Fünf Mann in einem Boot

Pro Tools Anhänger aufgepasst: Wer bislang keines der hauseigenen virtuellen AIR-Instrumente besitzt oder noch nicht alle sein Eigen nennt, erhält mit dem Pro Tools Instrument Expansion Pack eine günstige Gelegenheit, dies auf einen Schlag zu erledigen. Eine Reihe von Verbesserungen gibt’s obendrein noch dazu.    

Von Georg Berger

Aus Raider wurde Twix und aus Digidesign Avid (siehe Newsmeldung in Heft 05/2010). Was bleibt ist der Markenname, der ohnehin ständig als Synonym für die Digidesign-Produktpalette benutzt wurde und wird: Pro Tools. Dass sich außer der Änderung des Firmennamens nichts verändert hat, zeigt das jüngst auf den Markt gebrachte Pro Tools Instrument Expansion Pack (PTIEP). Das Software-Bundle ist der Nachfolger des Digidesign Virtual Instrument Box Sets, das aus fast den gleichen virtuellen Instrumenten der hauseigenen Entwicklungs-Schmiede, der AIR-Group, besteht. Das aktuelle Bundle enthält die fünf Instrumente Hybrid, Strike, Structure, Transfuser und Velvet, die jedes für sich ein ganz eigenes instrumentales Arbeitsfeld abstecken. Hybrid stellt sich als klassischer Analog-Synthesizer mit integrierter Wavetable-Synthese vor. Velvet frönt der Emulation von E-Pianos, wohingegen das Strike-Instrument ganz in der Tradition von Drumsampling-Instrumenten steht wie etwa Fxpansion BFD, Toontrack Superior Drummer oder Xln Audio Addictive Drums. Structure und Transfuser widmen sich schließlich voll und ganz dem Abspielen und Verbiegen von Samples und Loops, wobei sich Structure (Test in Heft 10/2007) als klassische Sampler-Workstation mit allen Schikanen zu erkennen gibt und Transfuser eine Mischung aus Groove-Box und virtuellem DJ-Setup darstellt. Unterschied zum Virtual Instrument Box Set: Anstelle des ohnehin kostenlos erhältlichen Xpand!-Instruments ist jetzt das Transfuser-Plug-in enthalten. Wie üblich bei Bundle-Lösungen gibt’s die darin enthaltenen Plug-ins zu einem deutlich günstigeren Preis gegenüber dem Einzelkauf. Dabei zeigt sich Avid, wie erwähnt vormals Digidesign, in der jüngsten Ausgabe seines Instrumenten-Bundles äußerst spendabel. Denn die Boxed-Version des PTIEP ist für gerade einmal 400 Euro erhältlich, die Downloadversion mit zusätzlichem Sample-Content kostet knapp 500 Euro, ein Preis für den man ansonsten nur eines der darin enthaltenen Produkte wie beispielsweise Structure erhält.

Durch das jetzt neu hinzugekommene Transfuser-Instrument verbessert sich die Preis-Leistungs-Relation und somit die Attraktivität des Bundles noch einmal deutlich. Selbst wer sich nur für zwei der fünf Instrumente erwärmen kann, macht beim Kauf des Bundles schon ein Geschäft. Diejenigen, die bereits ein Instrument des PTIEP ihr Eigen nennen, können das Bundle zu entsprechend gestaffelten Upgrade-Preisen günstiger erwerben. Ein paar Beispiele: Wer das Vorgänger-Bundle besitzt zahlt fürs Upgrade lediglich 100 Euro, Besitzer von Structure erhalten das PTIEP für knapp 145 Euro sofern sie bereits mit der Version 1.1 unterwegs sind. Wer noch mit der Vorgänger-Version 1.0.X arbeitet, muss etwa 50 Euro mehr drauflegen. Denn sämtliche Instrumente liegen in ihren neuesten Software-Versionen vor, die außer einer Reihe von Verbesserungen im Plug-in mit einem teils deutlich aufgestockten Arsenal an mitgeliefertem Sample-Content aufwarten, was den Kaufanreiz noch einmal steigern dürfte. Wichtig: Das PTIEP lässt sich selbstverständlich in allen Pro Tools Versionen, ganz gleich ob HD, LE oder M-Powered einsetzen, allerdings erst ab Pro Tools 8. Professional audio hat sich das Bundle einmal näher angeschaut, wobei eine detaillierte Darstellung jedes Instruments den Rahmen dieses Artikels um ein Vielfaches sprengen würde. Daher haben wir uns auf die wichtigsten Features und Neuheiten beschränkt, die Sie in den separaten Kästen für jedes Instrument nachlesen können.  Wer sich für den Kauf des PTIEP entscheidet, erhält einen riesigen Sound-Content von 55 Gigabyte, der sich anteilig auf die einzelnen Instrumente verteilt. Der Drumsampler Strike beansprucht mit über 30 Gigabyte dabei den Löwenanteil, Structure bescheidet sich mit knapp 18 Gigabyte Werks-Content und Transfuser beansprucht gerade einmal knapp vier Gigabyte. Dank eines proprietären Kompressions-Algorithmus sind auf der Festplatte dafür jedoch nur 33 Gigabyte zu reservieren. Die komprimierten Samples werden von den jeweiligen Plug-ins nach dem Ladevorgang in Echtzeit ausgepackt. Das ist insoweit nichts besonderes, Toontracks Superior Drummer nutzt ebenfalls ein solches Verfahren. Bemerkenswert ist dennoch, dass dies so wieselflink geschieht und den Eindruck entstehen lässt, als ob unkomprimierte Daten kleineren Umfangs geladen und gespielt werden. Umfangreiche Drumkits in Strike sind beispielsweise binnen weniger Sekunden geladen. Das Abspielen virtuoser Grooves bei gleichzeitigem Herumschrauben an Parametern geschieht ohne jegliche klangliche Aussetzer. Die Performance jedes Plug-ins ist im Test hervorragend und überzeugt ausnahmslos durch einen niedrigen CPU-Verbrauch. Umfangreiche Sound- und Track-Setups in Structure und Transfuser spielt der Computer klaglos ab, was nicht zuletzt auch an der engen Verzahnung beider Plug-ins mit Pro Tools liegt, ein Vorteil den nur hauseigene Entwicklungs-Abteilungen bei der Instrumenten-Entwicklung voll ausschöpfen können. Doch auch ein reinrassiges virtuelles Instrument wie Hybrid agiert ohne nennenswerte Ausschläge bei der Systemleistung und zeugt vom hohen Know-how der Entwickler, ein gut klingendes Instrument mit vielen Features Ressourcen schonend programmieren zu können. So manches von uns getestete Drittanbieter-Produkt wartet im Vergleich dazu mit deutlich mehr CPU-Hunger auf.   In Sachen Bedienkomfort ist der AIR-Group ein Sonderlob für seine Entwicklungen auszusprechen, die zwar oberflächlich betrachtet teils nüchtern-sachlich, teils komplex erscheinen, aber dennoch intuitiv bedienbar sind. Velvet und Hybrid sind auch ohne Studium des sehr informativen Handbuchs in ihren wesentlichen Zügen schnell erfasst. Das Highlight in Sachen intuitiver Bedienung markiert jedoch Transfuser, das sich zwar anfangs sehr komplex darstellt. Doch das Studium des Einleitungs-Kapitels und der ersten Seiten des Quickstart-Abschnitts reichen als Anstoß, um erfolgreich auf Entdeckungsreise zu gehen. Das Konzept  bei den Sample-basierten Instrumenten einen ständig sichtbaren Browser zu integrieren, Drag-and-drop von Daten so oft als möglich anzubieten und nach Möglichkeit nur wenige wechselnde Dialog-Seiten mit übersichtlich angeordneten Parametern zu integrieren geht voll auf.  

Structure: Einfache Bedienung, mächtige Möglichkeiten

Mit der Sampler-Workstation Structure hat die AIR-Group die Königsdisziplin der virtuellen Instrumente betreten und bietet damit dem Haupt-Konkurrenten Kontakt von Native Instruments auf eigenem (Pro Tools-)Feld seit fast drei Jahren die Stirn. Mit Highlights wie dem klug durchdachten Bedienkonzept, der direkten Einbindung der Sampler-Engine in Pro Tools inklusive Drag-and-drop von Regions in Structure und dem separaten, frei skalierbaren Wave-/Mapping-Editor konnte der Pro Tools-Sampler damals im Test (siehe Heft 10/2007) punkten. Die im PTIEP enthaltene Version 1.1 wartet mit einer kleinen, aber feinen Reihe von Neuheiten auf. Die wichtigste ist die aufgestockte Werks-Library, die jetzt mit knapp fünf Gigabyte an Orchester-Sounds aufwartet, überdies einen neuen Konzert-Flügel enthält sowie mit zwei neuen Drumkits aufwartet. Damit hat die AIR-Group eine von uns damals im Test bemängelte Scharte gehörig ausgewetzt. Endlich finden sich die von uns vermissten Orchester-Klänge im Werks-Repertoire, die überdies auch noch ordentlich klingen. Zwar können sie in puncto Spielvariationen und Klangqualität nicht mit Drittanbieter-Produkten der Spitzenklasse mithalten. Dennoch lassen sich gute bis sehr gute Ergebnisse damit erzielen. Mit den neu hinzugefügten Orchester-Sounds verspricht der Hersteller auch neue MIDI-Features, die für ein realistisches Spielgefühl sorgen sollen. Zwar nutzen einige Orchester-Sounds den sogenannten Alternation Mode zum automatischen Ansteuern alternativer Sounds wie etwa den Bogen-Auf- und -Abstrich bei Streichern. Doch ist dieses Feature bereits von Anfang an in Structure implementiert. Gleiches gilt auch für die angekündigten Neuerungen in der implementierten Datenbank, die sich höchstens eher im Hintergrund abspielen. Denn beim besten Willen entdecken wir in Version 1.1 keinen nennenswerten Unterschied zur Vorversion. Nächste richtige Neuheit ist die Import-Möglichkeit von Sounds im Gigasampler-Format. Gleichzeitig lassen sich auch Sounds im Kontakt 3-Format importieren und Mac-Anwender dürfte freuen, dass beim Import von EXS24-Sounds die Programmierungen der Modulations-Matrix mit übernommen werden. Im Test sind die Fremdformate komplikationslos ladbar, womit sich Structure 1.1 ein Stück weit mehr polyglott gibt. Damit konzentrieren sich die Neuheiten lediglich auf das, was einen Sampler erst zum Klingen bringt: Die Samples. Aber für eine 1.1-Version soll das durchaus in Ordnung gehen, denn die Vorteile liegen nach wie vor auf der Hand: Structure ist ein kinderleicht bedienbares Instrument, mit dem sich im Handumdrehen mächtige Stacksounds erstellen lassen. Maximal 128 MIDI-Kanäle in einer Instanz – verteilt auf acht Ports – erlauben das Ansteuern opulenter Arrangements, die sich über maximal 32 Kanäle an den Pro Tools Mixer schicken lassen. Zu den Besonderheiten zählen dabei das Handling und die Aufbereitung der Sounds, in Structure „Patch“ genannt. Ein Patch ist dabei wie ein Container zu verstehen. Im Innern des Patches finden sich sogenannte Parts, die ihrerseits ein oder mehrere Samples enthalten. Zudem lassen sich Effekte in ein Patch ziehen um die Samples weiter zu veredeln. Theoretisch unendlich viele Parts und Effekte sind, ähnlich wie ein Verzeichnisbaum, in ein Patch integrierbar und gestatten das Erzeugen mächtiger Klanggebirge, wobei die Signalkette von oben nach unten verläuft. Eingefügte Effekte wirken je nach Position nur auf einen bestimmten Part oder sämtliche Parts. Selbstverständlich lässt sich jedes Sample innerhalb eines Parts, der Part wiederum selbst und natürlich auch das Patch nach allen Regeln der Kunst verbiegen, sei es mit Filtern, Hüllkurven, LFOs und auch Send-Effekten, die schließlich in einer Master-Effekt-Sektion einmünden. Was sich jetzt kompliziert anhört ist im Structure-GUI jedoch vorbildlich einfach gelöst. Links findet sich die Patchliste, in der alle Parts und Effekte angezeigt werden. Durch Mausklick auf den gewünschten Patch/Part/Effekt wechselt das Display rechts von der Liste und offeriert entsprechende Dialoge zur Bearbeitung des Patchs oder seiner Bestandteile, inklusive Zuweisung von Parametern auf MIDI-Controller oder die sieben Smart Knobs oberhalb der Tastatur. Einfacher geht’s nimmer. Wer Bearbeitungen auf Sample-Ebene durchführen will, muss dazu den separaten Wave-/Mapping-Editor aufrufen, in dem sich die Wellenformen nach allen Regeln der Kunst verbiegen und in Tonhöhe und Anschlagsstärke auf die Keyboardtasten verteilen lassen. Einzig Möglichkeiten zum Erstellen von Slices und zum Anwenden von Time-Stretching fehlen noch. Aber das hebt sich der Hersteller wohl für Structure 2 auf.

 

Velvet: E-Piano 2.0

Vier E-Piano-Klassiker von zwei Herstellern versammeln sich unter dem Dach des Velvet-Instruments, das außer Parametern zum Eingriff in den Grundsound mit einer opulent ausgestatteten Effekt-Sektion aufwartet, die zielgerichtet auf den E-Piano-Sound ausgerichtet ist. Vier klangliche Geschmacksrichtungen offeriert Velvet in Form von Emulationen der Fender Rhodes Modelle MKI, MKII und dem Suitcase73-Modell, gefolgt von einem Wurlitzer A200. Die beeindruckend authentische Klangpalette reicht dabei von mittig-angenehm bis glockig-hell. Mit Hilfe mehrerer Parameter ist dieser Grundsound klanglich änderbar, um ihn von fabrikneu bis hin zu „auf Tour zu Tode geritten“ zu verfremden. Sehr schön: Die separat einstellbare Lautstärke des Pickups sowie das klappernde Geräusch beim Anschlagen und Loslassen der Tasten sorgen für zusätzliche Authentizität. Erstes Highlight in der aktuellen Version 1.3 sind neun neu hinzugefügte Klangzungen-Modelle in der Mechanics-Sektion, die sich auf mittlerweile selbst schon legendäre E-Piano-Sounds der Yamaha-FM-Synthesizer konzentrieren. Sie alle liefern in Perfektion den typischen Glocken-Sound in unterschiedlichen klanglichen Variationen von filigran und hell bis hin zu metallisch, bissig und leicht verzerrt. Damit hat das Klang-Arsenal eine Verjüngungskur erhalten, die jetzt bis in die frühen achtziger Jahre reicht. Zweite Haupt-Neuheit: Der Palette an Effekten wurde jetzt auch eine Hall-Sektion mit drei wählbaren Presets spendiert. Richtig vintage klingts dabei mit dem Federhall, wohingegen der Room- und Ambience-Algorithmus mehr zum Andicken des Sounds, als zum Erzeugen von Räumlichkeit dient. Insgesamt sind die Neuheiten in Velvet zwar nicht spektakulär. Sie erweitern die Klang-Palette dennoch um weitere legendäre E-Piano-Sounds und halten Velvet nach wie vor frisch. Weniger ist halt oft mehr.

 

Hybrid: Analog-Synthesizer mit Digital-Faible

Hybrid ist ein klassischer Synthesizer, der dem altbekannten Prinzip der subtraktiven Synthese frönt, jedoch keinem bestimmten Hardware-Original nacheifert. Das Repertoire an klangformenden Bestandteilen ist schnell umrissen. Hybrid stellt drei Oszillatoren bereit, die anschließend durch ein Filter und schließlich durch einen Verstärker gehen. An Modulatoren stehen vier Hüllkurven zur Verfügung von denen je eine dem Filter und Verstärker vorbehalten ist und die beiden anderen für Modulationszwecke frei verfügbar sind. Dazu gesellen sich drei opulent einstellbare LFOs mit je neun wählbaren Wellenformen. Ein Step-Sequenzer zum Abspielen von Melodien und zum zusätzlichen Modulieren von Parametern sowie eine Effekt-Sektion runden die Sounddesign-Möglichkeiten ab. Doch das ist in Hybrid erst die halbe Miete. Seinen Namen hat das Instrument nämlich nicht von ungefähr, denn jenseits der üblichen Wellenformen à la Sägezahn und Rechteck enthalten die ersten beiden Oszillatoren auch ein Wavetable mit 100 wählbaren Wellenformen, die ein Klang-Repertoire digitaler Herkunft bereitstellen. Außer den üblichen Analog-Sounds sind in Hybrid damit auch Klänge realisierbar, die an frühe Digital-Synthesizer vom Schlage eines Yamaha DX 7 oder eines Roland D-50 erinnern. Doch es geht noch weiter. Das Instrument besteht aus zwei separat editierbaren Synthesizer-Parts, die wahlweise als mächtige Stack-Sounds unisono über das gesamte Keyboard oder per Keyboard-Split individuell in eigenen Tastaturzonen spielbar sind. Die Filter-Sektion stellt Emulationen analoger und digitaler Filter-Schaltkreise mit je 23 Charakteristiken zur Verfügung und vier Morph-Regler erlauben über beide Synthesizer-Parts hinweg den raschen und vor allem simultanen Eingriff in mehrere Parameter, was zu äußerst lebendigen Klangverläufen führt und aus Hybrid ein insgesamt bemerkenswert wandelbares Instrument macht. In seiner aktuellen Version 1.6 wartet Hybrid mit einer kleinen, aber feinen Zahl an Neuerungen auf. So finden sich in den ersten beiden Oszillatoren jetzt sogenannte Multiwaves zur Auswahl, die den Klang mehrerer Oszillatoren erzeugen und die sich herrlich gegeneinander verstimmen lassen, was zu einem sehr fetten Sound führt. Ebenfalls neu sind vier wählbare Presets für den Rauschgenerator mit unterschiedlichen klanglichen Ausprägungen. Last but not Least finden sich über 250 neue Presets im Lieferumfang. Highlight sind dabei ohne Zweifel die neuen Multiwaves, die den ohnehin fett klingenden Synthesizer sozusagen auf die Doppelrahmstufe heben. Denn der Grundsound von Hybrid ist ausnahmslos geprägt vom Ideal der analogen Klangerzeugung, das mit seiner Mittenbetonung wohlig-angenehm klingt. Dies gilt selbst für heftigsten Einsatz der Wavetables. Eindeutig digitale Sounds mit scharf und bissig klingenden Anteilen besitzen eine unbeschreibliche Aura, die sie ähnlich wie in Watte gepackt trotz ihrer Schärfe immer noch angenehmer erklingen lässt als erwartet.

 

Strike: virtueller Klopfgeist mit akustischen und elektronischen Ambitionen

Mit Strike liefert die AIR-Group ihre eigene Version eines Drumsamplers ab, die auf Augenhöhe ist mit Drittanbieter-Produkten von Herstellern wie Fxpansion, Toontrack und Xln Audio. Die neue Version 1.5 offeriert zehn Gigabyte an neuem Sample-Content, der sich auf zwei akustische und drei elektronische Drumkits verteilt. 200 neue Grooves gibt’s obendrein dazu. Überdies lassen sich erstmals auch eigene Sounds ins Programm importieren. Die Neuheiten werden abgerundet durch einen redesignten und verbesserten Style-Editor, in dem sich Grooves erstellen und ändern lassen. Permanentes Element im Programm ist der Browser-Dialog zur Auswahl kompletter Presets, bestehend aus Drumkits, Grooves und Mixer-Einstellungen, die selbstverständlich auch als Einzel-Presets wählbar sind. Zentraler Dialog ist das Main-Fenster, das die wichtigsten Parameter der weiteren Editoren vereint und beim Abspielen von Grooves beeindruckende Echtzeit-Eingriffsmöglichkeiten in den Rhythmus und Klang des Drumsets offeriert. Einzigartige Highlights sind dabei die beiden Fader um das kreisrunde Display. Über den Intensity-Regler lässt sich der Sound von weich nach hart verbiegen, also quasi von Ballade bis hin zu Heavy Metal. Der Complexity-Fader nimmt Einfluss auf den Groove. Je höher er eingestellt ist, desto virtuoser erklingt der Rhythmus. Im Test sind einzig über diese beiden Regler beeindruckend klingende Variationen realisierbar. Die Style-Page erlaubt einen weiteren Eingriff in den Groove und zwar separat für jedes der maximal zwölf ladbaren Instrumente. Dort finden sich übrigens auch die oben erwähnten Intensity- und Complexity-Parameter wieder. Die Kit-Page erlaubt einen direkten Eingriff ins Audiomaterial, indem sich unter anderem der Startpunkt, die Tonhöhe und das Abklingen der Samples verändern lässt. Die Mix-Page offeriert die übliche Ausstattung eines Audio-Mixers, wobei der Klang jedes Instruments über einen fest installierten Drei-Band-Equalizer und zwei frei wählbare Insert-Effekte veredelt werden kann. Überdies lässt sich dort auch das Übersprechen in die separaten Overhead- und Raumkanalzüge einstellen. Ein Talkback-Kanal mit charakteristisch verzerrtem Sound offeriert weitere Sound-Optionen. Acht Busse plus Masterkanal erlauben ein separates Herausleiten der Signale in den Pro Tools-Mixer. Der redesignte Style Editor ist in wesentlichen Zügen schnell erfasst, wenngleich er gewöhnungsbedürftig ist. So ist das Einzeichnen von Noten nur über den Velocity-Dialog möglich, der anders als gewohnt oberhalb des Drum-Grids liegt. Einmal daran gewöhnt überzeugt er durch Bedienkomfort und eine Ausstattung, die nichts vermissen lässt. Der Clou: Flams sind für jedes Instrument per Auswahlliste opulent einstellbar und finden Niederschlag im Drum-Grid. In Sachen Sounds gibt es überhaupt nichts zu meckern, im Gegenteil. Sämtliche Drumkits, nicht zuletzt auch die neuen, bestechen durch einen fein aufgelösten Klang, die den Hauch teurer Produktionen versprühen. Vorteil: Durch das Arsenal an enthaltenen elektronischen Drumsounds ist Strike nicht nur etwas für gestandene Rocker und Blueser.

Transfuser: Inspirierendes Sample-Verbiegungs-Kraftwerk


Transfuser ist das jüngste Kind der AIR-Instrument-Familie und wendet sich gleichermaßen an Freunde patternbasierten Komponierens wie auch an Loop-Enthusiasten. Als klassische Groove-Box konzipiert, verfügt das Instrument über mannigfaltige Möglichkeiten zum Abspielen und Verfremden von Samples und Loops, zum Programmieren von Pattern sowie zum Erstellen ganzer Songs. Integrierte Effekte sorgen schließlich für das Salz in der Suppe. Die Möglichkeiten von Transfuser beschränken sich jedoch nicht ausschließlich auf den Kompositions-Prozess. Das Plug-in verfügt über eine Reihe von Features, mit dem es förmlich darum bettelt, Live eingesetzt zu werden, ähnlich wie etwa eine Akai MPC 5000 (Test in Heft 8/2009). Dabei lassen sich Loops in Echtzeit bis zur Unkenntlichkeit verbiegen, Tracks eines Arrangements stumm schalten und separat starten, per Crossfader ineinander überblenden, Audioinformationen rhythmisch zerhacken und sogar per Scratch-Funktion nach allen Regeln der DJ-Kunst verwursten. Damit wendet sich Transfuser primär an Musikschaffende im Dancefloor-Bereich, was sich letztlich auch im mitgelieferten Werks-Content bestätigt. In der aktuellen Version 1.3 wartet Transfuser mit zusätzlichen 1,6 Gigabyte an neuem Sample-Material auf, das vom Soundware-Unternehmen Big Fish Audio sowie von der AIR-Group selbst stammt. Damit wächst die Library auf jetzt insgesamt vier Gigabyte an. Das Repertoire setzt sich aus allen möglichen Dancefloor-Stilen wie etwa Hip Hop, House, Techno, Drum’n Bass und dergleichen mehr zusammen, das sich auf Drum- und Bass-Loops sowie Melodiephrasen verschiedener Solo- und Begleitinstrumente verteilt. Zusätzlich enthält die Library eine große Auswahl an Schlagzeug-Einzelsamples zum Erstellen eigener Drum-Kits. Mit dem Bass-Modul erweitern die Entwickler Transfuser um ein neues virtuelles Instrument, das, wen wunderts, auf den Pfaden der immer noch heiß begehrten Roland TB-303 wandelt. Das Arsenal an verfügbaren Einstellmöglichkeiten kommt dem Original dabei verdammt nahe. Allerdings klingt das Filter nicht in dem Maße bissig und kraftvoll wie erwartet. Abhilfe schafft jedoch der eingebaute Distortion-Effekt mit dem sich schließlich doch die charakteristische Wuchtigkeit sowie die typisch schmatzenden und zwitschernden Sweeps dieses Bass-Synthesizers erzeugen lassen. Zusammen mit dem Drum-Modul – ein Drumcomputer inklusive Pattern-Sequenzer – enthält Transfuser endlich die beiden wichtigsten Klangerzeuger des Dancefloor in virtueller Form, Propellerheads Rebirth lässt grüßen. Dritte wichtige Neuheit ist ein Sechs-Band-Equalizer, mit dem sowohl einzelne Loops als auch ein ganzes Arrangement sozusagen In-House klanglich präzise angepasst werden kann. Im Test überrascht der Equalizer mit einem unauffälligen und subtilen, aber dennoch nachhaltigen Regelverhalten, mit dem sich chirurgisch Resonanzfrequenzen ausfiltern lassen oder gefühlvoll Sounddesign betreiben lässt. Mit diesen Qualitäten würde er sogar im Mastering eine gute Figur machen.   Das Handling und Bedienkonzept von Transfuser ist denkbar einfach und trotz der komplexen Möglichkeiten lässt sich das Instrument in weiten Teilen intuitiv programmieren. Das GUI wartet mit einem Browser-Dialog zur Auswahl der Instrumente und Loops auf, die sich einfach per Drag-and-drop nach rechts oben in die Track-Sektion ziehen lassen. Ebenso wie in Structure ist dies in Transfuser übrigens auch mit Regions direkt aus Pro Tools heraus möglich. Ist dies erledigt zeigt sich ein horizontaler Balken mit einer Reihe von Einstell-Optionen, der den Loop jetzt als sogenannten Track repräsentiert. Globale Einstellmöglichkeiten wie unter anderem Lautstärke und Panorama, der MIDI-Kanal, zwei Effekt-Sends, eine Effekt-Sektion zum Einfügen von maximal vier Insert-Effekten sind enthalten. Dazwischen eingebettet finden sich eine Synth- und Sequenzer-Sektion, die je nach geladenem Loop leicht unterschiedlich ausgestattet sind und Optionen zum Verändern des Sounds und des Grooves offerieren. Detaillierte Bearbeitungsmöglichkeiten in den Synth-, Sequenzer- und Effekt-Modulen gestattet die Edit-Sektion. Ein Klick auf das entsprechende Modul genügt, woraufhin entsprechende Dialoge zur präzisen Programmierung des gewählten Moduls erscheinen. Später dazu mehr. Permanent sichtbar ist die Master-Sektion in der Mitte des GUI, die Edit- und Track-Sektion voneinander trennt. Darin finden sich sechs Macro-Regler zum simultanen Ändern beliebig vieler Parameter, sogar über Tracks hinweg. Ein virtuelles Keyboard dient zum Starten einer der maximal zwölf Pattern eines Tracks, gleiches ist über die acht Pads direkt daneben ebenso möglich. Ein Crossfader gestattet das Überblenden von zwei verschiedenen Arrangements, die ihre Tracks auf die dort gerouteten Busse schicken. Die Ausstattung setzt sich fort mit editierbaren Send- und Insert-Effekten sowie einem Master-Groove-Dialog, der sämtlichen Track-Pattern seinen Rhythmus aufprägt. Master-Transporttasten zum Starten sämtlicher Tracks, ein integrierter Wave-Recorder zum Aufzeichnen des programmierten Arrangements sowie ein Pitch- und Volume-Fader zum Regulieren der Tonhöhe und Lautstärke des gesamten Arrangements runden die Einstellmöglichkeiten ab. Die in jedem Track enthaltenen Synth-Module offerieren mit Ausnahme des Bass-Moduls einen einfachen, aber ausreichend ausgestatteten Wave-Editor zum Eingriff ins Sample. Die enthaltenen Funktionen unterscheiden sich je nach Art des Audiomaterials. Bei Aufruf des Drum-Moduls lassen sich Samples austauschen und mit den üblichen Audio-Bearbeitungen ändern. Loops lassen sich auf drei Arten in Tracks einbetten: Als Teil eines Drum-Kits, also als Einzelsample, in Form von Slices oder via Time-Stretch. Im Slice-Modus sind dabei zielgerichtet Eingriffe in die Slices möglich. Der Time-Stretch-Modus bietet Möglichkeiten zum Eingriff etwa in die Formanten bei Transponieren des Samples. Je nach Synth-Modul differiert auch die Ausstattung der beigeordneten Sequenzer-Module. Den Drum- und Bass-Modulen sind opulent einstellbare Step-Sequenzer beigeordnet. Sie erlauben das Programmieren von maximal vier Takten und jeweils zwölf wählbaren Pattern. Slice- und Time-Stretch-Module sind via Pianorollen-Editoren programmierbar, wobei der Slice-Sequenzer ein Neusortieren der Loops ermöglicht und der sogenannte Phrase-Sequenzer das Erstellen monophoner MIDI-Tracks erlaubt. Pfiffig in allen Sequenzern ist das sogenannte M.A.R.I.O.-Feature das per Zufall wohldosiert Variationen in die Pattern einfügt und für lebendig klingende Variationen sorgt. Im Test haben wir die Arbeitsweise und wesentlichen Funktionen von Transfuser rasch erfasst. Erste Arrangements sind im Handumdrehen erstellt. Durch die intuitive und übersichtliche Bedienführung tauchen wir alsbald in die Tiefen der Soundbearbeitung ab und türmen Spur um Spur auf. Das Ganze macht einen Heidenspaß und wirkt ohne Wenn und Aber äußerst inspirierend. Das ist wahrlich nicht ausschließlich etwas für Dancefloor-Produzenten. Davon können auch Musikschaffende abseits von Techno und House profitieren. 

 

Fazit 

Das Pro Tools Instrument Expansion Pack von Avid (vormals Digidesign) ist ein echtes Schnäppchen. Bei Erstkauf erhält man fünf exzellent klingende und hervorragend bedienbare Instrumente zum Preis von Einem. Noch billiger geht’s wirklich nicht mehr. Wer bereits das eine oder andere darin enthaltene Instrument besitzt, wird mit gestaffelten Upgrade-Preisen, erweitertem Sound-Inhalt und neuen Plug-in-Features gelockt, wobei die Library-Erweiterungen das eindeutig stärkere Argument markieren. Schade ist nur, dass es das Pack lediglich für Pro Tools gibt.

Erschienen in Ausgabe 08/2010

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 411 € / 506 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: überragend