Vintage is sexy!

Izotope legt ein neues Major-Update seiner überaus beliebten Mastering-Suite Ozone vor, die in Version 7 mit einer Reihe neuer Prozessoren bestückt ist und den analogen Vintage-Sound ins Mastering portieren wollen. Ab sofort soll Ozone dadurch klanglich vielfarbiger werden. Daneben wartet die neue Version mit weiteren faustdicken Überraschungen auf.

Von Georg Berger

Der amerikanische Software-Hersteller Izotope scheint es jetzt wohl wissen zu wollen. Nachdem zwischen den Updates von Ozone 5 auf Ozone 6 schlappe drei Jahre ins Land gingen, präsentiert der Hersteller bereits nach rund einem Jahr das nächste Update auf Version 7. Der Aufschrei der „Spezialisten“, die sich in der Vorversion noch massiv über den Wegfall diverser exotischer Parameter sowie des Reverb-Prozessors bitterlich beklagt haben (Test in Heft 01/2015), scheint mittlerweile verhallt zu sein. Mit dem wieder Hinzufügen von Modul-Presets, einem neuen Tube-Limiter-Algorithmus im Maximizer sowie einer adaptiven Release-Automatik im Dynamics-Prozessor in Version 6.1 setzte Izotope seinen Weg, eine komfortabel bedienbare Software auch für Einsteiger und Amateure anzubieten, stringent fort.

Die nächste Stufe dieses Wegs zeigt sich jetzt in Ozone 7. Wie gehabt, wird die Mastering-Suite in zwei Versionen angeboten, als Ozone 7 und Ozone 7 Advanced mit einer Reihe von Features und Prozessoren, die in der günstigeren Version ohne Advanced-Zusatz nicht drin sind, allem voran das Laden der Prozessoren als Single-Plug-ins in die DAW sowie die opulente Metering-Software Insight. Der Knaller schlechthin: Ozone 7 Advanced wird für nunmehr knapp 500 Euro bei Erstkauf angeboten, was rund die Hälfte günstiger ist, als bei den Vorversionen. Damit wird die große Version endlich auch für einen ungleich größeren Käuferkreis interessant. Die kleine Version geht für knapp 250 Euro über die Ladentheke, was im Vergleich zur Vorversion jetzt 20 Euro teurer, aber in jedem Falle verschmerzbar ist. Aber es kommt noch besser: Seit einiger Zeit stehen auch einige Software-Bundles im Angebot des Herstellers, die in Sachen Preis-Leistung im Vergleich zum Einzelkauf fantastisch überragend ausfallen. So ist Ozone 7 Advanced Teil des sogenannten Music Production-Bundles, das daneben mit den Anwendungen Nectar 2, Alloy 2 und Trash 2 (inklusive Expansions) daherkommt und das für schlappe 600 Euro. Sehr schön: Wer eine Ozone-Vorversion besitzt oder zwei der oben erwähnten Anwendungen, erhält entsprechend günstigere Crossgrade-Konditionen für etwa die Hälfte des Preises. Abseits dessen hat sich einiges in der siebten Version von Ozone getan.

Preisrutsch bei Erstkauf

Den mit Ozone 6 eingeschlagenen Weg, setzt Ozone 7 nahtlos weiter fort. Rein äußerlich ist alles beim Alten geblieben, wenngleich die neue Version in seinen Grundfarben eine Spur heller daherkommt. Die Anwendung ist sowohl als Plug-in wie auch Stand-alone einsetzbar. Im letzten Fall ist es möglich, beliebig viele Soundfiles zu laden, um ihnen ohne weiteres den klanglichen Feinschliff mit Hilfe der enthaltenen Prozessoren, aber auch mit sämtlichen auf dem Rechner enthaltenen VST- oder AU-Plug-ins zu verpassen. Denn Ozone fungiert mittlerweile auch als Plug-in Host. Schade ist allerdings, das nach wie vor nur maximal sechs Prozessoren geladen werden können, so dass nach wie vor der Umweg über das Laden einer weiteren Ozone-Instanz innerhalb von Ozone nötig ist, um diese Zahl zu erweitern. Und wo wir schon beim Meckern sind: Unverständlich ist auch, warum es nicht möglich ist, die Oberfläche frei skalieren zu können bis hin zur maximalen Bildschirmgröße. Izotopes RX-Anwendung kann das übrigens schon länger.

Der Fokus der Neuheiten in Ozone 7 Advanced ist primär auf das Thema Vintage-Sound ausgerichtet. Gleich vier Prozessoren mit entsprechendem Klangcharakter sind neu hinzugekommen, die sich anstelle einer dunkelgrauen Oberfläche mit einem hellgrauen GUI auch optisch von den übrigen Effekten absetzen. So ist der erwähnte Tube-Limiter-Algorithmus aus dem Maximizer verschwunden und in Form des Vintage Limiters neu auferstanden. Dieser Prozessor ist übrigens auch in der „kleinen“ Ozone Version enthalten. Die anderen Vintage-Prozessoren sind der Advanced-Version vorbehalten, als da wären ein Equalizer im Pultec-Stil, ein weiterer Kompressor mit drei wählbaren Charakteristiken sowie eine Bandmaschinen-Emulation, die sich im Klang an einer Studer A810 orientiert. Was die neuen Prozessoren bieten und wie sie klingen, heben wir uns noch für später auf. Denn abseits dessen sind weitere neue Features hinzugekommen, die nicht minder uninteressant sind.

Vier neue Prozessoren mit Vintage-Sound

Eindeutig in Richtung Stand-alone-Betrieb schielt der neue Codec-Dialog, der jetzt via Button aufrufbar, direkt neben dem Dither-Button auf der Hauptoberfläche unten rechts Platz genommen hat. Ab sofort können Projekte und Songs nicht nur im Wav- oder Aiff-Format, sondern jetzt auch im AAC- oder MP3-Format gerendert werden. Der Clou: Außer der Möglichkeit zum Bestimmen der Datenrate ermöglicht eine Preview-Funktion das Vorhören des zu rendernden Ergebnisses. In der Advanced-Version glänzt schließlich die Möglichkeit, sich sogar die durch das Komprimieren weggeschnittenen Signalanteile solo anzuhören. So ist es möglich bei allzu heftigen Qualitätseinbußen noch einmal in die Prozessoren zu gehen und durch Einstellungen dementgegen zu wirken. Das ist klug gedacht und verdient ein Extra Lob.

Weiter gehts mit dem Maximizer-Modul. Dort findet sich jetzt ein neuer, IRC IV getaufter Modus, der für einen weiteren Qualitätssprung in Sachen transparentes, musikalisches Brickwall-Limiting sorgen soll. Im Vergleich zum Vorläufer IRC III, der mit Hilfe von vier simultan werkelnden Limitern zur Analyse arbeitet, wobei zur Bewahrung der Transienten und eines transparenten Klangbilds immer das jeweils beste Resultat herangezogen wird, verfolgt der neue Algorithmus einen anderen Weg. „Spectral shaping“ wurde das von Izotope ersonnene Verfahren getauft, wobei der Hersteller volle und transparente Ergebnisse unter Bewahrung der Natürlichkeit von Transienten verspricht. Was sich genau dahinter verbirgt und wie diese Technik arbeitet, bleibt allerdings das Geheimnis des Herstellers. Dafür verspricht er, dass es auch nicht nötig sei, den Limiter ganz so hart anzufahren, um entsprechend voluminöse Ergebnisse zu erhalten. Das wollen wir sogleich auch einmal überprüfen. Drei Modi stehen im IRC IV-Algorithmus zur Auswahl: Classic, Modern und Transient. Während die beiden ersten Modi im Test eine CPU-Last in Cubase 8 Pro von rund 25 Prozent erzeugen, geht der Transient-Modus mit rund 35 Prozent ordentlich zur Sache. Zum Vergleich: Die IRC III-Algorithmen benötigen nur etwa 20 Prozent CPU-Last. Dafür kann sich das Ergebnis sowohl hören als auch sehen lassen. Bei Gleichstand der Parameter greifen die IRC IV-Modi ungleich behutsamer ins Material als die des IRC III-Algorithmus. Das ist nicht nur bildhaft an der zuckenden Gain-Reduction-Anzeige und der Verlaufskurve im Wellenform-Display zu erkennen, sondern auch hörbar. Bei gleich starker Lautheit klingen die Ergebnisse des neuen Maximizer-Algorithmus hörbar luftiger, transparenter und entspannter. Loudness-War adé können wir da nur sagen. Die Binnendynamik wird merkbar detaillierter abgebildet, alles ist ungleich besser durchhörbar, klingt weniger nervig und unsere Ohren ermüden nicht so leicht. Alleine dafür ist das Update auf Version 7 schon unbedingt empfehlenswert und heimst ein weiteres Lob für hohes Ingenieurs-Know-how ein.

Ebenfalls neu: Codec-Preview und MP3/AAC-Export

Widmen wir uns als nächstes endlich den Vintage-Prozessoren, wobei wir am Anfang gleich beim Vintage-Limiter Halt machen. Auch er besitzt drei Modi – Analog, Tube und Modern – die für eine subtile Dosierung des Vintage-Sounds sorgen. Besonderheit: Am Ende der Signalkette ist noch eine IRC I-Maximizer-Stufe integriert, die für das Einhalten des Maximal-Pegels sowie der True Peak-Funktion sorgt. Ansonsten kommt der Prozessor außer den üblichen Threshold-, Ceiling- und True Peak-Funktion lediglich mit einem Character-Fader daher, der im Test vergleichsweise kraftvoll auf Attack- und Release einwirkt. Laut Hersteller ist der Haupt-Algorithmus von den Eigenschaften des Fairchild 670 inspiriert. Im Hörtest zaubern die Modi Analog und Tube einen zwar subtilen, aber dennoch merkbaren Analog-Schimmer auf den Mix, wobei das Ergebnis tatsächlich kompakter und wie aus einem Guss klingt. Die Drums klingen überdies gerade im Tube-Modus eine Spur kerniger. Das Ganze lässt sich dabei mit Hilfe des Character-Reglers je nach Geschmack noch weiter herauskitzeln oder wegnehmen, der somit eine wichtige Sounddesign-Aufgabe erfüllt. Der Modern-Modus liefert hingegen nur noch homöopathische Dosen dieser Klang-Charakteristika. Für unseren Geschmack wäre dieser Modus nicht unbedingt nötig.

Bleiben wir noch bei den Dynamik-Effekten und kommen als nächstes zum Vintage-Compressor: Anders als der Dynamics-Prozessor verfügt die Vintage-Variante über keine Multiband-Fähigkeit. Lediglich ein Stereo- oder M/S-Modus ist verfügbar, was in jedem Falle – es soll ja um geschmackvolles Klang färben gehen – ausreicht. Die Ausstattung fällt standesgemäß mit den üblichen Parametern aus. Zusätzlich sorgt ein Detection-Filter im Sidechain nicht nur für das Eliminieren von Frequenzanteilen, die ungünstig auf das Kompressions-Ergebnis einwirken könnten. Gleich drei Bänder – zwei Shelfs und ein Peak-Filter ­ stehen zur Verfügung, um das Verhalten des in Feedback-Technik arbeitenden Dynamik-Knechts zusätzlich zu beeinflussen. Last but not Least sind auch im Vintage-Compressor drei Arbeits-Modi wählbar: Sharp, Balanced und Smooth. Dabei handelt es sich um verschiedene Verhalten der Zeit-Parameter, was uns an den Test des SPL Iron (Heft 12/2015) erinnert. Überdies wird das Release, unabhängig vom eingestellten Zeitwert, programmabhängig reguliert. Das macht schon einmal gehörig Appetit auf den Hörtest, den der Vintage Compressor als Sounddesign-Instrument für allzu sterile Aufnahmen mit Bravour löst. Durch das Zusammenspiel der Zeitkonstanten holen wir mit Leichtigkeit die typischen Kompressions-Artefakte und Verzerrungen hervor. Die drei wählbaren Modi verstärken beziehungsweise dämpfen dies je nach Geschmack und Anforderung. Im Sharp-Modus erzielen wir dabei den schärfsten Klang, der Transienten ordentlich betont und hervorscheinen lässt. Den Gegenpol markiert der Smooth-Modus, der dem eingespeisten Signal eine wohlig-angenehm klingende und zurückhaltende Gesamtdynamik verpasst. Der Balanced-Modus, wen wunderts, wählt den Mittelweg aus Sanftmut und Schärfe. Im Vergleich zum Dynamics-Modul, das sich als transparenter und unauffälliger Zeitgenosse mit Highend-Glanz auszeichnet, ist der Vintage-Compressor ein willkommener, klanglich färbender Kontrast, der Mixen schmeicheln und ihnen zu mehr Charakter verhelfen kann.

Highend-Glanz im Maximizer dank IRC IV

In die gleiche Kerbe schlägt auch der Vintage-EQ, der mit seiner Ausstattung an Parametern eindeutig in Richtung Pultec-EQ schielt. In der oberen Hälfte versammeln sich die Parameter des EQP-1A, die untere enthält Einstellmöglichkeiten für den Mittenbereich, wie sie das Pultec-Modell MEQ-5 offeriert. Hier wie dort sind Bässe und Höhen simultan im Pegel anheb- und absenkbar, was für die typische, musikalisch klingende Ein-/Ausbuchtung des Frequenzgangs sorgt. Ebenso steht in den Bändern eine Auswahl an Festfrequenzen zur Verfügung, die über Buttons angewählt werden. Besonderheit: Außer einer Stereo- und M/S-Bearbeitung der Kanäle, erlaubt der Vintage-EQ auch das unabhängige Entzerren der Stereo-Kanäle in einem Dual-Mono-Modus.
Im Hörtest verschönert der Vintage-EQ anliegende Signale auf eigentümliche Art und lässt sie in neuem Glanz förmlich erstrahlen. Wir können dabei einstellen was wir wollen, alles klingt irgendiwe immer gut. Selbst bei ganz behutsamen Einstellungen besitzt das Signal anschließend eine Art wohlig-weichen Klang-Charakter, alles wie ein zarter Schleier umhüllt und sie nachhaltig schönt. Dabei geht der Vintage-EQ zwar subtil, aber dennoch nachhaltig ans Werk. Einmal mehr zeigt sich, wie übrigens in allen anderen Tests passiver Equalizer auch, einmal mehr das musikalisches Potenzial, als wir den EQ auf Bypass schalten: Alles klingt auf einmal irgendwie harsch, unangenehm und falsch, was uns direkt wieder veranlasst, den Vintage-EQ zu aktivieren, der somit ein hohes Sucht-Potenzial birgt. Im Vergleich zu Mitbewerbern etwa von Softube, Universal Audio oder IK Multimedia, braucht sich der Izotope Vintage-EQ nicht zu verstecken und bereichert die neue Vintage-Farbpalette in Ozone 7 Advanced um eine weitere markante Facette.

Wer auf die bisherigen Module in seiner Arbeit verzichtet hat, aber seinen Mixen trotzdem einen ordentlichen Schuss Analog-Sound spendieren möchte, erhält mit dem Vintage-Tape-Modul jetzt die Möglichkeit, dies nachhaltig zu realisieren. Zwar gibt es im Exciter-Modul bereits einen Tape-Algorithmus, doch das Vintage-Modul erlaubt einen detaillierten Eingriff zum Formen des Sounds. Zwei virtuelle Geschwindigkeiten stehen zur Auswahl, via Input Drive kann der virtuelle Schaltkreis entsprechend heiß angefahren werden und mit Bias wird die Art der Verzerrung eingestellt. Jetzt noch ein Schuss Obertöne mit Hilfe des Harmonics-Faders eingestellt und das Gesamtklangbild mit dem Low- und High-Emphasis-Fader justiert, et voilà: Ein wunderbar herrlicher Tape-Sound von subtil und weich bis harsch und voluminös mit leichten Zerranteilen. Mit diesen Qualitäten gehört das Vintage-Tape-Modul fast ans Ende der Signalkette um dem Ganzen einen feinen Überzug zu verpassen und den Mix noch eine Spur kompakter zu gestalten. Im direkten Vergleich mit der Studer-Emulation von Universal Audio und dem Vintage Open Deck von Yamaha steht auch das Vintage-Tape-Modul auf Augenhöhe zu den Mitbewerbern.

Fazit

Izotope vollführt mit Ozone 7 Advanced gleich mehrere Schritte auf einmal nach vorne. Mit einem neuen, atemberaubend klingenden Maximizer-Algorithmus und dem Codec-Dialog wird die beliebte Mastering-Suite um Features erweitert, die auch die Kritiker der Vorversion wieder ins Boot holen dürfte. In Konsequenz wird vor allem die Stand-alone-Version damit ausgereifter. Die vier neuen Vintage-Prozessoren sind selbstverständlich Geschmackssache. Nichts desto Trotz sorgen sie nachhaltig für mehr Schönfärbung und bereichern Ozone 7 erstmals mit kreativen Sounddesign-Optionen. Wer den einen oder anderen Vintage-Effekt noch nicht in seinem Plug-in-Werkzeugkasten hat, erhält bei Kauf der Advanced-Version jedenfalls schon einmal einen entsprechenden Mehrwert. Der vergrößert sich nochmals, denn mit einem Preis von jetzt nur noch 500 Euro ist Ozone 7 Advanced im Vergleich zur Vorversion rund die Hälfte günstiger geworden. Das nennen wir mal kundenfreundlich.

Erschienen in Ausgabe 02/16

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 149
Bewertung: überragend
Preis/Leistung: sehr gut