Schwere Geschütze mit viel Gefühl
Nachdem bereits im März 2021 die Type 20 MK2 Lautsprecher zum Test bereitstanden, heißen wir diesmal das Flaggschiff der Berliner Lautsprecherschmiede HEDD zum Test willkommen. Die Aktiv-Lautsprecher Type 30 MK2 inklusive Bass 12 Subwoofer treten an und versprechen echten Hörgenuss.
Von Jim Taubitz


Seit 2016 spielt die Firma HEDD, Heinz Electrodynamic Designs, erfolgreich in der ersten Lautsprecher-Liga und beansprucht stets einen der ersten Tabellenplätze für sich. Klaus Heinz, Adam Audio-Gründer, und sein Sohn Dr. Frederik Knop liefern seit der Firmengründung überzeugende Schallwandler auf höchstem Niveau und bieten vom Kopfhörer bis zum High-End-Lautsprecher alles was die feinfühligen Studio-Ohren begehren.
Fast unerwartet überraschte mich die Spedition mit einer ca. 100 Kilogramm schweren Palette, bestückt mit drei Lautsprechern, die sofortigen Zutritt zu meinem Studio erhielten. Links- und Rechtsaußen treten nun die HEDD Type 30 MK2 auf den Platz und im Zentrum nimmt der HEDD Bass 12 Subwoofer seine Stellung ein. Ein Trio, wie es selten zu Besuch kommt, steht nun vor mir bereit und wartet darauf die Wände zum Beben zu bringen. Doch bevor wir zum den Sound aufdrehen schauen wir uns die schicken Lautsprecher einmal genauer an.

Vater-Sohn-Gespann: Adam Audio-Gründer Klaus Heinz (links) und sein Sohn Dr. Frederik Knop (rechts) liefern seit der HEDD-Firmengründung überzeugende Produkte auf höchstem Niveau.
Type 30 Mk2
Der Type 30 MK2 ist ein 3-Wege Studiomonitor. Ausgestattet ist dieser mit zwei horizontal angebrachten 7“ Tieftönern, zwei Bassreflexöffnungen, einem mittig eingefassten 4“ Mitteltöner und einem HEDD AMT (Air Motion Transformer) Hochtöner.
Während die Tief- und Mitteltöner als klassische Schwingspulen mit Wabenmembran daherkommen, versteckt sich im HEDD AMT Hochtöner handgefertigte Bändchentechnologie, welche eine einwandfreie Transienten- sowie verzerrungsfreie Hochfrequenzwiedergabe verspricht.
Der Lautsprecher ist in den Farben Matt-Weiß oder Matt-Schwarz erhältlich. Das Gehäuse ist aus MDF-Platten gefertigt und mit einem Hartgummilack überzogen. Insgesamt erscheint der Lautsprecher sehr hochwertig und solide bei einer Größe von 280 x 530 x 338 Millimetern und einem Gewicht von 21,5 Kilogramm.

Der Type 30 Mk2 ist ein 3-Wege-Studiomonitor. Mittig oben verbaut wurde unter anderem der HEDD AMT (AIR Motion Transformer).
Auf der Rückseite findet man zahlreiche Einstellmöglichkeiten, um die integrierte DSP zu steuern und letztlich den Lautsprecher optimal auf die Studioumgebung abzustimmen. Neben einer symmetrischen analogen XLR-Buchse findet sich zudem auch eine digitale AES IN und THROUGH-Steckverbindungsmöglichkeit. Je nach Anwendung kann man sich hier ein paar DA/AD-Wandlungsschritte zwischen Audio-Interface und Lautsprecher sparen. Die DSP ist das Herz des Lautsprechers und sorgt für eine ideale Wiedergabe. Neben einer klassischen regelbaren Eingangsverstärkung (+/- 12 dB) finden sich zudem einige Filter auf der Rückseite. Für die Kontrolle der tiefen Frequenzen (zwischen 30 Hz und 200 Hz) befindet sich hier ein Low Shelf Filter. Dieser ist hilfreich bei kleineren Räumlichkeiten, wo der Lautsprecher nah an der Wand positioniert zu einer Überbetonung im Bassbereich neigen könnte. Dem kann man mit Hilfe dieses Low Shelf Filters entgegenwirken. Auf der anderen Seite bekommt man auch noch ein High Shelf Filter geboten, um die Höhenwiedergabe zwischen 3 kHz und 20 kHz nach Bedarf regeln zu können. Ein weiteres hilfreiches Tool ist der Desk Filter (Schreibtischfilter). Dieser Filter bezieht sich auf die Platzierung des Lautsprechers. Steht dieser auf Stativen, auf einem Tisch oder auf einer Konsole – dieser Filter arbeitet mit Hilfe eines integrierten parametrischen Equalizers und wirkt entgegen störende frühe Reflexionen von Grenzflächen.
Daneben lassen sich die Bassreflexrohre geschlossen oder offen betreiben, hierfür bietet HEDD die CoP-Technologie (closed or ported). Standardmäßig laufen die Lautsprecher im offenen (ported) Modus, dieser sorgt für eine höhere Effizienz und gibt tiefere Frequenzbereiche ordentlich wieder. Sollte das Low-End zu kraftvoll erscheinen, schaltet man den Lautsprecher auf geschlossen (closed) und setzt zudem händisch den HEDD-CoP-Foam-Plug in die Reflexöffnung. In diesem Betriebsmodus ist mit einer Reduzierung des maximalen Schalldrucks um bis zu 10 dB zu rechnen, mit dem Bonus einen sauberen Klang und eine erhöhte Auflösung zu erreichen. Die Frage welcher Modus besser oder schlechter ist stellt sich nicht, vielmehr ist der Lautsprecher nach eigenem Ermessen und der Umgebung anzupassen und letztlich einzustellen. Der Hersteller empfiehlt unterdessen sorgfältig zu vergleichen, um die optimale Option für die Hörgewohnheiten zu finden.
Nun kommen wir zum eigentlichen Hit des Lautsprechers. Der integrierte HEDD Lineariser®. Dieser gewährleistet eine phasenreine Wiedergabe des Audiomaterials. Das größte Problem bei der Wiedergabe von Schall in einem mehrwege-Lautsprechersystem ist die phasenreine Wiedergabe auf den einzelnen Treibern. Tiefe Frequenzen benötigen in aller Regel mehr Zeit zum Durchlaufen des Lautsprechers als mittlere oder hohe Frequenzen. Dieses Problem der Laufzeiten der unterschiedlichen Frequenzen wird von der HEDD Lineariser® Technologie gelöst und führt letzten Endes zu einer verbesserten Transienten und Klangbildwiedergabe. Jedoch führt die Laufzeitanpassung zu einer Latenzzeit von etwa 15 ms, im Betrieb mit Subwoofer sogar bis zu 50 ms. In Aufnahmesituationen kann diese Latenz hinderlich sein, doch gerade für diese Anwendung ließe sich der On-Board Lineariser® einfach und bequem ausschalten. Die Lineariser® Funktion, die notwendige Phasenkorrektur, wurden nach Messungen der Lautsprecher an der Technischen Universität Berlin auf den Lautsprecher angepasst und verspricht eine Verbesserung der Transientenwiedergabe sowie des gesamten Klangbilds und fördert in höchstem Maße Wahrnehmung und Natürlichkeit des Schallsignals.
Bass 12

Mit dem optionalen Subwoofer Bass 12 erweitert man die Type 30 Mk2 zu einem Sat-Sub-System der Spitzenklasse.
Zu unserem Testsetup gesellt sich neben den Type 30 MK2 der HEDD Bass 12. Dieser 31 Kilogramm schwere, mit einem 12“ Tieftöner bestückte Subwoofer soll unser System in den tiefsten Frequenzen (16 Hz – 200 Hz) unterstützen. Auch dieser Lautsprecher ist mit der CoP-Technologie und dem HEDD Lineariser® ausgestattet und lässt sich analog (XLR) oder digital (AES) füttern. Der Bass 12 ist für den Betrieb mit den HEDD Type 20 MK2 sowie den Type 30 MK2 ausgelegt und kann, je nach Satellit und Hörgewohnheit, auf der Rückseite die Grenzfrequenz (X-Over) eingestellt sowie die Anwendung definiert werden (Subwoofer oder LFE).
Nicht immer ist gewährleistet, dass der Subwoofer auf einer Ebene mit den Satelliten positioniert werden kann, dafür bietet der Bass 12 die Funktion des Satellit Offsets (+/- 1 m; 2 m). Eine klassische Subwoofer-Funktion, die Einstellung der Phase, findet sich darüber hinaus auf der Rückseite und ist in vier Stufen regelbar (0°, 90°, 180°, 270°).
Setup
Das Testsetup besteht aus einem UAD Apollo Audio Interface, einem SSL SiX Mischpult und dem hier zum Test stehenden HEDD-Trio. Daneben werden die Musikstücke in HiRes Audio über TIDAL gestreamt oder kommen direkt aus der DAW. Die Type 30 MK2 Lautsprecher werden im Stereodreieck auf Stativen platziert. Die Hochtöner sind auf Höhe der Ohren und auf eben diese ausgerichtet, so ergibt sich nach wenigen kleinen Anpassungen ein perfektes Stereohörerlebnis.
Der Subwoofer Bass 12 wird unter dem Tisch positioniert. Der Abstand zwischen Hörposition und Subwoofer entspricht dem Abstand zu den Satelliten. Insgesamt haben die Lautsprecher allesamt einen Abstand von ca. einem Meter zur nächsten Grenzfläche. Der DESK FILTER und die SHELVING FILTER werden in unserem Setup nicht genutzt, da die Satelliten auf Stativen mit ausreichend Abstand zur Wand aufgestellt sind. Das LF RANGE Filter wird auf „NORMAL“ gestellt, da zunächst die Satelliten ohne Subwoofer getestet werden sollen. Später schalte ich dieses Filter auf „for SUB (80 Hz)“, um das gesamte Setup optimal zu nutzen.
Klang der Satelliten Type 30 MK2
Zunächst schicke ich auf analogem Weg das Signal direkt auf die Inputs der Satelliten. Sofort fällt auf, dass die Lautsprecher das geringe Eigenrauschen des SSL SiX Mischpults wiedergeben und beim Hören moderner Analogproduktionen, wie der neuen Platte der Chili Peppers oder der „Blues of Despiration“ von Joe Bonamassa, wird sofort deutlich wie klar und detailliert die Klangwiedergabe der Lautsprecher ist. Jedes kleine Eigenrauschen der Gitarren oder Bandmaschinen ist subtil zu hören und selbst der Hall verschiedener Instrumente ist für mich – teilweise zum ersten Mal – überhaupt wahrnehmbar. Die räumliche Tiefe erscheint groß und die Lokalisation der Instrumente im Stereopanorama ist nahezu greifbar.
Das Frequenzbild erscheint zudem sehr ausgewogen. Der Lineariser® ist zu Beginn auf „OFF“ gestellt, doch nach kurzer Zeit habe ich den Regler auf „ON“ geschaltet und ihn in dieser Position belassen. Der Lineariser® deckt kleinste Phasenprobleme der Produktionen auf und sorgt für einen sehr lebendig sowie realistisch wirkenden Sound. Um diesen Höreindruck zu untermauern habe ich noch den Klassiker der Eagles „Hotel California“ in der Liveversion gleich mehrmals genossen.
Das Sat-Sub-System
Obwohl mich die HEDD Type 30 MK2 ziemlich schnell überzeugt haben, kann ich es kaum erwarten dem Ganzen noch ein sattes Bassfundament zu verpassen.
Der Bassbereich der Type 30 MK2 ist bereits sehr ausgewogen, trocken und absolut überzeugend, dass ein Subwoofer fast schon überflüssig erschien. Dennoch integriere ich den Bass 12, indem das Signal zunächst in den Subwoofer und von dort aus weiter an die Satelliten gesendet wird. Der Sub wird passend in der XOVER Frequenz auf die Satelliten eingestellt und die Lineariser® Funktion auch am Bass angeschaltet. Das Ergebnis: Ich habe schon einige Subwoofer Systeme hören dürfen, in sehr vielen Fällen wurden viele Bassfrequenzen hinzugefügt und der Sound wurde fetter… okay, aber der Bass 12 erweckt den Bassbereich wirklich zum Leben und das auf eine sehr definierte Art und Weise. Der Bassbereich, gerade der E-Bass, fängt plötzlich an zu grooven und wirkt so realistisch, als würde er Live durch einen Ampeg Amp gespielt werden. Die Kickdrum und auch die Tom Toms finden ihren Platz neben dem Bass und sorgen durchweg für einen sehr unaufdringlichen, definierten Klang.
Klassisch angehauchte Stücke von Diana Krall, jazzige Nummern von Katie Melua, bis hin zur neusten Erscheinung Bob Dylans „Rough and Rowdy Ways“ werden durch Lautsprecher gejegt und erfüllten den Raum mit atemberaubend ehrlichen und gefühlvollen Klängen.
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