Sonnige Süße

Der für seine exquisite Hardware bekannte Hersteller BBE Sound feiert mit dem Software-Bundle Sonic Sweet seine Premiere im Bereich der Mastering Plug-ins. Was die drei Plug-ins des Pakets zu leisten im Stande sind und ob die Premiere geglückt ist, steht im Test.  

Von Tom O’Connell

Das Unternehmen BBE Sound Inc. hat sich in der Pro-Audio-Szene über Jahre hinweg mit seinen cleveren Speaker Management Lösungen einen Namen gemacht. Überdies entwickelte der Hersteller mit dem Psychoakustik-Prozessor Sonic Maximizer Anfang der 1980er Jahre eine Mastering Hardware, die mittlerweile zu den modernen Legenden zählt. Kein Wunder, präsentierte der Hersteller darin ein bis dato völlig neuartiges Signal-Verarbeitungs-Konzept. Seit einiger Zeit hat BBE Sound auch auf dem riesigen Markt der Effekt-Plug-ins Fuß gefasst. So sind die Stomp Ware Emulationen der von BBE Sound ebenfalls bekannten Bodeneffekte eine große Bereicherung für die Gitarren-Fraktion. Anfang des Jahres präsentierte der kalifornische Hersteller mit dem D82-Plug-in jetzt erstmals auch eine Emulation des berühmten Sonic Maximizers, die auf Basis des bekannten Modells 828i entstanden ist. Das D82-Modell ist dabei für sehr attraktive 56 Euro einzeln erhältlich. Doch der Hersteller war nicht untätig und hat nachgelegt: Unter dem Namen Sonic Sweet offeriert er ein aus drei Plug-ins bestehendes Software-Bundle für ebenso günstige 117 Euro. Außer dem D82 Sonic Maximizer ist noch der Multiband-Enhancer H82 Harmonic Maximizer und der Limiter L82 Loudness Maximizer mit an Bord. Damit offeriert der Hersteller dem Anwender ein stimmiges Gesamtpaket an Plug-ins für Mastering-Anwendungen, um Mixen den abschließenden klanglichen und dynamischen Feinschliff und nötigen Glanz zu verpassen. Professional Audio hat gleich das gesamte Bundle unter die Lupe genommen und einem ausführlichen Praxistest unterzogen.

Allen BBE-Plug-ins des Sonic-Sweet-Bundles gemeinsam ist eine Unterstützung von Samplingraten bis 192 Kilohertz, außerdem warten sie mit den üblichen Software-Schnittstellen auf, also VST, AU und RTAS. Die Software ist dabei wahlweise per iLok-Key oder Challenge-Response freizuschalten. Zur Kontrolle des Ausgangssignals verfügt jedes Plug-in über zwei Fünf-Segment-LED-Ketten, die blitzschnell reagieren und im Test verlässlich Auskunft über den anliegenden Pegel geben. Das war es aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Jedes Plug-in für sich offeriert ganz individuelle Features und Einsatzmöglichkeiten, die wir jetzt näher beschreiben wollen. Die Bedienoberfläche des D82 orientiert sich sehr stark am analog aufgebauten Hardware-Original und kann mit einer ausgesprochen unkomplizierten Bedienung aufwarten. Der Sonic Maximizer versteht sich als Multiband-Enhancer mit Verzögerungseinheit, der hauptsächlich zur Auffrischung des Klangbildes dient, ähnlich einem Psychoakustik-Prozessor vom Schlage etwa eines Aphex Aural Exciter. Der mit BBE Process bezeichnete Button schaltet das Plug-in auf Bypass, was von einer grün leuchtenden LED signalisiert wird. Diese Funktion ist allerdings eher als optische Dreingabe, respektive Referenz ans Vorbild zu sehen (in der Hardware zeigte diese LED übrigens eine Fehlfunktion des Operationsverstärkers an). Mit dem Regler Lo Contour findet die Bearbeitung der Tiefen statt. Hier geht es sehr deftig zur Sache und man muss aufpassen nicht zuviel des Guten zu tun. Auf entsprechende Mixe angewendet, sorgt der Parameter für ein deutliches Anheben des Bassbereichs, bei dem E-Bass und Bass-Drum heftig in die Magengrube drücken können, ohne jedoch das restliche Signal mit Pumpen oder Überbetonungen zu stören. Bemerkenswert: Die Bässe liegen genau da, wo man sie haben will, nämlich innerhalb des Soundbildes und nicht davor. Mit dem Process-Regler lassen sich je nach Geschmack die Mitten und Höhen nach vorne in den Mix holen. Jedoch ist auch beim Process-Parameter Vorsicht geboten, denn man gewöhnt sich sehr schnell an das frisch und edel wirkende Klangbild und hat leicht zuviel des Guten getan. Ebenso sollte man auch die Phasenlage in der DAW stets im Auge behalten. Grund: Man darf nicht vergessen, dass es sich beim D82-Plug-in um einen psychoakustischen Effekt handelt, welcher bei zu intensivem Gebrauch das Signal der Monokompatibilität beraubt. Mit dem Output Level-Regler lässt sich das Signal bei Bedarf schließlich um satte zwölf Dezibel anheben. Einziger Wermutstropfen: Die separate Bearbeitung von rechtem und linkem Kanal – wie im Original möglich – ist nicht vorgesehen, was schade ist und einen Eingriff in die Stereobreite des Signals unmöglich macht.

Sehr schön sind hingegen die mitgelieferten und sehr gut brauchbaren 18 Presets. Aufgeteilt in die Kategorien Drums, Gitarre, Bass, Piano, Vocals und Mastering, beweisen die Presets im Test zudem, dass der Sonic Maximizer keinesfalls aufs reine Mastering abonniert ist und auch hervorragende Dienste bei der Bearbeitung von Einzelspuren leistet. Eine Vokal-Aufnahme wird beispielsweise durch den beherzten Einsatz des Sonic Maximizers deutlich aufgewertet, ohne dass die Stimme künstlich oder womöglich sogar spitz wirkt. Auch der Einsatz auf Drums oder Bass macht dank der praxisnahen Presets wirklich Spaß. Der D 82 erweist sich ebenfalls als Geheimwaffe zur Rettung matt und dumpf klingender Aufnahmen und belegt den Mix sozusagen mit einer hauchfeinen Schicht aus „Feenstaub“.   Nächstes Plug-in im Bund(l)e ist der Harmonic Maximizer H82. Er ist sozusagen eine Erweiterung des D82 und erlaubt mit seiner Ausstattung, gezielter auf die einzelnen Frequenzbänder einzuwirken. Allerdings ähnelt seine Funktionsweise und Bedienung eher dem eines Multiband-Kompressors, wenngleich sich auch die Nähe zu einem Equalizer aufdrängt. Mit dem Lo Tune- Regler kann stufenlos eine Einsatz-Frequenz von 40 bis 150 Hertz angewählt werden, welche sich anschließend mit dem Lo Mix Parameter sehr effektiv herausmodellieren lässt. Ähnlich verhält es sich mit den Parametern  Hi Tune und Hi Mix. Der Regelbereich des Hi Tune Reglers deckt dabei einen Bereich von 554 Hertz bis 5,6 Kilohertz ab, der sich wiederum mit Hilfe des korrespondierenden Mix-Reglers in der Lautstärke anheben lässt. Der Output-Regler dient hingegen zum Dämpfen der Gesamtlautstärke. Sein Regelbereich erstreckt sich von Null bis -24 Dezibel. In der Praxis will der H82 tatsächlich weniger wie ein Psychoakustik-Prozessor, sondern eher wie ein Equalizer bedient werden. In dieser Funktion bewältigt er jedoch Aufgaben, die mit einem gewöhnlichen Equalizer nicht realisierbar sind, da sich beim Anheben und Absenken von Frequenzen noch viel mehr tut, wobei im Hintergrund das gleiche Konzept wie beim Sonic Maximizer greift, nämlich eine Verschiebung, beziehungsweise Verzögerung der Phasenlage. Konkret: Zusätzlich zum Anheben und Absenken der gewählten Frequenz, greift der H82 auch ins Obertonspektrum ein und hebt die Harmonischen des Frequenzbandes ebenfalls mit an. Wenn man so will, arbeitet das Plug-in somit wie ein „intelligenter“ Equalizer. Der Klang einer Bass-Drum kann beispielsweise auf diese Weise in ihrem relevanten Frequenzbereich zusätzlich subtil gefeatured werden und findet so auch in sehr dichten Mixen Gehör. Der Anwender sollte aber auch im Umgang mit dem H82 darauf achten, die Einstellungen nicht zu übertreiben und dafür Sorge tragen, dass das anliegende Signal monokompatibel bleibt.

Den krönenden Abschluß des Mastering-Trios markiert der L82 Loudness Maximizer. Als klassischer Brickwall Limiter verspricht er dem Anwender die ultimative Lautheit seines Mixes. Anders als im D82-Plug-in vermitteln die angebotenen Presets sehr deutlich, dass es sich beim L82 um ein ausgewiesenes Mastering-Tool handelt. Mit dem Sensivity-Parameter ist sozusagen der Threshhold eingestellbar. Der Release-Regler nimmt klassisch Einfluss auf die Eingriffszeit des Effektes. Der Clou: Im L82 ist es möglich eine äußerst kurze Release-Zeit bis zu 0,01 Millisekunden einzustellen, was wahrlich nicht alltäglich ist und das Plug-in vor allem als Limiter für sehr perkussives und dynamisches Material prädestiniert, da in dieser Einstellung eben nur die kurzen Pegelspitzen beschnitten werden. Bemerkenswert: Der Output Level Regler geht, ebenso wie beim H82, in den negativen Bereich und erlaubt nur Absenkungen der Lautstärke bis hinab -30 Dezibel. In der Praxis erweist sich der giftgrüne Racker als wahres Teufelchen: Gnadenlos pumpt er schon bei zaghafter Bedienung des Sensitivity-Reglers den Mix derart mächtig auf, dass einem Angst und Bange werden kann. Wenn man einen eher transparenten Klang bevorzugt, sollte man also sehr bedächtig mit diesem Regler umgehen, da sonst jede filigran ausgearbeitete Dynamik vollends zunichte gemacht wird. Gewissenhaft bedient, lässt sich mit dem L82 aber eine erstaunliche Lautheit erreichen, ohne dass der Mix an Lebendigkeit oder an Dynamik verliert. Rein klanglich drängt sich durchaus der Vergleich zum Loudness Maximizer aus der Steinberg Mastering Edition auf, wobei der L82 sehr viel sanfter und musikalischer ans Werk geht. 

 

Das Original: Der BBE Sound Sonic Maximizer

Der Multiband-Enhancer BBE Sonic Maximizer war eines der ersten Effektgeräte, welches Multibandkompression und frequenzabhängige Phasenverschiebung miteinander kombinierte, um die wahrgenommene Lautheit eines Signals zu maximieren. Die Premiere dieses Signalverarbeitungs-Konzepts fand im Modell 362 statt, das 1985 auf den Markt kam. Die verwendete Technik ist dabei simpel wie genial: Das Eingangssignal wird in drei Frequenzbereiche  (Hi-, Mid-, und Lo-Band) unterteilt. Die Laufzeiten, beziehungsweise Phasenlagen werden als Nächstes unabhängig voneinander verändert. Als Bezugspunkt für das Mid- und Lo-Band dienen hierbei die hohen Frequenzen beziehungsweise Einstellungen des Hi-Bands. Die tiefen Frequenzen werden hingegen in Bezug auf die mittleren Frequenzen verzögert beziehungsweise in der Phasenlage verändert. Diesen Eingriff nimmt der Hörer anschließend subjektiv als Auffrischung der Höhen wahr. Die Mitten wurden dabei gegenüber dem Hi-Band um 0,5 Millisekunden und die Tiefen gegenüber den Mitten um 2,5 Millisekunden verzögert. Überdies realisiert die Hardware mit Hilfe eines FET-Transistors eine dynamische Regelung des Hi-Bandes. Besonderheit: In der Stereo-Version des Gerätes arbeiten beide Kanäle unabhängig voneinander, so dass eine nachhaltige Änderung des Stereo-Panoramas möglich ist. Nicht unerwähnt bleiben soll dabei auch der Umstand, dass der Regelprozess im Hardware Sonic Maximizer ein leichtes Rauschen verursacht, welches in leisen Passagen durchaus hörbar ist. Die bekanntesten Geräte, die mit der Technik des Sonic Maximizers aufwarten, wurden unter der Bezeichnung 802, 822A, 422A, 862, 482i und 411A auf den Markt gebracht, wobei die Bezeichnung „A“ für Automatik steht. Diese Funktion steht für ein programmabhängiges Regelverhalten und ist bei vielen neueren Effektgeräten als „Look-ahead“ Funktion bekannt. Der Anwendungsbereich der BBE Sonic Maximizer-Geräte liegt hauptsächlich im Mastering zum Erzielen maximaler Lautheit und gelegentlich auch als Ersatz für einen Exciter, wobei er gegenüber diesen jedoch keine synthetischen Obertöne erzeugt. Auch in Rundfunkstudios fand und findet der BBE Sonic Maximizer viel Anwendung, um in der Sendesumme einen offenen und brillanten Klang zu erzeugen.

Fazit 

Mit dem Sonic Sweet Bundle schafft BBE Sound Inc. einen erfolgreichen Einstieg in die Welt der virtuellen Mastering-Effekte. Alle Plug-ins punkten mit kinderleichter, intuitiver Bedienung und bewahrt den Anwender vor einer Flut an überflüssigen Parametern. Geadelt wird das Paket zudem mit der gelungenen Emulation des legendären Hardware Enhancers 882i, der unseres Wissens nach bislang von keinem anderen Hersteller nachgebildet wurde. Negativ wirken sich jedoch die Tatsachen aus, dass der D82-und H82-Prozessor keine separate Kanalbearbeitung erlaubt und dass man keinen Zugriff auf das Mittenband von 150 bis 554 Hertz hat, was die Einsatzmöglichkeiten durchaus erweitern würde. Dafür punkten sämtliche Plug-ins des Sonic Sweet Bundles mit einem sehr transparenten und edlen Klang. Liebhaber eher Vintage-orientierter Klänge sollten sich eher woanders umsehen. Wer aber seinen Mix mit eine Prise „Elfenstaub“ veredeln will, oder gezielt Elemente des Signals räumlich „fühlbar“ machen will, liegt beim BBE Sonic Sweet Bundle genau richtig. Bei aller Begeisterung sollte aber nie vergessen werden, dass beim Einsatz weniger oft mehr ist.

 

 

Erschienen in Ausgabe 07/2010

Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 117 €
Bewertung: sehr gut – überragend
Preis/Leistung: sehr gut