Stilvoll

Das klare Bekenntnis zum eigenen Design der JZ Mikrofonen erschließt sich bereits beim ersten Hingucken, doch auch konstruktiv und klanglich setzen sich die stilvollen Schallwandler von den Mitbewerbern ab. 

Von Harald Wittig

Auch wenn es die Marke JZ Microphones erst seit 2007 gibt, ist der geistige Vater der auffällig geformten Schallwandler ein alter Hase im Mikrofonbau: JZ“ sind nämlich die Initialen des lettischen Mikrofondesigners Juris Zarins, der seit bald 20 Jahren hochwertige Kondensator-Mikrofone mit ganz eigenen gestalterischen und klanglichen Akzenten entwickelt und in der eigenen Fabrik anfertigen lässt. In den letzten Jahren hat vor allem Zarins´ Produktlinie Violet Design für einiges Aufhorchen in der Pro Audio-Szene gesorgt – völlig zu Recht, wie unsere Tests des Transistor-Mikrofons Amethyst Vintage und des edlen Röhren-Mikrofons Flamingo in Ausgabe 12/2007 sowie zuletzt der Test des Modells The Wedge in Ausgabe 2/2009 belegen. Die JZ-Mikrofone werden in derselben Fabrik in Riga gefertigt, aus der auch die Violets kommen. Es handelt sich aber um eine eigenständige, für den professionellen Anwender entwickelte Produktlinie. Für diesen Test treten das neue Großmembran-Mikrofon Black Hole 1s, das nur für kurze Zeit, weil in limitierter Auflage gefertigte, erhältliche Mittelmembran-Mikrofon BT-301 sowie als Kleinmembran-Repräsentanten ein BT-201/3-Stereoset mit jeweils drei Wechselkapseln. Preislich rangieren die JZ-Mikrofone zumeist in der gehobenen Mittelklasse bis angehenden Oberklasse: So kostet das BT-201-Stereoset rund 1.100 Euro, das BT-301 gibt es für etwa 1.400 Euro. Das Black Hole BH-1s hingegen sprengt den Rahmen, denn es schlägt mit dem Spitzenklasse-Preis von circa 2.800 Euro zu Buche. Dafür weisen die Testkandidaten einige konstruktive  Besonderheiten auf, die in dieser Form in jedem Fall außergewöhnlich, vereinzelt sogar einzigartig sind.

Sehen wir uns die schwarz gewandeten Letten aber sogleich näher an, beginnend beim Black Hole: Die Black Hole-Reihe ist Juri Zarins Lieblingskind und es gibt derzeit vier Varianten, wobei das BH 1s die Luxusausführung im Quartett darstellt. Gemeinsam ist allen Vieren das Gehäuse mit dem auffälligen rechteckigen Ausschnitt, der auch in die Namensgebung – „Hole“ bedeutet „Loch“ – eingeflossen ist. Das „Mittenloch“ soll allerdings weniger neugierige Blicke auf sich ziehen. Vielmehr dient es dazu, unerwünschte Gehäuse-Reflexionen und Beugungen, die das Klangverhalten negativ beeinflussen, weitgehend auszuschließen. Gleichzeitig ist das Mikrofon damit sehr schlank, so dass es sich auch bei beengten Verhältnissen gut vor einem Musikinstrument positionieren lässt. In diesem Zusammenhang verdient auch die mitgelieferte Spezialhalterung, die wie eine gute Spinne Vibrationen wirksam abfedert, Erwähnung: Die wird einfach in den Ausschnitt eingespannt, das Black Hole behält seine Kompaktheit und lässt sich mühelos feinjustieren.

Das Black Hole ist ein umschaltbares Großmembran-Mikrofon, das die Richtcharakteristiken Kugel, Niere und Acht bereitstellt. Allerdings hat es nicht die gängige Doppelmembrankapsel mit gemeinsamer Gegenelektrode. Stattdessen hat das Mikrofon zwei unabhängige, dicht beieinander, Rücken an Rücken  stehende Druckgradienten-Empfänger-Kapseln mit Nierencharakteristik, deren Signale im Verstärker zusammengeführt werden. Das ist zwar außergewöhnlich, allerdings keineswegs neu, denn auch Sennheiser verwendet bei seinem Top-Mikrofon MKH 800 Doppel-Kapseln und auch Neumann bot vor über 45 Jahren eine Variante seines berühmten U87 mit Doppel-Kapsel an. Der Vorteil dieser Konstruktion: Es ist mit der Doppelkapsel-Bauweise sehr viel einfacher und kostengünstiger eine optimale Achter-Charakterisitk zu realisieren, außerdem ist bei der Kugel-Charakteristik die zunehmende Richtwirkung zu den hohen Frequenzen hin minimiert.
Die beiden 27-Millimeter Membranen sind nach einem patentierten Verfahren mit einer speziellen Metalllegierung beschichtet, was der Hersteller als „Golden Drops Technology“ bezeichnet. Außerdem ist die Membran-Beschichtung unterschiedlich stark, so dass die Membran ungehinderter schwingen kann, was einen klareren und brillanteren Klang und ein deutlich verbessertes Impulsverhalten begünstigen soll. Juris Zarins betont, dass die Betropfung der Membranen computergesteuert und nach einem genauestens berechneten Verfahren erfolgt – dabei wird nichts dem Zufall überlassen. Ähnliche Wege geht AKG mit seiner exklusiven Varimation-Technik, wobei im Falle der Österreicher die Membran selbst unterschiedlich stark ist.  Auf einem anderen Blatt steht, ob Juris Zarins Verfahren tatsächlich die versprochenen klanglichen Ergebnisse bringt. Das werden wir im Rahmen der Klangbeschreibung klären, erwähnenswert ist aber, dass nach Aussage Zarins die Kapsel der hier getesteten Luxus-Ausführung des Black Hole nochmals klanglich optimiert wurde.

Auch bei den Membranen der beiden Geschwister BT-201 und BT-301 setzt JZ Microphones auf die Golden Drops Technology. Allerdings haben beide Mikrofone gegenüber dem Black Hole in puncto Impulsverhalten einen klaren Vorteil: Das BT-201 ist ein Kleinmembran-Mikrofon, während die Membran des BT-301 mit ihrem 21-Millimeter-Durchmesser immer noch einiges kleiner und damit leichter  ist als die Black Hole-Membranen. Insoweit kommt das BT-301 zumindest in der Theorie an das überlegene Impulsverhalten der Kleinmembranen heran. Anders ausgedrückt: Das BT-301 hat das Zeug, ein schnelles Mikrofon zu sein, dass auch impulshaften Schallereignissen im Gegensatz zu den größenbedingt trägeren Großmembranen besser und spontaner folgen kann. Auch hier ist JZ Microphones nicht allein auf weiter Flur: Von Oktava beispielsweise gibt es seit jeher Mittelmembranen, ganz aktuell ist das MK-103 zu nennen, das wir in einer der nächsten Ausgaben testen werden.  Ansonsten ist die Verstärkereinheit des BT-301 die gleiche wie beim BT-201. Schaltungstechnisch setzt Juris Zarins bei all seinen JZ-Mikrofonen, also auch beim Black Hole, auf eine diskret aufgebaute Class A-Schaltung ohne Ausgangsübertrager, um zu gewährleisten, dass alleine – besser ausgedrückt: in erster Linie – die Kapsel den Klang der Mikrofone bestimmt. Das BT-201 ist ein modulares System: Im Angebot sind vier Wechselkapseln, darunter ein echter Druckempfänger mit Kugel-Charakteristik, sowie drei Druckgradienten mit Nieren- und breiter Nierencharakteristik, wobei es die breite Niere auch mit fester 20 dB-Vordämpfung gibt – praktisch, wenn es darum geht, sehr laute Schallquellen, beispielsweise Trompete oder Schlagwerk, zu mikrofonieren. Komplett aus dem Rahmen fällt das Anschluss-System des BT-201: Der Kapseltausch geht dank einer magnetischen Verbindung zwischen Mikrofon-Körper/-Verstärker-Einheit nämlich superschnell von der Hand – da können die Mitbewerber, die auf die traditionelle Schraubverbindung setzen, nicht mithalten. Die Wechsel-Kapseln sehen zudem mit dem verchromten Aufsatz, der die empfindliche Membran behütet, richtig edel aus.

Überhaupt ist die Verarbeitung von Black Hole 1s, BT-201 und BT-301 über jeden Zweifel erhaben, hinzu kommt dass die Testmikrofone einen soliden Eindruck hinterlassen und somit auch Langzeitstabilität versprechen. Auch die Holzschatullen mit magnetischer Schließe wirken sehr luxuriös und sind die würdige Aufbewahrung für die lettischen Schallwandler. Wir hätten uns aber im Falle von BT-301 und dem BT-201-Set schon noch eine beziehungsweise zwei Klemmen im Lieferumfang gewünscht. So heißt es fremdgehen oder den Erwerb der optionalen elastischen Halterung, JZI-7 gennant, in Erwägung zu ziehen. Die JZI-7 konnte der deutsche Vertrieb kurzfristig nicht liefern, sie soll aber mit rund 90 Euro zu Buche schlagen.

Bevor wir zu den Klangeigenschaften der schwarzen Letten kommen, sehen wir uns die Messwerte der Schallwandler an. Zugegeben haben wir hohe Erwartungen, denn die Mikrofone Amethyst Vintage und The Wedge (siehe die Tests in Ausgabe 12/2007 beziehungsweise 2/2009)  aus der Violet Design-Produktlinie konnten beide mit Traumwerten aufwarten. So ermittelte das Messlabor beispielsweise jeweils einen hervorragenden Geräuschpegelabstand von 83 Dezibel. Diese Werte erreichen die JZs nicht. Doch der Reihe nach. Das Black Hole 1s hat in Kugelcharakteristik mit sehr guten 79,2 Dezibel den besten Geräuschpegelabstand, Zusammen mit der durchschnittlichen Empfindlichkeit von 13,1 mV/Pa ist der Anwender in puncto Eigenrauschen – sofern er über einen in dieser Disziplin ebenbürtigen Vorverstärker verfügt – auf der sicheren Seite. Für die Kugel und die Achtercharakteristik sind die Geräuschpegelabstände mit 77,2 beziehungsweise 77,4 Dezibel nicht ganz so gut – es handelt sich aber immer noch um überdurchschnittliche Werte. Allerdings ist das Mikrofon bei diesen Charakteristiken mit 9,2 (Niere) und 9,6 (Acht) mV/Pa eher leise, so dass der Gain-Regler des Preamps für einen praxisgerechten Pegel bei leisen Signalquellen recht weit aufgedreht sein muss. Tatsächlich ist ein dezentes Rauschen bei den Testaufnahmen mit Gitarre und Sprache in sehr leisen Passagen hörbar, allerdings ist es tonal nicht störend. Auffälliger rauscht das BT-201 mit allen Kapseln, was nicht überrascht: Mit den beiden Nieren-Kapseln des Stereosets betragen die Geräuschpegelabstände bei einer mäßigen Empfindlichkeit von 8,3 beziehungsweise 9,0 mV/Pa 72,4 und 71,1 Dezibel. Das BT-301 schließlich ist mit 16,8 mV/Pa das lauteste Mikrofon, der gute Geräuschpegelabstand von 76,8 Dezibel sorgt dafür, dass dieses Mikrofon praktisch rauschfrei ist. Die Frequenzgänge des Black Hole 1s sind sowohl in Nieren-, als auch in Kugelcharakteristik für eine Großmembranmikrofon vorbildlich, die konstruktionsbedingte Höhenanhebung aufgrund Druckstaus vor der Membran fällt moderat aus. Im Falle des BT-301 ist zunächst der Anstieg zu den tiefen Frequenzen unterhalb 100 Hertz sowie der Anstieg oberhalb drei Kilohertz auffällig. Das BT-201-Stereopärchen erweist sich zunächst als sehr gut abgeglichen: Die ermittelten Messkurven sind praktisch deckungsgleich, weswegen exemplarisch auf Seite 32 nur die Messdiagramme einer Nieren- beziehungsweise breite Nieren-Kapsel abgedruckt sind. Auffällig sind beidesmal die vergleichsweise stark ausgeprägten Höhenanstiege. Diese betragen bei der Niere zwischen sieben und acht Kilohertz immerhin knapp sieben, bei der breiten Niere acht Dezibel. Hinzu kommt bei der Niere ein Anstieg im Bassbereich, der aber noch gering ausfällt.

Jetzt ist es an der Zeit, dass die JZs Klangfarbe bekennen müssen. Für den Klangvergleich haben wir wie gewohnt einige Klangbeispiele – Akustik-Gitarre und Sprache – erstellt, die Sie auf im Downloadbereich sowohl als WAVE-Dateien als auch im MP3-Format finden und herunterladen können.  Rein vorsorglich folgender Hinweis: Die Gitarren-Takes sind alle improvisiert, so dass es im Einzelnen zwangsläufig zu Abweichungen kommt, dennoch ist  Vergleichbarkeit gegeben. Als Bezugsgröße gibt es noch zwei Vergleichstakes, die wir mit unserer Großmembran-Referenz, dem vorbildlich neutralen und  feinstauflösenden Microtech Gefell M 930 erstellt haben. Als Preamps kamen sowohl unser Referenz-Vorverstärker Lake People Mic-Amp F355 als auch der neue Advocis von KID Broadcast (siehe Test in dieser Ausgabe) zum Einsatz.  
Beginnen wir die Klangbeschreibung der JZs mit dem Black Hole 1s: Das Mikrofon hat ein – für eine Großmembran – sehr gutes Impulsverhalten und folgt impulshaften Schallereignissen wie den schnellen Läufen oder den Akkord-Tremoli auf der Gitarre mühelos. Das Auflösungsvermögen ist auf Spitzenniveau und kommt dem Referenzmikrofon sehr nahe, wenngleich die Vergleichsaufnahme mit dem Microtech Gefell geringfügig dreidimensionaler und plastischer erscheint. Das Black Hole klingt allerdings präsenter, was sowohl bei den Aufnahmen mit der Stahlsaiten-Gitarre als auch bei den Sprachaufnahmen sehr gut nachhörbar ist. Gleichzeitig sind die Höhen sehr klar und sauber – anscheinend zahlt sich die spezielle Membran-Beschichtung tatsächlich ausmacht. Der individuelle Klangcharakter des Black Hole 1s ist durchaus beabsichtig  wie Juris Zarins erklärt: „Das Black Hole kombiniert die exzellente Transienten-Wiedergabe moderner Top-Mikrofone mit der crispen, luftigen Höhenpräsenz beliebter Vintage-Mikrofone.“ Das BT-301 ist speziell für akustische Instrumente optimiert und soll besonders „warm“ klingen.  Tatsächlich klingt dieses Mikrofon eher ausgewogen und ist erstaunlich nahe am M 930.  Im Gegensatz zum Gefell-Mikrofon, liefert es allerdings fülligere Bässe, die gleichwohl nicht überbetont sind. Die Mitten sind ausgewogen, allenfalls im Präsenzbereich zwischen einem und drei Kilohertz eine Nuance zurückgenommen. Die Höhen sind sehr klar, dabei weniger luftig als beim Black Hole, was aber gerade einer akustischen Gitarre wie dem Instrument auf unserem Klangbeispiel, die in den Höhen silbrig klingt, sehr gut zu Gesicht steht.  Sehr eigenwillig klingt das BT 201 mit der Kugel-Kapsel: Der Klang ist schon fast scharf oder sehr präsent, was einer starken Betonung zwischen zwei und drei sowie bei sieben Kilohertz zuzuschreiben ist. Das Tiefenverhalten ist – typisch für einen Druckempfänger – gut, allerdings erscheinen die Bässe etwas zurückgenommen. Der brillante, tendenziell scharfe Eigenklang der Kugel ist aber bei Ensembleaufnahmen und weitem Abstand von Vorteil, da das Mikrofon in diesem Fall den Höhenverlust kompensiert – obwohl diese Kapsel streng genommen nicht Diffusfeld-entzerrt ist. Am Besten gefällt uns das BT-201  mit der Nieren und der breiten Nieren-Kapsel, wobei der Klang mit beiden Kapseln ebenfalls mehr (breite Niere) oder weniger (Niere) brillant ist. Die Bässe sind in beiden Fällen satt und füllig, Auflösung und Impulsverhalten sind wie bei den Kollegen sehr gut. Mit diesen beiden Kapseln passt das BT-201 gut zu akustischen Gitarren, die aber weder einen überbetonten Bass noch allzu silbrige Höhen haben sollten. Alternativ lässt sich das BT-201-Pärchen auch gewinnbringend als Drum-Overhead mit Nieren- und breiter Nierenkapsel einsetzen.

Fazit

Die JZ-Mikrofone Black Hole 1s, BT-301 und BT-201/3 sind optisch und klanglich wahre Charakterköpfe: Das Black Hole 1s ist ein Großmembran-Kondensatormikrofon der Spitzenklasse für Gesangs- und Instrumentalsolisten. Es zeichnet sich durch ein außergewöhnlich gutes Impulsverhalten und seine sehr klaren, luftigen Höhen in bester Vintage-Tradition aus. Das BT-301 eignet sich dank seiner klaren Höhen, dem geschmackvoll zurückgenommenem Präsenz-Bereich und den fülligen Bässen hervorragend für die Aufnahme von akustischen Gitarren oder Streichern. Das BT-201-Stereoset schließlich macht vor allem als Drum-Overhead mit den beiden Nierenkapseln eine sehr gute Figur, mit Abstrichen eignet es sich auch für akustische Instrumente. Mit den Kugelkapseln ist es für Ensembleaufnahmen in halliger Umgebung bei Aufstellung im Hallradius gewinnbringend einsetzbar.     

Erschienen in Ausgabe 03/2010

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 2798 €
Bewertung: gut
Preis/Leistung: gut