Kronprinz

Der Edition 8, das aktuelle Spitzenmodell der Kopfhörermanufaktur Ultrasone, kandidiert für den Spitzenplatz in der Rubrik der dynamischen Kopfhörer. 

Von Harald Wittig 

Ultrasone aus dem bayerischen Tutzing nahe dem Starnberger See hat sich mit seinen Kopfhörern  in den letzten Jahren einen hervorragenden Ruf sowohl in der HiFi- als auch in der Pro Audio-Szene erarbeitet. Vor allem die handgebauten High-End-Kopfhörer der Edition-Reihe  gelten unter Kennern als absolute Spitzenhörer. Mit dem aktuellen Edition 8 hat das Ultrasone-Team um Chefentwickler Florian König nach eigener Aussage einen dynamischen Kopfhörer geschaffen, der kompromisslos auf klangliche Höchstleistung optimiert ist. Gleichzeitig ist der Hersteller auch in puncto Materialauswahl und Verarbeitung in die Vollen gegangen. Aus gutem Grund, denn mit dem aktuellen Topmodell fordert Ultrasone die namhaften Mitbewerber wie beispielsweise Sennheiser mit seinem Flaggschiff HD 800 heraus. Zumindest preislich rangiert der Edition 8 schon mal in der Spitzenklasse: 1.200 Euro kostet der Edel-Schallwandler und damit 200 Euro mehr als der HD 800, der seit dem großen Kopfhörer-Vergleichstest in Ausgabe 6/2009 bisher die Professional audio-Bestenliste in der Rubrik Kopfhörer anführt.  Der Edition 8 ist auf jedem Fall ein edles Stück Kopfhörerbaukunst: So sind die ausziehbaren Bügel und Gelenke, also quasi das Skelett des Kopfhörers, aus massivem Aluminium gefertigt. Beim inzwischen ausverkauften Vorgänger-Modell, der interessanterweise Edition 9 hieß und rund 300 Euro teurer war, setzte der Hersteller noch auf Kunststoff.

Für ein wahrhaftes Glanzlicht sorgen die mit Ruthenium, einem ultraseltenen und folglich sehr teurem Platinmetall beschichteten Ohrkapseln. Darin kann sich der Edition 8-Besitzer nicht nur trefflich spiegeln, vor allem ist die luxuriöse Oberfläche äußerst widerstandsfähig gegen Kratzer und lässt sich mit dem mitgelieferten Microfaser-Tuch schnell auf repräsentativen Hochglanz bringen. Nicht weniger luxuriös sind Kopf- und Ohrpolster: Hierfür verwendet Ultrasone das Leder des äthiopischen Langhaar-Schafs. Wer jetzt „dekadent“ ausruft, dem sei gesagt, dass sich diese Lederpolster angenehm an den Kopf und die Ohren schmiegen. Außerdem ist das Langhaar-Schafsleder vergleichsweise unempfindlich gegen Feuchtigkeit, genauer gegen Schweiß, so dass es auch bei extensivem Gebrauch des Edition 8 kaum härter und rauer wird.  Kommen wir zum Konstruktionsprinzip und  den klangentscheidenden inneren Werten des Edition 8. Der Ultrasone ist ein geschlossener Kopfhörer und ist damit gegenüber offenen Systemen wie einem Sennheiser HD 800 oder einem AKG K 702 Studio vielseitiger einsetzbar. Der Edition 8 lässt sich, Stichwort Übersprechen, deswegen auch beim Einspielen und Einsingen einsetzen, zumal er gut abgeschirmt ist. Die 40 Millimeter-Membranen der beiden Wandler sind aus ultraleichtem Mylar und zusätzlich mit Titan beschichtet, was die Steifigkeit der Membranen zusätzlich erhöht und das Impulsverhalten begünstigt. Außerdem beugt die Titan-Beschichtung Verschleiß durch Feuchtigkeit vor. Ein starker Neodymium-Magnet sorgt, wie es sich in der Topklasse gehört, für den Antrieb. Selbstverständlich setzt Ultrasone bei der Anordnung der Schallwandler auf die hauseigene, patentierte  sogenannte S-Logic-Technik. Vereinfacht ausgedrückt soll dank einer dezentralen, also nicht zum Gehörgang parallelen Anordnung des Wandlers die räumliche Wiedergabe deutlich verbessert sein. Anders ausgedrückt: Im-Kopf-Lokalisation adé zugunsten einer möglichst punktgenauen, stereophonen Abbildung und Lokalisation der Schallquellen. Nicht umsonst bezeichnet UIltrasone diese Technik als „Natural Surround Sound“. Für das Topmodell hat der Hersteller die übrigens bei sämtlichen Ultrasone-Modellen eingesetzte S-Logic-Technik optimiert. Wir sind jedenfalls gespannt, ob der Edition 8 mit der bislang ungeschlagenen Räumlichkeit des HD 800 konkurrieren kann. Eine weitere Ultrasone-Spezialität, die sogenannte MU-Metall-Abschirmung nach dem selbstgesetzten  U(ltra) L(ow) E(mission)-Standard darf beim Topmodell nicht fehlen. Diese sorgt nämlich für eine hohe Abschirmung gegen elektromagnetische Niederfrequenzfelder oder – griffiger ausgedrückt – Elektrosmog. Die MU-Metall-Platte sitzt zwischen Ohr und Schallwandler und soll magnetische Feldlinien nahezu vollständig abschirmen, so dass auch Viel-(Kopf-)Hörer nichts zu befürchten haben. Die Verarbeitung des Edition 8 ist, wie es sich für einen Edel-Kopfhörer gehört, hervorragend. Das mitgelieferte Zubehör, bestehend aus einem vier Meter langem Verlängerungskabel für das mit 1,20 Metern etwas kurze, zweiseitig geführte Kabel, einem vergoldeten 3,5/6,3 Millimeter-Klinkenadapter und dem Transportbeutel aus Ziegenleder sowie einem Reinigungstuch ist ebenfalls von guter Qualität.

Der Edition 8 ist mit 260 Gramm ein vergleichsweise leichter Hörer, der beim Tragen allerdings noch deutlich schwerer erscheint als beispielsweise der in Wahrheit rund 30 Gramm gewichtigere AKG K 702. Das liegt daran, dass der Edition 8 straffer auf dem Kopf und an den Ohren sitzt, was am Anfang – zumindest für AKG-User – gewöhnungsbedürftig ist. Nach kurzer Eingewöhnungszeit ist das allerdings, nicht zuletzt wegen der samtig-weichen Lederpolster, vergessen. Außerdem kommt es gerade Musiker, die mit vollem Körpereinsatz einspielen, sehr entgegen, dass der Edition 8 etwas straffer sitzt, denn so ist er verrutschungssicher. Mit einer  Nennimpedanz von 30 Ohm ist der Ultrasone ein lauter Kopfhörer, so dass er sich durchaus auch für pegelschwache Kopfhörerausgänge, beispielsweise von MP3-Playern, eignet. Ein Edel-Hörer wie der Edition 8 verdient aber einen standesgemäßen Kopfhörer-Verstärker wie unseren Referenz-Verstärker den Violectric HPA V200, der selbstverständlich für den Hörtest zum Einsatz kommt. Beim allerersten Höreindruck gefällt spontan das Impulsverhalten des Edition 8 im Bassbereich: Die Bässe überzeugen durch ihre Klarheit und Tiefe bei einer sehr direkten, dynamischen Ansprache, was beispielsweise bei E-Bass-Slap-Gewitter oder heftigen Bass-Drum-Attacken zu einem Hörerlebnis macht. Allerdings sind die Bässe etwas überbetont, was beim Mischen zu berücksichtigen ist. Der Sennheiser HD 800 spielt im direkten Vergleich neutraler auf, erreicht dafür nicht ganz das exzellente Impulsverhalten des Edition 8. Dafür bleibt der HD 800 der überragende Meister bei der Raumdarstellung. auch der Ultrasone kann den Sennheiser nicht von seinem Thron stoßen. Allerdings kommt der Ultrasone dem Sennheiser-Flagschiff sehr nahe, denn die räumliche Abbildung des Edition 8 ist zweifellos auf sehr hohem Niveau und liefert exakte Informationen zur Lokalisation von Schallereignissen, aber auch bei der Darstellung und Beurteilung von virtuellen Hallräumen. Damit verdient sich der Edition 8 allein schon in dieser Disziplin einen sehr guten zweiten Platz hinter dem Sennheiser und schiebt sich vor den AKG K 702. Die Mittenwiedergabe des Kopfhörers ist in ihrer Detailgenauigkeit vorbildlich und tonal ausgewogen. Der Präsenzbereich zwischen zwei und fünf Kilohertz erscheint leicht abgesenkt und ganz bewusst ans menschliche Ohr – Stichwort Flechter-Munson-Kurve – angepasst, was zu einem ausgewogenen Klangbild führt. Dank der ausgezeichneten Trennschärfe und Auflösung des Kopfhörers entgeht dem Hörer trotzdem nichts: Der Edition 8 liefert eine Informationsfülle und bringt auch flüsterleise Nebengeräusche zu Gehör, die sich sonst geschickt vor dem Hörer verbergen. Das ist Präzision auf Elektrostaten-Niveau und somit  schlichtweg Spitzenklasse.  Was auch für die exzellente Höhenwiedergabe gilt, deren Präzision und  Luftigkeit sich im Lauf der zweiwöchigen Testphase kontinuierlich steigert, denn auch Kopfhörer benötigen wie Lautsprecher eine gewisse Einspielzeit. Sobald der Edition 8 nach einigen Tagen eingespielt ist und sein ganzes Klangpotential ausspielen kann erklingen die hohen Frequenzen hochfein  aufgelöst und gleichzeitig angenehm seidig, Transienten folgt der Edition 8 auf den Beckenschlag oder dem Trompeter-Anstoß. Dagegen klingt der diffusfeldentzerrte HD 800 deutlich präsenter, während der AKG K 702 klanglich ziemlich genau zwischen dem Sennheiser und dem Ultrasone aufspielt. Wer mit sich an den eigenen, etwas präsenten Klang des Sennheiser HD 800 nicht gewöhnen kann, findet mit dem Ultrasone eine echte Alternative. Uns fällt es jedenfalls nach mehreren Tagen intensiven Hörens schwer, den Edition 8 wieder abzunehmen.

Fazit

Der Ultrasone Edition 8 ist ein dynamischer Kopfhörer in geschlossener Bauweise der absoluten Spitzenklasse. Neben einer ausgezeichneten Raumabbildung, die sogar dem Sennheiser HD 800 gefährlich wird, überzeugt er trotz  leichter Bassbetonung mit hervorragendem Impulsverhalten und hochfeiner Auflösung, die für geschlossene Systeme Referenz-verdächtig ist.  

Erschienen in Ausgabe 07/2010

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 1200 €
Bewertung: sehr gut – überragend
Preis/Leistung: befriedigend – gut