Mächtiger Synthesizer-Zwerg

Er ist klein, er ist monophon und es lassen sich keine Sounds abspeichern. Dennoch steckt der analoge Synthesizer Dark Energy von Doepfer voller Überraschungen und dürfte demnächst viele Freunde finden. Warum das so ist, steht im Test.

Von Georg Berger

Das im bayerischen Gräfelfing ansässige Unternehmen Doepfer feiert bereits seit vielen Jahren Erfolge mit seinen Produkten für Keyboarder und Synthesizer-Enthusiasten. Vielen Anwendern dürfte der Hersteller durch seine LMK-Masterkeyboard-Serie bekannt sein. Doch Firmengründer und Mastermind Dieter Doepfer war und ist seit jeher an allem interessiert, was sich rund um die synthetische Klangerzeugung dreht. Meilensteine in diesem Produktsegment waren der 1992 erschienene MIDI-Analogsequenzer MAQ 16/3, der in Zusammenarbeit mit den Elektronikmusik-Pionieren Kraftwerk entwickelt wurde und drei Jahre später der monophone Analog-Synthesizer MS-404, der als Besonderheit nach Auslaufen des Patents einen authentischen Nachbau der legendären Moog-Filter-Kaskade besaß und sich für den Hersteller zum Verkaufsschlager mauserte. Im Jahr darauf krönte Doepfer sein Produktsortiment mit dem analogen A-100 Modular-Synthesizer, den der Hersteller seitdem ohne Unterlass produziert und für den er beständig neue Module entwickelt. 15 Jahre nach Erscheinen des MS-404 präsentiert Doepfer mit dem Dark Energy jetzt einen weiteren monophonen Analog-Synthesizer, der als Desktop-Gerät ausgelegt ist und mit seinen schmucken Holzseitenteilen, den schwarzen Drehknöpfen im Minimoog-Stil, der schwarzen Lackierung und weißen Beschriftung entfernt Erinnerungen an den ebenfalls monophonen Sequential Circuits Pro-One-Synthesizer aufkommen lässt. Damit setzt sich der Neuling markant vom klinischen grau und silber des A-100-Systems ab und beansprucht einen eigenen Platz.

Das rund 400 Euro teure Kistchen nimmt in etwa die Dimensionen eines Gitarren-Bodeneffektgeräts ein und enthält jeweils einen Oszillator, Filter und eine Hüllkurve sowie zwei LFOs und wartet mit einem USB- und einem Fünf-Pol-MIDI-Eingang auf, über den der Synthesizer Noteninformationen empfangen kann. Markant ist eine Reihe an Miniklinken-Buchsen, die den Eindruck entstehen lassen, dass es sich um ein Miniatur-Modularsystem handelt und an Klassiker wie Korgs MS-10 und MS-20 erinnert. Doch weit gefehlt, denn an den Buchsen lassen sich Steuerspannungen ausgeben und einspeisen, die miteinander oder extern verknüpft, zusätzliche Optionen zur Modulationsverknüpfung offerieren. Genial: Mit dieser Buchsen-Armada deckt das kompakte Kistchen zusätzlich Aufgaben eines USB-/MIDI-to-CV-Interface ab und lässt sich somit gleichzeitig zum Ansteuern alter Synthesizer-Dinosaurier ohne MIDI-Schnittstelle einsetzen.

 Test Hardware-Synthesizer Doepfer Dark Energy

Eine weitere Buchse erlaubt sogar das Einspeisen externer Audio-Signale ins Gerät, die sich nach allen Regeln der Kunst mit dem Filter und der Hüllkurve bearbeiten lassen. Besonderheit: Der Dark Energy wurde zunächst ausschließlich als Modul für das A-100-System geplant, das gleichzeitig mit der Desktop-Variante unter der Bezeichnung A-111-5 für 300 Euro auf den Markt gekommen ist. Bis auf die MIDI-Schnittstellen ist das Modul identisch ausgestattet und bietet A-100-Besitzern die Möglichkeit, auf kleinstem Raum eine komplette Synthesizerstimme einzusetzen und gleichzeitig wertvollen Platz im Modulrahmen zu sparen. Konsequenterweise lassen sich beliebig viele Module miteinander kaskadieren und ermöglichen den Aufbau eines polyphonen Synthesizers, ähnlich dem legendären Oberheim Four-Voice. Das geht auch mit dem Dark Energy, erfordert aber einige Modifikationen am Gerät. Doch dazu später mehr.

Mit einem Gewicht von 1,2 Kilogramm wiegt der Dark Energy im Vergleich zu seinen Abmessungen recht schwer und vermittelt Robustheit, was sich in der gesamten Verarbeitung bestätigt. Sämtliche Regler, Buchsen und Schalter sind bombenfest mit dem Metall-Gehäuse verschraubt, besitzen eine hohe Qualität und dürften selbst wildeste Schrauborgien klaglos über sich ergehen lassen. Wir vermissen lediglich kleine Gummifüsse unter den Seitenteilen, die einen rutschfesten Stand garantieren. Wer dünne Finger besitzt wird beim Bedienen bestens mit dem Layout der Bedienelemente auf der Oberseite klarkommen. Durchschnittlich große Männerhände und -finger könnten beim Drehen der Regler jedoch unabsichtlich die benachbarten Knöpfe mit verstellen, was etwas Gewöhnung im Umgang bedarf, aber verschmerzbar ist.  Zum Lieferumfang gehören außer einem Netzgerät und einem USB-Kabel, zwei Miniklinken-Patchkabel und ein Audio-Kabel mit einer Kombination aus 3,5- und 6,3-Millimeter-Steckern. Wir hätten uns zudem ein zweites Audiokabel gewünscht, mit dem sich ohne Weiteres externe Signale ins Gerät einspeisen lassen, zählen Miniklinken-Kabel nicht gerade zur Standard-Ausrüstung im Studio. Im Test müssen wir deshalb zähneknirschend auf Adapter zurückgreifen.

Ein Sonderlob verdient das Handbuch, das in vorbildlicher Weise in die Funktionen des Dark Energy einweist und sowohl alte Hasen als auch blutige Anfänger anspricht, dank eines profund verfassten Kapitels über synthetische Klangerzeugung. Zentraler Baustein und Hirn des Dark Energy ist der CEM 3394-Chip des amerikanischen Halbleiter-Herstellers Curtis Electronics, der mit seinen Produkten in Fachkreisen schon seit langem einen ebenso hohen Kultstatus besitzt, wie etwa ein Minimoog. Der 3394-Chip enthält dabei auf kleinstem Raum in analoger Technik sämtliche zentralen Bausteine einer Synthesizerstimme, bestehend aus Oszillator-, Filter- sowie Verstärker-Schaltkreis. Der Chip wurde übrigens bereits in den 1980er-Jahren in einigen polyphonen Synthesizern verbaut wie etwa dem Sequential Circuits Six-Trak, dem Akai AX73 und sogar in elektronischen Drum-Instrumenten wie dem Simmons SDS 9/1000. Im Dark Energy findet sich mit dem CEM 3394-Modell also ein Stück Synthesizer-Geschichte mit Vintage-Flair.

Test Hardware-Synthesizer Doepfer Dark Energy

Dieter Doepfer war in der glücklichen Lage, sich ein größeres Kontingent dieses Chips zu sichern, was letztlich eine Serienfertigung beider Produktvarianten erst möglich gemacht hat. Denn die Produktion dieses Chips wurde bereits eingestellt. Die beiden LFOs, der ADSR-Hüllkurven-Generator sowie das MIDI-Interface stammen hingegen aus eigener Feder. Die LFOs sind dem MS-404 entlehnt und bieten per Kippschalter die Wellenformen Dreieck und Rechteck sowie drei verschiedene Frequenzbereiche. Besonderheit: In Stellung High schwingen sie in den Audio-Bereich bis etwa fünf Kilohertz und machen eine einfache Frequenzmodulation möglich. Einen Bereichs-Schalter bietet auch die Hüllkurve, die von blitzschnell bis ultralangsam schon fast überdimensioniert wirkt. Die Stellung Short ist für perkussive Klänge prädestiniert, mit der sich präzise impulsartige Sounds modellieren lassen, was nicht alle Tage anzutreffen ist. In Stellung Long passiert bei aufgerissenem Attack für mehrere Sekunden erst einmal gar nichts, bevor sich der Sound gemächlich einblendet. In den meisten Fällen fährt man jedoch in Stellung Medium am besten.

Obwohl sich der Kern der Klangerzeugung in einem einzigen Chip findet, der in sich geschlossen nur wenige Eingriffs- und Modifikationsmöglichkeiten in die Schaltungen gewährt, verfügt er dennoch über eine Reihe äußerst bemerkenswerter Features, die Doepfer weidlich ausnutzt und aus dem Dark Energy ein Instrument mit Charakter macht. So bietet der Oszillator mit den Wellenformen Dreieck, Sägezahn und Rechteck, inklusive Pulswellenmodulation das übliche Repertoire an Grundsounds. Ungewöhnlich ist hingegen, dass sich die beiden erstgenannten Wellenformen per Kippschalter wahlweise aktivieren lassen und sich die Rechteckwelle unabhängig davon per Drehregler hinzumischen lässt, was das Arsenal an Sounds entsprechend vielgestaltig ausfallen lässt. In Mittelstellung des Schalters ist ausschließlich die Rechteckwelle zu hören. Die Pulswellenmodulation ist per Drehregler wahlweise durch die Hüllkurve oder LFO2 realisierbar. Genial: Extern eingespeiste Audio-Signale erklingen in jeder Stellung des Wellenformschalters und werden mit den Oszillator-Wellen summiert an den Filter weitergereicht.

Im Test dicken wir auf diese Weise eine eingespeiste Bassdrum-Spur durch eine kellertiefe Dreieckswelle an, verleihen dem Schlaginstrument dadurch eine subtile tonale Note und erhalten ein harmonisch-organisch dichtes Rhythmus-Fundament, ein alter Trick bei Live-Konzerten, um der Bassdrum ein ordentliches Pfund zu verleihen, indem ein gleichzeitig getriggerter Sinuston die Eigenresonanz der Halle anregt. Wer das externe Signal pur durchleiten möchte, setzt den Kippschalter in Mittelposition und dreht den Rechteck-Regler ganz nach links. Ein weiterer Regler zur Modulation der Oszillatortonhöhe – wahlweise über die Hüllkurve oder LFO1 – rundet die Oszillator-Sektion ab.  Nicht alltäglich sind auch die Modulationsmöglichkeiten des Vier-Pol-Filters: Absolutes Highlight ist die Möglichkeit der linearen Filter-Modulation, die ausschließlich über die Dreieckswelle des Oszillators realisiert wird und unabhängig von der Stellung des Wellenform-Schalters schwingt.

Test Hardware-Synthesizer Doepfer Dark Energy

Sinn und Zweck: Wer das Filter mit Hilfe des Resonanzreglers zum Pfeifen bringt, kann per linearer Modulation und mit aktiviertem Filter-Tracking, die Tonhöhe des Filterpfeifens unisono zur Tonhöhe des Oszillators und zum Spiel auf der Tastatur erklingen lassen, was die Palette verfügbarer Klangfarben erweitert und nicht zur Selbstverständlichkeit zählt. Gleichzeitig bietet ein weiterer Regler die herkömmliche exponentielle Filtermodulation – per Kippschalter wahlweise durch die Hüllkurve oder LFO2 – die je nach Intensität Filtersweeps auslösen oder für das charakteristische Zwitschern und Blubbern sorgt. Selbstverständlich sind lineare und exponentielle Filter-Modulation gleichzeitig einsetzbar und erweitern die klanglichen Ausformungsmöglichkeiten dieses Bausteins enorm.

Last but not Least finden sich zwei Regler zum Einstellen des im CEM 3394 verbauten Verstärkers. Bei aufgedrehtem Amplituden-Regler wird ein, definierbarer, Referenzton unabhängig vom Spielen auf dem Keyboard beziehungsweise ohne Einwirken der Hüllkurve direkt an den Ausgang durchgeschleift. Ein Spielen auf der Tastatur unterbricht den Referenzton zu Gunsten der gerade gespielten Noten. Mit dieser augenscheinlich sinnlosen Funktion lassen sich wunderbar bordunartige Sequenzen einspielen. Externe Signale können überdies bei deaktivierten Wellenformen ohne zusätzliches Spielen auf der Tastatur durch das Filter an den Ausgang geleitet werden. Die klassische Spielweise, das Triggern des Verstärkers über die Hüllkurve, ist schließlich über den Amplituden-Modulationsregler in der Intensität einstellbar. Wer mag, kann das Ansteuern des Verstärkers auch über LFO1 realisieren und erzeugt in Windeseile einen Tremolo-Sound. 

Wer denkt, dass mit dem bisher Vorgestellten das Repertoire an Features und Funktionen im Dark Energy erschöpft ist, wird sich wundern. Denn fast schon klammheimlich hat der Entwickler einige weitere Einstelloptionen und sogar einen, wenngleich überschaubar ausgestatteten, Arpeggiator ins Gerät integriert. Globale Verhaltensweisen wie etwa die Last-/Highest-Note-Priorität, eine aktivierbare Retrigger-Funktion und das Senden von Velocity-Daten über die CV-/Steuerspannungsausgänge drei und vier nehmen nicht unerheblichen Einfluss ein auf das Spielverhalten des Synthesizers. An-, Um- und abgeschaltet werden die Funktionen durch Drücken des kleinen, versenkten Tasters auf der Stirnseite und durch anschließendes Senden eines Program change-Befehls. Über diese Taste lässt sich übrigens auch der MIDI-Empfangskanal sowie der Tastaturbereich definieren. Das Prozedere mag im Zeitalter von Computern und graphischen Displays antiquiert und kompliziert wirken. Dafür überzeugt das erfrischend unkomplizierte Handling, vorausgesetzt die Program-change-Befehle sind bekannt. Im Test haben wir in Windeseile den Arpeggiator aktiviert, ihn auf das Tempo des Sequenzers synchronisiert und den Latch-Modus (de-)aktiviert. Manuelle Eingriffe in das Tempo und die Abspielrichtung sind hingegen nicht enthalten. 

Test Hardware-Synthesizer Doepfer Dark Energy


Das Beste: Einmal gemachte Einstellungen merkt sich der Dark Energy und stellt sie beim Anschalten ohne Umschweife zur Verfügung.  Doch das sind die einzigen digital einstellbaren Funktionen am Dark Energy. Richtig analog wird es bei Nutzung der Steuerspannungs-Ein- und Ausgänge, die zusätzliche Modulationen möglich machen. Auf der Oberseite finden sich Buchsen zum Empfang dieser Signale, die wahlweise Einfluss auf die Oszillator-Tonhöhe, die Pulswellen- und Amplitudenmodulation, den Filter-Cutoff und das Gate, also das Starten der Hüllkurve, nehmen. Dazu gesellt sich auch der externe Audio-Eingang in mono. Ausgangsseitig bietet die Oberseite zwei Buchsen, an denen die Steuersignale von LFO1 und der Hüllkurve anliegen sowie den Audio-Ausgang in mono.

Die Stirnseite des Synthesizers bietet hingegen vier CV-Ausgänge sowie eine Buchse zum Senden von Gate-Signalen die primär zur Verbindung mit alten Synthesizern dienen, mit denen sich aber noch eine Menge mehr anstellen lässt. Die erste CV-Buchse sendet dabei Tonhöheninformationen, die intern mit der Oszillator-Tonhöhen-Buchse verkoppelt ist. Die CV2-Buchse sendet die Signale des Pitchbend-Rads und CV4 gibt sogar ein Steuersignal eines zuvor per Program change definierten MIDI-Controllers aus. Beim Verbinden des CV4-Ausgangs etwa mit dem Oszillator-Tonhöhen- oder dem Filter-Cutoff-Eingang sind ein klassisches Pitchbending und das additive Ausführen von Filtersweeps unabhängig vom Bedienen des entsprechenden Reglers am Dark Energy selbst möglich. Die dritte CV-Buchse sendet schließlich Lautstärkeinformationen oder wahlweise – per MIDI Program change einstellbar – das Produkt aus Lautstärke und Anschlagsdynamik-Information nach draußen. So lässt sich damit beispielsweise der Filter-Cutoff beim Spielen auf der Tastatur dynamisch beeinflussen und erweitert die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten.  

Damit immer noch nicht genug, stellt Doepfer im Inneren des Instruments weitere Einstelloptionen zum Modifizieren des Synthesizers bereit. Dazu zählt das Kaskadieren mehrerer Dark Energys, die sich anschließend über MIDI wahlweise im Stack- oder Parallel-Modus – einstellbar per Program Change – ansteuern lassen. Im Stack-Modus werden mehrere simultan gespielte Noten nacheinander auf die einzelnen Module verteilt, wohingegen der Parallel-Modus weiterhin monophon arbeitet und simultan sämtliche kaskadierten Geräte mit derselben Noteninformation füttert und somit mächtige Sound-Gebirge mit den allseits geschätzten Schwebungen realisiert. Auf der MIDI-Interface-Platine des Dark Energy findet sich ein MIDI-Ausgang, der über ein Kabel mit Steckschuhen mit dem MIDI-Eingang des nächsten Dark Energy verbunden werden muss. Dazu müssen allerdings wahlweise die Holzseitenteile entfernt oder Löcher für die Kabelführung gebohrt werden. Eine detaillierte technische Anweisung dazu inklusive Schaltbild ist im Lieferumfang enthalten. Ein entsprechender Link-Satz mit Kabel und vorgebohrten Seitenteilen soll überdies demnächst angeboten werden. Wer mag, kann auch eine Portamento-Funktion durch Einbau eines Potis und anschließender Verbindung auf der Platine integrieren.

Test Hardware-Synthesizer Doepfer Dark Energy

Doepfer bietet dafür bereits vorkonfektionierte Potis mit angelötetem Kabel und Steckschuh sowie dem passenden Drehknopf für zehn Euro an. Befestigt wird es an einer bereits vorgebohrten Öffnung der Fußseite des Dark Energy, die im Auslieferungszustand mit einem Plastikstopfen verschlossen ist. Der Einbau gerät unkompliziert und ist innerhalb von fünf Minuten erledigt. Auf Nachfrage erklärt uns Dieter Doepfer, dass er sich aus Platzgründen bewusst für diese Lösung entschieden hat. Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Möglichkeit, per interner Neuverkabelung, den Audio-Ausgang auf die vierte CV-Buchse zu routen und somit gegen das Senden von MIDI-Controller-Befehlen zu tauschen. Im Innern bieten sich noch weitaus mehr Modifikations-Optionen mit Hilfe von Jumpern und Trim-Potis. Jedoch sollten technische Laien unbedingt die Finger von den Trim-Potis lassen, die in erster Linie zur Kalibrierung des Synthesizers dienen.  Obwohl es sich beim Dark Energy um einen monophonen Synthesizer mit vergleichsweise überschaubarer Ausstattung handelt – ein zweiter Oszillator und separate Hüllkurven etwa für Filter und Verstärker sowie ein Rauschgenerator fehlen – , bietet Doepfer dem Anwender trotzdem ein überbordendes Repertoire an Einstellmöglichkeiten, die opulentes Sounddesign möglich machen.

Im Hör- und Praxistest weiß der Dark Energy auf ganzer Linie zu punkten. Der Grundklang des Instruments, geprägt durch den CEM 3394 Chip, besitzt den allseits hochgeschätzten analogen Sound, der immer wieder mit Attributen wie „warm“ und „angenehm“ umschrieben wird. Obwohl hier nur ein Oszillator ans Werk geht, überzeugt der Sound durch Wuchtigkeit und Volumen. Der Konkurrent aus eigenem Hause, der MS-404 klingt dagegen dünn, nüchtern, bisweilen sogar analytisch-steril. Das Filter besticht durch ein kraftvolles Zupacken und wandelt sich beim Aufreißen des Resonanz-Reglers von einer wohlig-angenehm klingenden Baugruppe in ein schrilles und brüllendes Monster. Je nach Einstellung sind sogar Verzerrungen möglich, die mal schmeichelnd den Sound anfetten und das andere Mal der Trash-Ästhetik frönen. Sicherlich, an Boliden wie den Minimoog oder den Prophet 5 reicht der Dark Energy nicht heran, nicht zuletzt wegen der Ausstattung. Dennoch verdient der Dark Energy das Prädikat dreifache Rahmstufe in der Ein-Oszillator-Klasse, weiß er sich stets in dichten Arrangements eindrucksvoll durchzusetzen. Metallische, schneidend scharf und spitz klingende Spektren sind für den Doepfer-Winzling ebenfalls kein Problem. Dazu schalten wir die LFOs in den High-Modus, die daraufhin im Audio-Bereich schwingen und eine klassische Frequenzmodulation sowohl mit dem Oszillator als auch dem (resonierenden) Filter ausführen. Mit Leichtigkeit erstellen wir im Test die unterschiedlichsten Effekt-Sounds, was einen Riesen-Spaß macht und bei denen wir uns sehr leicht in den Tiefen der synthetischen Klangerzeugung verlieren. Doch der Dark Energy ist nicht nur ein reiner Effektsound-Lieferant. Wer beim Schrauben an den Parametern planvoll vorgeht, erhält druckvolle und knackige Bass-Sounds, die nach allen Regeln der Kunst von weich, subtil klingenden orgelartigen Sounds hin zu knurrigen Spektren und brachialen Zerr-Sounds ausformbar sind.

Test Hardware-Synthesizer Doepfer Dark Energy

Der Dark Energy ist dabei im süßlichen Synthie-Pop, aber auch im Hip Hop, House, Techno und Industrial bestens aufgehoben. Lead-Sounds mit Charakter sind dank der linearen Filtermodulation und den beiden LFOs ebenfalls kein Problem. Die allseits geschätzten nasal klingenden Sync-Sounds sind aufgrund der Ausstattung hingegen nicht möglich. Synthetische Drumsounds sind dank der sehr schnellen Hüllkurve ebenfalls kein Problem. Um jedoch Snare-Drums, Hi-Hats und Becken simulieren zu können, muss in Ermangelung eines dafür erforderlichen Rauschgenerators dazu ein Rauschsignal über den externen Audio-Eingang eingespeist werden. Über das Verbinden der verschiedenen CV-Ein- und Ausgänge mit Hilfe der Patch-Kabel erweitert sich das Klang- und Spiel-Potenzial noch einmal. So erhalten wir beispielsweise eine Art Sample-and-Hold-Sound durch Verbinden des CV3-Ausgangs mit dem VCO-Tonhöhen-Eingang. Ein permanentes staccato-Spielen auf derselben Note resultiert in zufälligen Tonhöhenänderungen.

Wer mag, kann auch die Tonhöhen-Modulation simultan durch die Hüllkurve und Verbinden des LFO-Ausgangs mit dem VCO-Frequenzeingang durchführen. Reizvolle Effekte ergibt ein Verbinden des LFO1-Ausgangs mit dem Filter-Cutoff-Eingang, der zusammen mit der Filtermodulation über die Hüllkurve einen zwitschernden Filter-Sweep ergibt.  Damit nicht genug, laden die Steuersignal-Eingänge zu weiteren Experimenten ein, die ansonsten nur den großen Modular-Schlachtschiffen vorbehalten sind und das kompakte Synthesizer-Chamaeleon um weitere Farbnuancen bereichert. Im Test speisen wir eine Hihat-Spur in den Gate-Eingang und lassen den Sound beim Spielen auf der Tastatur im Rhythmus der Hihat erklingen, was uns das Programmieren einer entsprechenden MIDI-Trigger-Spur erspart. Beim Einspeisen von Audio-Signalen in den Filter- und Oszillator-Frequenz-Eingang ist die Audio-Information je nach Signalstärke sogar hörbar, wenngleich auch im Frequenzgang beschnitten und verrauscht, was aber durchaus seinen Reiz besitzt und etwa an Sounds des Dancefloor-Künstlers Aphex Twin erinnert. Bei moderaten Signalstärken sorgen die derart missbrauchten Audio-Signale für ein subtiles Ändern der Tonhöhe und Cutoff-Stellung, ausgehend von der Einstellung der Parameter am Instrument. So führt das Einspeisen einer langsam gespielten Streichersequenz in den Tonhöheneingang zu einem deutlichen Andicken des Oszillator-Klangs, der mit einem leichten Summen einhergeht, erzeugt durch ständige unmerkliche Tonhöhenänderung im Cent-Bereich. Sehr schön: Damit bietet sich eine ungewöhnliche Art, den fehlenden zweiten Oszillator im Instrument zu kompensieren. Die gleiche Sequenz in den Cutoff-Eingang gespeist führt zu Ergebnissen, die zwischen Frequenzmodulation und einem Phaser-Effekt changieren und ebenfalls den Sound durch permanente subtile Änderungen merkbar anfetten. Insgesamt klingen die Ergebnisse zwar weniger spektakulär als vielleicht erwartet, sie werden aber dennoch spürbar vermisst, wenn wir den Stecker aus der Buchse ziehen.

Fazit

Doepfer präsentiert mit dem Dark Energy einen monophonen Synthesizer-Zwerg mit durchweg analogem Sound at its best und markanten Features, die das Herz jedes Soundbastlers höher schlagen lassen. Trotz vermeintlich überschaubarer Ausstattung bietet er ein Schlaraffenland an Gestaltungsmöglichkeiten, die man dem kleinen Kistchen auf den ersten Blick nicht zutraut und die ohne Ausnahme einen Riesenspaß beim Erstellen von Sounds bereiten. So ganz nebenbei lässt es sich auch hervorragend als MIDI-to-CV-Interface und sogar als Effektgerät im Studio einsetzen. Mit der integrierten Patchbay und der Möglichkeit mehrere Dark Energys zu kaskadieren und polyphon zu spielen, markiert der jüngste Doepfer-Sproß überdies einen günstigen Einstieg in die komplexe Welt der modularen Synthesizer.

 

Erschienen in Ausgabe 11/2009

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 398 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut