Effektklassiker neu gedacht

HOFA Plugins hat mal wieder mit Nullen und Einsen jongliert. Mit dem IQ Series Transient haben sie einen virtuellen Effekt erdacht, der das Bearbeiten von Ein- und Ausschwingvorgängen mit zahlreichen Funktionen und Features erweitert. Die fallen für einen Effekt dieser Art teils völlig überraschend aus. Grund genug also, um uns den Transienten-Dompteur mal genauer anzuschauen und auszuprobieren, wie sich damit arbeiten lässt.  

von Georg Berger

Seit Veröffentlichung des ersten Plug-ins – dem IQ-EQ (Test in Heft 12/2010) – genießt das Unternehmen HOFA Plugins sowohl bei Profis als auch bei Amateuren einen hohen Ruf. Kein Wunder, denn die Produkte warten stets mit Praxistauglichkeit, pfiffigen, bisweilen ungewöhnlichen Features und natürlich mit einem exzellenten Sound auf. Das jüngste Elaborat der Software-Schmiede wurde auf den Namen „IQ Series Transient“ getauft und stellt das Bearbeiten von Ein- und Ausschwingvorgängen in den Mittelpunkt. Kenner werden natürlich sofort an den Hersteller SPL denken, der seinerzeit als erster mit einer selbst ersonnenen, einzigartigen Technik das Verstärken und Dämpfen von Transienten und Sustains auf den Markt brachte (siehe Test der MK2-Version in Heft 04/2023). Seitdem ist dieser Signalprozessor Stammgast, wenn es um das (behutsame) Bearbeiten primär von Drums und Percussion geht. Und seitdem tummelt sich eine Vielzahl an virtuellen Transienten-Bearbeitungs-Effekten am Markt, die ähnliches realisieren. HOFA bringt mit seiner Version eines Transienten-Bearbeiters – Noblesse oblige – selbstverständlich keine schnöde Kopie von etwas auf den Markt, was es schon gibt. Einmal mehr haben die Software-Ingenieure sich hingesetzt und darüber gebrütet, wie sich das Verstärken und Dämpfen von Transienten und Sustains noch weiter ausformen lassen kann. Dabei verspricht der Hersteller, dass dies ohne klangliche Verfärbungen geschehen soll. Der Hör- und Praxistest wird zeigen, ob dies stimmt. Kostenpunkt: 130 Euro. Dafür offeriert das Plug-in eine Menge an Einstellmöglichkeiten, die wir uns jetzt einmal näher anschauen wollen.

Transient Shaper meets Compressor + EQ

Hingucker im GUI sind zwei raumgreifende, horizontal angeordnete Diagramme mit einer Frequenzskala in der X- und einer Prozentskala in der Y-Achse. Links davon sind in dazu korrespondierenden Blöcken ein Regler zum Verstärken und Dämpfen der Transienten und des Sustains eingelassen, die von einem On/Off-Schalter sowie einer schaltbaren Differenzfunktion begleitet werden. Durch Druck auf den Button wird das bearbeitete Effektsignal hörbar gemacht. Der Magic Boost-Button im Transientenblock will, wenn er aktiv ist, für ein gleichmäßiges Ausformen von Transienten sorgen. Später dazu mehr. Bevor es nämlich in diesem Teil der Bedienoberfläche zur Sache gehen kann, sollten zuvor einige Einstellungen in der oberen Leiste des Plug-ins gemacht werden. Input- und Output-Gain sprechen für sich selbst. In der Output-Sektion zeigt sich aber schon die erste Besonderheit: Der dort integrierte Dry/Wet-Regler und der schaltbare Limiter können nämlich per Drag-and-drop in der Signalreihenfolge vertauscht werden. Das ist nicht alltäglich. Nächste Besonderheit: Ebenso wie in einem Kompressor verfügt der IQ Transient über einen Sidechainweg, der wahlweise mit dem Eingangs- oder einem externen Signal zwecks Signalsteuerung beschickt werden kann. Überdies sorgen regulierbare Hoch- und Tiefpassfilter für das Eingrenzen des Sidechainsignals, damit der Effekt nur auf relevante Frequenzanteile reagiert. Weiter geht’s mit der Threshold-Sektion. Dort lässt sich bestimmen, ab welcher Lautstärke Transienten überhaupt bearbeitet werden sollen. Nächster Clou: Dafür stehen gleich zwei Parameter – Upper- und Lower-Threshold – zur Verfügung. Der Lower-Parameter bestimmt, ab welcher Lautstärke Transienten in die Bearbeitung kommen. Der Upper-Regler definiert hingegen, ab welcher Lautstärke (über)laute Transienten aus der Bearbeitung rausfliegen. Solch eine Reguliermöglichkeit ist selbst für einen Kompressor ungewöhnlich und verdient schon einmal ein Sonderlob hinsichtlich Innovation und Praxistauglichkeit. Mithilfe des Boost Target-Parameters, regulierbar über das schimmernde Dreieck, wird die oben erwähnte „Magic Boost“-Funktion feinjustiert. Diese arbeitet ähnlich wie ein Kompressor. Transienten unterhalb dieses Boost-Werts werden bis zu dieser Grenze verstärkt. Transienten oberhalb davon bleiben unbearbeitet. Unterm Strich soll dies für ein homogen klingendes Ergebnis sorgen. Für diese intelligente Lösung gibt’s dann auch schon das nächste Sonderlob. Denn bislang konnten Transienten nur im Gesamten verstärkt oder gedämpft werden, so dass zwar leise Transienten ordentlich bearbeitet, laute Transienten aber überlaut erklingen. In diesem Fall musste jede einzelne Transiente bearbeitet werden. Magic Boost lässt dies nun der Vergangenheit angehören. Ähnliches bietet übrigens auch das Smack Attack Plug-in von Waves. Wichtig: Beide Parameter – Threshold und Boost Target – wirken nur auf die Transienten. Für das Bearbeiten von Sustains sind sie ohne Belang.

Gezieltes Bearbeiten via Dynamic-EQ

Alleine nur mit diesen Funktionen und Features eilt der IQ Transient Prozessor vielen Mitbewerbern gehörig davon. Doch es geht noch weiter. Jetzt kommen endlich die eingangs erwähnten Diagramme ins Spiel: Darin werkelt jeweils ein grafisch editierbarer Fünf-Band-Equalizer, der ein zusätzliches Bearbeiten von Ein- und Ausschwingvorgängen auf Frequenzebene ermöglicht. Ähnliches offeriert übrigens das Transgressor 2 Plug-in von Boz Digital Labs. Besonderheit hier: Im HOFA-Plug-in arbeiten dynamische Equalizer, die ihr Gain stets an das detektierte Transienten-/Sustainsignal anpassen. Dabei stehen pro Band gleich sechs Filtercharakteristiken zur Auswahl, die auch in der Güte regulierbar sind. Was im Hintergrund beim Erkennen und Bearbeiten von Transienten und Sustains geschieht, dazu hüllt sich der Hersteller in Schweigen, weshalb wir uns sogleich in den Hör- und Praxistest begeben. Doch zuvor sei noch auf ein weiteres Feature verwiesen, das bei der Arbeit mit dem IQ Series Transient Plug-in von Vorteil ist und dem Anwender die Arbeit erleichtert: Durch Klick auf den „Show Time Chart“ Button oben rechts poppt ein weiteres Fenster auf, das in Echtzeit, ähnlich einem Analyser, die Spitzen des durchlaufenden Signals sowie die Effektstärke bei den bearbeiteten Ein- und Ausschwingvorgängen zeigt. Im Test ist diese Anzeige gerade beim Einstellen der beiden Threshold-Parameter sowie des Magic Boost sehr vorteilhaft, die sich zudem in diesem Dialog auch direkt einstellen lassen. Im oberen Teil des Dialogs zeigen zwei Linien den Hub der bearbeiteten Ein- und Ausschwingvorgänge. Im unteren Teil zeigt eine gezackte Linie die erkannten Transienten. Mithilfe der beiden gestrichelten Linien können wir nun exakt definieren, welche Spitzen bearbeitet werden sollen und über die neonfarbene Linie bestimmen wir den Grenzwert für die Magic Boost-Funktion. Im Test ist dieser Dialog tatsächlich ein komfortables Werkzeug, das uns die Arbeit erheblich erleichtert. Doch der Reihe nach.

Noch mehr Mojo dank Magic Boost

Im Hör- und Praxistest bemerken wir als erstes, dass sich im laufenden Betrieb mit dem IQ Transient Plug-in eine Latenz einstellt. Die wird vom Hersteller mit 20 Millisekunden angegeben. Kein Wunder, denn bei all den vielen Features muss der Prozessor ein wenig in die Zukunft schauen, um präzise arbeiten zu können. Ein Plug-in wie etwa der Maximizer aus Izotopes Ozone-Suite verfügt zur sachgemäßen Arbeit ebenfalls über eine Latenz. Hier wie dort wird auch niemand ernsthaft solch einen Prozessor direkt beim Tracking einsetzen wollen, weshalb das voll in Ordnung geht. Wir starten im Test mit der Default-Einstellung und spielen zuerst nur mit den Transient- und Sustain-Parametern. Das Ergebnis – wir schicken den Mix eines Drum-Grooves in das Plug-in – ist wenig überraschend: Drehen wir den Transient-Parameter auf, klingen die Signalspitzen lauter. Drehen wir den Sustainregler zu, werden die Ausschwingvorgänge erwartungsgemäß leiser, beide Male ohne hörbare Verfärbung im Klang. Die Minimalanforderungen an einen Transient Shaper hat der HOFA Transient-Effekt somit schon mal mit Bravour erfüllt. Als nächstes fügen wir etwas mehr Mojo hinzu, indem wir über den Threshold-Parameter eine obere und untere Grenze für die Bearbeitung definieren. Und man höre und staune: Über den Lower-Threshold nehmen wir die angenehm zischelnde Hi-hat aus der Bearbeitung raus. Die hat zuvor beim Aufdrehen des Transientreglers tatsächlich ein wenig zu scharf geklungen. Jetzt klingen sie wieder so angenehm wie gewünscht. Den Upper-Threshold stellen wir so ein, dass sehr laute Crash-Becken aus der Bearbeitung herausgenommen werden und erhalten ein ebenso angenehm hörbares Ergebnis, wie zuvor bei den Hi-hats. In diesem Threshold-Fenster tummeln sich jetzt die Bassdrum, Snare, Toms sowie diverse Becken. Allein schon mit der Threshold-Option klingt das Ergebnis schon einmal ungleich differenzierter und feiner. Doch es geht noch weiter. Als nächstes probieren wir die Magic Boost-Funktion aus, indem wir in einer Solo-Snaredrum-Spur für ein gleichmäßig hörbares Anschlagen der Trommel sorgen. Ghost-Notes klammern wir durch entsprechende Einstellung des Lower-Thresholds von der Bearbeitung aus. Auch diese Funktion weiß im Test ohne Wenn und Aber zu überzeugen. Wir stellen die Boost-Target-Grenze so ein, dass wir ein wenig unterhalb der lautesten Snare-Anschläge sind. Durch Anheben des Transient-Parameters nähern wir die leisen Snare-Schläge nun den lauten an. Das klappt im Test hervorragend.

Zuguterletzt probieren wir auch noch die beiden Equalizer aus, die als zusätzliche Bearbeitungskomponente für ein weiteres Ausformen des Klangs sorgen. Im Test klingt uns die Bassdrum beim Anschlag ein wenig zu dröhnend. Also nehmen wir ein Glockenfilter, sweepen kurz durch, um bei etwa 125 Hz stehen zu bleiben. Ein wenig die Güte angepasst und anschließend das Band um circa 35 Prozent – das Plug-in zeigt keine Dezibel-Werte an. Boosts und Cuts erfolgen in Abhängigkeit zum eingestellten Transient-Wert – gedämpft. Das klingt schon einmal ungleich aufgeräumter, wenngleich wir gehörsmäßig noch weitere Feinjustierungen vornehmen müssen, um am Schluss das Anschlagsgeräusch sauber, klar und knackig erklingen zu lassen. Wir fügen noch ein Shelf-Filter ab 2,5 kHz ein und verstärken ein wenig, um die Anfangsphase der Bassdrum noch eine Spur frischer erklingen zu lassen. Das klingt nicht nur super, sondern auch beeindruckend. Im Test macht das von mal zu mal immer süchtiger, wobei die Gefahr, zuviel des Guten zu tun, immer mitschwingt. Bedingt durch die Dauer der beiden Signalanteile, wirkt der EQ im Transient-Bereich eher subtil und unscheinbar, wohingegen der Sustain-EQ ungleich machtvoller ans Werk geht. Hier wie dort sollte stets geprüft werden, ob ein Einsatz wirklich nötig ist und wenn ja, wie viel EQing reicht. Dabei sollte die Bearbeitung, so sie solo erfolgt, anschließend immer im Zusammenhang mit dem Arrangement überprüft sein. Wie immer gilt der Spruch vom „weniger ist mehr“. Mit dem EQ findet sich daher eine machtvolle Komponente im IQ Transient-Plug-in, um Ein- und Ausschwingvorgänge noch präziser, schöner und sauberer erklingen zu lassen. Daumen hoch!

Fazit

HOFA Plugins präsentiert mit dem IQ Series Transient Plug-in einen markant ausgestatteten Signalprozessor zum Bearbeiten von Ein- und Ausschwingvorgängen. Um den Kern des Transient Shapings wurden auf intelligente und teils einzigartige Weise Features von Kompressoren und Equalizern gruppiert, mit der sich anliegende Signale ab sofort auf beeindruckend detaillierte Weise bearbeiten lassen.