Stereo-Revoluzzer

Das jüngste Kind aus dem Hause SPL hört auf den Namen M/S Master und will nicht mehr und nicht weniger, als eine effiziente Alternative zur Bearbeitung von Stereo-Signalen bieten. Das alles natürlich wie immer dargeboten in Form von analoger Hardware.   

Von Georg Berger 

Wenn es um das Thema Stereophonie geht, denken nicht wenige Musikschaffende automatisch an Panpots und das Verteilen von Signalen im Stereopanorama, um Räumlichkeit zu erzeugen. Beim Mix sind Panpots ohne Zweifel die erste Wahl, um dies zu bewerkstelligen. Doch was ist, wenn es im Mastering um einen Eingriff in die Räumlichkeit stereophoner Aufnahmen und Mixe geht? Über kurz oder lang streichen herkömmliche Panorama-Funktionen dabei die Segel. Gottlob ist das noch nicht das Ende vom Lied in Sachen Stereo. Denn seit einigen Jahren feiert eine Technik wieder fröhliche Urständ, die zwar nicht neu ist, sich aber offenbar für eine lange Zeit im Dunkeln befunden hat. Die Rede ist von „M/S“, was für „Mitte – Seite“ steht und einen anderen Ansatz in der Bearbeitung von Stereosignalen verfolgt (siehe Kasten). Jenseits von links und rechts erlaubt das M/S-Verfahren ein gezieltes, separates Eingreifen in die Mitten- und Seitenanteile eines Stereosignals, was gerade beim Mastering für ungleich mehr Flexibilität beim Sounddesign und vor allem ein Garant für Monokompatibilität ist. Die M/S-Renaissance dürfte dabei dem Software-Bereich zu verdanken sein, denn immer mehr Plug-ins warten mittlerweile mit einer sogenannten M/S-Matrix auf, die ein gezieltes Eingreifen in Stereomaterial auf diese Art ermöglichen, etwa das K-Stereo-Plug-in von Algorithmix (Test in Heft 9/2008), die Effekt-Prozessoren innerhalb von IK Multimedias Mastering-Suite T-Racks 3 Deluxe (Test in Heft 1/2009), die Produktpalette von Brainworx (Test in Heft 6/2007) oder auch die Plug-ins der CL Serie von Artsacoustic (Test in diesem Heft). Auf der Hardware-Ebene finden sich Richtungsmischer – so der Begriff für diese Art von Signal-Prozessoren – zumeist nur in Highend-Studiokonsolen vom Schlage Lawo, SSL, Stagetec und Konsorten oder realisiert in Form von Modulen von Herstellern wie Siemens, Telefunken oder adt. Einzelgeräte, die sich ausschließlich auf ein En- und Dekodieren zwischen Links/Rechts und Mitte/Seite konzentrieren, sind am Markt dünn gesät. Dies hat die Pro-Audio-Manufaktur SPL offenbar wohl auch erkannt und schickt sich mit seiner jüngsten Entwicklung M/S Master an, dieses Marktsegment mit neuem Leben zu füllen.

Wie der Name schon vermittelt, empfiehlt sich der SPL-Neuling primär für Mastering-Anwendungen, was jedoch nicht heißt, dass der Richtungsmischer nicht auch überall dort gute Dienste leistet, in denen es um ein nachträgliches Ausformen von Stereomaterial geht, etwa in Stems beziehungsweise Subgruppen. Außer den Kern-Funktionen, also Mitten-Anteile im Panorama und Seiten-Signale in ihrer Stereo-Breite zu verändern, hat Chefentwickler Wolfgang Neumann dem Ein-Höheneinheiten-19-Zoll-Gerät einige weitere bemerkenswerte Features hinzugefügt, die dem Anwender bei der Arbeit das Leben leichter machen soll. So enthält der M/S Master ein integriertes Filter zur Bearbeitung der Seitenanteile und die sogenannte Float-Funktion erlaubt ein Vergrößern der Stereoweite unter Beibehaltung der Monokompatibilität. Wie erwähnt, ist der Markt an vergleichbaren Geräten dünn gesät. Außer dem Portico 5014 von Rupert Neve Designs (Test in Heft 5/2007) steht der M/S Master höchstens entfernt in Konkurrenz zum Backbone Mastering-Controller von Manley oder zu den Produkten des amerikanischen Herstellers Crookwood. Vorteil SPL: Mit einem Verkaufspreis von etwa 1.450 Euro ist er teils erheblich günstiger als die oben erwähnten Mitbewerber. Die Frontplatte zeigt sich im mittlerweile typisch schwarz-silbernen Look mit aufgesetzter Blende aus gebürstetem Aluminium und schwarzer Beschriftung. Dazu gesellen sich fünf silberne Drehknöpfe und elf schwarze Druckschalter, die bei Aktivierung aufleuchten. Zwei kreisrunde VU-Meter runden die Ausstattung ab und geben auch dem M/S Master das unverkennbare Aussehen der neuesten Generation von SPL-Hardware. Dabei hat sich der Hersteller in Sachen Bauteile nicht lumpen lassen. Bei den verbauten Potis handelt es sich um das in HiFi-Kreisen hochgeschätzte „Big Blue“-Modell des Herstellers ALPS. Im Innern werkeln zudem hochwertige Goldkontakt-Relais des Herstellers Matsushita. Weitere technische Details finden sich im Aufbau der Verstärkungsstufen an Ein- und Ausgängen, die sämtlich mit Single OPs realisiert sind, um ein Übersprechen zwischen den Kanälen zu vermeiden, wie uns der Schöpfer des M/S Master Wolfgang Neumann verrät. Besonderes Augenmerk, so Neumann, hat er auch auf das Netzteil mit Ringkern-Trafo gelegt, so dass auftretende Transienten keinen negativen Einfluss auf die Verstärkerstufen ausüben können. 

Sämtliche Anschlüsse sind auf der Rückseite in Form von XLR-Buchsen versammelt. Dort findet sich auch das erste Highlight des M/S Master: Außer Stereo-Ein- und -Ausgängen bietet der SPL-Richtungsmischer separate Inserts für den Mitten- und Seitenkanal, ein Feature, das beispielsweise im Portico 5014 nur zur Hälfte realisiert ist. Im M/S Master erhält der Anwender somit uneingeschränkten Zugriff zur gezielten Bearbeitung beider Signalanteile mit zusätzlicher Peripherie. Damit dies funktioniert, muss die M/S-Matrix durch Drücken des Active-Schalters zuvor eingeschaltet werden. Der Schalter dient gleichzeitig auch zur Kontrolle der Einstellungen im AB-Vergleich. Sehr schön: Mitten- und Seitenkanal sind zu Kontrollzwecken per Mute-Taster deaktivierbar. Gleiches gilt auch für beide Inserts, die sich ebenfalls per Drucktaster in die jeweiligen Kanäle aufschalten lassen, was zusätzliche Kontrollmöglichkeiten offeriert. Besonderheit: Der M/S Master besitzt ein spezielles internes Signalrouting, was den Vorteil bietet, innerhalb eines Mastering-Setups am SPL-Gerät angeschlossene Prozessoren ohne Neuverkabelung sowohl für M/S-, als auch für herkömmliche Stereoanwendungen nutzen zu können. Das Routing ist zudem so ausgelegt, dass bei Stromausfall per Relais Signale via Hard-Bypass durchs Gerät geleitet werden. Wichtig: Wer den M/S Master quasi solo, also ohne Anschluss eines Prozessors einsetzen möchte, muss aufgrund des internen Routings die Insert-Buchsen per XLR-Kabel überbrücken, da ansonsten beim Deaktivieren des Active-Schalters und logischerweise beim Drücken der Insert-Schalter kein Signal nach außen geleitet wird. Vorteil: Mit diesem Schaltungskonzept fügt sich der SPL-Neuling komplikationslos in jede Studio-Umgebung ein und bereichert die Möglichkeiten der Signalbearbeitung. 

An Einstellmöglichkeiten hält der M/S Master ebenfalls einige Überraschungen bereit. Den Anfang macht die Mitte-Sektion. Per Balance-Regler lässt sich das Mittensignal im Panorama neu positionieren. Highlight ist jedoch der Level-Regler, mit dem wir zusätzlich Einfluss auf die Lautstärke des Mittenkanals nehmen, ein Feature das nach unserer Kenntnis bislang in keinem anderen Richtungsmischer anzutreffen ist und eine zusätzliche Option zum Ändern der Vorne/Hinten-Lokalisation darstellt. Mit seiner Hilfe lässt sich der Pegel im Verhältnis zum Seitenanteil reduzieren, will heißen im Rechtsanschlag findet keine Pegeländerung statt und auf Linksanschlag ist der Mittenkanal komplett ausgeblendet. Auch im Seitenkanal finden sich einige Besonderheiten. Außer dem Stereo Width-Regler, mit dem wir den Pegel des Seitensignals im Verhältnis zum Mittenkanal einstellen, hat Wolfgang Neumann dem Kanal ein zuschaltbares Filter spendiert, das sozusagen als einziger Effekt Möglichkeiten zur Klangformung offeriert. Das Filter besitzt eine Shelving-Charakteristik und ist mit Hilfe des „-/+“-Reglers im Gain einstellbar. Zwei Eckfrequenzen – 800 Hertz und 2,2 Kilohertz – stehen zur Auswahl, die mit dem Low Range Schalter wählbar sind. Die Frequenzen sind ausgehend von Wolfgang Neumanns eigener Praxis als Mastering-Ingenieur ausgewählt worden. Sinn und Zweck: Durch Anheben und Absenken des Filter-Gain lässt sich zusätzlich Einfluss auf die Stereo-Wahrnehmung beim Hören nehmen. Das wie immer exzellent verfasste Handbuch vermerkt dazu, dass Frequenzen bis 1,5 Kilohertz eine wichtige Rolle bei der Lokalisation von Schall-Ereignissen spielen, die über Laufzeit-Unterschiede wahrgenommen werden. Durch den automatischen Einfluss des Filters auf die Phase, lässt sich ein zusätzlicher zeitlicher Versatz hinzufügen, der den „Stereo-Effekt“ somit intensiviert oder reduziert. Hier war ohne Zweifel ein kluger Kopf mit einem immensen Praxis-Wissen am Werk.   Doch das ist noch längst nicht alles. Hinter dem Float-Schalter verbirgt sich eine weitere pfiffige Funktion, mit der sich das Bearbeiten von Signalen effizienter gestaltet. Float meint in diesem Fall, dass dem Seitensignal ein summierter Anteil (maximal zehn Prozent) des noch nicht dekodierten Stereosignals parallel hinzugemischt wird. Sinn und Zweck: Bei sehr hohen Stereoweiteneinstellungen kann durch das subtile Zumischen des Stereosignals zum einen die Monokompatibilität erhalten werden. Beim Bearbeiten sehr leiser Seitenanteile sorgt das Float-Signal zum anderen für bessere Hörbarkeit, was die Gefahr mindert zu hohe Einstellungen vorzunehmen. Nach der Bearbeitung lässt sich der Float-Anteil deaktivieren und es ist nur noch das reine Seitensignal zu hören. Auch hierfür gebührt Wolfgang Neumann ein Sonderlob und zeigt einmal mehr das sichere Gespür des Entwicklers für die Nöte des Anwenders.   Im Vergleich dazu eher banal zeigen sich schließlich die weiteren Bedienmöglichkeiten des M/S Master. Dazu zählen der Output-Regler zum Anpassen der Lautstärke sowie die beiden präzise arbeitenden Output-VU-Meter, die per Schalter verschiedene Anzeige-Modi offerieren. So zeigen die Meter wahlweise Peak- oder RMS-, M/S- oder L/R-Pegel an. Bei sehr hohen Lautstärken lässt sich die Anzeige überdies um zehn Dezibel senken. Alles in allem besticht der M/S Master mit übersichtlichen Bedienmöglichkeiten ohne überflüssigen Schnickschnack, die auf einfache Art mächtige Eingriffe ins Signal gestatten. Das macht schon einmal gehörig Appetit für den Hör- und Praxistest. 

Doch zuvor muss sich der M/S Master noch den üblichen Prozeduren im Professional audio Meßlabor unterziehen. Erwartungsgemäß absolviert der M/S Master die Meßtests mit Bravour. Das FFT-Spektrum zeigt einen Noisefloor unterhalb -100 Dezibel. Lediglich bei 50 Hertz und k2 zeigen sich Peaks, die bis hinauf -90 Dezibel reichen, jedoch vernachlässigbar sind. Geräusch- und Fremdspannungsabstände sind mit gemessenen 84,4 und 82 Dezibel ebenfalls hervorragend. Gleiches gilt auch für die Klirrdämpfung. Die Messkurve verläuft wie mit dem Lineal gezogen bei exzellenten 0,006 Prozent und steigt ab zwei Kilohertz auf immer noch sehr gute 0,02 Prozent an. Einzig das Ergebnis beim Messen der Gleichtaktunterdrückung fällt aus dem Rahmen. Die Messung zeigt ein durchschnittliches Ergebnis von -56 Dezibel. In vorangegangenen Tests von SPL-Hardware sind wir andere Ergebnisse gewohnt, die in etwa 15 bis 20 Dezibel besser sind. Auf dieses Ergebnis hin angesprochen, teilt uns der Hersteller mit, dass wir ein Gerät aus der Null-Serie zum Test erhalten haben, bei dem die Symmetriestufen noch nicht richtig abgestimmt sind. SPL teilt uns gleichzeitig mit, dass dies bereits bei den Geräten, die für den Handel bestimmt sind, erledigt wurde und sich die Werte für die Gleichtaktunterdrückung, wie gewohnt, zwischen -70 bis -80 Dezibel bewegen sollen. Unabhängig davon wartet der M/S Master dennoch mit einem glänzenden Ergebnis im Messtest auf. Allerdings: Deutlich bessere Resultate würden sich zeigen, wenn der M/S Master mit SPL’s eigener 120 Volt-Highend-Technik konstruiert würde. Auf Nachfrage wird uns jedoch dazu mitgeteilt, dass dies zurzeit nicht geplant ist und erst bei einer entsprechend hohen Nachfrage in Angriff genommen wird. Im Hör- und Praxistest dreht der M/S Master schließlich mächtig auf. Wir nehmen ihn zunächst solo unter die Lupe, also ohne Anschluss weiterer Geräte an die Inserts. Wie im Handbuch empfohlen, überbrücken wir beide Inserts mit kurzen XLR-Kabeln, um eine AB-Vergleichsmöglichkeit beim Betätigen des Active-Schalters zu haben. Wir stellen die Regler des Richtungsmischers zunächst auf neutral und schalten zwischen M/S- und L/R-Betrieb. Das Ergebnis: Der M/S Master besticht durch einen hochfein aufgelösten und vor allem transparenten Klang. Mit aktivierter M/S-Matrix nehmen wir die ersten Einstellungen vor, die sich beim beherzten Drehen am Balance- und Stereo-Width-Regler überdeutlich bemerkbar machen. Das Neupositionieren der Mittenanteile ist kraftvoll hörbar, das Anheben und Absenken mit dem Width-Regler führt zu einer beeindruckenden Vergrößerung der Räumlichkeit und im umgekehrten Fall klingen Aufnahmen deutlich direkter und aufgeräumter, so als ob ihnen eine Art Grauschleier genommen wurde. Noch besser: Das Gespräch, das wir mit dem Ballett-Direktor Xin Peng Wang für unsere element x Reportage (siehe Heft 07/2010) führten und auf stereo aufgezeichnet haben, gewinnt durch Reduktion der Seitenanteile merkbar an Klarheit. Das geht sogar so weit, dass wir es schaffen, erfolgreich fast sämtliche Umgebungsgeräusche auszublenden, so dass wir ohne jede Anstrengung den Aussagen des Choreographen folgen können. Somit empfiehlt sich der M/S Master sogar auch für geplagte Filmton-Leute, die O-Ton-Aufnahmen von überflüssigen Nebengeräuschen befreien müssen.   Der Level-Regler in der Mid-Sektion zeigt sich überdies als willkommene Option, um weitere Eingriffsmöglichkeiten in die Räumlichkeit und Lautstärkeverhältnisse anliegender Stereo-Signale zu erhalten. Noch ohne den Width-Regler betätigt zu haben, vergrößern wir die Räumlichkeit durch Absenken der Lautstärke und lassen die Mittenanteile merkbar in den Hintergrund treten. Allerdings gilt es immer wieder abzuwägen, welcher Parameter am besten anzuheben und zu senken ist. Denn ein Vermindern der Mitten-Lautstärke führt logischerweise auch zu einer Reduktion der Monokompatibilität und ein deutliches Anheben des Width-Reglers kann je nach Programmmaterial ein zuviel des Guten sein und das Ergebnis verwaschener erklingen lassen. Dabei gehört der M/S Master in jedem Falle in die Hände von Routiniers, die mit geschultem Ohr und Sachverstand an das Bearbeiten von Programmmaterial gehen. Dazu zählt auch die Bedienung der weiteren Optionen im Seitenkanal. Das Filter zeigt sich im Test dabei als sinnvolles Feature zur Ausformung des Seiten-Signals. Die beiden wählbaren Center-Frequenzen sind klug gewählt und ermöglichen ein Veredeln des Klangs, wahlweise im Bass- oder bis hinauf in den Mittenbereich. Änderungen im Gain sind bei moderaten Einstellungen subtil, aber dennoch merkbar zu hören und verleihen den Seitenanteilen je nach Einstellung mehr Fundament oder lassen sie filigraner erklingen. Noch ohne den Width-Regler betätigen zu müssen, greifen wir mit Hilfe des Filters in die Räumlichkeit ein, reduzieren das Gain und verbessern die Durchhörbarkeit des anliegenden Signals. Allerdings droht auch beim Filter die Gefahr, wiederum zuviel des Guten zu tun und sich gerade in Extremstellungen des Gain-Reglers von den Ergebnissen beeindrucken zu lassen.

Den Vogel schießt SPL jedoch mit der schaltbaren Float-Funktion ab, die sich im Test als Wunderwaffe und mithin unverzichtbar erweist. Gerade bei sehr leisen Seitenanteilen ermöglicht das Aufschalten des Stereosignals detaillierter und filigraner ans Werk zu gehen, was Fehlstellungen auf ein Minimum reduziert. Das ist einfach nur genial gelöst. Dies gilt insbesondere auch für den Einsatz von weiteren Prozessoren in den Inserts. Im Test schleifen wir Equalizer und Kompressoren in die Inserts ein und gehen auf eine klangliche Entdeckungstour in Sachen Pegel-Differenz-Stereophonie. Durch gezielten Dynamik-Eingriff zügeln wir dominante Anteile im Mittensignal und sorgen für eine ausgewogenere Mischung. Noch ohne Eingriff des Width-Reglers verdichten wir die Seitenanteile und lassen die Räumlichkeit deutlicher hervorstrahlen. Ähnlich verhält es sich mit eingeschleiften Equalizern, die wir einsetzen um verwaschene Hallanteile ordentlich zu entrümpeln. Durch gezielten Einsatz im oberen Mittenbereich nehmen wir Einfluss auf die Lokalisation von Klang-Ereignissen und sorgen durch Einsatz weiterer Filterbänder für ein präzises Neumodellieren des Klangs im Mittenkanal. Dem Anwender bietet sich hierbei ein wahres El Dorado an Möglichkeiten zur Klangformung. Dennoch ist auch beim Einsatz eingeschleifter Prozessoren wiederum höchster Sachverstand erforderlich, denn ein gekonntes Verbiegen von Mitten- und Seitenanteilen ist letztlich ebenso knifflig wie das richtige Einstellen eines Multiband-Kompressors.  

Fazit 

SPL hat es schon wieder geschafft und präsentiert mit dem M/S Master einen Richtungsmischer, der zurzeit seines Gleichen sucht und mit exzellenten praxisorientierten Features aufwartet. Der SPL-Neuling leistet einen wichtigen Beitrag zum wieder modernen Thema Mitte-Seite und dürfte mit Sicherheit alsbald zur Standardausstattung in jedem Mastering-Studio zählen. Trotz einfacher und überschaubarer Ausstattung und Bedienung stößt der M/S Master das Tor zu weiteren, teils völlig neuen Möglichkeiten zur Bearbeitung von Stereo-Signalen auf. Gleichzeitig setzt er ein eindrucksvolles Ausrufezeichen, das sich an die Flut von Plug-ins mit M/S-Matrix wendet und schafft es überdies, altgedienten Hardware-Effektprozessoren die Weihen des M/S-Verfahrens zu verleihen. Günstig ist der M/S Master obendrein.


So funktioniert Mitte-Seite  

Das Mitte-Seite Verfahren wird heutzutage nur allzu leicht auf das gleichnamige Mikrofonierungs-Verfahren reduziert, bei der ein Mikrofon mit einer Achter- und eins mit zumeist einer Nierencharakteristik eingesetzt wird (siehe Test True Systems Precision 8i in Heft 01/2009). Doch um an die Vorteile dieses Pegel-Differenz-Stereophonie-Verfahrens zu gelangen, ist keine M/S-Mikrofonierung nötig. Jedes herkömmliche Stereo-Signal, unabhängig von der Art der Mikrofonierung, lässt sich durch einfaches Addieren und Subtrahieren der beiden Stereokanäle in ein Mitte-Seite-Signal umkodieren:  

M = L + R 
S = L – R  

Der Mittenkanal, der die Monoinformationen enthält, lässt sich durch Addieren der Signale von linkem und rechtem Kanal erzeugen. Der Seitenkanal wird oberflächlich gesehen durch Subtraktion des rechten vom linken Kanal erzeugt und besitzt Informationen, die primär die Rauminformationen des Signals tragen. Tatsächlich wird dem linken Kanal jedoch ein um 180 Grad phasengedrehtes Signal des rechten Kanals aufaddiert, also:  

S = L + (-R)  

Die Dekodierung von Mitten- und Seitenanteilen in linken und rechten Kanal ist ebenfalls denkbar simpel und geschieht wie folgt:  

L = M + S 
R = M – S   

Von immenser Bedeutung ist dabei der Mittenkanal, der die reine Monoinformation des Stereosignals trägt. Dies ist heutzutage nach wie vor im Rundfunk wichtig bei Sendern mit UKW-Übertragung. Hierbei wird das Mittensignal über ein Hauptband und das Seitensignal über ein Nebenband übertragen. Mono-Radios empfangen lediglich das Hauptband und bei schlechtem Empfang, bei dem das Nebenband ausfällt, lässt sich eine Stereo-Übertragung immer noch sehr gut auf Stereo-Empfängern in mono abhören. Schließlich findet das Mitte-Seite-Verfahren auch beim Konvertieren von Musik ins MP3-Format Verwendung. Unter dem Begriff Joint-Stereo sorgt ein verlustfrei arbeitender MS-Algorithmus für ein effizienteres Komprimieren im Vergleich zur Links/Rechts-Kodierung, gerade bei niedrigen Datenraten.

Erschienen in Ausgabe 08/2010

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 1449 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut