Dynamik-Riese
Mit dem DT 1350 stellt Beyerdynamic den ersten Profi-Kopfhörer mit der patentierten Tesla-Technologie vor, die für einen besonders hohen Wirkungsgrad und ein überlegenes Impulsverhalten sorgen soll.
Von Harald Wittig
Beyerdynamic gehört zu den führenden Kopfhörer-Herstellern, die Heilbronner Hörer sind bei Passivisten und Tonschaffenden gleichermaßen beliebt. Neben den Studioklassikern DT 990 Pro und dem in puncto Signaltreue immer noch einen Spitzenplatz belegenden DT 880 Pro, sorgte zuletzt der eigentlich für anspruchsvolle Musikhörer entwickelte T 1 für ein Aufhorchen bei HiFi-Freaks, Toningenieuren und Fachpresse: Der Edelkopfhörer ist ausgestattet mit Wandlern auf Basis der patentierten Tesla-Technologie und konnte auch beim Test in Ausgabe 12/2010 von Professional audio rundum überzeugen. In puncto Neutralität, Präzision, Impulsverhalten und Raumdarstellung gehört der rund 900 Euro teure, dynamische Kopfhörer in offener Bauweise zu den Besten auf dem Markt, was ihn gerade auch für anspruchsvolle Mix- und Mastering-Aufgaben empfiehlt.
Der DT 1350, denn Beyerdynamic auf der diesjährigen Winter NAMM präsentierte, ist der erste Profi-Kopfhörer der Heilbronner mit Tesla-Technologie. Dabei handelt es sich um eine Eigenentwicklung von Beyerdynamic, die für einen besonders gutes Verhältnis zwischen abgegebener und zugeführter Leistung, also einen hohen Wirkungsgrad sorgen soll, was Impulsverhalten und Wiedergabepräzision im Allgemeinen, vor allem aber auch bei hohen Schalldruck bei nur geringsten Verzerrungen gewährleisten soll. Nach Auskunft des Herstellers sorge ein neu konstruierter Schallwandler, basierend auf einem Neodym-Ringmagnet mit optimiertem Magnetfeldverlauf, dafür, dass im Inneren des Schallwandlers ein stärkeres Magnetfeld entsteht, welches über 1,2 Tesla – das ist die Maßeinheit für die magnetische Flussdichte – beträgt. Dadurch kann die Spule sehr filigran ausgeführt werden und trotzdem ein hoher Wirkungsgrad erreicht werden. Die Membranen bestehen aus einer dreischichtigen „Compound“-Folie, die dem Musiksignal präzise folgen kann, was einen ausgewogenen Frequenzgang und ein gleichmäßiges Wiedergabeverhalten begünstige. Zusammen mit der besonderen Konstruktion des Magneten ergebe sich im Ergebnis ein „extrem transparenter und verzerrungsfreier Klang“.
Der DT 1350 wird von Hand gefertigt, was sicherlich seinen für einen Kompaktkopfhörer vergleichsweise hohen Preis von 280 Euro bedingt. Der kleine Baden-Württemberger darf sich aber auch mit dem Prädikat „Edel-Kompakter“ schmücken: Das Skelett des DT 1350 ist aus gebürstetem Metall, Ohr- und Kopfpolster sind aus weichem Kunstleder, sonstige Bauteile nicht etwa aus zerbrechlichem Plastik, sondern aus hochfestem Kunststoff. Ohr- und Kopfpolster sowie das einseitig geführte Anschlusskabel sind austauschbar. Das Kabel ist allerdings nicht gesteckt wie beispielsweise bei AKG, KRK oder dem Sennheiser HD25, was den Austausch erschwert. Raffiniert ist der spreizbare, zweiteilige Kopfbügel, der eine mühelose Anpassung des Kopfhörers gestattet. Der DT 1350 ist ein ohraufliegender Kopfhörer, was – Stichwort Tragekomfort – nicht jedermanns Sache ist. Allerdings trägt sich der Kleine nach unseren Erfahrungen dank des speziellen Kopfbandes und den weichen Ohrpolstern sehr angenehm: Er drückt nicht, sodass auch längere Hörsitzungen nicht in Stress ausarten. Insoweit erweist es sich auch als durchaus günstig, dass die Ohrschalen aufliegen, denn der berüchtigte Hitzestau, der bei geschlossenen, ohrumschließenden Konstruktionen allzu oft eintritt, bleibt dem Anwender im Falle des DT 1350 erspart.
Mit einer Nennimpedanz von 80 Ohm gehört der DT 1350 zu den niederohmigen Kopfhörern, wenngleich seine direkten Mitbewerber wie die AKG K141 und K171, vor allem aber der Sennheiser HD25 mit jeweils 32 beziehungsweise 25 Ohm deutlich niederohmiger sind. Grundsätzlich sind niederohmige Hörer besonders laut, was vor allem auf den HD25 zutrifft. Allerdings ist auch der Beyerdynamic ein richtig lauter Kopfhörer, der dem Sennheiser Kompakt-Schlachtross kaum nachsteht. Hier scheint sich die Tesla-Technologie und der verbesserte Wirkungsgrad auszuzahlen. Der DT 1350 lässt sich somit auch an schwachbrüstigen Kopfhörerverstärken betreiben, was gerade auch Mobilisten, die aus Gründen der Gewichtsersparnis auf zusätzliche Verstärker verzichten, entgegenkommt. Der hohe Wirkungsgrad sorgt auch für eine gute Abschirmung in lauter Umgebung, speziell DJs, aber auch Musiker werden die für einohriges Hören optimalen drehbaren Ohrschalen schätzen.
Der Klang des DT 1350 ist sehr klaren und saubern, tendenziell eher hell, ohne unangenehme Präsenz. Die Bässe sind eher schlank, was wohl nicht unbedingt nach dem Geschmack vieler DJs ist, dafür ist die Basswiedergabe erfreulich präzise. Dieser Kompakthörer glänzt – nicht nur bei den Bässen – mit einem sehr guten Impulsverhalten. Hier zeigt sich die Verwandtschaft zum T 1, was uns beim Erstellen der Soundfiles im Rahmen des UAD-2 Satellite-Tests sehr gute Dienste, soweit es um die Bearbeitung der E-Bass-Stimmen ging, geleistet hat. Überhaupt ist der DT 1350 eine scharfzeichnende „akustische Lupe“, denn er ist ein kompetenter und zuverlässiger Partner beim Aufspüren von Störgeräuschen. Gerade wenn es um minimalste Verzerrungen beziehungsweise ums Vermeiden derselben geht, ist die Leistung dieses Kopfhörers fraglos auf Oberklasse-Niveau. Vordergründige Effekthascher kapitulieren weitaus früher als der DT 1350, der – das gehört zu seinen herausragenden Eigenschaften – sich auch bei hohen Abhörpegeln als bewundernswert verzerrungsresistent erweist. Auch das Auflösungsvermögen ist Oberklasse-würdig, wobei Spitzen-Kopfhörer wie unsere Referenz-Hörer, der AKG K702 oder auch die prominenten Verwandten aus eigenem Hause, also DT 880 Pro und vor allem der T 1 bei der Darstellung feinster Details eindeutig in einer höheren Liga spielen. Deswegen ziehen wir die Letztgenannten beim klanglichen Feinschliff dem DT 1350 vor. Das gilt auch in puncto Raumabbildung: Die Wahl eines passenden Hall-Algorithmus fällt mit dem DT 1350 zwar sehr leicht, lediglich die Feinjustage gelingt mit einem Tophörer treffsicherer. Deswegen bevorzugen wir den neuen Beyerdynamic in erster Linie für die eigentliche Aufnahme und die Überprüfung des Materials. In dieser Disziplin ist er, eingedenk gewisser, die jeweilige Hersteller-Philosophie widerspiegelnder Unterschiede in der klangfarblichen Abstimmung auf Ohrhöhe mit dem AKG 271 MKII. Wie der bewährte Österreicher ist auch der DT 1350 mithin sehr vielseitig einsetzbar und eine weitere Kontrollinstanz vorausgesetzt, auch für Mischung und Mastering geeignet.
Erschienen in Ausgabe 06/2011
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 279 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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