Make it more real

Der lettische Hersteller Real Sound Lab hat sein Coneq Lautsprecher-Korrektur-System um eine mehrkanalige Hardware sowie weitere neue Features erweitert. Welche das sind, haben wir für Sie rausgefunden.  

Von Georg Berger

Dass sich Systeme und Verfahren zur Korrektur von Lautsprecherschall zwecks Optimierung der Abhör-Bedingungen als Alternative anbieten zu sündhaft teuren baulichen Maßnahmen, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. In unserer bisherigen Testpraxis konnten wir dabei entsprechenden Produkten von Herstellern wie IK Multimedia, KRK, Trinnov audio und Real Sound Lab auf den Zahn fühlen  (Siehe Tests in den Heften 10/2007, 1/2008, 2/2009, 9/2009 und 7/2010). Das im lettischen Riga beheimatete Unternehmen Real Sound Lab hinterließ mit seinem CONEQ-Verfahren seinerzeit im Test (Heft 7/2010) einen bemerkenswerten Eindruck. Anders als die Mitbewerber verfolgt Real Sound Lab mit seinem Verfahren das Ziel, die Schallleistung des Lautsprechers über seinen gesamten Abstrahlbereich zu verbessern und nicht das Optimieren der Abhörsituation auf einen mehr oder weniger eingegrenzten Bereich – Stichwort: Sweet Spot. Konsequenz: Der abgegebene Lautsprecher-Schall soll an jedem Punkt im Abhörraum ein gleich gutes Klangerlebnis liefern. Dazu offeriert der Hersteller eine Vielzahl an Produkt-Varianten respektive Lizenz-Nutzungs-Zeiträume, die im Preis-Niveau sehr breit gefächert sind und bereits bei günstigen 120 Euro beginnen.

Im Zentrum steht die Stand-alone arbeitende CONEQ Mess- und Analyse-Software, die in zwei unterschiedlich ausgestatteten Versionen (Starter und Workshop) erhältlich ist. Die darüber ermittelten Korrekturdaten lassen sich anschließend wahlweise als reine Software-Lösung durch Einsatz eines VST- oder RTAS-Plug-ins auf den Lautsprecher anwenden oder im Zusammenspiel mit einem eigens dafür entwickelten Hardware-Equalizer nutzen, der sich unabhängig von einer Rechner-Anbindung um das Korrigieren des Lautsprecherschalls kümmert. Auf der diesjährigen Musikmesse hat Real Sound Lab noch einmal nachgelegt und den schon länger angekündigten Acht-Kanal-Equalizer APEQ-8pro DIO erstmals vorgestellt, der sowohl mit analogen, als auch digitalen Ein- und Ausgängen aufwartet. Gleichzeitig präsentierte der Hersteller auch ein Update seiner Profi-Analyse-Software CONEQ Workshop auf die Version 3.1. Für den Test erhielten wir die Gelegenheit beide Produkte in einer klinischen Situation auf Herz und Nieren zu überprüfen. Ulf Ronneberger von Sweet Spot Music stellte für den Test seinen Ü-Wagen zur Verfügung (siehe Reportage in Heft 7/2008). Ausgestattet mit einem 5.1-Surround-System, bestehend aus Monitoren des Herstellers ADAM, fertigt Ronneberger darin Konzertmitschnitte an, so etwa von Peter Maffay, Pur oder Unheilig, die auf einem Pro Tools System aufgezeichnet und direkt nach Ende des Konzerts bereits zum Verkauf bereitstehen. Unterstützung erhielten wir zudem von Holger Siedler vom THS Studio, der mit Rat und Tat zur Seite stand. Doch bevor es an die Praxis geht, schauen wir uns die Neuheiten einmal etwas näher an.  Mit seiner Ausstattung zielt der APEQ-8 Equalizer primär auf das Optimieren von Surround-Setups ab. Selbstverständlich sind darüber auch verschiedene Stereo-Konfigurationen oder auch größere Beschallungs-Situationen wie etwa in Theatern oder Konferenzräumen realisierbar. Ebenso wie bei der Zwei-Kanal-Variante werkeln im Innern minimalphasige Filter mit 4.096 Filterpunkten. Die interne Signalverarbeitung erfolgt mit Abtastraten von 24 Bit und 48 Kilohertz. Digital lassen sich Signale bis hinauf 192 Kilohertz einspeisen. Die Ausgabe erfolgt bis maximal 96 Kilohertz.

Das Modell rundet die Produktpalette hinsichtlich Ausstattung und Preis dabei nach oben ab. Beim Kauf sind rund 4.600 Euro fällig, was zunächst recht hoch erscheint. Im Vergleich zum Kauf von vier Zwei-Kanal-Varianten APEQ-2pro DIO ist das Preis-Leistungs-Verhältnis jedoch exzellent, ganz zu schweigen von Produkten der Mitbewerber, die Vergleichbares bieten. Je eine DB-25-Buchse zum Anschluss von Kabelpeitschen im Tascam-Format gewähren Zugang zu den analogen Ein- und Ausgängen. Die digitalen Anschlüsse sind direkt als XLR-Buchsen in die Hardware eingelassen. Eine BNC-Buchse zum Empfang von Wordclock-Signalen sowie eine Ethernet-Buchse zum Datenaustausch mit dem Rechner und Empfang der Korrektur-Filterkurven runden die Ausstattung auf der Rückseite ab. Die Frontplatte wartet mit einer Besonderheit auf: Rechts findet sich ein XLR-Eingang zum direkten Anschluss eines beliebigen Mess-Mikrofons, womit sich der Einsatz eines gesonderten Audio-Interface/Wandlers, wie in der Zweikanal-Variante nötig, erübrigt und den Bedienkomfort deutlich erhöht. Die frontseitige USB-Buchse dient, ebenso wie die Netzwerk-Buchse, zum Anschluss an den Rechner und zum Übertragen der Korrektur-Filterkurven in die Hardware. Die acht LED-Meter-Ketten zeigen die Pegel sämtlicher Ausgänge – analog wie digital – an. Ein Schalter zum Aktivieren eines Hardware-Bypass fehlt allerdings, was schade ist. Möchte man zu Prüfzwecken zwischen gefiltertem und ungefiltertem Lautsprecherklang schalten, kann das Gerät dazu ausgeschaltet werden, wobei sich ein Hard-Bypass aktiviert. Bei der Einmessung kann der Bypass auch einfach über die Workshop Software aktiviert werden. Alle Eingänge lassen sich logischerweise unabhängig voneinander einmessen. Der analoge oder digitale Betrieb des Eingangs kann dabei paarweise gewählt werden. Das (gefilterte) Ausgangssignal liegt immer sowohl digital als auch analog an. Die Neuheiten im Update der opulent einstellbaren Mess- und Analyse-Software CONEQ Workshop 3.1 fallen im Vergleich zur Vorversion wenig zahlreich, aber dennoch mächtig aus. Besitzer der Vorversion erhalten das Update übrigens kostenlos. Highlight ist ohne Zweifel die Kompatibilität zu Apple-Rechnern. Zusätzlich findet sich jetzt ein überschaubarer Dialog, der das Einstellen des Mikrofon-Eingangs an der APEQ-8-Hardware gestattet, inklusive aktivierbarer Phantomspannung. Die weiteren Neuheiten finden sich schließlich in einer rascheren Abarbeitung von Prozessen, sei es das Laden von Projekten oder das Kalkulieren der Korrektur-Filterkurven. Überdies ist auch die Möglichkeit zum Vergleich verschiedener Messergebnisse deutlich komfortabler und übersichtlicher ausgefallen. Ansonsten bleibt alles beim Alten. Das Mess-, Analyse- und Korrektur-Prozedere geschieht trotz umfangreicher Einstellmöglichkeiten mit CONEQ Workshop in Verbindung mit dem APEQ-8-Equalizer komfortabel und rasch. Auf eine nähere Darstellung der in der Workshop-Software enthaltenen Features wollen wir jedoch zu Gunsten des Praxis- und Hörtests an dieser Stelle mit Hinweis auf den Test in Heft 7/2010 verzichten. Via Patchbay ist die Hardware rasch ins Setup des Ü-Wagens von Ulf Ronneberger eingebunden. Zur Kommunikation mit dem Rechner nutzt Holger Siedler die frontseitige USB-Buchse. Der rückseitige Ethernet-Anschluss empfiehlt sich nach dem Willen des Herstellers für Festinstallationen. Allerdings sind dafür einige Einstellungen im Netzwerk-System des Rechners erforderlich, was zwar im Vergleich zum USB-Betrieb etwas umständlicher, aber dennoch leicht einzurichten ist. Steht die Verbindung einmal, hat der Anwender fortan seine Ruhe. Doch zurück zum Praxistest: Als nächstes verbindet Holger Siedler ein Mess-Mikrofon mit dem APEQ-Equalizer. Anschließend ruft er die CONEQ Workshop-Software auf, erzeugt ein neues Projekt und drückt auf den New-Button, woraufhin ein Popup-Dialog erscheint. In diesem Mess-Dialog nimmt er das Routing von Ein- und Ausgang vor und pegelt zunächst das Mess-Signal – ein Sinus-Sweep – ein. Der Mess-Vorgang wird so eingestellt, dass er nach Empfang von 200 Messpunkten stoppt, ein Wert, der nach seiner Erfahrung voll und ganz ausreicht (Holger Siedler ist selbst Nutzer des Real Sound Lab Systems, das in seinem Studio und eigenen Ü-Wagen zum Einsatz kommt).

Als erstes ist der linke Kanal an der Reihe. Während der Messung führt Holger Siedler das Mikrofon in langsamen Schlangenbewegungen über die gesamte Breite des Lautsprechers, der unablässig Sinus-Sweeps von sich gibt. Der Mess-Vorgang als solcher ist nach etwa einer Minute durchgeführt. Anschließend errechnet die Workshop-Software den ermittelten Frequenzgang inklusive Korrektur-Filterkurve. Das Ergebnis fällt charakteristisch aus: Bei etwa 120 Hertz zeigt sich ein sehr starker Peak, was Ulf Ronneberger gelassen hinnimmt. Denn an dieser Stelle im Spektrum, so der Toningenieur, findet sich die Übernahme-Frequenz des Sub-Woofers, ein Umstand der ihm sehr wohl bewusst ist und den er beim Mixen stets berücksichtigt. Die Messungen der übrigen Monitore liefern ein ähnliches Ergebnis. Bemerkenswert: Auf das separate Messen des Sub-Woofers verzichtet Siedler mit Hinweis darauf, dass der Woofer für Surround-Anwendungen nicht zum Einsatz kommt, da kein LFE-Kanal eingestellt ist. Der Tieftöner ist an die Stereo-Monitore gekoppelt, also als klassisches 2.1-System ausgeführt und wird bei der Messung Fullrange mit erfasst. Bevor er die Korrektur-Kurven aus der Workshop-Software heraus an die Hardware sendet, nimmt Siedler noch ein paar Einstellungen vor. So erweitert er den Bereich der zu übertragenden Filterkurven bis hinab 20 Hertz um den gesamten Bassbereich abzudecken, begrenzt die Höhen jedoch bei zehn Kilohertz. Letzteres reicht nach seiner Erfahrung völlig aus, da ein Korrigieren oberhalb zehn Kilohertz leicht zu einem unerwünscht scharfen Klang führen kann. Wir vertrauen auf die Erfahrung des geübten Tonmeisters und sind auf den Hörvergleich gespannt. Ulf Ronneberger lädt diverse Aufnahmen ins Pro Tools System, wobei der APEQ-Equalizer bei laufendem Sequenzer immer wieder aktiviert und deaktiviert wird. Das Ergebnis fällt dabei wenig spektakulär, aber dennoch markant aus, was für die Qualität der Monitore und ihre optimale Ausrichtung im Ü-Wagen spricht. Am Sweet Spot sind die Unterschiede nur ganz subtil hörbar. Der Bassbereich und die Mitten klingen aufgeräumter, präziser und im Höhenbereich macht sich mehr Luftigkeit bemerkbar. Das Klangbild wirkt dadurch insgesamt transparenter und noch plastischer, wobei Details auf den Aufnahmen gehörsmäßig jetzt besser erfassbar sind. 

 

Wie auch beim Test der Stereo-Version wird deutlich, dass das CONEQ-System die Schallabgabe verbessert, die individuellen Klang-Charakteristika der Monitore jedoch unangetastet lässt. Auffällig: Im hinteren Bereich des Ü-Wagens, in dem sich bereits das Diffusfeld befindet, sorgt das CONEQ-System für eine deutlich merkbarere Verbesserung des Klangs. Dies ist besonders stark im Bassbereich hörbar. Das CONEQ-System entfernt den Bass-Mulm und sorgt auch jenseits des Sweet Spot für einen aufgeräumten Sound mit verbesserter Durchhörbarkeit. Letztlich spricht dies auch für die Effizienz und Klangqualität der Hardware, die sich im Messlabor von Professional audio, ebenso wie sein zweikanaliges Geschwister, mit exzellenten Werten eindrucksvoll in Szene setzt. Mit gemessenen 91,5 und 88,7 Dezibel sind die Werte für Geräusch- und Fremdspannungsabstand zwar um knapp fünf Dezibel schlechter als in der Stereo-Version. Insgesamt sind es dennoch exzellente Werte. Gleichstand herrscht bei der Messung des Klirrfaktors: Beide Geräte-Versionen überzeugen mit einer Klirrdämpfung von 0,005 Prozent. Das FFT-Spektrum zeigt ein Highend-Ergebnis: Der Noisefloor liegt unterhalb -110 Dezibel. Die beiden Peaks bei k2 und k3 reichen gerade einmal bis -100 Dezibel, was überhaupt nicht ins Gewicht fällt. Das Ergebnis nach Messung der Wandlerlinearität ist ebenfalls dem eines Gerätes der Highend-Klasse ebenbürtig: Bis hinab -120 Dezibel zeigen sich keinerlei Unlinearitäten.

Fazit

Real Sound Lab rundet mit dem APEQ-8pro DIO sein Produkt-Portfolio nach oben hin ab und offeriert endlich auch ein komfortabel einsetzbares Hardware-Frontend nicht nur zum Optimieren von Surround-Systemen. Der oberflächlich betrachtet hohe Preis relativiert sich dabei rasch durch die opulente Ausstattung, flexible Einsatzmöglichkeiten, transparenten Klang und hervorragende Messergebnisse. Im Zusammenspiel mit der Profi-Mess-Software CONEQ Workshop erhält der Anwender ein in allen Belangen hochgerüstetes Highend-System zur Korrektur von Lautsprecherschall, das zwar aus schlechten Monitoren keine Spitzenklassen-Modelle macht, aber die Arbeitsbedingungen beim Mischen nachhaltig verbessert.

Erschienen in Ausgabe 10/2011

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 4617 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut