Full-Ranger

Audio-Technica hat seiner erfolgreichen Mx-Serie ein neues Flaggschiff-Modell spendiert. Der neue ATH-M70x bringt einen Frequenzgang von fünf Hertz bis 40 Kilohertz mit und möchte als Studio-Allrounder glänzen.

Von Sylvie Frei

Die Monitor-Kopfhörerserie M des japanischen Herstellers Audio-Technica bekam jüngst Zuwachs. ATH-M70x nennt sich das neue Familienmitglied und stellt sich als neues Flaggschiff-Modell der Serie vor. Im vergangenen Jahr haben wir bereits die M-Serie-Modelle ATH-M20x, ATH-M30x, ATH-M40x und ATH-M50x ausführlich unter die Lupe genommen (siehe Test in Ausgabe 4/2014) und für ordentlich bis sehr gut befunden. Nun kommt der ATH-M70x mit einem extrem in die Bässe und Höhen erweiterten Frequenzgang von fünf Hertz bis 40 Kilohertz und empfiehlt sich als Allround-Kopfhörer für das Studio- und FOH-Mixing, das Mastering, die Postproduction oder auch einfach für den Genuss von Musik.

Mit einem unverbindlichen Richtpreis von 355 Euro liegt der ATH-M70x deutlich über den bereits getesteten Modellen, die sich in einem sehr überschaubaren Preisspektrum von 58 bis 189 Euro bewegen. Wir sind demnach gespannt, welche weiteren Klangeigenschaften und Qualitäten das neue Flaggschiffmodell für diese deutlich höhere Summe zu bieten hat.

Komfortable Ausstattung
Von Seiten der Beschaffenheit und Verarbeitung macht das in Taiwan gefertigte M-Flaggschiff einen sauberen und soliden Eindruck. Häufig beanspruchte Bauteile, wie etwa die Halterung der Ohrmuscheln, sind aus stabilem Aluminium, die übrigen aus wertig anmutendem Hartkunststoff gefertigt. Die Ohrpolster und das Kopfband bestehen aus angenehm weich gefüttertem Kunstleder und lassen sich für den Austausch leicht abnehmen. Die Ohrmuscheln des ATH-M70x sind um 90 Grad schwenkbar, sodass auch dem unkomplizierten Einohrmonitoring nichts im Wege steht. Der ATH-M70x kommt einer stabilen Transporttasche samt einem darin untergebrachten Kabel-Etui daher. So lässt sich der Kopfhörer gut geschützt zu Einsätzen unterwegs transportieren.

Ohrumschließende, geschlossene Bauweise
Der ATH-M70x ist ein Kopfhörer in ohrumschließender, geschlossener Bauweise. Das heißt, der Hörer ist einerseits gegen Umgebungsgeräusche abgeschirmt. Andererseits kann auch nichts aus dem Kopfhörer nach außen dringen. So eignet sich der der ATH-M70x für das Direct-Monitoring während einer Mikrofonaufnahme.

 

Kabel und Adapter
Der Kopfhörerkabel des ATH-M70x ist praxisgerecht einseitig geführt und abnehmbar. Im Lieferumfang sind sogar gleich drei Mini-Klinkenkabel für alle Eventualitäten enthalten: ein 1,2 bis 3,0 Meter-Spiralkabel, ein gerades 3,0 Meter-Kabel und ein gerades 1,2 Meter-Kabel. Ebenfalls im Lieferumfang befindet sich ein vergoldeter Adapter von Ministereoklinke auf 6,3 mm-Stereoklinke. Letzterer wird benötigt, um das jeweilige Kabel an den Kopfhörer anzuschließen. Der Nutzer muss allerdings einen weiteren, gleichartigen Adapter anschaffen, um den Kopfhörer an einen 6,3 mm-Klinkenanschluss anschließen zu können.

Technische Besonderheiten
Der ATH-M70x ist mit vergleichsweise großen dynamischen Treibern, die 45 Millimeter messen, ausgestattet. Ihre Magnete bestehen aus – so der Hersteller – „seltener Erde“, die Schwingspulen aus kupferummanteltem Aluminiumdraht. Die Treiber wurden speziell für die akkurate Wiedergabe von extrem tiefen und hohen Frequenzen entwickelt. So verhelfen sie dem ATH-M70x zu einem Frequenzgang, der von fünf Hertz bis 40 Kilohertz reicht. Im Vergleich zu den anderen Modellen der Serie, ist dies eine enorme Erweiterung. So reicht beispielsweise das zuvor weitreichendste Modell ATH-M50x, lediglich von 15 Hertz bis 28 Kilohertz. Inwiefern sich der erweiterte Frequenzgang auch beim Hören bemerkbar macht, werden gleich in Erfahrung bringen.

Guter Tragekomfort
Trotz geschlossener Bauweise trägt sich der ATH-M70x vergleichsweise bequem. Die Ohren werden sauber von den angenehm weichen Ohrpolstern umschlossen, die Größe lässt sich sauber dem eigenen Kopf anpassen. Der Kopfhörer sitzt angenehm fest und wackelt auch bei heftigeren Kopfbewegungen nicht. Lediglich das eigentlich angenehm weiche Kopfband drückt etwas von oben auf den Schädel. Dabei merkt man eben doch, dass der ATH-M70x mit annähernd 300 Gramm nicht der leichteste Kopfhörer ist.

Professioneller Klangeindruck
Für unseren Hörtest lauschen wir einigen uns gut bekannten Produktionen aus unterschiedlichsten Genres sowie unseren neuesten Testaufnahmen über den Mytek Digital 8x192DAAD-Wandler und unseren Referenz-Kopfhörerverstärker, den Lake People/Violectric HPA V200, an den wir den ATH-M70x anstecken.
Zunächst fällt auf, dass der M70x ein vergleichsweise lauter Kopfhörer ist. Bei der Verstärkung ist also Vorsicht geboten – sonst bekommen wir einen Satz heiße Ohren. Vom ersten Loudness-Schock erholt, können wir die Qualitäten des Kopfhörers in Ohrenschein nehmen. Tatsächlich macht sich der erweiterte Frequenzgang des M70x beim Abhören sehr deutlich bemerkbar. Das insgesamt relativ ausgewogene Frequenzspektrum bildet auch tiefste Basstöne und höchste Signalanteile impulstreu und präzise ab. Dies fällt besonders bei dem Dead can Dance-Stück „Yulunga“ auf, in dessen Mitte ein sehr tiefer Bass-Ton angeschlagen wird, den wir beim Monitoring lediglich mit einem Subwoofer oder einem besonders weitreichenden Dreiwegesystem ausreichend abbilden können. Mit den meisten Kopfhörern machen sich die Subfrequenzen dieses Tons kaum bemerkbar. Der M70x arbeitet diese hingegen sehr differenziert heraus – wir sind angetan. Ähnlich kompetent zeigt sich der Kopfhörer auch beim Aufspüren hochfrequenter Signalanteile bei unseren jüngsten Gesangsaufnahmen. Hohe Flüssigkeitsartefakte lassen sich schnell und präzise ausfindig machen und eliminieren. Beim Hören der unterschiedlichen Produktionen fällt hingegen auf, dass der M70x etwas laute Bässe und vergleichsweise präsente, leicht harsche Höhen besitzt, die bei längeren Hörsessions etwas unangenehm werden können. Zum Analysieren und Aufspüren von Störsignalanteilen sind aber gerade diese Eigenschaften gefragt. Das Impulsverhalten des M70x ist hingegen durch die Bank sehr gut. Der Gesamtklang lässt sich als sehr klar und präzise beschreiben. Unterschiedliche Signalanteile können sauber und separiert voneinander begutachtet werden.
Insgesamt können wir den M70x rundum für den Studio-Einsatz empfehlen – egal ob es ums Recording, Abhören, Mixen oder Mastern geht. Bei längeren Hörsessions sind allerdings kleine Pausen empfehlenswert, sonst wird der M70x etwas anstrengend.

Fazit
Das neue Flaggschiff der M-Serie entpuppt sich im Test als echter Studio-Allrounder mit Full-Range-Kompetenz. Wer auf der Suche nach einem soliden, geschlossenen Oberklasse-Kopfhörer ist, sollte sich den vielseitig einsetzbaren ATH-M70x durchaus einmal anhören.

Erschienen in Ausgabe 03/2015

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 355 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut