Triplefeature
Das jüngste Produkt von Kush Audio ist nicht einfach nur ein 0815-Dynamiktool. „Movement Generating Character Compressor“ nennt der Hersteller das Plug-in. Demgemäß realisiert der UBK-1-Prozessor nicht allein Kompression, sondern verspricht, Groove- und Klangstrukturen völlig neu definieren zu können. Was die Software tatsächlich kann, haben wir für Sie herausgefunden.
Von Carina Schlage
Die Produkte des amerikanischen Pro-Audio-Herstellers Kush Audio besitzen hierzulande Geheimtipp-Status. Im Produkt-Portfolio finden sich außer einem Monitor-Controller auch zwei Studio-Prozessoren – der UBK Fatso Kompressor und der Clariphonic Equalizer – , die mit individuellen Konzepten und höchst eigenwilliger Ausstattung aufwarten. Mit dem UBK-1-Plug-in feiert der Hersteller jetzt auch seine Premiere im Software-Sektor. Schon auf den ersten Blick wird deutlich, dass der UBK-1, ebenso wie die Hardware des Herstellers, alles andere als ein gewöhnlicher Kompressor ist. Dafür sorgt nicht zuletzt die Ausstattung an Parametern, die auf der Bedienoberfläche übersichtlich in drei Sektionen unterteilt ist. Der klassische Kompressionseffekt bildet dabei nur ein Drittel dessen, was mit dem rund 150 Dollar kostenden Plug-in möglich ist. Außer Compression gesellen sich noch die Sektionen Saturation und Density hinzu. Die Wirkung des Saturation-Werkzeugs erklärt sich dabei nahezu von selbst. Es fügt den Klängen vor dem Kompressor Sättigungseffekte hinzu, sprich: Obertöne durch nicht-lineare Verzerrungen, die wiederum eine deutlich höhere Lautheit und somit eine Kompression des Signals zur Folge haben. Die kryptisch mit „Density“ bezeichnete Sektion am Schluss der Signalkette erklärt sich hingegen nicht rein intuitiv.
Nach dem Willen des Herstellers sollen Klänge mit Hilfe dieses Teil-Prozessors eine, Nomen est Omen, zusätzliche Verdichtung erfahren, die zudem per Regler frequenzselektiv erfolgen kann. Allerdings, soviel sei schon einmal vorweg genommen, bleibt auch während des Praxistests weitestgehend schleierhaft, wie genau dies vonstatten geht. Weniger unklar ist, dass Saturation, Compression und Density auf jeweils unterschiedliche Weise in die Dynamik des Audio-Materials eingreifen, womit sich auch der Sinn und Zweck des Plug-ins bereits nach kurzer Zeit offenbart: Mit dem UBK-1 erhält der Anwender offensichtlich kein feinmechanisches Tool für filigrane Dynamikverschönerungen. Gemessen am Hersteller-Slogan „Shape, Enhance, Redefine the Groove“ (Formen, Erweitern, den Groove neu definieren) scheint die Software vielmehr für tiefgreifende Eingriffe in Klangstrukturen gedacht und geradezu für rhythmische Elemente wie Schlagzeug oder Percussion prädestiniert zu sein. Sehen wir uns die einzelnen Elemente und deren Regel- und Klangverhalten also einmal genauer an. Sehr schön: Die drei Teil-Prozessoren können jeweils separat hinzu- oder abgeschaltet werden. Somit können Sie beispielsweise lediglich den Sättigungseffekt des UBK-1 nutzen und jede weitere Dynamikbearbeitung durch das Plug-in außen vor lassen. Als Bypass-Schalter dienen hierbei die VU-Meter, die in jedem Abschnitt die jeweilige Pegelreduktion visualisieren und bei aktiviertem Prozessor aufleuchten. Alle drei Prozessoren sind nach dem gleichen Prinzip aufgebaut und bestehen hauptsächlich aus jeweils einem zentralen Poti, über welches sich der Wirkungsgrad des entsprechenden Teileffekts auf einfachste Weise regeln lässt. Auffällig ist allerdings deren Beschriftung: Zahlenwerte, die Orientierung beispielsweise über den angewandten Grad der Kompression geben könnten, suchen wir im Test vergebens. Stattdessen müssen wir uns mit einer stufenlosen Regelung zwischen Bezeichnungen wie etwa „subtil“ und „heftig“ begnügen. In der Praxis birgt dies jedoch so gut wie keine Probleme, da sich die Bedienung zum Einen trotzdem denkbar einfach gestaltet und das Einstellen präziser Zahlenwerte zum Anderen, gemessen am mutmaßlichen Einsatzbereich des UBK-1, auch gar nicht notwendig ist. Einzig beim Masterregler am Ausgang des Plug-ins hätten wir uns eine präzise Dezibel-Skala gewünscht. Dessen Justage gestaltet sich während des Tests vor allem bei A-B-Vergleichen zwischen bearbeitetem und unbearbeitetem Signal sehr fummelig, weil wir nie so genau wissen, wo sich eigentlich der Nullpunkt des Reglers befindet und mit welcher Auflösung sich der Parameter regulieren lässt. Dies ist aber auch das einzige Manko in Sachen Ausstattung. Denn das UBK-1-Plug-in will und soll offensichtlich nach Gehör und nicht nach Zahlen bedient werden, was schließlich auch die ungewöhnliche Beschriftung der Bedienelemente erklärt. Dem gebührt allerdings eher Lob als Kritik. So setzt der Hersteller auch bei der Bedienung der Kompressor-Sektion einzig und allein auf eine Beurteilung nach Gehör und weniger durch präzises Justieren über klassische Regel-Elemente wie etwa Attack, Release oder Ratio. Dafür lässt sich zwischen fünf verschiedenen Kompressor-Typen auswählen, die mit „Splat“, „Smooth“, „Glue“, „Squish“ und „Crush“ erneut ungewöhnlich benannt sind. Mit diesen Presets wählt der Anwender gewissermaßen zwischen unterschiedlichen, fest definierten Regelverhalten aus, die, wie sich in der Praxis zeigt, nicht nur sehr unterschiedlich klingen, sondern deren Name auch tatsächlich Programm ist. Zusätzlich kann der Einsatzbereich des Kompressors mittels stufenlos regelbarem Hochpassfilter bis 300 Hertz beschränkt werden, was sich vor allem für tieffrequente Elemente günstig auswirkt. Als Besonderheit offeriert das UBK-1-Plug-in überdies die Möglichkeit, die Saturation- und Kompressor-Sektion in eine parallele Signalführung zu schalten. Dies geschieht über die stufenlos regelbaren Mix-Kippschalter mit dessen Hilfe Sie bestimmen, ob ihr Klangmaterial zu einhundert Prozent (=wet) den Sättigungs- oder Kompressionsprozessor durchlaufen oder ob der Effekt jeweils nur anteilig hinzugemischt werden soll. Parallelkompression bietet dabei den Vorteil, dass eine hohe oder sogar sehr hohe Kompressionsrate weniger unangenehm in Erscheinung tritt, sondern dass auf Grund des wesentlich höheren Pegels des Originalsignals lediglich die positiven Effekte einer Dynamikreduktion hervortreten, das Signal also trotz Kompression nicht komprimiert klingt. Der Density-Prozessor lässt hingegen keine parallele Wet-/Dry-Verschaltung zu, sondern ist seriell am Ausgang des Kompressors integriert. Eine weitere Besonderheit verbirgt sich hinter dem Headroom-Regler, der sich am Anfang der Signalkette befindet.
Seine Funktionsweise ist mit der Wirkung des Threshold-Parameters vergleichbar und sollte deshalb unbedingt zu Beginn der Bearbeitung bemüht werden. Mit seiner Hilfe bestimmen Sie folglich, auf welchen Signalpegel die drei Dynamikeffekte des UBK-1 wirken sollen. Oder um es im Sinne des Herstellers auszudrücken: Je weniger Headroom Sie dem UBK-1 einräumen, desto mehr Signalanteile werden in die Effektkette einbezogen und desto stärker wirkt die Kompression. Auch bei diesem Regler müssen Sie auf konkrete Werteangaben verzichten. Hilfestellung bei der Justage bietet dafür jedoch die sogenannte Ample-LED, welche anschaulich die Transienten des Signals anzeigt. Den optimalen Arbeitsbereich haben Sie demzufolge erreicht, wenn die Ample-LED im Rhythmus der auftretenden Pegelspitzen blinkt und der UBK-1 folglich lediglich auf diese wirkt und den Rest des Signals weitgehend außer Acht lässt. Wenn Sie den Headroom allzu sehr einschränken, signalisiert eine zweite, rot leuchtende LED interne Übersteuerungen. Solche Übersteuerungen sind jedoch nicht per se verboten, sondern bringen unter Umständen sogar eine neue, analog-verzerrt anmutende Klangkomponente ins Spiel. Das Einstellen des Headroom-Reglers entpuppt sich im Test übrigens als der einzige kleine Fallstrick in der ansonsten hervorragend simplen Handhabung des UBK-1. Diesen sollten Sie vor allem bei perkussivem Material wirklich präzise ausrichten, sodass nur die Spitzen des Signalpegels erfasst werden – es sei denn, die heftige Überreaktion der Prozessoren und der daraus resultierende matschig-attacklose Klang ist gewünscht. Auffällig: Hinsichtlich Bedienung und Sound erinnert der UBK-1 an das Vintage Warmer Plug-in von PSP Audioware. Allerdings ist unser Testkandidat im Gegensatz zu diesem wesentlich weniger universell einsetzbar, was jedoch – wie man fairerweise sagen muss – ¬ nicht zuletzt auch den wesentlich präziseren Einstellmöglichkeiten des Vintage Warmer geschuldet ist. Trotzdem hält der UBK-1 was er verspricht, zumindest was bestimmte Klänge betrifft: Bei der Dynamikbearbeitung von dichtem Akkordspiel verschiedener Instrumente oder von lang anhaltenden Tönen liefert das Plug-in wenig überzeugende, viel zu grobe Ergebnisse. Beim Bearbeiten vor allem von Schlagzeug und anderem perkussivem Material spielt es plötzlich mächtig auf und versteht es, diese Signale souverän aufzupolieren, sowohl in Sachen Sound als auch in puncto Punch und Vordergründigkeit. Alleine das geschmackvolle Hinzumischen der Saturation vermag Snare und Bassdrum unseres Rock-Grooves schon angenehm anzudicken, ohne dass ein weiterer Kompressor- und sogar Equalizer-Einsatz vonnöten wäre. Gleiches mag uns mit einer wild schrammelnden Akustik-Gitarre jedoch nicht gelingen. Stimmen oder Bass-Signalen steht dagegen eine extra Portion Sättigung à la UBK-1 durchaus gut zu Gesicht, vor allem bei ersteren liefern auch extremere Einstellungen interessante Gitarren-Amp ähnliche Effekte, die dank Mix-Regler sogar nur anteilig und bis auf eine subtile Dosis dem Originalsignal hinzugemischt werden können.
Sein ganzes Potenzial spielt der UBK-1 jedoch aus, als wir ihn mit Schlagzeug-Summen füttern und das Compression- und DensityWerkzeug bemühen: Mit wenigen Handgriffen – einem Quäntchen Sättigung, einer ordentlichen Portion Compression, auf den Einsatz bis 200 Hertz beschränkt und ein bisschen Density im Hochfrequenzbereich – verwandeln wir unser nett dahin trommelndes Schlagzeug in ein echtes Groove-Feuerwerk. Als Kompressor-Typen finden dabei vor allem die Einstellungen Smooth und Glue unser Wohlgefallen, die jeweils mit schnellem Attack und Release sowie einer hohen beziehungsweise mittleren Ratio agieren. Splat und Squish ermöglichen sogar extreme Verzerrungen von Klang und Groove. Vor allem komplexe Rhythmen aus dem Funk- oder Jazzbereich vermag der UBK-1 in ihrer dynamischen Struktur bis ins Extreme zu verschieben. Einige der Kompressor-Typen stehen sogar Vocals gut zu Gesicht und erinnern ein wenig an den Renaissance Vox-Kompressor von Waves. Nebulös bleibt jedoch bis zum Schluss, wie genau der Density-Prozessor in das Signalgeschehen eingreift. Rein nach Gehör beurteilt, scheint der Density-Prozessor gewissermaßen auf den Ausklang der Transienten einzuwirken. Im Test klingt es so, als ob der Sustain der Signalspitzen auf geheimnisvolle Weise verlängert wird, was einen sehr überzeugenden, dichteren Klangeindruck erzeugt. Auf der Suche nach detailreicher Aufklärung erleben wir allerdings die einzige echte Enttäuschung im Umgang mit dem UBK-1, denn der Hersteller legt keinerlei schriftliche Dokumentation zu den Funktionen des Plug-ins bei. Zwar finden sich zwei nett produzierte Video-Anleitungen auf der Hersteller-Webseite, jedoch hätten wir uns auch in Zeiten des allgegenwärtigen Internets eine etwas weniger umständliche Anleitung gewünscht. Wünschenswert wäre außerdem die Einbeziehung der AU- oder VST-Schnittstelle, denn bislang ist der UBK-1 nur als RTAS-Plug-in für Pro Tools-Nutzer verfügbar. Hier liegt also Potenzial für künftige Updates.
Fazit
Das Kush Audio UBK-1-Plug-in eignet sich vor allem für die dynamische Bearbeitung von Schlagzeug und perkussiven Klängen, die mittels Sättigung, Kompression und gleichsam nebulös wie faszinierendem Density-Effekt kräftig aufpoliert werden können. Teilweise stehen die drei Dynamikwerkzeuge zwar auch anderen Elementen, wie Bässen, Vocals oder Gitarren gut zu Gesicht. Die Stärke der Algorithmen liegt jedoch auch hierbei deutlich auf den rhythmischen Anteilen. Filigranes Levelling von lang anhaltenden Tönen oder größeren Sinnabschnitten sind eher nicht seine Domäne. Dank paralleler Signalführung lässt sich das aufs Extreme ausgerichtete Kompressionspotenzial auch auf eine subtile Ebene bringen, sodass der UBK-1 auch als Leisetreter mit quasi großen Füßen eine gute Figur macht.
Erschienen in Ausgabe 03/2012
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 149$
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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