Treffen der Generationen
Wer mit exzellenter First-Class Hall- und Raumsimulation ausschließlich das Unternehmen Lexicon in Verbindung bringt, hat keine Ahnung. Denn der Hersteller Quantec genießt mit seinen Produkten bereits seit über 30 Jahren einen mindestens genauso hohen Ruf. Warum das so ist, erläutern wir Ihnen im Test des aktuellen Modells Yardstick 2493, wobei wir das Glück und die Ehre hatten, zusätzlich den QRS-Prozessor der ersten Generation zwecks Vergleich mit ins Test-Studio zu schicken.
Von Georg Berger
Wir schreiben das Jahr 1982, eine Zeit in der die CPU’s von Personal Computern gerade einmal in zweistelligen Megahertz-Raten gemütlich daher ratterten, das Kürzel „USB“ mit „Universitäts- und Stadtbibliothek Köln“ oder „Universitätsspital Basel“ übersetzt wurde und Musikproduktionen ausschließlich auf Tonband angefertigt wurden. Dennoch zeigte sich der erste Schweif der nahenden digitalen Revolution, die ihren Anfang seinerzeit in Form von Hardware-Klangerzeugern, -Effektgeräten und -Aufzeichnungsgeräten nahm. Die AD- und DA-Wandlung fand ausschließlich im Gerät statt und Wortbreiten von acht und 12 Bit galten damals als das Non-plus-ultra. Digital war damals neu und galt als fortschrittlich. Digital war, nicht zuletzt aufgrund der seinerzeit noch relativ neuen DSP-Chips, zudem auch sündhaft teuer und anfangs daher nicht für jedermann erschwinglich. So fanden sich Boliden wie Yamaha DX 7, PPG Wave 2, Lexicon 224, E-MU Emulator 1 oder Mitsubishi X-80 zunächst ausschließlich in High-End-Studios und bei international renommierten Künstlern.
Mit in diese Riege früher digitaler Studio-Klassiker gehört auch der vom Münchner Unternehmen Quantec entwickelte Raumsimulator, kurz QRS genannt, der erstmals auf der AES-Convention 1982 in Montreux der Weltöffentlichkeit vorgestellt wurde, seinerzeit für mehrere zehntausend D-Mark verkauft wurde und sich aufgrund seiner klanglichen Vorzüge, zusammen mit Lexicon, vom Fleck weg in der Spitzenklasse etablieren konnte und diesen Platz bis heute auch noch behauptet. Jeder öffentlich-rechtliche Sender und im Speziellen die Hörspiel-Studios sowie Studios für Klassik-Produktionen sollen über einen Quantec-Raumsimulator verfügen, der wie kein anderes Hallgerät, Signale mit einer lebendig und vor allem natürlich klingenden Räumlichkeit umhüllt. Da wundert es umso mehr, dass der Name Quantec nur alteingesessenen Routiniers und Kennern der Tonstudio-Technik geläufig ist, diesen aber beim Erwähnen des Namens ein gewisses Funkeln in die Augen treibt.
Hall made in Germany
Ein Umstand, den das nach wie vor in München beheimatete und tätige Unternehmen wahrlich nicht verdient hat, weshalb wir einmal mehr aktiv Aufklärungsarbeit leisten wollen. Dabei haben wir nicht nur die aktuelle Geräte-Generation des QRS in Form des Modells Yardstick 2493 unter die Lupe genommen. Aus seinem Fundus hat uns Professional-audio-Meßingenieur Uli Apel zudem sein eigenes Exemplar der ersten Geräte-Generation, Serien-Nummer 534, für den Test und zwecks Vergleich zur Verfügung gestellt, so dass wir das Besondere am Quantec-Raumsimulationsverfahren in Form eines Vergleichs zwischen zwei Geräte-Generationen herausstellen können.
Fangen wir chronologisch mit dem Oldie an, der übrigens auf dem Gebrauchtmarkt für um die 3.000 Euro gehandelt wird. Einzel-Komponenten wie etwa die Frontplatte oder einzelne Platinen werden ab 300 Euro angeboten. Für den zum Test angetretenen Yardstick – es gibt noch weitere Varianten mit entsprechend unterschiedlichem Preis-Niveau, siehe Kasten auf Seite XX – mit analogen Ein- und Ausgängen ruft Quantec übrigens einen Betrag von knapp 4.200 Euro auf. Ein wahrhaft königlicher Preis für ein Stereo-Gerät, was deutlich über die Budgets von Normalanwendern geht, den Spitzenplatz im Marktsegment einnimmt und den Käuferkreis entsprechend reduziert. Was der Yardstick tatsächlich leistet und ob er das Geld wert ist, klären wir im finalen Hörtest. Doch zurück zum QRS.
Der Hall-Dino stellt sich als 19-Zöller mit zwei Höheneinheiten vor. Charakteristisch ist der mittig eingelassene Endlos-Drehregler zum bequemen Ändern von Parameterwerten. Links und rechts davon finden sich rot leuchtende Sieben-Segment-Ziffernanzeigen, die jeweils von zwei Tastern zum Erhöhen (Plus) oder Vermindern (Minus) von Parametern dienen und eine Alternative zum Drehregler markieren. Links wird die Verzögerung von Erstreflexion und Nachhall eingestellt, rechts der Nachhall sowie die Raumgröße. Links außen geben LED-Meter-Ketten Auskunft über den anliegenden Ein- und Ausgangspegel. Rechts davon erlaubt eine vertikale Reihe von Tastern den Aufruf weiterer Funktionen und das Zahlenfeld auf der ganz rechten Seite dient zum Aufruf, Kopieren und Speichern von Presets.
Die Rückseite ist nach heutigen Maßstäben für ein Digital-Gerät höchst spartanisch, wenngleich auch sehr markant bestückt. Außer zwei analogen XLR-Eingängen, finden sich gleich vier analoge Ausgänge ebenfalls in Form von XLR-Buchsen. Besonderheit: Das erste Ausgangspaar führt den Erstreflexions-Anteil und Nachhall, das zweite hingegen ausschließlich den Nachhall. Somit hat sich der QRS mit dieser Ausstattung bereits für Surround-Anwendungen empfohlen. Eine Vier-Pol-Buchse dient schließlich zum Anschluss einer Fernbedienung.
Ein Blick ins Innere lässt sich treffend mit einem Wort umschreiben: Platinen-Grab. Insgesamt acht Platinen, teils dicht bestückt mit ICs, sind fein säuberlich aufrecht ins Gerät verbaut. Besonderheit: Über Rändelschrauben lässt sich die Arretierung der einzelnen Platinen aufheben und zwecks Austausch, ähnlich wie in einem API-500-System, vom seitlich eingelassenen Mainboard abziehen. Zwischen den Platinen ist lediglich ein Finger breit Platz. Die Platinen selbst übernehmen dabei dezidierte Aufgaben, wie etwa die AD- und DA-Wandlung. Insgesamt ist das ein pfiffiges Konzept, das im Vergleich zu modernen Studio-Prozessoren mit aufgeräumten bis spartanisch bestückten Platinen in RoHs-Spezifikation und SMD-Technik einerseits fremdartig, andererseits genial daherkommt. Die digitalen Leistungs-Merkmale des QRS können sich dabei bis heute sehen lassen. Zwar arbeitet er mit einer Samplingrate von lediglich 20 Kilohertz. Aber mit Wortbreiten von 16 Bit an den Anschlüssen und einer internen Verarbeitung von 26 Bit, war der QRS seinerzeit um Jahre voraus. Die Taktfrequenz des internen Prozessors wird vom Hersteller mit „sagenhaften“ 20,48 Megahertz angegeben.
Einzigartige Hall-Simulation seit 1982
Ganz anders stellt sich der Enkel des QRS, der Yardstick 2493 vor, der lediglich eine Höheneinheit im 19-Zoll-Rack benötigt und wie auch sein Vorgänger, der Yardstick 2402/F (Test in Heft 9/2006), nach wie vor ein Kandidat fürs Guinness-Buch der Rekorde in Sachen geringste Einbautiefe – gerade mal rund vier Zentimeter – ist. Gleich geblieben ist auch die Bedienung, respektive die Einstellmöglichkeiten an der Frontplatte. Zwei verhältnismäßig wuchtige Kippschalter im gleichen blau-metallic wie das Gehäuse dienen zum Bestätigen von Einstellungen oder zum Verlassen von Menü-Seiten. Parameteränderungen und die Navigation durch die Menüstruktur werden mit dem ebenfalls wuchtig ausgelegten, konisch geformten, Endlos-Drehregler vorgenommen. Zwei Displays geben Auskunft über den Geräte-Status, die Preset-Einstellungen und zeigen beim Editieren entsprechende Parameter und Werteänderungen an. Ganz links finden sich eine Reihe von LED-Meter-Ketten zur Anzeige der Ein- und Ausgangspegel sowie weitere Status-LEDs. Die nächst höheren Modelle mit den Bezeichnungen 2496 und 2498 besitzen übrigens noch Miniatur-Hebel und Drucktaster, die um eins der Displays herum angeordnet sind und trotz fummeliger Bedienung ein rascheres und komfortableres Einstellen ermöglichen.
Im Kontrast zur überschaubar ausgestatteten Front wartet die Rückseite mit einem geradezu opulenten Arsenal an Anschlussmöglichkeiten auf. Unser Test-Kandidat kommt mit je zwei analogen XLR-Ein- und Ausgängen daher. Es ist übrigens die einzige Yardstick-Variante mit dieser Ausstattung. Die weiteren Modelle sind ausschließlich mit digitalen AES/EBU-Anschlüssen ausgestattet (siehe Kasten auf Seite XX). Allen Produkt-Varianten gemeinsam sind jedoch folgende Anschlüsse: Via RS232-Schnittstelle kann eine optional erhältliche Fernbedienung angeschlossen sowie Firmware-Updates aufgespielt werden. Das Fünf-Pol-Buchsen-Trio führt MIDI-Signale, die gleichsam zum Austausch von Presets wie auch zum Steuern von Parametern dienen. Der USB-Anschluss ist zum Zeitpunkt des Tests noch ohne Funktion, er soll aber künftig nicht nur zur Preset-Verwaltung und Fernsteuerung, sondern auch zum Übertragen von Audiosignalen dienen.
Quantec Yardstick – Enkel des QRS
Eine Besonderheit findet sich schließlich in der Funktionalität der Ethernet-Buchse. Wird der Yardstick per simplem Netzwerkkabel an einen Rechner, respektive Computer-Netzwerk angeschlossen, lässt er sich durch Eingabe einer IP-Adresse über jedweden Internet-Browser ansprechen und ohne weiteres Zutun graphisch auf dem Bildschirm mit Hilfe von Maus und Tastatur editieren. Der Clou: Der Yardstick besitzt, und das ist einzigartig, Web-Server-Funktionalität. Im Test funktioniert dies im Verbund mit einem Macbook Pro via Crossover-Ethernet-Kabel und DHCP-Protokoll allerdings nicht so einfach wie im Handbuch dargestellt. Im Test weigert sich der Yardstick im Auto-Modus beharrlich die benötigten IP- und Gateway-Adressen zu erstellen und anzuzeigen. Wir stellen im Yardstick daher manuell die benötigten Adressen ein und haben unser Ziel fast erreicht. Denn beim Aufruf des Firefox-Browsers in Version 38 und nach Eingabe der im Yardstick eingestellten IP-Adresse stellt sich die Verbindung nur schleppend her. Besser gehts mit dem Mozilla-Derivat Seamonkey. Über einen Haupt-Dialog können wir Algorithmen auswählen und installieren, Presets verwalten und einen graphischen Editor zum bequemen Einstellen der Parameter am Bildschirm aufrufen, was jeweils über separat erscheinende Fenster geschieht. In Sachen Leistung wartet unser Testkandidat mit drei wählbaren Samplingraten – 48, 96 und 192 Kilohertz – auf. Intern wird mit 32 Bit Fließkomma gerechnet. Angaben über die CPU waren jedoch nicht zu erfahren. Der nächste Clou: Zwar werkelt im Yardstick lediglich ein Algorithmus. Aber der ist gleich in drei Variationen verfügbar, die verwirrenderweise von Quantec Plug-ins genannt werden. Bis zu 15 dieser Plug-ins können ins Gerät geladen werden. Die drei verfügbaren Versionen simple, medium und complex basieren zwar alle auf dem gleichen Algorithmus. Aber in Abhängigkeit zur Samplingrate werden unterschiedlich viele und komplexe Rechenvorgänge durchgeführt. Dabei gilt, dass der simple-Algorithmus bei hohen Samplingraten, die wenigsten Operationen durchführt und der complex-Algorithmus bei niedrigen Samplingraten die meisten. Hintergrund: Der originale Algorithmus ist von vorne herein auf die hohen Samplingraten hin in die Yardsticks implementiert worden, wobei auffiel, dass die DSPs bei niedrigeren Samplingraten quasi weniger zu tun hatten. Diesen zusätzlichen Headroom an Rechen-Reserve schöpfen die medium- und complex-Plug-ins schließlich aus, ein Service der nicht selbstverständlich, ja sogar ebenfalls einzigartig ist. Das Installieren der Plug-ins erfolgt dabei über eine der Datenschnittstellen. Zusätzlicher Vorteil: Über diese Möglichkeit können auch bequem Updates der Software in die Hardware aufgespielt werden, so dass neue Features auch von langjährigen Anwendern genutzt werden können. Zum Zeitpunkt des Tests ist die Version 4.2 aktuell, die 2014 veröffentlicht wurde.
Markanter Quantec-Sound
Bevor wir zum Hör- und Praxistest schreiten, hängen wir den Yardstick noch kurz an unseren Audio Precision-Meßcomputer, um uns ein Bild über die Qualität der AD/DA-Wandlung machen zu können. Das Ergebnis ist in jeder Hinsicht Spitzenklasse: Ein Noisefloor unterhalb -120 Dezibel mit existenten harmonischen Oberwellen bis maximal -84 Dezibel sind einsame Spitze. Gleiches gilt auch für die Fremd- und Geräuschspannungen, die mit 105,4 und 107,7 Dezibel Referenzklasse-Werte darstellen. Ein konstanter Kurvenverlauf bei 0,003 Prozent, der ab acht Kilohertz auf 0,001 Prozent sinkt, zeigt bei der Messung des Klirrfaktors einen ebenso exzellenten Wert. Gleiches gilt auch für die Gleichtaktunterdrückung: Zumeist liegt die Kurve konstant bei etwa -90 Dezibel, um ab zwei Kilohertz aufwärts, sanft auf immer noch exzellente -75 Dezibel anzusteigen. Insgesamt ein sehr gutes bis überragendes Ergebnis. Der QRS besitzt übrigens mit einem Noisefloor bei etwa -80 Dezibel und einem Ausschlag bei k2 bis etwa -58 Dezibel nicht ganz so gute Werte wie der Yardstick. Auffällig, aber nachvollziehbar – der QRS wandelt mit 20 Kilohertz – ist der Abfall im Frequenzgang, beginnend bei acht Kilohertz, der schließlich bei zehn Kilohertz völlig abgeknickt ist. Fremd- und Geräuschspannungen besitzen jeweils Werte um die -80 Dezibel. Für ein Digitalgerät der ersten Generation sind das immer noch sehr gute Werte, die sich ohne Wenn und Aber sehen lassen können.
In der Praxis gefällt uns die Bedienung am guten alten QRS deutlich besser als am Yardstick. Kein Wunder, denn der komplette Parameter-Satz ist direkt zugänglich, wohingegen wir uns am Yardstick durch Menüs scrollen und steppen müssen, um an das Gewünschte heranzukommen. Zwar haben wir die Bedienung am Yardstick rasch verinnerlicht und nach kurzer Zeit geht das Handling mit den Kipptastern und dem Endlos-Rad flüssig von der Hand. Insgesamt ist das trotzdem sehr aufwändig, weshalb wir die geniale Möglichkeit des Editierens via Internet-Browser direkt in unser Herz geschlossen haben und sie auch nicht mehr missen möchten, zumal wir keinen MIDI-Kanal verschwenden müssen. Wer mag, kann natürlich auch jeden beliebigen Hardware-MIDI-Controller mit Fünf-Pol-Buchsen zum Fernsteuern des Yardstick nutzen.
Im Hörtest nehmen wir uns zuerst den QRS vor, der sowohl Einzelspuren – Drums, Vocals, Gitarre, aber auch Field-Recordings und O-Töne – als auch komplette Mixe mit Hall versehen soll. Noch ohne Großes Zutun überzieht der über 30 Jahre alte Prozessor sämtliche Signale mit einer feinen Räumlichkeit, so als ob er – nicht zuletzt dank einer intensiven Restaurierung seitens Quantec, bei der unter anderem die Kondensatoren getauscht wurden – gerade frisch aus dem Werk kommt. Auffällig ist die Seidigkeit, mit der die Hallfahnen jedwedes Signal auf subtile, gar auffällig unauffällige Art umschmeicheln und ihnen tatsächlich keinerlei Art von Klangfärbung verpassen. Mehr noch ist ohrenfällig, wie die Signale auf eine atemberaubende Weise mit Räumlichkeit umhüllt werden, die in Sachen Authentizität tatsächlich Ihres Gleichen sucht. Das wird besonders deutlich beim Verhallen eines Mixes, der mit unterschiedlichen Rauminformationen gespickt ist und denen der QRS wie von Zauberhand ein organisches, in sich geschlossenes räumliches Klangbild verpasst.
Das hat so rein gar nichts mit herkömmlichen Hall-Prozessoren zu tun, die im direkten Vergleich eher flach und zweidimensional daherkommen. Um ein anderes Bild zu bemühen: Setzt man Signale mit einer rohen Backsteinwand gleich, so schaffen es die Mitbewerber lediglich einen Putz über diese Wand zu legen. Der QRS hingegen verputzt nicht nur die rohe Backsteinwand sondern dringt zusätzlich auch in jeden Zwischenraum und in jede Fuge der Wand ein und umhüllt sozusagen auch noch den Fugen-Zement zwischen den Steinen.
Im Test ist es egal, wie wir die Parameter einstellen, das Ergebnis ist immer das Gleiche: Der QRS ist weniger ein Hallfahnen-Erzeuger sondern tatsächlich ein Raum-Simulator, der es versteht Signale in einen hörbar dreidimensionalen Raum zu verfrachten.
Sein Enkel, der Yardstick 2493, steht dem in keiner Weise nach. Kein Wunder bei den guten Genen, die er vom QRS mitbekommen hat. Dank der zusätzlichen Parameter und einer entsprechenden Einarbeitungszeit, können wir aus dem Yardstick gerade bei kleinen Räumen und Ambiences deutlich mehr herausholen, als aus dem QRS. Die mitgelieferte Dialog-Library, die mit einer breiten Palette an unterschiedlichen Raum-Situationen – vom Brotkorb und Ölfass, übers Wohnzimmer, Auto-Innenraum bis hin zu kilometerlangen Abwasserkanälen – aufwartet, gibt ein eindrucksvolles Bild darüber ab, was der Yardstick zu leisten vermag und gleichzeitig auch, warum er gerade im Postproduction-Bereich so beliebt ist. Im direkten Vergleich mit seinem Großvater ist jedoch direkt hörbar, dass der Yardstick heller klingt, was nicht zuletzt auch mit dem Frequenzgang zusammenhängt, der aufgrund höherer Samplingraten logischerweise feiner nach oben hin auflöst und mehr Details abbildet. Auf der Quantec-Homepage wird dies von alten QRS-Anwendern als Makel angesehen. Doch in unseren Augen und Ohren finden wir das nicht. Denn die Seidigkeit und das angenehm schmeichelnde Umhüllen mit Raum gelingt auch dem Yardstick perfekt, wobei die Höhen zwar hörbar, aber nicht unangenehm störend wirken. Schneidende Höhen und fauchende Hallfahnen, wie dies manche Statements zum Yardstick implizieren, treten nicht auf. Letztlich hat das aber auch mit Hörgewohnheiten und auch mit Geschmack zu tun.
Fazit
Sowohl zum aktuellen Quantec Yardstick 2493, als auch zum Urvater QRS lässt sich nur ein Fazit ziehen: Traumhaft. Das Münchner Unternehmen Quantec ist mit seiner Art Raumsimulatoren zu bauen nach wie vor ein singuläres Phänomen, dem nichts Vergleichbares an die Seite gestellt werden kann. Dabei muss jedoch strikt zwischen Hall-Prozessor und Raumsimulator unterschieden werden. Geht es um natürliche, dreidimensionale und lebendige Klangraumgestaltung, die auf subtile Weise Mixe nachhaltig veredelt, ist der Yardstick ein Meister und verweist Lexicon, Bricasti, TC Electronic und Co. auf die Plätze. Geht es aber um ästhetische Sounddesign-Anwendungen mit gezielt vordergründiger Klanggestaltung, muss der Yardstick seinen Mitbewerbern das Feld überlassen. In beinharter Rockmusik und ähnlich energiegeladenen Stilen werden die Feinheiten des Yardstick untergehen. In allen anderen Arten von Musik, die viel Luft und Freiraum lässt, entfaltet er aber einen Zauber, bei dem sich nicht weghören lässt und der jenseits von EQ und Kompressor Mixe nachhaltig verschönert. Dass diese Qualitäten, nicht zuletzt aufgrund ihres Alleinstellungsmerkmals, ihren Preis haben, dürfte nachvollziehbar sein, wenngleich bei einem deutlich niedrigeren Preis-Niveau die Marke Quantec mit Sicherheit eine deutlich höherer Bekanntheit erlangen würde.
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Quantec: Die etwas andere Art der Raumsimulation
Die Art und Weise wie Quantec und der Schöpfer des QRS, Wolf Buchleitner, Räume simuliert ist bis heute einzigartig und unterscheidet sich deutlich vom Gros der am Markt erhältlichen algorithmischen Hall-Prozessoren, ganz gleich ob in Hardware oder Software gegossen. Der Großteil der Produkte simuliert Räume in zwei verschiedenen Vorgängen: einmal durch separate Berechnung der Erstreflexionen, das andere Mal durch Berechnung des daran anschließenden Nachhalls. Dies geschieht mit Hilfe komplexer Delay-Netzwerke, die auf diese Weise die Beschaffenheit von Wänden und die Dimensionen eines virtuellen Raums definieren. Buchleitner geht jedoch einen alternativen Weg, indem er das Hauptaugenmerk auf die im Raum auftretenden Resonanzen und die damit einhergehenden Luftbewegungen nimmt. Seinerzeit bei der Entwicklung des QRS war für ihn dieser Weg nicht zuletzt auch durch die knappen Rechen-Ressourcen der damals verfügbaren DSPs ungleich ökonomischer und auch logischer als das oben beschriebene, sogenannte Raytracing-Verfahren. Quantec bringt die Besonderheit seiner Raumsimulation selbst auf den Punkt im äußerst detailliert und informativ geschriebenen Handbuch. Dort steht geschrieben: „Würde ‚Raum‘ auf ein Blasinstrument übertragen, konzentrieren sich unsere Wettbewerber auf die harten internen Grenzflächen im Instrument, also den Korpus aus Holz oder Blech. Quantec dagegen rückt die elastische, im Innern des Instruments schwingende Luftsäule ins Zentrum der Simulation.“ Nähere Information und technische Details zum QRS-Algorithmus sind verständlicherweise nicht zu erfahren, denn er markiert letztlich das Hauptkapital des Unternehmens. Folglich findet sich in den Quantec-Produkten lediglich ein Algorithmus, der im Vergleich zu anderen Hall-Geräten mit einer vergleichsweise überschaubaren Zahl an Parametern einstellbar ist, wenngleich im Hintergrund eine Menge mehr geschieht und berechnet wird. Separat und opulent einstellbare Erstreflexions- und Nachhall-Sektionen wie bei anderen Prozessoren gibt es in der Quantec-Welt nicht. Beides hängt unmittelbar miteinander zusammen und mehr noch, bedingen einander. So verringert sich beispielsweise der maximal einstellbare Nachhall analog zur Verminderung der Raumgröße. In Konsequenz erzeugt Quantec ausschließlich physikalisch reale Räume und überlässt die Effekthascherei den Mitbewerbern.
Einstellungen im QRS
Die Definition von Hallräumen im QRS erfolgt lediglich mit Hilfe von nur acht einstellbaren Parametern. Hinzu kommen drei Betriebs-Modi: Hall, Freeze und Enhance. Während der Hall-Modus die üblichen Räume mit hörbarer Hallfahne erzeugt, sind letztere im Enhance-Modus sozusagen ausgeblendet. Er bietet sich für kleine Räume und Ambiences an, wo eine hörbare Hallfahne nicht auftritt. Der Freeze-Modus setzt die Hallfahne sozusagen in einen Loop-Modus, die fortwährend erklingt. Mit Hilfe des Enter-Tasters lassen sich zudem weitere Signale in den ostinat erklingenden Hallraum einspeisen. Die Halldauer wird, ähnlich wie in den Lexicon-Geräten, über drei Parameter definiert: Eine Haupthall-Zeit sowie separat einstellbare Hallzeiten für die Bässe und Höhen, wobei keine separaten Algorithmen oder gar Filter eingesetzt werden. Das Ganze geschieht wiederum durch entsprechende Abgleichungen der Raumresonanzen. Über den Size-Parameter wird die Größe des virtuellen Raums in Zehner-Potenzen von einem bis zu einer Million Quadratmetern eingestellt. Schließlich kommen noch zwei Delays hinzu, wovon das erste noch vor dem Hall-Algorithmus, das zweite vor dem Einsetzen des Nachhalls wirkt. Das erste Delay sowie der Gesamthall können zudem in der Lautstärke reguliert werden. Alleine mit diesem überschaubaren Parameter-Satz sind schon eine Vielzahl an unterschiedlichen Räumen und Simulationen realisierbar.
Einstellungen im Yardstick 2493
Die oben beschriebenen Parameter sind selbstverständlich auch in den Yardstick-Geräten verfügbar und, der aktuellen Computer-Technik sei Dank, noch viel mehr. So können nun Ein- und Ausgangspegel eingestellt werden und über virtuelle Kanäle die Lautstärkeanteile von Direkt-Signal, Erstreflexion/Anhall und Nachhall feinjustiert werden. Alle drei Pfade können per Delay zudem verzögert werden. Auch ist es jetzt möglich, die Centerfrequenz für die Nachhall-Zeiten im Bass- und Höhenbereich einzustellen und ein zusätzlicher, im Gain regulierbarer Tiefpass-Filter sorgt für zusätzliche Klangformungsmöglichkeiten im Nachhallpfad. Ein weiterer, einstellbarer Tiefpass-Filter werkelt am Ende des Hallpfads. Als Besonderheiten findet sich mit dem Delay± Parameter eine Möglichkeit, die beiden Stereo-Kanäle gegeneinander zu verzögern und über Correlation lässt sich Einfluss auf das Übersprechen beider Kanäle nehmen, was in Konsequenz auf die Stereobreite wirkt. Überdies finden sich noch eine Vielzahl weiterer Einstellmöglichkeiten, die zu erläutern aber den Rahmen dieses Artikels bei weitem sprengen würde.
Erschienen in Ausgabe 7/2015
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 4284
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut
zwei hervorragende geräte. 1984 höhrte ich auf sfb im radio einen testbericht und wusste das ich mir irgendwann dieses gerät kaufen werde, obwohl der preis damals mit 24000 DM angegeben wurde und ich in der DDR wohnte. nach 25 jahren war es soweit und als ich mit wolfgang schwarz telefonierte erklährte er mir das ich der nutzer sei der am längsten auf seinen QRS gewartet hat. einige jahre später kaufte ich den Yardstick und wolfgang schwarz fragte mich einmal welcher mir besser gefällt. ich sagte damals :ich mag beide und werde keinen weggeben. das einzige was ich beim yardstick zusätzlich absolut beeindruckend finde, ist die produktion von resonanzen bis in den gleichspannungsbereich. diese druckwellen in extrem großen räumen schaffen nocheinmal eine andere dimension des erfahrens von Raum.