpult geschehen würde. Beide Output-Parameter heben sich mit ihren silbrigen Drehknöpfen anschaulich vom Rest der in schwarz gehaltenen Bedienelemente deutlich ab. Ein weiterer Hingucker sind die beiden Threshold-Knöpfe, die sich durch ihre Größe vom Rest der Drehgeber absetzen und somit die zentrale Rolle unterstreichen, die der Parameter bei der Arbeit der Prozessoren einnimmt.

Kombination aus Kompressor und Expander

Zusammen mit dem Ratio-, Attack- und Releaseregler finden sich in der Kompressorsektion die üblichen Verdächtigen. Sehr schön: Über den Contour-Regler kann ich ein Hochpassfilter einstellen, das im Sidechain tiefe Frequenzen ausfiltert, die mitunter zu unerwünschten Ergebnissen führen können. Dank des Filters hört der Kompressor schließlich nur auf die Frequenzen/Bereiche auf die es ankommt. Somit verfügt das 2806-Modul schon einmal über ein Feature, das zwar bekannt, aber nicht selbstverständlich ist. Weiter geht’s mit zwei Druckschaltern. Beim Betätigen des Classic-Schalters kann ich zwischen zwei Zeitbereichen für Attack und Release auswählen, was auch erklärt, warum es keine Zeitangaben an den Skalen der Parameter gibt. Im Classic-Modus sind die Zeiten länger ausgelegt. In dem Modus sollen Pumpeffekte möglich sein, dafür aber keine Verzerrungen bei allzu niedrigen Zeiteinstellungen hörbar sein. Ein Druck auf den Priority-Schalter gibt dem Kompressor sozusagen Vorfahrt bei der Signalverarbeitung. Erst wenn dort die Signalbearbeitung endet, setzt der Expander mit seiner Arbeit ein. Ansonsten arbeiten beide Prozessoren simultan.

Die Expander-Sektion wartet ebenfalls mit sattsam bekannten wie auch besonderen Parametern auf. Über den Expand-Regler bestimme ich, wie stark die Lautstärkeabsenkung nach unterschreiten des Threshold-Werts erfolgen soll. Via Attack und Release bestimme ich, wie rasch dies geschehen und wie lange es dauern soll, bis die Absenkung wieder aufgehoben wird. Besonderheit hier: Anders als im Kompressor verfügt der Expander über ein separat einstellbares Hoch- und Tiefpassfilter, die im Sidechain ein ungleich zielgerichteteres Definieren des relevanten Frequenzbereichs erlauben, auf die der Detektor-Schaltkreis hören soll.

Zwei Sidechains, ein Verstärker

Schlussendlich werfe ich noch einen näheren Blick auf die vorhin erwähnten Kippschalter in der Mitte, hinter denen sich weitere pfiffige und teils nicht alltägliche Features finden. Eher banal fällt zunächst der Bypass-Schalter in den Blick. In Bypass-Stellung wird das Signal als Hard-Bypass direkt an den Ausgang durchgereicht. In Stellung „off“ haben die Prozessoren Pause, aber das Signal geht durch den Verstärkerschaltkreis, der bei Bedarf für ein Quäntchen analoger Klangfärbung sorgen soll. In Stellung „On“ arbeitet das Modul ganz normal.

Mithilfe des SC-Schalters kann ich Signale, die am externen Sidechain-Eingang anliegen, in den Steuerschaltkreis des Kompressors einspeisen, wo es wahlweise ausschließlich oder in Summe mit dem Nutzsignal werkeln kann. In der dritten Stellung steuert das externe Signal ausschließlich den Expander. Soweit so gut und so bekannt. Weiter geht’s mit dem Listen-Schalter, der es erlaubt, die gefilterten Sidechain-Signale zwecks Feineinstellung wahlweise im Kompressor oder Expander solo abzuhören. Auch dieses Feature ist zwar nicht unbekannt, aber auch keine Selbstverständlichkeit. Eine Besonderheit versteckt sich schließlich hinter dem Ref(erence)-Schalter: Obwohl der Kompressor über eine Feed-Back-Architektur reguliert wird, lässt sich das Sidechain-Signal in Stellung „Pre“ wahlweise vor das Makeup-Gain oder in Stellung „Post“ dahinter routen. In „Off“-Stellung ist der Kompressor übrigens deaktiviert und es arbeitet lediglich der Expander. Die Pre-Stellung stellt hierbei sozusagen den Normalfall dar bei dem alle Regler und Parameter so arbeiten wie erwartet. In Stellung „Post“ ändert sich das aber: Jetzt fungiert der Makeup-Gain-Regler, ähnlich wie beim Urei 1176, als Input-Regler und der Threshold-Parameter als Output-Regler. In Konsequenz sollen in diesem Modus bessere Ergebnisse in Sachen Durchschnittspegel erzielbar sein.

Alles in allem verfügt der Dynamics 2806-Prozessor tatsächlich über eine Reihe  bekannter, aber nicht selbstverständlicher Funktionen, die ihn von den Mitbewerbern deutlich absetzt. Das alles will erst einmal verstanden sein, bevor sich souverän mit den sich bietenden Möglichkeiten arbeiten lässt und man weiß, welche Ergebnisse damit erzielbar sind.

Vielseitig einsetzbar

Im Hör- und Praxistest verzichte ich daher zunächst auf die ganzen Zusatzfeatures und beschränke mich auf die rein klassischen Funktionen und Verhaltensweisen, um dann nach und nach in die weiteren Funktionen einzutauchen. Beim gemeinsamen Einstellen von Kompressor und Expander werde ich unweigerlich an den klassischen SSL-Konsolen-Channelstrip erinnert, der ebenfalls über beide Dynamik-Prozessoren verfügt. Unterschied: Im Vergleich zu den überschaubaren Einstellmöglichkeiten des SSL-Strips kann ich im Frap Audio Gerät ungleich präziser und detaillierter ans Werk gehen. Die Regler liegen zwar eng beieinander, so dass ich stets mit spitzen Fingern arbeiten muss, um sie ordentlich greifen zu können. Letztlich gehe ich aber dazu über, die Regler mit einem Finger an der geriffelten Seite zu berühren und zu drehen. Dank des zähen Widerstands der Potis gelingen auf diese Weise sehr feinfühlige und detaillierte Einstellungen.

Auffällig ist ein durch und durch organisches, um nicht zu sagen unauffälliges Regelverhalten, das den Dynamics 2806 als vornehmen Leisetreter ausweist, der unmerklich in die Dynamik eingreift, so man es denn will. Sprache/Gesang, Bässe und Gitarren werden auf subtile Weise gezügelt. Im Hörvergleich sind Unterschiede schwer auszumachen. Ein Blick auf die Pegel am Mischpult zeigt aber, dass der Frap Audio Prozessor die Dynamik ordentlich eingegrenzt hat. Mit solchen Qualitäten katapultiert sich das Gerät ohne Mühen in die Spitzenklasse. In Extremstellungen des Kompressors sind alsbald die üblichen Verzerrungen bei allzu kurzen Attack- und/oder Release-Zeiten hörbar, die allerdings hörbar unangenehm ausfallen. Ein Druck auf den Classic-Button, der längere Zeiten realisiert, sorgt dafür, dass das Signal nach wie vor auf charakteristische Weise verarbeitet wird, die Verzerrungen aber jetzt verschwunden sind. Stattdessen ist – je nach Programmmaterial – ein leicht knurrig, körniger Sound hörbar, den ich nun als durchaus angenehm empfinde. Beim Umschalten des Sidechain zwischen dem Pre- und Post-Makeup-Gain-Abgriff muss ich den Threshold stets korrigieren, will heißen aufdrehen, da er ja jetzt als Output-Regler fungiert. Die Ergebnisse in diesem Post-Modus klingen in Extremstellung der Parameter wiederum ein wenig rauer, um nicht zu sagen schmutziger. Der Durchschnittspegel ist, insofern hat der Hersteller nicht zuviel versprochen, merkbar lauter, wobei die Transienten ein wenig mehr zurücktreten. Im Pre-Modus klingt es hingegen sauber, technisch, um nicht wieder unauffällig zu sagen.

Sowohl subtil, als auch farbenprächtig

Der Expander verfügt über die gleichen subtilen klanglichen Eigenschaften. Es reicht bereits, nur mit dem Threshold- und Expand-Regler zu arbeiten, um Ausschwingvorgänge gefühlvoll und musikalisch auszublenden. Feinarbeiten erledige ich anschließend mit Attack und Release. Im Test erweist sich gerade der Expander als wirksame Geheimwaffe, die mit einer farbenprächtigen Palette an möglichen Pegeldämpfungen aufwartet. So kann ich einen nachscheppernden Snareteppich gefühlvoll ausblenden, Fingergeräusche im Gitarrenspiel, die kurz vor oder nach dem Greifen eines Akkords hörbar sind, zügle ich nachhaltig und durch geschicktes Zusammenspiel von Expand-, Attack- und Release-Regler kann ich sogar die Transienten des eingespeisten Signals fast komplett ausblenden. In Extremstellung der Parameter reduziert sich eine wuchtig klingende Snare- oder Bassdrum zu einem kurzen Impuls, der seinen Ursprung  nicht mehr erkennen lässt.

Bislang habe ich beide Prozessoren nur isoliert für sich betrachtet. So richtig mächtig wird das Dynamics 2806-Modul erst im Zusammenspiel beider Prozessoren. Mit aktivierter Priority-Funktion hat der Kompressor Vorrang. Hat dieser seine Arbeit erledigt, kommt, wie erwähnt, der Expander zum Einsatz. Bei gespielten Dreiklangsbrechungen auf einer Gitarre modelliere ich auf diese Weise mit dem Kompressor das Anschlagsgeräusch ein wenig heraus und reduziere nach getaner Arbeit des Kompressors die unerwünschten Ausklanganteile der Gitarre mithilfe des Expanders. Hierbei kommen mir die beiden Filter zu Gute, mit denen ich den Frequenzbereich auf die Mitten reduziere und zielgerichtet für ein sauber klingendes Ergebnis sorge. Für Melodieinstrumente im Allgemeinen, Gesang und flächige Sounds ist das der probate Modus, um für eine nachhaltige Verdichtung der Dynamik und ein sauberes Ausklingen zu sorgen. Diese sequentielle Abfolge ist der normale gewohnte Weg, wenn zwei Geräte nacheinander verbunden werden. In dem Fall sorgt das Frap Audio Gerät einmal mehr für subtile, unauffällige Ergebnisse.

Pfiffige Zusatz-Features an Bord

Ist die Priority-Funktion abgeschaltet, sodass beide Prozessoren simultan arbeiten, verwandelt sich das Modul in ein Highend-Dynamik-Sounddesign-Werkzeug. Mithilfe des Kompressors modelliere ich Transienten heraus, durch gezielte Einstellung des Expanders erreiche ich deutlich hörbare Pumpeffekte. Im Test bettelt das Modul förmlich danach, absichtlich ins Extrem getrieben zu werden. Plötzlich verwandelt sich das Gerät in ein Noise Gate. Die zuvor via Kompressor herausgekitzelten Raumanteile kommen dabei eher wie eine Art Gated Reverb-Effekt daher. So dekonstruiere ich eingespeiste Signale durch geschicktes Zusammenspiel beider Teileffekte bis hin zur Unkenntlichkeit. Hierbei erweist sich gerade der Parallel-Regler als probates Werkzeug, mit dessen Hilfe ich das Originalsignal einblende. Et Voilà: Schon erhält das unbehandelte Signal durch die Sounddesignfähigkeiten des Dynamics 2806 mehr Würze, Frische und Knackigkeit, um im Mix für entsprechende Aufmerksamkeit zu sorgen. Am Schluss sei dann auch noch kurz auf die klanglichen Auswirkungen eingegangen, die der Verstärkerschaltkreis auf das Signal ausübt, wenn keine Dynamikbearbeitung stattfindet. Im direkten Klangvergleich sorgt das Modul für einen kleinen Schuss mehr Fülle im unteren Mittenbereich. Das Signal klingt zudem etwas plastischer und nicht ganz so flach und nüchtern.

Fazit

Dem italienischen Hersteller Frap Audio ist mit seinem Dynamics 2806-Modul ein glänzender Einstieg in die Branche gelungen. Hochwertige Bauteile und Verarbeitung sowie ein äußerst unauffällig-musikalisches Regelverhalten beim technischen Verdichten von Signalen sprechen für die Erstklassigkeit des Geräts. Doch gerade die Kombination aus Kompressor und Expander, die miteinander interagieren sowie pfiffige Features wie der Classic-Mode, die Priority-Funktion und der Pre-/Post-Modus, verwandeln das Dynamics 2806-Modul alsbald in ein vielseitig und kreativ einsetzbares Sounddesign-Werkzeug, das ohne Mühen aus der Masse der Mitbewerber deutlich hervorsticht. 

Weitere Informationen unter: https://www.alex4.de/de/