Doppelte Frischzellenkur
Software-Hersteller Izotope legt mit der fünften Version von Ozone das bislang umfangreichste Update seiner beliebten All-in-One Mastering-Lösung vor. Ozone 5 gibt’s ab sofort in zwei Varianten und bietet einen neuen Look, besseres Handling, neue Features und erweiterte Klangformungs-Möglichkeiten.
Von Georg Berger
Die amerikanische Software-Schmiede Izotope hat sich für das Update seiner Mastering-Software Ozone von Version 4 auf 5 viel Zeit – immerhin knapp drei Jahre – gelassen. Doch die Entwickler haben den Zeitraum sehr gut genutzt und dabei viele Anregungen und Kritikpunkte von Amateuren wie Profis beherzigt. Die Kern-Features des Plug-ins – sechs Einzel-Effekte in einer Oberfläche vereint – erstrahlen in Ozone 5 dank einer Renovierung und deutlichen Vergrößerung des GUI in neuem Glanz. Die Bedienoberfläche wirkt jetzt eleganter und plastischer.
Aber das ist erst eine der vier Haupt-Säulen von Ozone 5. Gleichzeitig haben die Entwickler einen Riesen-Schritt in Sachen Handling gemacht. Das Layout der Bedienelemente in den Prozessoren wurde verbessert und zusätzlich aufrufbare Displays liefern detaillierte Einblicke über die vorgenommene Signalbearbeitung. Überdies wurden sämtliche Effekt-Algorithmen einer tief greifenden Revision und Optimierung unterzogen und gleichzeitig mit neuen Features erweitert. Doch das größte Novum zeigt sich in der Entscheidung, Ozone 5 in zwei Varianten anzubieten. Die rund 230 Euro kostende Basic-Version führt das Konzept der Vorversionen weiter fort. Die für knapp 900 Euro erhältliche Advanced-Version, die im Folgenden näher betrachtet wird, besitzt im Lieferumfang nicht nur das bekannte Kombi-Plug-in, sondern jetzt auch sämtliche darin enthaltenen Signal-Prozessoren in Form ladbarer Einzel-Plug-ins. Zwar haben die Entwickler Ozone 5 Basic jetzt einen zweiten (Post-)Equalizer für ein nachträgliches Veredeln des Sounds spendiert. Darüber hinaus ist die Einschränkung, die Multiband-Effekte – Dynamics, Exciter, Stereo-Imager – im Routing-Dialog des Kombi-Plug-ins ausschließlich en bloc zu versetzen aufgehoben, so dass auch unterschiedliche Multiband-Settings und ein unabhängiges Routing dieser Prozessoren möglich sind. Doch erst mit Hilfe der sogenannten Component-(Einzel-)Plug-ins herrscht völlige Freiheit bei der Zusammenstellung der Mastering-Signalkette, womit sich die Flexibilität potenziert und ein Hauptkritikpunkt von Profis ad acta gelegt wird. Das alleine rechtfertigt natürlich noch nicht den ungleich höheren Verkaufspreis. Zusätzlich finden sich in jedem Prozessor weitere exklusive Features, die sich zielgerichtet an den Profi wenden. Später dazu mehr. Spektakuläres visuelles Highlight der Advanced-Version ist jedoch eine opulent ausgestattete Meter-Bridge mit vier Analyse-Instrumenten, die souverän professionellen Ansprüchen genügen und den Preis der Advanced-Version schon einmal relativiert. Beim Aufruf erscheint die Bridge in einem frei skalierbaren, eigenen Fenster in dem sich die Instrumente zu- und wegschalten sowie anteilig in der Größe ändern lassen. Dieses Feature schreit dabei förmlich nach einem eigenen Bildschirm. An Bord sind ein Peak-Meter, ein Vectorscope ein Spektrum-Analyzer und eine Spektrogramm-Anzeige. Sehr schön: Das Peak-Meter zeigt unter anderem sogar die von der ITU verabschiedete BS.1770-2 Lautheits-Norm an – Stichwort R128 (siehe dazu Heft 1/2012). Der eigentliche Hingucker in der Meter-Bridge ist jedoch das frei skalier- und drehbare Spektrogramm, das mit einer 3D-Darstellung der Frequenzverteilung in Echtzeit besticht. Den Vogel schießt das Instrument jedoch durch Einsatz des mitgelieferten Meter-Tap-Plug-ins ab. Bis zu acht Instanzen sind in Spuren und Subgruppen eines Projekts einsetzbar, wobei deren Signale via Meter-Tap in das Spektrogramm geführt und sich anschließend farbkodiert zu- oder wegschalten lassen. Im Test erhalten wir dadurch einen anschaulichen Einblick wie und wo etwa E-Bass und Schlagzeug miteinander interagieren. Alles in allem geht der Preis für die Advanced-Version in Ordnung, denn nicht zuletzt auch die exklusiven Features in den Signal-Prozessoren sorgen für zusätzliche willkommene Klangformungs-Möglichkeiten. Sämtliche Neuheiten in dem ohnehin schon überbordend ausgestatteten Ozone 5 vorstellen zu wollen, würde den Rahmen des Artikels jedoch sprengen, weshalb wir uns auf die Highlights konzentrieren wollen. Den Anfang macht der Equalizer. In beiden Ozone-Versionen besitzen die EQs mit den Vintage-Filtern eine neue Filtercharakteristik in den Shelf-Bändern, die nochmals weicher und behutsamer in den Klang eingreifen als die Analog-Varianten. Im Test geschieht das Entzerren mit diesen Filtern hörbar subtiler und organischer. Schön ist auch, dass die Snapshot-/Matching-Funktion, mit der sich Frequenzspektren von anderen Quellen analysieren und in Form von Frequenzkurven auf das zu bearbeitende Material aufprägen lassen, jetzt ungleich einfacher zu bedienen ist als in der Vorversion. Ebenfalls neu ist auch die Möglichkeit, beide Stereo-Kanäle jetzt unabhängig voneinander entzerren zu können, eine sinnvolle Bereicherung zum bislang existierenden Stereo- und M/S-Modus. Last but not Least besitzt das Filterkurven-Display eine Zoom-Funktion für Feineinstellungen. Der Advanced-Version vorbehalten ist jedoch ein Hybrid-Modus, wählbar im Ausklapp-Menü des Digital-Modus. Daraufhin lässt sich wahlweise im Display oder der Parameterliste die Phase des Bandes dynamisch einstellen, eine Option die uns bislang noch nicht begegnet ist. Im Test lässt sich dadurch gezielt pro Band einstellen, wie exakt, respektive transparent es auf die Center-Frequenz einwirken soll. Die klanglichen Ergebnisse sprechen für sich. Im Bass sorgen wir linearphasig für ein Ausfiltern des Mulms, wohingegen wir die Höhen mit einem höheren Phasen-Anteil etwas weicher entzerren. Für diese Option gibt’s schon einmal ein Extra-Lob.
Weiter geht’s mit der Dynamics-Sektion, die in beiden Versionen jetzt endlich auch die Attack- und Release-Parameter ständig im direkten Zugriff bereitstellt. Die Ratio-Parameter sämtlicher Teil-Effekte können ab sofort auch in den negativen Bereich versetzt werden, was zu einer Upward-Kompression/-Expansion führt. Sinkt der Pegel dabei unterhalb des Threshold-Werts wird es zum Beispiel im Kompressor lauter. Damit fügt Izotope diesen Effekten eine nicht alltägliche Funktion hinzu, die sie noch besser aufstellt beim Bearbeiten komplexen Materials. In Sachen Handling hat sich mit dem schaltbaren All-Modus auch etwas getan. Sämtliche Parametersätze der nach wie vor maximal vier Bänder werden dadurch tabellarisch auf einen Schlag sicht- und editierbar. Sehr Willkommen ist auch die graphische Gain-Reduction-Anzeige, die anschaulich Auskunft über die Pegelreduktion gibt. So was sollte Schule machen, denn auf diese Weise wird der Kompressor-Effekt eindrucksvoll visualisiert. Neu in der Basic-Version ist eine schaltbare Soft-Knee-Funktion. Die Advanced-Variante offeriert dazu einen Regler, mit dem sich das Regelverhalten wohldosiert von hart nach weich justieren lässt. Damit erhält auch diese Komponente einen weiteren Schub in Richtung feiner, organischer Klang. Der großen Version vorbehalten ist zudem ein neuer, schaltbarer Envelope-Detection-Modus, der ähnlich wie der RMS-Modus arbeitet, jedoch noch eine Spur musikalischer ans Werk geht. Überdies ist die Dynamics-Version mit einer Look-Ahead-Funktion für vorausschauendes Komprimieren ausgestattet. Abgerundet wird das Arsenal an Advanced-Features schließlich durch das einstellbare Detection-Filter, das Frequenzen aus dem Regelkreis herausnimmt. Dieses Standard-Feature hätten wir uns allerdings auch für die Basic-Version gewünscht. Was fehlt sind jedoch Sidechains zum Einspeisen externer Signale, was gerade beim Mastern mit mehreren Spuren (etwa Instrumenten-Gruppe und Vocals) von ungemeinem Vorteil wäre. Unabhängig davon stellt sich die Dynamics-Sektion im Vergleich zur Vorversion deutlich gereifter und flexibler einsetzbar dar und ist für sich genommen schon das Update wert.
Die Neuheiten im Exciter, Reverb und Stereo Imager fallen hingegen nicht so zahlreich aus, wenngleich sie klanglich dennoch besser aufgestellt sind als zuvor. So sind die Algorithmen in den beiden erstgenannten Prozessoren nochmals verbessert worden und überzeugen mit einem feineren Grundsound. In der Advanced-Version verfügt der Exciter über zwei neue Trioden-Emulationen, die authentisch den Klang einer 12AX7 Röhre reproduzieren. Ein Post-(Tiefpass)-Filter am Ausgang des Exciters sorgt zudem für nachträgliche Klangformung. Das Reverb-Modul wurde komplett neu als Hybrid-Prozessor designt. Die Early Reflections werden per Faltung realisiert, die Hallfahne jedoch via Algorithmen berechnet. Drei neue Hall-Arten (Theatre, Cathedral, Arena), in der Lautstärke justierbarer Early Reflection-Anteil sowie eine Cross-Mix-Funktion, die Einfluss auf die Stereobreite nimmt, sind der Advanced-Version vorbehalten. Gleiches gilt auch für das per Display integrierte Hoch- und Tiefpass-Filter, mit dem sich der Hall frequenzselektiv auf das Signal anwenden lässt. Im Vergleich zur Vorversion hat das Reverb zwar ordentlich aufgeholt. In Sachen Ausstattung und Klang sind ihm aber dennoch eine Vielzahl an Mitbewerbern immer noch deutlich überlegen, etwa das opulente X-Verb von SSL oder die Lexicon-Plug-ins, die wir stattdessen vorziehen. Außer neuen auskunftsreichen Displays hat sich im Stereo Imager hingegen nicht viel getan. Die Advanced-Version offeriert mit der Stereoize-Funktion eine Möglichkeit Mono-Signale zu verbreitern, was heutzutage aber eher zum Standard gehört. Spektakulärer geht es jedoch wieder im Maximizer-Prozessor zu. Mit dem IRCIII-Modus findet sich ein neuer Algorithmus hinter dem simultan vier Limiter zur Analyse werkeln, wobei zur Bewahrung der Transienten und eines transparenten Klangbilds immer das jeweils beste Resultat herangezogen wird. Die im Test erzielten Ergebnisse klingen hervorragend. Im Vergleich zum ersten IRC-Algorithmus klingen die Signale merkbar transparenter, luftiger und organischer. Der Lautheitsgewinn ist der gleiche, aber dennoch klingt die Binnendynamik deutlich besser aufgeräumt und natürlicher. Zusammen mit den Features der Dynamics-Sektion und dem EQ-Hybrid-Modus ist der IRCIII-Algorithmus das dritte unumstrittene klangliche Highlight in Ozone 5. In der Advanced-Variante kann zudem über den Transient-Recovery-Parameter eingestellt werden, wie sensibel der Algorithmus auf Transienten reagieren soll. Je höher er eingestellt wird, desto stärker sind die Transienten trotz Lautheitsgewinn hörbar. Via Stereo-Link-Fader lässt sich schließlich bestimmen, ob beide Stereokanäle gemeinsam von einem (100%) oder mit jeweils einem eigenen Limiter (0%) bearbeitet werden sollen. Allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass gerade der IRCIII-Algorithmus im Test mit einem Quadcore-Rechner durch eine sehr hohe CPU-Last auffällt – das Nuendo 5 VST-Meter steigt teils bis auf 50 Prozent. Kommen weitere Prozessoren zum Einsatz und auch die Meter-Bridge, erhöht sich die Prozessorlast nochmals, was den Einsatz weiterer Plug-ins problematisch gestaltet. Das gleiche Bild zeigt sich auch beim Einsatz der Einzel-Plug-ins. Ozone 5 unterstreicht damit nachhaltig den Anspruch als ausschließliches Mastering-Werkzeug zum Einsatz zu kommen, was den Anwender jedoch in seinen Möglichkeiten trotzdem einschränkt. Keine Abstriche sind jedoch hinsichtlich Klang zu verzeichnen, im Gegenteil. Der durchweg transparente, subtile Grundsound mit leichten Anleihen ans Analoge feiert nach wie vor fröhliche Urständ und ist nicht zuletzt dank der vielen neuen Features in vielen Teilen noch feiner und auch vielgestaltiger ausgeprägt.
Fazit
Izotope legt mit Ozone 5 ein nachhaltig verbessertes und sinnvoll erweitertes Mastering-Werkzeug vor, mit dem sich Mixe fortan noch leichter und flexibler veredeln lassen. Amateure und Einsteiger erhalten mit der Basic-Version ein überaus mächtiges Gesamtpaket mit exzellent transparentem und feinem Sound. Die deutlich aufgebohrte Advanced-Version richtet sich ans Profi-Lager und legt noch ein ordentliches Schippchen in Sachen Features, Handling und Gestaltungsmöglichkeiten drauf. Die oftmals geäußerten Kritikpunkte an Ozone aus dieser Richtung dürften fortan deutlich geringer ausfallen.
Erschienen in Ausgabe 04/2012
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 899 €
Bewertung: überragend
Preis/Leistung: gut – sehr gut
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