Legenden Status

In Zusammenarbeit mit dbx veröffentlicht Waves ein Emulation des berühmt berüchtigten dbx160 Kompressor/Limiter und verspricht neben authentischem Sound einige Modernisierungen wie Stereo und MS Modus, Mixregler, Input Gain und System-Noise. Wie sich das Plug-in der Praxis schlägt, verrät folgender Test.

Von Stefan Feuerhake

Unter den Vintage Kompressoren gibt es ja einige Kandidaten, die es zum Legenden-Status gebracht haben. Neben dem Urei 1176 und dem Teletronix LA2A fällt auch immer gleich der Name dbx160. Seit Mitte der 70er-Jahre ist dieser Hardwarekompressor auf dem Markt und von da an auf nahezu jeder Major Platte zu hören. Für viele ist er wegen seiner schnellen Zugriffszeit und seines erzeugenden Drucks der Drum-Kompressor überhaupt. Was aber nicht heißt, dass er nicht auch auf Bässen oder Vocals einen guten Job macht. Er ist aufgrund eines sehr cleanen Grundsounds beliebt, da er sehr verzerrungsfrei arbeitet. Er wurde dadurch auch häufig im Livebereich eingesetzt. Der dbx160A ist übrigens das aktuell erhältliche Hardware Modell und kostet rund 600 Euro. Wir machen in diesem Test aber keinen Hard/Software Vergleich, sondern werden am Ende des Artikels drei verschiedene dbx-Emulationen gegeneinander antreten lassen. Aber dazu später mehr. Wenden wir uns erst einmal der Oberfläche des Waves dbx160 Plug-in zu.

Look & Feel

Durch die Kooperation von Waves mit dbx wurde beim Erschaffen des GUI viel Wert auf Originalität gelegt und sich 1:1 an die Hardware gehalten. Die Oberfläche mit seinen Holzelementen an beiden Seiten ist jedenfalls gut gelungen und sehr hübsch anzusehen. Das Original wurde ja seinerzeit als Mono-Einheit gebaut – als Plug-In steht der Kompressor/Limiter hingegen in einer Mono- und Stereo-Version zur Verfügung. Es gibt, ebenso wie an der Hardware, je ein Poti für Threshold, Compression und Output-Gain, die bei der Stereoversion des Plug-ins gleich doppelt vorhanden sind. Ebenso kann das VU-Meter auf Input, Output oder Gain Change gestellt werden. Unten links in der Ecke befindet sich am Original normalerweise der Power Schalter, der im Plug-in Collapse heißt und uns zu den zusätzlichen Features der Software führt. Nach dem Betätigen klappt ein zweiter Bereich auf, in dem sich nützliche zusätzliche Regler zum Einstellen des Input-Gain, Mix und Noise befinden. Mit Noise ist hier das Geräterauschen gemeint, das sich bei Bedarf hinzumischen lässt. Obendrein lässt sich auch ein Hochpass-Filter im Side Chain Kanal aktivieren und in der Stereo-Version zusätzlich einer der drei möglichen Betriebs-Modi anwählen: Stereo, Dual mono oder MS. Schön ist, dass sich alle Werte auch per Tastatur eingeben lassen und man dadurch das Plug-in sehr fein justieren kann, was ja immer ein Problem bei der Hardware ist.
Das Ganze ist in die typische Waves Plug-in Oberfläche eingebettet. Hier steht neben dem Preset Browser, der Load/Save Option auch Undo und Redo, und ein A/B Vergleichsmodus zur Wahl. Insgesamt hinterlassen die Ausstattung und die Bedienmöglichkeit einen sehr guten Eindruck. Ein klein wenig meckern müssen wir dennoch, bevor wir uns dem Klang zuwenden. Stein des Anstoßes: Der Download- und Installations-Vorgang des Plug-Ins, bei dem wir unzählige Male unser Passwort eingeben mussten, was letztlich ziemlich nervig geriet. Kopierschutz hin oder her, da fragt man sich trotzdem, ob das wirklich sein muss. Nachdem diese Hürde jedoch genommen war, konnten wir uns der angenehmen Seite des dbx160 widmen, seinem Sound.

VCA Kompression

Doch zuvor ein kleiner Exkurs: Der VCA-Kompressor (Voltage Controlled Amplifier) nutzt eine Transistorschaltung, um das Signal zu modifizieren. Er ist also ein spannungsgesteuerter Verstärker. Diese Form ist unter Kompressoren übrigens am meisten verbreitet, da sie sehr genau sind. Zusätzlich sind VCA Kompressoren universell einsetzbar, da sie linear arbeiten und keine Verzerrungen erzeugen. Wie einige andere VCA Kompressoren auch besitzt der Waves dbx160 keine regelbare Attack- und Release-Zeit. Beide Parameter sind abhängig vom eingespeisten und prozessierten Signal und werden bei der Hardware vom Hersteller wie folgt angegeben. Attack: 15ms bei 10dB, 5ms bei 20dB, 3ms bei 30dB.
Release: 8ms bei 1dB, 80ms bei 10dB, 400ms bei 50dB; 125dB/sec rate. Die Zeitparameter ändern sich in Abhängigkeit zur Kompressionsstärke dynamisch, was den Kompressor letztlich leicht bedienbar macht, denn oftmals führen falsch eingestellte Attack- und Release-Werte zu Problemen. Aber was heißt das jetzt für den dbx160 und wie klingt er?

Testing, Testing

Die Königsdisziplin von Kompressoren sind ja bekanntlich die Drums und so haben wir das Plug-in auf eine Auswahl akustischer und elektronischer Bass- und Snare-Drums angewendet. Das Ergebnis: Der Waves dbx160 macht den Sound punchiger und auch angenehm runder, besonders im Bassbereich. Möchte man dort noch aufräumen, sollte mit hohen Ratios ab 10:1 gearbeitet werden. Soll der Bass im Gegenzug mal bleiben wie er ist, kann das Sidechain-Filter im Collapse-Bereich aktiviert werden. Dann wird bei circa 90 Hz ein Hochpass eingesetzt, so dass alles darunter unangetastet bleibt, sich aber der Mittenbereich unserer Bassdrum schön in den Vordergrund schiebt. Möchten Sie mal nur die Attackphase einer Snare betonen, arbeiten Sie mit sehr niedrigem Threshold und Ratio und mischen Sie den Kompressor über den Mix-Regler zu 50% dazu. Ebenso bietet sich der dbx160 auch auf dem kompletten Drumbus an. Hier haben wir die Ratio auf 1.5:1 gestellt. Nun kann man mit dem Threshold wunderbar das Zusammenspiel der einzelnen Drums, also den Groove der Gruppe, beeinflussen. Bei niedrigem Threshold wird eher der Attack, bei hohen Werten das Release der Drums betont. So findet sich schnell die richtige Einstellung. Kleiner Tipp: Versuchen Sie mal die Monoversion des Plug-ins auf einer Stereo Gruppe und mischen das Signal mit dem Mix-Regler nur zu einem Teil dazu. Das erhöht ordentlich den Druck aus der Mitte. Ebenso sollte Sie unbedingt den Kompressor im MS-Modus auf Ihrem Drumbus ausprobieren und Mitten- und Seitensignal mal unterschiedlich bearbeiten.
Durch den schnell Zugriff eignet sich der Kompressor auch für Bässe. Wir haben uns für den Test für einen Synthiebass aus u-he‘s Diva und als Gegenpool einen E-Bass mit leichten Slap-Einlagen entschieden. Auch hier macht sich der dbx hervorragend. Auf dem schmatzenden Diva-Bass angewendet, verpasst er dem Sound ordentlich Druck und auch etwas mehr Breite. Die Anschläge lassen sich je nach Bedarf noch mehr herausarbeiten. Aber auch auf dem E-Bass leistet er ganze Arbeit und rundet den Subass perfekt ab.
Für die Vocal-Kompression nutzen wir die Aufnahme mit einer Sängerin aus einer aktuellen Produktion, wobei ein AKG C414 eingesetzt wurde. Hier glänzt der Waves besonders. In Verbindung mit dem Mix Regler, also als Parallelkompression angewandt, kann der Gesang von ganz leicht gesättigt bis richtig „in-your-face“ klingen. Der Gesang setzt sich dadurch hervorragend im Arrangement durch. Das ist alles schon einmal sehr zufriedenstellend und es ist auch beeindruckend, wie schnell man mit dem dbx160b ans Ziel kommt. Werfen wir nun einmal einen genaueren Blick auf die den Collapse-Bereich.

Erweiterungen

Hier finden sich, wie erwähnt, alle neuen Funktionen, die es im Original nicht gibt. Unser Favorit ist auf jeden Fall der Mixregler zum Realisieren der Parallel-Kompression. Gerade bei Drums aber auch bei Stimmen ist Parallelkompression sehr nützlich. Hinzu kommt das im MS-Modus mit beiden Mixreglern der Anteil an Kompression für das Mitten- und Seitensignal getrennt voneinander geregelt werden kann. Eine sehr nützliche Funktion die im Mix auf sehr vielen Signalen eine wahre Wunderwaffe ist. Hilfreich ist dabei auch die Monitorsektion, da sich dort selbstverständlich Mitte und Seite getrennt abhören lassen. Das Systemrauschen, das sich über den Noise-Regler hinzumischen lässt, ist ziemlich breitbandig ausgelegt und klingt fast so, als wurde etwas Hall zugemischt, wenngleich wir das leider nicht mit der Hardware vergleichen konnten. Die Verwendung ist wohl eher etwas für Nostalgiker, aber auch durchaus dazu geeignet etwas mehr Tiefe in einem digitalen Projekt zu erzeugen. Zusammen mit dem regelbaren Input-Gain und dem Sidechain-Filter hat Waves alles richtig gemacht, denn der dbx160 wird durch den Collapse-Bereich noch flexibler einsetzbarer, als er eh schon ist. Daumen hoch.

Die glorreichen Drei

Da uns ein Hardware dbx leider nicht zur Verfügung stand, haben wir uns für einen Vergleich mit zwei Plug-ins von Native Instruments und UAD entschieden, die ebenso einen dbx160 emuliert haben. Zum Testen haben wir wieder Drums, Bass und Gesang genutzt und in Ableton Live ein Audio-Effekt-Rack geöffnet, in dem sich parallele Effektketten nutzen lassen. Mit Hilfe der Solofunktion im Effekt-Rackmixer kann man anschließend sehr einfach die einzelnen Kompressoren vergleichen. Neben drei Effektketten haben wir eine weitere Kette im Rack erstellt, die das Signal trocken durchläuft. Diese wurde zusätzlich mit einem Gain-Plug-In versehen, um auch das trockene Signal gleich laut mit den prozessierten vergleichen zu können. Herausgekommen ist folgendes: Die UAD-Version ist funktional so wie optisch zu 100% an die Hardware angelegt und bietet auch keine Sonderfunktionen. Beim VC 160 von Native Instruments hat man neben einer eigenen GUI dem Kompressor auch ein paar Extras spendiert. Wir beschränken uns aber in diesem Vergleich auf die Basic-Funktionen wie Threshold, Compression und Output-Gain. Da sich beim UAD-Kollegen leider keine genauen Werte einstellen lassen, haben wir die Rastungen/Anzeigen des Originals benutzt. Wir haben also Threshold, Compression und Outputgain gleich eingestellt und am Ende jedes Kompressors ein Gain Plug-In hinzugefügt, um möglichst den gleichen Pegel zu erhalten. Das war auch nötig, da der VC160 immer rund 2dB lauter war als die Anderen. Grundsätzlich arbeiten alle drei recht identisch, aber es gibt je nach Signal schon Unterschiede zu hören. Auf unserem Drumbus klingt Waves am dynamischsten und auch passiert etwas sehr angenehmes mit dem Stereopanorama. UAD packt immer am stärksten zu, reduziert dabei auch am meisten Gain und klingt dabei aber sehr „musikalisch“. Der VC160 hingegen bringt am meisten Punch ins Spiel und klingt eher „mittig“. Dieser Grundcharakter zieht sich dabei durch alle Signale durch. Bei den Vocals gefällt der Waves auf jeden Fall klar am besten, da er die Vocals richtig schön „in your face“ befördert. Bei einem Preis von 150 Dollar liegt Waves klanglich, preislich aber auch wegen der Ausstattung für uns klar vorn. Das UAD Plug-in kostet hingegen rund 200 Dollar und verfügt über keine Extras. Der VC160 von Native Instruments ist mit knapp 100 Euro am günstigsten, besitzt aber nicht ganz so viele Extras. Es sei aber zum Schluss noch erwähnt, das viele klangliche Unterschiede eher subtil ausfallen und letztlich auch Geschmacksache sind und man schon vernünftige Studiomonitore oder einen guten Kopfhörer benutzen sollte, um sie zu hören.

Fazit
Der dbx160 von Waves ist ein echtes Arbeitstier, lässt er sich doch vielseitig einsetzen und ist dabei sehr leicht zu bedienen. Ganz gleich ob Drums, Bass, Synthesizer oder Vocals, man kommt einfach schnell mit ihm zum gewünschten Ergebnis. Die neuen Funktionen erweitern die Einsatzmöglichkeiten des Kompressors mit seinem eh schon sehr soliden Grundsound um ein Vielfaches. Besonders der MS-Modus und der Mix-Regler tragen hierzu bei. Wer also einen vielseitigen Kompressor sucht, der einem nicht gleich stundenlanges Studieren des Handbuchs abverlangt, sollte den dbx160 von Waves unbedingt mal antesten.

Erschienen in Ausgabe 04/2015

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 150$
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut