Beseelt

Die „Seele des Klanges“ will Sennheiser mit seinem modularen Mikrofon-System 8000 hörbar machen, sowohl ganz traditionell analog als auch hochmodern digital. Das komplette System 8000 stellt sich dem Test, um das gegebene Versprechen einzulösen. 

Von Harald Wittig 

Seit mehr als 60 Jahren steht der Name Sennheiser für Weltklasse-Produkte in allen Bereichen der Aufnahme, Übertragung und Wiedergabe von Ton. Dabei ist das Traditionsunternehmen mit Hauptsitz in Wennebostel in der niedersächsischen Wedemark schon immer für nachhaltige Innovationen gut gewesen: So entwickelte Sennheiser bereits in den 1950er Jahren die ersten Kondensator-Mikrofone mit Hochfrequenz-/HF-Schaltung und bleibt diesem Prinzip bis heute mit den MKH-Mikrofonen treu. Innerhalb der MKH-Serie gab und gibt es ständig innovative Neuschöpfungen zu bewundern: Beispielsweise das vorzügliche MKH 800, ein Kleinmembran-Kondensatormikrofon mit umschaltbarer Richtcharakteristik, das in sich die besten Tugenden der Kleinmembran-Bauweise mit der Flexibilität der Großmembran-Mikrofone kongenial verbindet. Das MKH 800 testeten wir bereits in der Ausgabe 12/2006, wo das in seiner Art einzigartige, überragend ausgestattete Mikrofon seine Spitzenklasse eindrucksvoll unter Beweis stellt. Auch das erstmals Anfang 2008 vorgestellte MKH 800 Twin (Test in Ausgabe 7/2008) ist der Mikrofon-gewordene Beweis für Sennheisers Innovationsfreude. Auf Basis des MKH 800 entwickelt, ermöglicht das MKH 800 Twin dem Tonmeister die Einstellung der Richtcharakteristik gewissermaßen in der Nachspielzeit, also nach der Aufnahme beim Mischen. Denn beim MKH 800 Twin stehen die beiden Kapselsignale getrennt am Mikrofonausgang zur Verfügung, werden also nicht wie beim Geschwister MKH 800 intern kombiniert.

Seit 2007 gibt es bei Sennheiser auch ein modulares Kleinmembran-System: Die Serie 8000. Herzstück der Serie sind die Kapseln MKHC 8020 (Kugel), 8040 (Niere) und 8050 (Superniere). Hinzu kommt maßgeschneidertes Zubehör, angefangen bei den Verstärkern/Impedanzwandlern bis hin zu aktiven Rohrverbindern, Tisch- und Bodenstativen. Der jüngste Familienmitglied der 8000er-Serie ist das Digitalmodul MZD 8000, das mit allen drei Kapseln kombinierbar ist und die 8000er in professionelle Digital-Mikrofone nach dem AES 42-Standard verwandelt. Als wir den Test der Serie 8000 planten, wurde uns sehr schnell klar, dass der berühmte Mut zur Lücke keine Chance haben darf. Daher offerieren wir hier den Test des vollständigen Systems 8000, also mit allem Zubehör und sämtlichen Modulen. Damit ist für jeden Leser, ganz gleich ob überzeugter Analogiker oder bekennender Digitalist, etwas dabei.

Am Anfang jedes Mikrofons steht die Kapsel. Folgerichtig beginnt unsere Tour durch das System 8000 mit den Mikrofon-Köpfen. Sennheiser bietet derzeit drei Kapseln an: Die Kugelkapsel MKHC 8020, die Nierenkapsel MKHC 40 sowie die Supernierenkapsel MKHC 8050. Diese sind, wie es sich für ein Modul-System gehört, selbstverständlich einzeln lieferbar. Der System-Neueinsteiger wird allerdings ein vollständiges Mikrofon mit Verstärker erwerben. Dieses XLR-Modul nennt sich MZX 8000 und ist standardmäßig im Lieferumfang eines jeden 8000er-Mikrofons enthalten, die Mikrofone heißen dann einfach MKH 8020, MKH 8040 und MKH 8050 und schlagen jeweils mit circa 1.300 Euro zu Buche, eine einzelne Kapsel, die mit dem vorhandenen MZR 8000 problemlos kombinierbar ist, kostet 1.031 Euro.

Das Kürzel MKH steht für „Mikrofon Kondensator Hochfrequenz“, denn Sennheiser setzt auf die eigene Hochfrequenzschaltung, die es, wie eingangs erwähnt, in den Grundzügen schon seit fünf Jahrzehnten gibt. Es handelt sich dabei um eine symmetrisch aufgebaute Kapsel, die nach dem Gegentaktprinzip arbeitet: Zwischen zwei Gegenelektroden ist eine Membran aufgespannt. Beide Gegenelektroden haben gegenüber dieser Membran das gleiche Potenzial, die vordere Gegenelektrode ist schalldurchlässig ausgeführt. Das Gegentaktprinzip gleicht unerwünschte Änderungen der Luftspaltimpedanzen zwischen Membran und Gegenelektrode aus, weswegen die nichtlinearen Verzerrungen der Kapsel erheblich reduziert sind, die Entzerrung erfolgt dabei elektrisch im Mikrofon. Hinzu kommt ein sehr geringes Eigenrauschen, außerdem ist die Feuchtigkeitsempfindlichkeit von Hochfrequenz-Mikrofonen deutlich geringer als bei Niederfrequenzmikrofonen.

Ein weiteres Merkmal der Sennheiserischen HF-Kapslen ist ihr erweiterter Frequenzgang: Alle MKH-Mikrofone sind in der Lage einen Frequenzgang von unterhalb 10 Hertz bis 50 Kilohertz zu übertragen. Nach Auffassung der Sennheiser-Entwickler ist es durchaus sinnvoll – gerade in Zeiten hochauflösender Digital-Formate –, Mikrofone mit 50 Kilohertz Übertragungsbreite zu konstruieren und anzubieten. Auch der erheblich zu den tiefen Frequenzen hin erweiterte Übertragungsbereich sei nicht lediglich eine Ausreizung des technisch Machbaren, sondern eine Entwicklung mit konkretem Praxisbezug. Immerhin produziert beispielsweise eine Orgel solch tiefe Frequenzen.

Beim Klangdesign der 8000er-Kapseln ist das aktuelle Sennheiser-Flaggschiff MKH 800 Vorbild, bei dem sich die Entwickler ganz bewusst gegen Neutralität um jeden Preis entschieden haben. Stattdessen soll das MKH 800 und seine Kinder, die 8000er-Mikrofone, „musikalisch“ klingen. Damit ist gemeint, dass der Eigencharakter der Kapseln MKHC 8020, 8040 und 8050 wie schon beim weiterentwickelten MKH 800 angenehm ins Ohr gehen soll. Die Mikrofone sollen einerseits die Schallquelle möglichst genau abbilden und keine Details unterschlagen, andererseits soll der Klang natürlich und keinesfalls „klinisch“ sein. Tatsächlich sind die 8000er-Kapseln nach hörpsychologischen Gesichtspunkten optimiert worden, indem die Kapselempfindlichkeit an die Ohrempfindlichkeitskurve angepasst ist. Damit seien die 8000er-Mikrofone in der Lage, die „Seele des Klangs“ einzufangen. Inwieweit das gelungen ist, erörtern wir im Rahmen des Praxistests, denn grau ist alle Theorie, klangfarbliche Aussagen liefert erst die Aufnahme.

Um gerade große Schallquellen über eine weite Distanz bestmöglich abbilden zu können, verwendet Sennheiser traditionell viel Entwicklungszeit auf die Optimierung der Richteigenschaften – ein besonderes Merkmal der MKH-Mikrofone, dass Praktiker seit Jahren schätzen. So sollen auch die drei MKH 8000-Kapseln eine sehr stabile, frequenzunabhängige Richtcharakteristik aufweisen. Mit anderen Worten: Die Frequenzgänge bleiben in ihrer Grundausprägung unabhängig von der Einsprechrichtung sehr ähnlich und weisen sowohl im Direkt- als auch im Diffusfeld vergleichsweise geringe Verfärbungen auf. Gerade im Falle des MKHC 8050 sei das nach Aussage von Sennheiser hervorragend gelungen: Im Unterschied zu vielen Supernierenkapseln weise die MKHC 8050 nicht die übliche Tiefenschwäche auf und sei auch über große Aufnahmedistanzen hinweg mit Gewinn einsetzbar. Wobei die Superniere, ebenso wie die Niere MKHC 8040 in der Praxis vorzugsweise als Stütz- oder Solistenmikrofon Verwendung finden wird, während die Kugel MKHC 8020 in den meisten Fällen als Hauptmikrofon zum Einsatz kommt. Sennheiser betont, dass alle drei Kapseln spektral gleich klingen sollen, so dass die MKHC 8050 sogar das optimale Solistenmikrofon sei, wenn es beispielsweise darum geht, ein Konzert für Klavier und Orchester aufzunehmen. Aufgrund der gegenüber der Niere besseren Übersprechdämpfung von seitlich einfallendem Schall wird das Orchester stärker ausgeblendet, gleichzeitig werde das Klavier, wegen der guten Tiefenwiedergabe sehr gut abgebildet.

Mit den 8000er-Mikrofonen bekennt sich Sennheiser klar zur Miniaturisierung der Schallwandler. So ist ein MKH 8040-Set, bestehend aus der Kapsel MKHC 8040 und dem XLR-Modul MZX 8000, etwas über sieben Zentimeter lang und damit nicht mal halb so lang wie der Klassiker MKH 40. Die 8000er sind also echte Däumlinge. Damit übertrifft der Hersteller sogar Schoeps mit seiner modularen Colette-Serie, lediglich die nicht modularen CCM-Mikrofone der Badener sind noch winziger als ein MKH 8000-Mikrofon.

Ein kleines Mikrofon bringt in der Praxis einige Vorteile mit sich, denn es stört gerade in Situationen, wo praktisch live aufgenommen wird, beispielsweise bei Klassik-Produktionen, Musiker und Publikum nicht. Außerdem die Feinjustage sehr viel einfacher als mit einem zwei Kilogramm schweren Röhrenboliden.

Im Rahmen des Miniaturisierungs-Konzepts mussten die Sennheiser-Entwickler einige harte Nüsse knacken: Da jedes MKH 8000-Mikrofon klanglich die Soloausführung des MKH 800 darstellt, durfte der Membrandurchmesser der Kapseln nicht schrumpfen. Ohne insoweit ins Detail zu gehen, war dieses scheinbare Paradoxon nur durch modernste Fertigungstechniken möglich, weswegen die 8000er-Reihe eben erst im neuen Millenium realisierbar war. 
Allerdings ist ein puristisches Mikrofon, das gänzlich auf Dämpfungsschalter oder Filter verzichtet, nicht so ohne weiteres universell einsetzbar. Flexibilität ist aber eine der besonders hoch gelobten Eigenschaften des MKH 800, das unter anderem über Dämpfungsschalter und Hochpassfilter verfügt. Gerade bei der Nahmikrofonierung sehr lauter Schallquellen – beispielsweise Schlagzeug oder Trompete – freut sich der Praktiker über PAD-Schalter. Den gibt es für rund 400 Euro mit dem optionalen, sehr kompakten Filtermodul MZF 8000, das die Gesamtlänge eines 8000er-Mikrofons um zweieinhalb Zentimeter anwachsen lässt. Dafür ermöglicht es – sofern es gelingt, die winzigen, versenkten Schalterchen umzustellen – die Empfindlichkeit um 10 Dezibel herabzusetzen. Das Filtermodul ist allerdings in erster Linie für die Bereiche Broadcast und Film konzipiert und soll tieffrequente Störgeräusche wie Wind- und Griffgeräusche effektiv – nomen est omen – herausfiltern. Es ist deswegen mit einem festen Low Cut- oder Tiefenfilter, das bei 16 Hertz eine Dämpfung von -3 Dezibel bewirkt und einem schaltbaren Roll-Off-Filter, das bei 160 Hertz ansetzt, ausgestattet. Sennheiser verspricht nicht zu viel: Wir testen das Filtermodul sowohl im Studio bei Sprachaufnahmen als auch im windigen Außeneinsatz – dabei findet selbstverständlich auch der doppellagige jedem Set beiliegende Windschutz Verwendung. Wir können dem MZF 8000 eine wirklich effektive Infraschallunterdrückung bescheinigen. Im Rahmen des technisch Machbaren erweist sich das Zubehörchen mithin als absolut preiswert.

Am Ausgang von Kapsel- und Filtermodul ist entweder das XLR-Modul MZX 8000 – Einzelpreis 217 Euro – oder das neue Digital-Modul MZD 8000 angeschlossen. Mit dem rund 870 Euro teuren MZD 8000, das selbstverständlich mit allen drei Kapseln und dem Filtermodul kombinierbar ist, erhält der Anwender ein professionelles Digital-Mikrofon nach dem AES 42-Standard. Das MZD 8000 ist ein Digital-Modul auf dem aktuellen Stand der Technik: Im Gegensatz zum Digital-Verstärker CMD 2U von Schoeps, der im älteren Modus 1 arbeitet und keine Fernsteuerungs-Optionen bietet, arbeitet das Sennheiser-Modul im Modus 2, der eine Fremdsynchronisation gestattet.

Außerdem stellt das MZD 8000 umfangreiche Fernsteuerungsoptionen bereit. Dafür ist es neben dem 24 Bit/192 kHz-AD-Wandler zusätzlich mit einem DSP-Chip ausgestattet, so dass der Anwender über ein AES 42-Interface und über entsprechende Steuersoftware neben der DPP (digitale Phantomspeisung) auch Trittschallfilter, Vordämpfung und Limiter aktivieren kann, ohne dabei am Mikrofon selbst hantieren zu müssen. Das ist äußerst praktisch und spricht sehr für Digital-Mikrofone, hinzu kommt die systembedingte Einstreuungsresistenz der AES 42-Mikrofone. Bekanntlich ist es aber mit der Anschaffung eines oder mehrerer MZD 8000 noch nicht getan: Ein spezielles Interface ist unbedingt notwendig, Sennheiser bietet allerdings keines an, der überzeugte Digitalist weicht daher auf das zweikanalige Neumann DM2 oder das nach wie vor konkurrenzlose, achtkanalige DMC-842 von RME aus (Test in Ausgabe 5/2008).

Ein Digital-Modul wie das MZD 8000 als Teil eines Baukastensystems ist eine sehr elegante Lösung, denn der Anwender kann selbst wählen, ob er traditionell analog oder eben komplett digital aufnimmt. Allerdings bleiben im Falle des 8000er-System noch Wünsche offen. Da das AES 42-Format grundsätzlich zweikanalig ausgelegt ist, bietet diese Schnittstelle die Möglichkeit, zwei Mono-Mikrofone zu einem Stereopaar in den Betriebsarten X/Y oder ORTF zusammenzufassen. Auch das M/S-Verfahren ist möglich, denn moderne Interfaces wie das Neumann DM2 und das RME DMC 842 sind mit entsprechenden M/S-Decodern ausgestattet. Dafür bedarf es jedoch zwingend einer Achter-Kapsel. Die kann Sennheiser bislang nicht anbieten, sie ist aber in Vorbereitung.

Sennheiser bietet, wie bereits angedeutet, noch maßgeschneidertes Zubehör an. Dazu gehören zunächst die sogenannten Rohrverbinder. Dabei handelt es sich um aktive Rohre mit eingebautem Kabel, die dem Anwender die Trennung von Kapsel- und XLR-/Digital-Modul gestatten: Die Kapsel wird am Justage-Gelenk angeschraubt, das XLR- oder Digital-Modul am Rohrende. Zusammen mit dem massiven Standfuß und den Stativstangen, die es in den Längen 30, 60 und 120 Zentimetern gibt, lassen sich die 8000er-Mikrofone sehr komfortabel positionieren. Ein großer Vorteil ist der geringe Platzbedarf im Vergleich zu den gängigen Drei-Fuß-Stätiven, was beispielsweise bei Ensemble-Aufnahmen nicht zu unterschätzen ist, da sich die Musiker von den Stütz-Mikrofonen weniger gestört fühlen. Auch die beiden Tisch-Ständer, einmal klassisch und sehr solide aus Metall, einmal elegant mit Acryl-Fuß, sind ein wertvolles Zubehör, das beispielsweise Sprecher im Nachrichtenstudio zu schätzen wissen. Auch der Deckenhänger verdient eine Erwähnung, denn damit ist es möglich bei einer Live-Produktion das Publikum mit aufzunehmen. Die Mikrofone schweben dann unauffällig über dem Auditorium, praktischerweise bietet Sennheiser auch Verlängerungskabel mit drei oder zehn Metern Länge an. Auf Anfrage sind auch andere Längen lieferbar.

Nicht nur wegen der Nextel-Beschichtung erinnert das Zubehör an Schoeps´ Colette-System, das jedoch weitaus umfangreicher ist. Gleichwohl ist das Zubehörsortiment für das System 8000 gut abgestimmt und wird vielen Aufnahme-Situationen gerecht, Flexibilität ist jedenfalls auch bei Sennheiser Trumpf.

Die Verarbeitung aller Komponenten, angefangen von den Kapseln bis hin zu den Verlängerungskabel ist tadellos. Wer sich auf das System 8000 einlässt, erhält hervorragend gefertigte Mikrofone und Zubehör. Wer ein MKH 8000-Mikrofon aus dem Köfferchen nimmt, erkennt sofort, dass es sich um ein hochwertiges und absolut preiswertes Produkt handelt. Das fängt an bei der reflexionsfreien Nextel-Oberfläche, über die penibel gefertigten Kapseln bis hin zu den fein geschnittenen, langzeitstabilen Anschlussgewinden von Kapsel-, Filter-, XLR- und Digital-Modul. Es macht einfach einen Riesenspaß, mit solchen Edel-Mikrofonen zu arbeiten, die einen regelrecht herausfordern, eine gelungene Aufnahme zu schaffen. Bei aller Achtung vor den mitunter wirklich guten Einsteiger-Mikrofonen aus Fernost: Diese ganz besondere, inspirierende Aura eines sorgfältig hergestellten Mikrofons, geht den supergünstigen Schallwandlern einfach ab. Das ist vergleichbar mit Musikinstrumenten: Erst das Instrument von Meisterhand spornt den Musiker an.

Bevor wir uns den Klangeigenschaften der Mikrofone MKH 8020, 8040 und 8050 widmen, durchlaufen sie die obligatorische Messroutine im Professional audio-Messlabor. Allen drei Mikrofone ist eine überdurchschnittlich hohe Empfindlichkeit zu eigen. Die Kugel MKH 8020 übertrifft mit immerhin 24 mV/Pa das Beyerdynamic MC 910, das es „nur“ auf 20,3 mV/Pa bringt. Mit dem sehr guten Geräuschpegelabstand von 79,0 Dezibel ist auch bei schwachbrüstigen Vorverstärkern störendes Rauschen seitens des Mikrofons auf der Aufnahme verbannt. Die Niere MKH 8040 und die Superniere MKH 8050 sind nicht ganz so laut. 17, 2 beziehungsweise 19,3 mV/Pa ermittelt das Messlabor für die beiden Druckgradienten. Das sind – ebenso wie die Werte für die Geräuschpegelabstände von 78,4 und 77,7 – absolut gute Werte, die einen störungsfreien Betrieb garantieren. Die ermittelten Frequenzgänge entsprechen unter Berücksichtigung unseres Messverfahrens unter Studiobedingungen und der sehr feinen Skalierung der Diagramme, den beiliegenden Referenz-Messschrieben. Das MKH 8020 weist eine sanfte Anhebung unterhalb 500 Hertz bis in den Bassbereich auf, der aber nicht mal zwei Dezibel beträgt. Auffälliger ist da schon die Senke zwischen zwei und acht Kilohertz, die aber -2 Dezibel nicht überschreitet. Insgesamt also ein linearer Kurvenverlauf. Sehr gleichmäßig verlaufen die Messkurven von MKH 8040 und MKH 8050. Eine ausgeprägte Tiefenanhebung, wie sie dem Sennheiser-Klassiker MKH 40 zu Eigen ist, ist beides Mal nicht erkennbar.

Die Frequenzgänge können noch keine verbindliche Aussage zum Klang der drei Mikrofon-Winzlinge treffen. Wir haben daher eine Reihe von Aufnahmen mit einer sehr ausgewogenen Flamenco-Gitarre erstellt, die, abhängig vom Anschlag und Spielweise, mal sehr knackig, mal eher weich klingen kann. Damit Sie selbst hören können, wie die Sennheiser-Mikrofone klingen, haben wir insgesamt 11 Soundfiles erstellt, die Sie wie gewohnt in der Soundbank auf unserer Website finden und ohne Beschränkung herunterladen können. Da wir das komplette System 8000 zum Test vorliegen haben, gibt es sowohl Mono- als auch Stereoaufnahmen. Zehn Klangbeispiele sind mit unserem bewährten Referenzbesteck, bestehend aus dem Lake People Mic-Amp F355 und dem Lynx Aurora 8-Wandler in 24 Bit/96 kHz-Auflösung aufgenommen. Da wir selbstverständlich wissen wollen, was das Digital-Modul MZD 8000 leistet, gibt es zusätzlich noch eine Duo-Aufnahme. Dafür kommt das AES 42-Interface DMC842 von RME zum Einsatz. Die AES-Signale sind direkt mit der Lynx AES16-Karte in Sonar 8 aufgenommen, es findet aufnahmeseitig keine Digital-Analog-Wandlung statt. Erstmals sind die Klangbeispiele sowohl im CD-Format mit 16 Bit/44,1 KHz- als auch im HD-Format, mit 32 Bit/96 kHz-Auflösung herunterladbar.

Alle drei Mikrofone zeichnen sich durch eine hochfeine Auflösung und ein exzellentes Impulsverhalten aus. Eine Flamenco-Gitarre hat konstruktionsbedingt eine schnelle Pegelanstiegszeit, die Sennheiser-Mikrofone folgen den abrupten Bass-Impulsen und den durchgestrichenen Akkorden mühelos. Es entsteht der Eindruck eines sehr naturnahen, fast in Echtzeit ablaufenden Einschwingverhaltens der Klänge mit sauberer Transienten-Wiedergabe. Das ist absolutes Spitzenniveau und kennzeichnend für Top-Mikrofone in Kleinmembran-Bauweise.

Das Kugel-Mikrofon MKH 8020 klingt sehr natürlich mit einer systembedingt vorzüglichen Tiefenwiedergabe. Obwohl dieses Mikrofon grundsätzlich der Neutralität verpflichtet ist, besitzt es zusätzlich eine eigentümlich-warme Klangnote. Dabei handelt es sich keineswegs um eine Verfärbung, sondern eher um einen fein dosierten Schuss audiophiler Wärme, der das Klangbild vor überpeniblem, kaltem Fotorealismus bewahrt. Anders ausgedrückt: Das MKH 8020 ist kein Messmikrofon, sondern ein musikalisches Aufnahme-Instrument. 
Die Niere MKH 8040 bekennt sich etwas stärker als die Kugel zu einem eigenen Sound, wenngleich das Mikrofon ebenfalls, dank seines ausgezeichneten Auflösungsvermögens, eine Schallquelle sehr präzise abbildet. Der Gitarren-Klang besitzt Tiefe, kommt aber auch sehr direkt und druckvoll nach vorne. Eine ausgeprägte Tiefenvorliebe, wie sie dem Vetter MKH 40 zu eigenen ist, besitzt das MKH 8040 nicht und der Nahheitseffekt ist vergleichsweise gering ausgeprägt. Auch das MKH 8040 hat einen besonderen Charakter der es als Sennheiser-Mikrofon erkennbar mach: Auf den Aufnahmen liegt, gewissermaßen als Sahnehäubchen, ein ganz eigener zarter Schmelz, der auf der Zunge zergeht. Diese Eigentümlichkeit ist jedoch nicht vordergründig, sondern schwingt ganz subtil als klangveredelndes Element mit.

Das MKH 8050 schließlich gehört ungelogen zu den besten Supernieren, die wir bisher gehört haben. Dieses feine Mikrofon stellt klanglich eine ausgezeichnet gelungene Mischung aus hoher Signaltreue und sanfter Wärme dar. Es ist für uns bestens nachvollziehbar, dass viele Tonmeister das MKH 8050 als Stütz- oder Solistenmikrofon bevorzugen. Es passt einfach wunderbar zu Sprecher- und Gesangs-Stimmen und Instrumenten. Sein Tiefenverhalten ist für einen Druckgradienten ganz ausgezeichnet, Mitten und Höhen sind fein aufgelöst und gehen äußerst angenehm ins Ohr. Wir müssen nicht lange überlegen: Zwei MKHC 8050-Kapseln sind unsere Wunschkandidaten für die Verbindung mit den Digital-Modulen MZD 8000. Das damit aufgenommene Duo, die beiden Stereo-Spuren sind im Overdub-Verfahren eingespielt, belegt, dass das Sennheiser-Digital-Modul die Anforderungen an ein professionelles AES 42-Mikrofon erfüllt: Der Klang unterschiedet sich nicht von der rein analogen Variante, die wundervolle Supernieren-Kapsel kann hier in ihrer ganzen Klangschönheit erblühen. Letztlich ist damit auch für den Skeptiker belegt, dass digitale Mikrofone von einem kompetenten Hersteller wie Sennheiser den analogen Geschwistern nicht nachstehen.

Fazit

Mit dem System 8000 hat Sennheiser ein modulares Kleinmembran-System der Spitzenklasse geschaffen, das in den unterschiedlichsten Aufnahmesituationen klanglich beste Ergebnisse garantiert. Ein besonderer Leckerbissen für den anspruchsvollen Anwender ist die Supernieren-Kapsel MKHC 8050 und das vorzügliche Digital-Modul MZD 8000, das sämtliche Vorurteile gegen Digital-Mikrofone widerlegt.

Erschienen in Ausgabe 12/2009

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 1288 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut