Ultimativer Kompressor

Nach sechs Jahren spendiert uns Fabfilter ein Upgrade Ihres allseits beliebten Kompressor-Plug-ins Pro-C; und das hat es in sich. Neben einem neu gestalteten GUI mit Full Screen Option, kommt der Pro-C 2 mit insgesamt acht verschiedenen Kompressor-Styles daher. Hinzu gesellt sich ein extrem flexibler Sidechain-Bereich, vierfaches Oversampling und noch so einige Extras mehr. Ob das jetzt der letzte Kompressor ist, den Sie je kaufen müssen, verrät der Test.

Von Stefan Feuerhake

Wenn man sich auf dem aktuellen Plug-in Markt für Kompressoren so umschaut, kann man die meisten Kandidaten wohl der Kategorie Emulation analoger Klassiker zuschreiben. Sie zielen also ganz klar auf die Nachbildung eines bestimmten analogen Vorbilds ab, etwa von Teletronix, Urei, Manely oder Fairchild. Mittlerweile wurde ja schon nahezu jeder Evergreen nachgebildet, so dass hier kaum noch Wünsche offenbleiben. Es geht also immer darum, dem Sound des analogen Vorbilds möglichst nahe zu kommen. Das heisst in der Praxis, dass der Anwender für jedes Signal seinen Experten in der Schublade hat. So kommt dann beispielsweise die LA-2A-Emulation auf die Strings, der 1176 auf die Drums und auf die Vocals vielleicht der VariMu? Wäre es da nicht schön, einen Tausendsassa im Plug-in Ordner zu haben, der gleich alles auf einmal unter der Haube hat? Es sollte ein echtes Arbeitstier sein, quasi ein Hybrid, der jeder Situation gewachsen ist. Genau das schreibt sich der Fabfilter Pro-C 2 auf die Fahne. Schauen wir doch mal, ob hier Praxis und Theorie übereinstimmen und tauchen zuerst einmal in die Oberfläche des Plug-ins ein.

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Look & Feel

Das bei Fabfilter der Look-and-Feel ganz groß geschrieben wird, wissen wir spätestens seit dem Test des Pro-Q 2 (Test in Heft 01/2015). Der Equalizer konnte seinerzeit von uns im Test schon in beiden Disziplinen Höchstnoten einfahren und hatte uns damals sehr überzeugt. Und so ist es auch beim Pro-C 2 nicht anders. Dem Kompressor wurde ein beeindruckender Full-Screen-Modus verpasst, der für OS X Nutzer zusätzlich eine Retina-Unterstützung bietet. Und das sieht wirklich super aus und lässt uns ein wenig von einem großen Touch-Screen träumen. Standardmäßig lässt sich das das Plug-in in den drei Größen Small, Medium oder Large anzeigen. Wenn Sie den Pro-C 2 über die VST3-Schnittstelle nutzen, kann die Größe des Plug-in-Fensters sogar stufenlos eingestellt werden. Sehr schön gelöst wurde auch, dass das „Innenleben“ des Plug-ins in mehrere Bereiche aufgeteilt ist, die sich ein- und ausblenden lassen. Es besteht die Möglichkeit das Display, also die große Wellenformanzeige, die übrigens im EBU R128 / ITU-R 1770 Standard daher kommt, das Kompressor-Knie und den Sidechain-Bereich einzuklappen, so dass am Ende nur noch das Panel mit den Hauptparametern überbleibt. So hat man auf der einen Seite die Wahl entweder sehr „visuell“ oder auf der anderen Seite nur mit den Ohren zu arbeiten. Allerdings soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass wir, trotz all der schöner Anzeigeoptionen, zu 95 Prozent der Zeit, die wir mit dem Pro-C 2 gearbeitet haben, mit der Basic Ansicht bestens zurecht gekommen sind.

Aber nicht nur das GUI glänzt auf ganzer Linie, auch beim Handling kann der Pro-C 2 überzeugen. Alle wichtigen Parameter sind logisch platziert und man ist blitzschnell eingearbeitet. Er fasst sich – sofern man bei einem virtuellen Effekt davon sprechen kann ­ einfach gut an, besonders weil sich alle Parameter sehr fein und akkurat einstellen lassen. Hinzu kommt die Pegelanzeige für den Ein- und Ausgang sowie die Pegel-Reduktion, die im Falle der In/Out-Anzeige Peak- und RMS-Pegel gleichzeitig zeigt.
In der Mitte der Oberfläche findet sich das Style Menü, das acht verschiedene Kompressortypen zur Auswahl feil bietet, aber dazu später mehr. Wie immer bei Fabfilter gibt es noch ein paar Goodies wie Undo/Redo, einen A/B-Vergleich mit Kopierfunktion und die interaktiven Help Hints, die einem die einzelnen Parameter des Kompressors und deren Funktion erklären. Somit ist der Pro-C 2 auch wunderbar für Einsteiger geeignet. Aber was sind denn jetzt eigentlich die Unterschiede zur Vorversion?

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Was gibt es Neues?

Das Release des Pro-C, dem bereits etablierten Vorgängermodell, ist schon sechs Jahre her. Doch wie wir es von Fabfilter erwartet haben, ist die Liste der Neuheiten lang. Außer dem neu gestalteten GUI wurden dem Upgrade sage und schreibe fünf neue Kompressor-Charakteristiken spendiert, so dass es nun insgesamt acht verschieden reagierende Kompressoren zum Preis von einem gibt. Hinzu kommt ein vierfaches Oversampling, das Aliasing-Artefakte reduzieren kann, allerdings auch etwas mehr CPU verbraucht und auch eine kleine Latenz erzeugt. Wenn Sie übrigens möchten, dass der Pro-C 2 völlig latenzfrei arbeitet, sollten Sie neben dem Oversampling auch den Look-ahead deaktivieren. Apropos CPU: Wie es sich für ein echtes Arbeitstier gehört, ist das Plug-in sehr gnädig im Verbrauch. Auf einem Rechner mit einem 2,7 GHz Intel Core i5 Prozessor verbrauchten fünfzehn Instanzen nur knapp 20 Prozent CPU, was sehr gut ist. Weitere neue Funktionen sind Range, Look-ahead und Hold, wobei letzteres eher eine untypische Funktion für einen Kompressor ist und eher bei einem Noise-Gate zu finden ist. Was sich damit genau anstellen lässt, beleuchten wir später noch etwas genauer. Sehr gut gefällt uns auch die sogenannte „Audition Trigger“ Option, quasi eine Vorhörfunktion, die uns immer genau hören lässt, was der Kompressor genau macht. Widmen wir uns aber zunächst den verschiedenen Styles.

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Die glorreichen Acht

Neben den schon aus dem Pro-C bekannten Kompressor-Styles Clean, Classic und Opto wurden dem Upgrade die fünf neuen Charaktere Vocal, Mastering, Bus, Punch und Pumping spendiert. Der Style bestimmt hier das Regelverhalten des Kompressors, insbesondere wie das Attack und Release reagiert. Um die Bedienung zu vereinfachen sind übrigens nicht in allen Styles sämtliche Parameter aktiv. Auffällig: Zudem klingen sie alle unterschiedlich was den Grad und die Art der hinzugefügten Verrerrungen/Obertöne betrifft und auch ihr Verhalten auf den Frequenzgang des Signals ist unterschiedlich. Man erhält hier wirklich acht verschiedene Kompressoren in einem und ist somit für jede Situation gewappnet. Um das in der Praxis zu testen haben insertieren wir den Pro-C 2 zuerst auf dem Drum-Bus, um alle Drums gleichzeitig zu komprimieren und ihnen dadurch mehr Druck zu verleihen, und auch um sie etwas mehr „zusammenzukleben“.

Pro-C 2 im Drum-Bus

Wir wählen eine recht hohe Ratio mit mittlerem Attack und kurzer Release-Zeit für unseren Drum-Bus. Den Threshold bewegen wir im Clean Style soweit nach unten, bis wir knapp. 4dB Pegel-Reduktion erhalten. Wir stellen das Autogain an und hören uns anschließend durch die verschiedenen Styles. Bereits im Clean-Modus verrichtet der Kompressor seine Arbeit sehr gut und klebt die Sounds schön zusammen. Wie der Name schon sagt klingt es aber auch sehr transparent. Obertöne sind nicht hörbar und auch für den Groove der Drums könnte der Pro-C 2 in diesem Modus gerne etwas stärker zupacken. Das ändert sich aber bereits im Classic-Style. Die Betonungen der einzelnen Sounds ändert sich leicht und es wirkt alles tighter mit mehr Druck im Bassbereich. Als nächstes schalten wir in den Bus-Style. Hier bekommt auf einmal der Clap-Sound, der sonst eher im Hintergrund agiert, viel mehr Betonung und auch die Höhen stechen insgesamt mehr heraus. Im Punch-Style gibt es – Nomen est Omen – dann wirklich ordentlich mehr Punch und Druck, was die Transienten der Kick, Clap und Hi-Hat betrifft. Ehrlich gesagt ist es sehr schwer sich zu entscheiden, welcher Style am besten klingt. Alle haben ihre ganz eigenen Qualitäten und so ist es dann eher abhängig von den weiteren Sounds im Song, wofür man sich entscheidet oder letztlich auch einfach nur Geschmacksache. Überdies soll auch nicht vergessen werden, dass sich im Pro-C 2 via Wet- und Dry-Poti auch sehr bequem eine parallele Kompression realisiert werden kann. Wir sind jedenfalls schon einmal sehr beeindruckt wie gut der Pro-C 2 grundsätzlich klingt. Aber auch die Styles machen ihrem Namen alle Ehre und machen aus dem Fabfilter-Kompressor ein sehr flexibel einsetzbares Tool. Schauen wir doch gleich nochmal, wie er sich im Einsatz mit Vocals schlägt.

Vocals

Im Vocal Style sind der Ratio- und Knee-Parameter außer Kraft gesetzt und reagieren signalabhängig. So ist es in dem Fall noch einfacher mit dem Pro-C 2 ans Ziel zu kommen. Auch auf der Stimme verrichtet er seine Arbeit hervorragend und bringt unseren Gesang schön nach vorne. Dazu gleich ein kleiner Tipp: Aktivieren Sie bei der Vokalbearbeitung die Look-ahead-Funktion und stellen eine paar Millisekunden ein. Das macht die Kompression etwas weicher und trotzdem reagiert der Kompresser sehr akkurat, verschluckt also durch das Look-ahead nicht den ersten Transienten.
Noch interessanter wird es, wenn wir zusätzlich den EQ im Sidechain aktiveren und den Regelbereich des Kompressor mit seiner Hilfe auf die oberen Mitten und Höhen beschränken. Auf diese Weise lässt sich fast jedes Signal wunderbar formen, besonders wenn es etwas unausgeglichen ist. So lässt sich chirurgisch fein auch noch das letze Detail im Signal bearbeiten. Das macht sehr viel Spass und ist äußerst effizient, was wir so von keinem anderem Kompressor kennen.

Auf der Summe

Als nächstes prüfen wir, wie gut sich der Pro-C 2 als Mastering-Kompressor macht. Dazu wurde ihm ein eigener Style verpasst, wobei der Focus hier auf einem „Glueing-Effekt“ liegt und dass er auch noch bei extremen Einstellungen immer noch sanft arbeitet. Das Ergebnis weiß zu beeindrucken: Ob auf rein akustischen Songs oder auf dicken Clubtracks, der Pro-C 2 ist auf jederlei Master gut einsetzbar und je nach Genre darf es auch gern einmal ein anderer Style sein, denn auch Clean, Classic aber auch Punch und Pumping eignen sich bestens auch für die Summe. Beim Mastering ist auch wieder der Sidechain-EQ sehr nützlich, besonders das Highpass-Filter, um beispielsweise die Subbässe von der Kompression auszusparen und so mehr Druck in den Frequenzen darüber zu erhalten. Ebenso gefällt uns bei der Summenbearbeitung die Option, stufenlos zwischen Mid und Side Kompression überblenden zu können. Damit bekommt man oft das extra Quäntchen an Breite und Tiefe in einen Mix. Somit meistert das Plug-In auch diese Disziplin hervorragend.

Side Chain

Der bereits erwähnte Sidechain Bereich ist mehr als üppig ausgestattet. Er lässt sich entweder im internen, also mit On-Board-EQ oder im externen Modus betreiben. Will heißen, der Pro-C 2 kann auch mit Signalen von außerhalb getriggert werden und das nicht nur über Audio-, sondern auch per MIDI-Signal. Wie das in Ihrer jeweiligen DAW funktioniert, steht im gut geschriebenen Handbuch. Der Equalizer im Sidechain-Bereich kommt mit je einem High- und Lowpass Filter daher, die beide mit einer Flankensteilheit bis sage und schreibe 96db/Okt. arbeiten können. Zusätzlich gibt es noch ein „Multimodefilter“ à la Fabfilter mit sechs verschiedenen Filtertypen wie Notch, Shelf oder Bandpass. Besonders gefällt uns hier der TiltShelf, der bereits aus dem Pro-Q-Plug-in bekannt ist. Mit ihm lässt sich sehr gut die Gewichtung des Kompressors regeln, also ob er eher auf die Bässe oder auf die Höhen eines Signals reagieren soll. Im Test avanciert dieses Filter rasch zur Geheimwaffe, schafft man es doch damit perfekt, Signale in schwachen Frequenzbereichen nach vorne zu bringen, die bei bei ähnlichen Versuchen mit einem regulären Equalizer nach Filter klingen, sogar vielleicht verzerren oder unnatürlich klingen würden. Sie erhalten eine unglaubliche Präsenz, die zu keinem Zeitpunkt nervig oder aufdringlich wirkt, was übrigens nicht nur für Vocals eine sehr nützlich Funktion ist.
Abseits dessen gefällt uns beim Arbeiten mit dem internen EQ auch die Audition Triggering Option, die es dem Benutzer erlaubt zu hören, auf welche Signale der Pro-C 2 triggert und wie hoch die angewandte Kompression ist. So haben wir stets alles im Griff und unter Kontrolle.

Zum Schluss soll nicht unerwähnt bleiben, das der Pro-C 2 auch einen sehr praktischen Mix Regler besitzt, der sich am besten für Automationen eignet, wenn Sie auf einer Spur mal mehr oder weniger Kompression mit gleicher Einstellung wünschen. Sehr gut lässt sich auch die Hold Funktion einsetzen. Mit Hilfe von etwas Look-ahead kann sie sehr gut für Duckings wie beispielsweise Voice-overs eingesetzt werden. Auf der anderen Seite kann die Hold-Funktion aber auch kreativ in Verbindung mit einer schnellen Release-Zeit für krasse Pumpeffkete genutzt werden. So bietet sich der Pro-C 2 letztlich auch bestens zum Sounddesign an.

Fazit

Mit dem Upgrade des Pro-C Kompressors auf Version 2 haben die Fabfilter-Entwickler einmal mehr alles richtig gemacht und einen echten Tausendsassa geschaffen. Er klingt hervorragend und ist durch die acht verschiedenen Styles universell einsetzbar. Der flexible Sidechain-Bereich mit EQ, wie auch die Funktionen Look-ahead, Hold, Range und die M/S-Bearbeitung machen ihn zu einem echten Arbeitstier, das bei keiner Aufgabe einknickt. Wenn Sie unbedingt eine ganz bestimmte Färbung eines analogen Klassikers suchen, dann werden Sie wohl in Zukunft weiterhin zu einer der vielen entsprechenden Emulationen greifen, aber für alle anderen kann der Pro-C 2 der ultimative Kompressor sein.