Doppel-Richtrohr

Mikrofone für den Filmeinsatz mit der DSLR- oder Bridge-Kamera gibt es mittlerweile in rauen Mengen. Ein Doppelrichtrohr-Mic wie das neue Sennheiser MKE 440 ist hingegen ein Novum.

Von Sylvie Frei

Schon auf der diesjährigen Musikmesse in Frankfurt haben wir nicht schlecht gestaunt, als wir den Prototypen des Sennheiser MKE 440 zum ersten Mal in Augenschein nehmen durften. „Das ist ein Doppelrichtrohr, oder?“ fragte ich damals Sennheisers Public Relations Manager Stefan Peters. „Richtig, es ermöglicht Stereoklang für Videos ohne unerwünschte Nebengeräusche, da diese durch die Shotgun-Bauweise ausgeblendet werden“, lautete die Antwort. Klang interessant, konnten wir uns aber klanglich nicht so wirklich vorstellen. Außerdem erschien uns der Winkel zwischen den beiden Richtrohren sehr spitz und wir fragten uns, wie viel Stereo da tatsächlich mit auf die Aufnahme gelangt. Grund genug, das kompakte Doppelrichtrohr – nun, wo es offiziell erhältlich ist – in Verbindung mit unserer Nikon D300S im Filmeinsatz zu testen und herauszufinden, für welche Einsatzzwecke sich das MKE 440 am besten eignet.

Das Mic ist für 416 Euro (UVP) erhältlich und lässt sich mit der integrierten Halterung bequem auf dem Blitzschuh der Kamera befestigen. Für den Outdoor-Einsatz bietet Sennheiser den optionalen Fellwindschutz MZH 440 als Zubehör an. Der flauschige Kollege schlägt nochmals mit happigen 59 Euro zu Buche, ist dafür aber auch ausgesprochen gut verarbeitet. Ob er auch optimalen Schutz vor Wind gewährt, haben wir direkt mitgetestet.

Äußerer Eindruck

Das MKE 440 macht von Seiten der Stabilität und Verarbeitung einen hervorragenden Eindruck. Trotz Vollmetallgehäuse ist es bei einer Größe von rund 7 x 11 x 13 Zentimetern mit 165 Gramm noch relativ leicht und steuert so nicht übermäßig zusätzliches Gewicht zu Kamerabody und Objektiv bei. Die zwei miteinander verbundenen Mini-Richtrohrmikrofone laufen in einer V-Form zusammen und sind von einem stabilen Korb aus Edelstahlgeflecht umgeben, der bereits einen Schaumstoff-Windschutz integriert hat. Ein akustisch etwas fragwürdiger Haltebügel, der den Umrissen des V-förmigen Korbs folgt, hält die Konstruktion zusammen und schützt das Mic gegen Stöße. Die beiden Richtrohre haben erwartungsgemäß Supernieren-Charakteristik und wurden vom Hersteller aufeinander abgestimmt. Auf der Unterseite mündet das Richtrohr-V in einen kleinen Quader, an dem das Stereo-Miniklinken-Kabel, das sich mit dem Mikrofoneingang der Kamera/eines externen Recorders verbinden lässt, fest angebracht ist. Außerdem birgt der Metallquader das Batteriefach, drei seitlich angebrachte, winzige Raster (Power, Gain, HPF) und auf der Unterseite den mit einem Drehrad bequem und ruckelfrei fixierbaren Blitzschuh-Adapter.

Bedienung und Handling

Stromversorgung

Die Stromversorgung des MKE 440 erfolgt über zwei AAA-Batterien oder -Akkus. Damit ist das Doppelrichtrohr nicht auf die Verfügbarkeit einer Plug-in-Power-Versorgung angewiesen und kann auch mit Kameras und Recordern eingesetzt werden, die derartiges nicht bieten. Die Klappe zum Batteriefach ist durch einen kleinen Riegel gut gesichert und ermöglicht das unkomplizierte Austauschen der Batterien.

Funktionen

Das MKE 440 ist mit einem Hochpassfilter ausgestattet, das sich über einen der drei Raster direkt am Mikrofon aktivieren lässt. Außerdem lässt sich die Empfindlichkeit über einen dreistufigen Raster (leise, mittel, laut) einstellen. Dieser liefert auch ausreichend Widerstand, um zielsicher in gewünschter Position einzurasten.

bild_01Praxis und Klang

Für unseren Test fertigen wir mit der Nikon D300S und dem MKE 440 einige Videoaufnahmen an, auf denen Sprechertext und Atmo-Aufnahmen zu hören sind. Außerdem simulieren wir mit einem Ventilator Windeinwirkung und sorgen für ordentlich tieffrequenten Trittschall (Danke an die steppende Freda!), um die Wirksamkeit des Filters auszuloten. Das Mic zeigt dabei tatsächlich einen sehr räumlichen Klang mit einem eher geringen Anteil an Nebengeräuschen. Signale sind gut zu orten, der Raum wird als solcher durchaus akustisch greifbar. Außerdem zeigt das MKE 440 erwartungsgemäß die typischen Eigenschaften eines Richtrohrmikrofons: Die Signale, die in Einsprechrichtung auf das Mikrofon eintreffen, klingen sehr präsent, klar und in den Höhen merklich angehoben. Dies ist so gewollt, dient dies doch der Sprachverständlichkeit, besonders wenn mit etwas Abstand zum Sprecher gefilmt wird, wodurch bekanntlich nicht mehr so viel Höhenanteil am Mic ankommt. Aber auch Klangquellen, die von der Seite oder von hinten auf das Mikrofon eintreffen, werden in angemessener Lautstärke repräsentiert. Diese Signale klingen allerdings etwas dumpfer und basslastiger. Ein vollständiges Ausblenden der Nebengeräusche ist in dieser Form nicht zu hören, wobei Kamerageräusche und sonstige Raumgeräusche tatsächlich verhältnismäßig gedämpft auf die Aufnahme gelangen. Frontal eingehende Signale können sich also tatsächlich im Vergleich zu den Nebengeräuschen, allein schon durch das Mehr an Klarheit und Höhen, durchsetzen.

Das MKE 440 ist darüber hinaus recht empfindlich und übersteuerungsfest. Für unsere Aufnahme stellen wir es auf mittlere Empfindlichkeit und auch die Kamera auf mittleres Level und erhalten eine perfekt ausgesteuerte Aufnahme. Für sehr laute Signale empfiehlt es sich, auf eine geringere Empfindlichkeit umzuschalten.

Das Trittschallfilter des MKE 440 funktioniert sehr gut, setzt verhältnismäßig hoch an und blendet störende tieffrequente Signalanteile zuverlässig aus, außerdem mildert es die Basslastigkeit der Nebengeräusche ab, sodass die Aufnahmen insgesamt ausgewogener klingen.

Für Aufnahmen im Inneren von Gebäuden benötigt das MKE 440 keinen zusätzlichen Windschutz, der integrierte Schaumstoff liefert ein gutes Ergebnis ohne poppende Plosive. Beim Außeneinsatz und entsprechend viel Luftbewegung kann sich jedoch der Zukauf des flauschigen Fellwindschutzes lohnen. Damit sind Sie zumindest bei höheren Windstärken mehr als auf der sicheren Seite.

Einsatzempfehlung

Zu empfehlen ist das MKE 440 besonders für Einsätze, bei denen Sprecher vor einer eher geräuschvollen Kulisse verständlich aufgezeichnet werden sollen. Selbstverständlich ist auch die Aufnahme von Musik oder anderen Schallereignissen grundsätzlich denkbar, dabei sollte der Nutzer allerdings die Höhenanhebung mit einkalkulieren.

Fazit

Das Sennheiser MKE 440 ist ein sehr gutes Spezial-Mic für den Video-Einsatz, dessen Konzept eine räumliche Aufnahme bei gleichzeitig klarem Hauptsignal ermöglicht und dies auch in einer unruhigen Umgebung – perfekt für Außenreporter.