Compressione speziale

HOFA vereint mit dem Kompressor-Plug-in IQ-Comp Dynamik- und Frequenzbearbeitung auf einzigartige Weise und will dem Anwender bei einfacher Bedienung ein effizient arbeitendes und sehr gut klingendes  Tool an die Hand geben. Was dahinter steckt und wie es klingt, haben wir für Sie ergründet.    

Von Georg Berger

Das Unternehmen HOFA ist schon seit zwei Jahren auch als Hersteller von Plug-ins am Markt tätig und hat seine IQ-Produktlinie an Effekt-Plug-ins vor kurzem um das Modell IQ-Comp erweitert (siehe Tests in den Heften 12/2010 und 9/2011). Auch dieses Mal hat der Hersteller wieder einen Standard-Effekt entwickelt, der abseits des Mainstream mit einzigartigen Funktionen und Bearbeitungsmöglichkeiten aufwartet. Kern des jüngsten, rund 90 Euro kostenden, Streichs bildet ein herkömmlicher Kompressor. Doch das Spezielle am IQ-Comp sind die beiden integrierten Multimode-Filter, die anders als erwartet, weder Frequenzanteile im Sidechain ausfiltern, noch zum Aufteilen des Signals in separate Frequenzbereiche dienen.

Sie sind vielmehr direkt in den Signalweg integriert und erlauben in Abhängigkeit zur Kompressionsstärke ein dynamisches Anheben und Absenken von Frequenzen. Zugegeben, das hört sich zunächst recht banal an, ist es aber nicht. Dazu ein Beispiel: So erhalten durch frequenzabhängige Kompression ausschließlich Transienten mehr Höhen, wobei der Rest des Signals, der unterhalb des Threshold liegt, unbearbeitet bleibt. Vergleichbares mit einem vorgeschalteten Equalizer zu erreichen, ist dabei unmöglich, da dieser breitbandig auf das Signal einwirkt. Diese Art der Dynamik- und Klangbearbeitung ist uns jedenfalls in unserer bisherigen Test-Praxis so noch nicht begegnet. Doch bevor wir näher auf diese Technik eingehen, wollen wir einen Blick auf die Ausstattung des Plug-ins werfen.  Die Bedienoberfläche des IQ-Comp folgt dem Design seiner beiden Vorgänger und wartet mit einem nüchternen, funktionalen Design auf. Genial: Die Größe des Plug-ins ist dynamisch skalierbar, ein Feature das nicht alltäglich ist und schon einmal ein Sonderlob verdient.  Die Parameter werden mit Hilfe von Button-Fadern eingestellt, die gleichzeitig auch die eingestellten Werte anzeigen. Hingucker ist das Graphik-Display, das Auskunft über die anliegende Dynamik-Reduktion und die eingestellten Filter-Settings gibt. Auffällig: Fast ausnahmslos jeder Parameter ist doppelt ausgeführt, die per aktivierbarer Link-Funktion simultan nutzbar sind. Einzige Ausnahme markiert der Dry-/Wet-Regler zum Realisieren einer Parallel-Kompression. Doch dahinter steckt volle Absicht. Denn auf diese Weise ist nicht nur bequem ein Dual-Mono-Betrieb möglich. Darüber hinaus ist der IQ-Comp auch in der Lage im M/S-Modus zu arbeiten. Die Umschaltung der Modi erfolgt dabei durch Klick auf den Settings-Button, der ein Menü mit dieser und weiteren grundlegenden Einstell-Optionen zeigt und auch Zugang zu den Presets gewährt. Dort entdecken wir auch, dass der IQ-Comp via externem Sidechain steuerbar ist. Insofern haben die Entwickler wirklich an alles gedacht und den IQ-Comp schon einmal mit umfassenden Möglichkeiten zur Dynamik-Bearbeitung ausgestattet. Auffällig: Anders als erwartet besitzt der Release-Parameter lediglich eine relative Skaleneinteilung von 0 bis 100. Der Grund: Beide Zeitparameter arbeiten quasi halbautomatisch und passen sich der Hüllkurve des eingespeisten Signals an. Über die Parameter lässt sich dabei ein Wert vorgeben, an den sich diese Automatik dynamisch anpasst. HOFA hat  daher auf eine Zeit-Skalierung im Release verzichtet, da die Rückstellzeit dynamisch variiert und die tatsächliche Zeit also nicht anzeigen würde.  

Die Ausstattung der beiden identisch ausgelegten Filter/Equalizer ist ebenso rasch verinnerlicht. Drei Filtercharakteristiken – Low- und High-Shelf sowie Peak – stehen zur Auswahl, die in der Center-Frequenz und Güte einstellbar sind. Das Gain wird anteilig über den CompLink bezeichneten Parameter bestimmt. Eine Look Ahead-Funktion sorgt dafür, dass die Equalizer noch vor Einsatz der Dynamikreduktion einsetzen, was laut Hersteller ein gezieltes Bearbeiten von Transienten ermöglicht. Doch wie funktionieren diese beiden Equalizer jetzt im Verbund mit dem Kompressor? Das knappe Handbuch liefert dazu nur wenige Informationen und ist wahrlich keine Zier. Gerade weil es sich um ein sehr spezielles Signalbearbeitungs-Konzept handelt, hätten wir uns eingehende Hintergrundinformationen dazu gewünscht. Der Schlüssel zu diesem Geheimnis liegt im CompLink-Parameter, der sowohl positive wie negative Werte bis maximal 100 Prozent besitzen kann. Dabei orientiert sich das Gain der Equalizer an der Kompressionsstärke, die den Dreh- und Angelpunkt für die anschließende Klangbearbeitung markiert. Positive Werte führen dazu, dass der im EQ gewählte Frequenzbereich weniger stark komprimiert wird, was im Display durch eine entsprechend positiv verlaufende EQ-Kurve signalisiert wird. In Konsequenz klingt dieser Frequenzbereich jetzt lauter. Präziser ausgedrückt: Je stärker die Kompression erfolgt, desto stärker wird das Band angehoben, was je nach Signalverlauf wie erwähnt dynamisch erfolgt und zu entsprechend klanglich-lebendigen Ergebnissen führt. Negative CompLink-Werte wirken folglich in umgekehrter Weise. In Maximalstellung des CompLink-Parameters erfolgt die Gain-Änderung dabei exakt zum Kompressionsgrad. Wenn also eine Dynamik-Reduktion von sechs Dezibel anliegt, erfolgt die Anhebung respektive Dämpfung in den Bändern um den gleichen Wert. Die Wirkungsweise ist zwar der einer Multiband-Kompression ähnlich. Dennoch realisiert der IQ-Comp dies auf unterschiedliche Weise. Denn der HOFA-Prozessor arbeitet breitbandig und hört bei der Dynamik-Reduktion sozusagen auf das gesamte Signal. Das separate Einstellen der Kompression pro Band entfällt dadurch. Überdies wirken die Filter direkt auf das bearbeitete Signal ein. Nächster Unterschied: Der Anwender kann verschiedene Filtercharakteristiken und -güten für die Klangbearbeitung wählen, was im Vergleich zur Multiband-Kompression deutlich flexibler ausfällt.   Im Hör- und Praxistest wird sehr schnell deutlich wie der IQ-Comp wirkt und was sich alles damit anstellen lässt, was nicht zuletzt auch das Verdienst der einfachen, narrensicheren Bedienung ist. Als reiner Kompressor ohne Zutun der Filter eingesetzt, zeichnet sich das Plug-in durch einen wunderbar transparenten und unauffälligen Grundsound aus, der ihn auch fürs Mastering einsetzbar macht. Das Regelverhalten steht dem in nichts nach. Der IQ-Comp ist ein sehr toleranter Zeitgenosse und fällt durch homogene, organisch klingende Resultate angenehm auf. Doch so richtig mächtig dreht der IQ-Comp im Zusammenspiel mit den Filtern auf. Eine Slap-Bass-Linie mit äußerst scharf klingenden und überlauten hochfrequenten Anteilen, hervorgerufen durch überlautes Anreißen der Saiten (Stichwort: Popping-Technik) zügeln wir deutlich rascher als mit Hilfe von Standard-Werkzeugen. Die Linie wird musikalisch verdichtet und die vormals scharfen Klanganteile fügen sich durch Absenken der Hochmitten organisch in das Gesamtgefüge ein. Dabei gehen auch die Filter, behutsam eingesetzt, unauffällig ans Werk. In Extremstellungen treten sie jedoch deutlich hörbar und leicht färbend in den Vordergrund. Doch zumeist reichen schon leichte Änderungen, um zum Ziel zu gelangen.  Im Mix kann sich der IQ-Comp, vor allem im M/S-Modus, sehr eindrucksvoll in Szene setzen. Die Geschwindigkeit mit der wir sowohl die Dynamik als auch den Klang anpassen ist atemberaubend. Schade ist, dass sich im M/S-Modus die Filtercharakteristiken nicht separat für Mitten- und Seitenanteil bestimmen lassen. Da ist also noch Platz für künftige Updates. Abseits dessen klingen die Ergebnisse stets musikalisch, organisch verdichtet und nicht unangenehm verfärbt. Ganz im Gegenteil: Auf Bypass geschaltet klingt der Mix plötzlich auf seltsame Weise falsch. Gleiches gilt auch für das Bearbeiten von Schlagzeug-Subgruppen und -Loops. Mit wenigen Handgriffen ist die übermächtige Bass-Drum im Klang gezügelt und wir zaubern seidigen Glanz auf die Becken. Das einzige Problem, was sich bei der Arbeit mit dem IQ-Comp ergibt ist, sich für eine der vielen möglichen, gut klingenden Einstellungen zu entscheiden.

Fazit 

HOFA ist mit dem IQ-Comp einmal mehr das Kunstsück geglückt, einen Standard-Studioeffekt mit genialen Features anzureichern, die auf sinnvolle Weise die Arbeit im Studio künftig erleichtert. Zusammen mit dem transparenten Grundsound, der kinderleichten Bedienung und den mächtigen Eingriffsmöglichkeiten, sollte diese einzigartige Kombination aus Breitband-Kompression und Klangregelung alsbald zur Standard-Ausstattung in vielen Studios gehören.

Erschienen in Ausgabe 05/2012

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 89 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut – überragend