Kostengünstiges Multitalent
Sie wollen Aufnahmen per Computer machen, haben aber darin keinen Karten-Steckplatz mehr frei. Sie brauchen zudem ein analoges Mischpult. Das sind ja gleich zwei Wünsche auf einmal. Das geht nun wirklich nicht, oder? Aber ja doch, es geht!
Von Georg Berger
Kompaktmischpulte gibt es wie Sand am Meer. Aber Pulte mit integriertem Audio-Firewire-Interface sind rar. Für rund 650 Euro liefert der amerikanische Hersteller Phonic ein 14-Kanal-Mischpult, ausgestattet mit einer Vielzahl von Anschlüssen und cleveren Routing-Möglichkeiten, einem zehnbandigen graphischen Equalizer sowie einem internen digitalen Effektprozessor. Und als ob das nicht schon genug wäre, gibt’s obendrein noch den Software-Sequenzer Cubase LE von Steinberg dazu, was das Ganze zu einem analog-digitalen Komplettpaket macht.
Ganz in Silber präsentiert sich das Helix Board 18 Firewire. Auf der Oberfläche verteilen sich 16 Schieberegler (Fader) mit je 60mm Laufweg, die angenehm leise, weich und mit diesem wohlig zähen Widerstand gleiten, der auch Profipulte auszeichnet. Die etwas schwergängigen Drehregler, insgesamt 95 Stück, verteilen sich dicht gedrängt hauptsächlich auf den Kanalzügen. Da braucht’s schon spitze Finger, um nicht anzuecken. Außerdem sind noch 85 leichtgängige Drucktaster und einige Buchsen auf der Front des Pults verteilt.
Die Eingangssektion besteht aus zehn Kanalzügen (Channel Strips), die zwei Drittel der Breite des Pultes einnehmen. Die übrigen sechs befinden sich in der Mastersektion. Je zwei davon bilden die Summe (Main) und die beiden Subgruppen (Group). Ein Kanalzug regelt die Gesamtlautstärke des ersten Sends und der andere die Gesamtlautstärke des zweiten Returns. Sämtliche Kanalzüge, die Signale erhalten sind über Drucktaster wahlweise auf die Stereosumme oder die Subgruppe schaltbar.
Wozu ist das gut? Wie der Name Group schon sagt, erlaubt es diese Schaltmöglichkeit, mehrere Eingangskanäle zu einer Gruppe zusammenzufassen, diese in ihrer Gesamtlautstärke zu regeln und in die Stereosumme zurückzuführen.
Eine mögliche Anwendung dafür ist beispielsweise die Zusammenfassung sämtlicher Schlagzeugmikrophone, die zuvor einzeln per Kanalzug eingepegelt wurden. Mit den Gruppen-Reglern kann dann bequem die Gesamtlautstärke des abgenommenen Schlagzeugs ins Verhältnis zu den anderen Instrumenten gesetzt werden. Taster an den Subgruppen-Fadern wiederum erlauben es, die dort anliegenden Signale nach links oder nach rechts in die Stereosumme zu verschieben.
Jeder Kanalzug – bis auf die Summe – besitzt noch einen Solo-Taster, um einzelne Signale vorzuhören oder separat von den übrigen Kanälen optimal einzupegeln. Die bei seiner bei Betätigung aktivierte LED-Anzeige dient gleichzeitig auch als Übersteuerungsanzeige.
Alle Kanalzüge mit XLR-Anschluss besitzen außer der Regelung der Eingangsempfindlichkeit einen Drucktaster zum Aktivieren eines Hochpassfilters, der Frequenzen bis 75 Hertz (Hz) beschneidet. Damit wird ein hörbares Rumpeln, wie es etwa beim Betreten einer Bühne auftreten kann, beschnitten. Das ist einzusätzlicher Pluspunkt, den man aus dem Profi-Bereich kennt.
Wie aber kommt es, dass sich 14 Kanäle lediglich zehn Kanalzüge teilen? Ganz einfach: Die Channel-Strips sind mit unterschiedlichen Anschlüssen versehen. Die ersten sechs Kanalzüge sind mono, ausgestattet mit Mikrophon- und Line-Eingängen. Die nächsten zwei besitzen als Mischform Mikrophon- und stereo Line-Eingänge und die letzten zwei nur noch stereo Line-Eingänge.
Diese Dreiteilung hat auch der graphische Equalizer. Die ersten sechs Kanalzüge besitzen einen dreibandigen Equalizer mit halb-parametrischen Mitten. Das ist optimal zum Entzerren von Gesangs-Mikrophonen. Die gemischten Züge sind dreibandig und die reinen Line-Züge sogar vierbandig mit jeweils festen Frequenzen ausgelegt. Allerdings: Bei anliegenden Signalen in den reinen Line-Zügen produziert der Equalizer bei aufgedrehten Reglern in den Höhen und oberen Mitten ein hörbares Rauschen. Das ist auffällig, schließlich arbeiten die anderen sauber, rauscharm, effektiv und kraftvoll ohne den Klang zu verzerren. An diesen Buchsen anliegende Instrumente sollten also nicht mit dem Equalizer bearbeitet werden.
Die drei Aux-Wege (englisch: „auxiliary“, deutsch: „Zusatz“, oft auch als „Send“ bezeichnet) sind im Pult unterschiedlich verschaltet. Nummer eins greift das Signal vor dem Kanalfader ab („Prefader/PFL“), das heißt, Eingriffe des Kanalfaders wirken sich nicht auf den Send aus.
Nummer drei ist anders herum verschaltet. („Postfader“ oder auch „Afterfader Listening/AFL“ genannt) und dient gleichzeitig zur Regelung der eingebauten Effekte. Nummer zwei ist umschaltbar zwischen Pre- und Postfader. Da haben sich die Phonic-Entwickler eine flexible Lösung ausgedacht.
Es gibt drei Sends, aber nur zwei Möglichkeiten die herausgeführten Signale wieder ins Pult zurückzuführen. Das ist nicht schlimm, denn Send eins dient meist als separater Ausgang zur Speisung von Bodenmonitoren auf einer Bühne oder eines Kopfhörerverstärkers im Studio. Das Board verfügt also quasi über einen Mischer im Mischer. Die Zusatz-Bezeichnung „Moni“ an den Reglern vermittelt dem Nutzer den primären Zweck dieses Hilfswegs.
Unlogisch indes ist die Einbindung der internen Effektsektion in die Aux-Wege zwei und drei. Ihr Summenanteil wird über den Return-Fader des zweiten Sends geregelt und bei Anschluss eines Gerätes an den zweiten Stereo-Return wird sie komplett abgeschaltet. Mit dieser Art der Verschaltung wird man einer Komponente beraubt und degradiert sie somit zur schnöden Dreingabe. Das haben die 16 Effekt-Programme (24bit/48 kHz), bestehend aus sieben Hall-, fünf Echo-, drei Modulations- und einem Verzerrer-Effekt jedoch nicht verdient. Ihre Bedienung ist zwar spartanisch, denn außer einem Programmwahlschalter lässt sich lediglich ein Parameter (meist die Verzögerungs- oder Nachhallzeit) mit Hilfe eines weiteren Drehreglers beeinflussen. Doch die Qualität der Effekte ist wegen der Rauscharmut und saubere Signalverarbeitung eine ernstzunehmende Wahl.
Auf den Verzerrer-Effekt hätte man unserer Meinung nach allerdings getrost verzichten können. Sein Klang ist billig und steril. Besser und flexibler wäre gewesen, die internen Effekte erst bei Belegung der dritten Send Buchse stumm zu schalten und ihren Anteil nur über den dritten Aux-Return Regler zu führen. Mit dieser Lösung wären die internen Effekte komplett unabhängig vom zweiten Aux-Weg geschaltet. Die internen Effekte können bei Anschluss von zwei Peripheriegeräten an die beiden Returns immer noch ihre Dienste verrichten. Mehr noch, kann bei Anschluss eines Kabels an den dritten Aux-Weg dieser jetzt die Aufgabe eines reinen Monitorweges übernehmen. Die internen Effekte werden abgeschaltet und der Signalabgriff von postfader auf prefader geschaltet.
Im Vergleich dazu ist der zehnbandige graphische Equalizer besser integriert. Er greift per Drucktaster wahlweise global auf den ersten Aux-Send oder die Stereo-Summe zu.
Erwähnenswert sind zwei Paar Cinch-Buchsen und ein Paar 3,5mm Mini-Klinkenbuchsen zum Anschluss von CD-Playern oder MD-Recordern, was das Pult noch einmal um zwei zusätzliche Ein- und Ausgänge erweitert. Ein kleines Trim-Poti direkt darüber regelt den Gesamtpegel der Ein- und Ausgänge dieser Anschlüsse, die direkt von beziehungsweise auf die Stereo-Summe gehen. Damit empfiehlt sich das Helix Board als Begleiter für kleine Live-Beschallungen, in denen vor Veranstaltungsbeginn von dort aus Hintergrundmusik eingespielt werden kann. Eine Live-Aufnahme in stereo auf einen MD-Recorder gelingt über diese Anschlüsse leicht und vor allem Ressourcen schonend.
Die vielfältigen Routing-Möglichkeiten des Borad erscheinen anfangs übermächtig. Hat man sich aber mit den Charakteristika des Phonic-Pultes angefreundet, dann macht das Arbeiten damit richtig Spaß.
Ein Blick ins kompakt verbaute Innere zeigt einerseits eine ordentliche Verarbeitung, gibt andererseits auch Anlass zur Kritik. Die Drehregler sind ohne weitere Befestigung auf der Platine verlötet, was bei entsprechend rauer Beanspruchung – gerade im Live-Betrieb – zu Schäden führen kann. Eine zentrale Platine nimmt den gesamten Innenraum ein und verhindert einen leichten Zugriff auf die Bedienelemente. Bei einem Defekt muss deshalb das Pult komplett demontiert werden, was zeitaufwändig ist. Problematisch ist auch ein Kabelstrang, der den Netzteil-Lüfter zur Hälfte verdeckt und hier zu Beeinträchtigungen in der Kühlleistung führen kann. Der Lüfter ist auch dafür verantwortlich, dass das Gerät im Betrieb ein zwar leises, aber wahrnehmbares Geräusch von sich gibt.
Zwei Firewire Anschlüsse, die eine maximale Samplingfrequenz von 96 kHz bei einer Wortbreite von 24 bit erlauben, sind der Clou des Gerätes. Signale lassen sich damit digital aus dem Pult herausführen. In erster Linie wird man das Pult mit einem Computer verbinden. PC-Nutzer installieren zuvor den beiliegenden Treiber. Mac-Nutzer haben es einfacher. Ab Betriebssystem Mac OSX 10.3.5 verwaltet man das Pult über das integrierte „Audio Midi Setup“ Menü. Die Bedienungsanleitung vermerkt außer der umfangreichen Darstellung der Treiberinstallation auch, wie das Pult in das Setup von Cubase LE eingebunden wird. Ein Service den Einsteiger besonders schätzen.
Die digitale Signalübertragung auf Seiten des Pultes gelingt problemlos (siehe Kasten). Der Abgriff erfolgt sofort hinter dem Regler für die Eingangsempfindlichkeit als reiner „Direct-out“. Equalizer, Aux-Wege und Panoramaregler haben keinen Einfluss auf den Signalabgriff. Die Eingangsempfindlichkeit stellt auch die einzige Möglichkeit dar, Signale für digitale Aufnahmen einzupegeln beziehungsweise zu verstärken. Es ist Geschmackssache, ob diese Art der Aufnahme dem Nutzer zusagt. Manche werden dies bevorzugen, erfolgt die Klangbearbeitung doch nachträglich im Computer. Alle anderen brauchen aber nicht zu verzweifeln. Denn der Signalabgriff kann nachträglich durch Einlöten von Kabeln ins Pult auf postfader geschaltet werden. Auf der Homepage des deutschen Vertriebs Musik & Technik steht dazu eine Anleitung zum Download bereit. (http://www.musikundtechnik.de/Phonicmenu_27.html?menuks=27&proid=7474).
Diese Möglichkeit ist allerdings etwas umständlich. Eleganter wären steckbare Jumper (Kabelbrücken). Die beste Lösung: Drucktaster in jedem Kanalzug, mit dem man zwischen pre- und postfader umschalten kann. Das ist unser Wunsch an die Phonic-Entwickler, denn damit wäre das Helix-Board seinen Konkurrenten meilenweit voraus.
Die Bedienung ist das eine. Der Klang das andere. Dass man für den geforderten Preis kein Mischpult der Extraklasse erwarten kann, ist klar. Doch die wichtigsten Klangkriterien meistert das Phonic-Board problemlos. Die Werte für die Eingangsempfindlichkeit, sowie ihr maximaler Eingangspegel entsprechen der Norm. Der Klirrfaktor ist für ein analoges Pult sogar ein klein wenig besser als die Norm fordert (0,01%, siehe Diagramm 4).
Der Ausgangspegel und die Phantomspeisung erreichen sogar fast Studioqualität. Auffällig ist freilich eine minimale Anhebung um 0,5 dB im Frequenzbereich zwischen 5 – 10 kHz (siehe Diagramm 2). Normalerweise dürfte das klanglich keine großen Auswirkungen haben. Im Hörtest fiel das Pult überdies nicht durch übermäßiges Rauschen auf und das, obwohl das Rauschverhalten durch diese Frequenzanhebung etwas schlechter gerät im Vergleich zum so genannten „freilaufenden Betrieb“, also wenn nichts am Pult angeschlossen ist.
Deshalb verwundert es, dass Zisch-Laute innerhalb von Sprachsignalen auffälliger hörbar sind. Angeschlossene Instrumente zeigten diese Charakteristik nicht in dem Maße. Im Live-Einsatz ist das durchaus zu verschmerzen. Und selbst im Recording-Bereich ist das nicht weiter schlimm. Bei digitalen Signalübertragungen ist diese Frequenzanhebung nicht festzustellen, da der Signalabgriff ja prefader erfolgt. Erst bei einer nachträglichen Modifikation des Signalabgriffs kann dieser Umstand für übersensible Ohren eventuell zum Problem werden.
Ansonsten gibt es am klanglichen Verhalten des Phonic-Boards nichts zu meckern. Sicherlich lässt sich aufgrund der Messergebnisse noch konstatieren, dass auch das Helix-Board die allseits übliche Lautstärkeanhebung zeigt (+4,2 dB), wenn man den Panoramaregler von einer Seite auf die Mitte verschiebt. Pedanten werden auch das Symmetrieverhalten – also wie genau werden die Frequenzen im Eingang weiterverarbeitet – noch als klanglichen Mangel konstatieren (siehe Diagramm 6). Aber man darf nicht vergessen, dass hier kein Profimischpult zum Test angetreten ist.
Ein wirklicher Schwachpunkt des Pults ist allerdings die ungenaue Aussteuerungsanzeige. Ein anliegendes Signal mit einer Stärke von +6 dB zeigen die beiden 13 Segment LED-Ketten lediglich mit +2 dB an. Wer sich ausschließlich auf die Aussteuerungsanzeige verlässt, läuft also Gefahr, verzerrte Mischungen zu produzieren. Ein weiterer Kritikpunkt ist das unbefriedigende Übersprechverhalten, wenn das Helix-Board als analoges Recordingpult eingesetzt wird: In Nullstellung der Fader kommt immer noch ein Signal heraus (siehe Diagramm 7) Fade-outs geraten dadurch problematisch.
Fazit: Sowohl für Liveauftritte als auch für Studionutzung ist das Phonic Helix Board 18 Firewire gut gerüstet, wobei seine Ausstattung und Bedienelemente mehr für den Live-Betrieb sprechen. Die eingebaute Firewire-Schnittstelle mit der Möglichkeit sie nachträglich zu modifizieren, ist schlichtweg genial. Das Mischpult überträgt Signale ordentlich und ohne übermäßiges Rauschen. Mikrophonsignale werden durch die Phantomspeisung und die Equalizer mit ihren halb-parametrischen Mitten optimal versorgt. Die integrierten Effekte klingen ebenfalls erstaunlich gut und die umfangreichen Anschluss- und Routingmöglichkeiten bieten Spielraum im wahren Sinn des Wortes.
Dass man für knapp 650 Euro keine Wunder erwarten darf, ist klar. Der Schluss liegt demnach nahe, dass hier irgendwo Abstriche gemacht werden. Die finden sich in der kompakten Bauweise des Gerätes und in einigen Punkten auch in der Signalverarbeitung. Doch dem Käufer wird hier ein äußerst flexibles Gerät in die Hand gegeben, das bei großzügiger Betrachtung auch als zwei oder gar drei Geräte, rechnet man Cubase LE hinzu, gelten kann. Das ist für den Preis mehr als lohnenswert. Wer sich ein kostengünstiges Mischpult mit integrierter Firewire-Schnittstelle zulegen will und keine Profi-Ansprüche an die Signalverarbeitung anmeldet, der ist mit dem kleinen Amerikaner aus Florida sehr gut versorgt.
Erschienen in Ausgabe 05/2006
Preisklasse: Economyklasse
Preis: 649 €
Bewertung: gut
Preis/Leistung: sehr gut
Hinterlasse einen Kommentar