Die fantastische 41
IK Multimedia legt endlich die vierte Version seiner Mix- und Mastering-Effekt-Suite T-Racks vor und hat dabei nicht mit interessanten Neuheiten im Major-Update gespart. Außer als Versions-Bezeichnung spielt die Ziffer vier dabei noch eine weitere bemerkenswerte Rolle. Welche das ist, steht im Test.
Von Georg Berger
Es gibt Zufälle, die mitunter schon recht bizarr anmuten und bei denen man leicht geneigt ist, eine schicksalsträchtige Sinnhaftigkeit darin zu vermuten. So ist es uns jetzt mit dem vor kurzem präsentierten Major-Update von IK Multimedias Effekt-Suite T-Racks ergangen. Vier Jahre sind seit dem letzten Major-Update vergangen und jetzt liegt T-Racks in Version 4 vor. Gleichzeitig hat der italienische Software-Produzent die Zahl an erhältlichen Produktversionen auf vier erhöht, wobei die größte Ausbaustufe, die zum Test angetretene Version CS Grand knapp 400 Euro bei Erstkauf kostet und mit vier mal vier, also 16 Prozessoren ausgestattet ist. Am anderen Ende der Produktpalette steht mit der Version CS Free eine kostenlose Version, die mit zwei – also der Hälfte von vier – Prozessoren, nämlich dem vierbandigen Classic-Equalizer und dem Host-Programm zum Laden der Effekte inklusive reichhaltig ausgestatteter Meter-Bridge aufwartet. Daneben gibt es die Version CS Classic, die ihrerseits mit den vier Prozessoren der ersten beiden T-Racks-Versionen ausgestattet ist, gefolgt von der Produktvariante CS Deluxe, die in Zahl und Ausstattung identisch zur dritten Version ausfällt und mit neun Signal-Prozessoren ausgestattet ist, was wohl die Ausnahme von der Regel darstellt. Doch es geht noch weiter: Fünf neue Prozessoren enthält die große CS Grand-Version, von denen wiederum vier Multiband-Prozessoren unter der Bezeichnung „Quad-Series“ zusammengefasst sind und ein frequenzselektives Bearbeiten von Signalen ermöglichen. Und raten Sie mal wieviel Bänder in diesen Prozessoren einstellbar sind. Richtig: Vier.
Überdies kann ab sofort auch der algorithmische CSR-Hall in T-Racks eingesetzt werden, der jedoch für rund 95 Euro in allen Versionen kostenpflichtig erworben werden muss (Test in Heft 11/2006). Auffälligerweise wartet das Hall Plug-in mit vier verschiedenen Hall-Arten und GUIs auf. Doch keine Angst, wir werden jetzt nicht in Zahlen-Symbolik und Kabbalistik verfallen. Nichts desto Trotz begegnen einem solche Auffälligkeiten nicht alle Tage. Doch lassen wir das und konzentrieren wir uns auf das Wesentliche.
Die Haupt-Neuheit in IK Multimedias Effekt-Boliden gibt sich gleich in der Bezeichnung der neuen Version zu erkennen, die anstelle einer Ziffer das Kürzel „CS“ trägt. Die Abkürzung steht für Custom Shop, den Anwender der Amplitube Gitarren-Amp-Emulationen schon länger kennen und der jetzt auch für T-Racks eröffnet wurde. Dabei handelt es sich um einen online Shop, der Browser-unabhängig aufgerufen wird und in dem die gesamte Palette verfügbarer Prozessoren zum Test und zum Kauf angeboten wird. Vorteil: Wer sich zunächst anstelle der großen CS Grand-Ausgabe für eine der kleinen Versionen entscheidet, kann sich darüber sein eigenes T-Racks modular und nach eigenem Gusto erweitern. Nächster Vorteil: Wie schon in der Vorversion können die Effekte sowohl innerhalb des T-Racks-Hosts oder als Einzel-Plug-in eingesetzt werden. Dritter Vorteil: Produkt-Updates des Host-Programms dürften künftig kostenfrei bleiben, es muss nur noch für neu erschienene Prozessoren bezahlt werden und auch nur für die, die einen auch wirklich interessieren. Damit gibt IK Multimedia dem Anwender volle Kosten-Kontrolle in die Hand. Bezahlt wird im Custom Shop übrigens mit einer eigenen Währung, den sogenannten Credit Points, wobei einzelne Effekte zwischen 40 bis 120 Credit Points rangieren. 20 Credit Points kosten dabei rund 16 Euro.
Im Kern basieren die neuen Custom Shop-Versionen auf dem Host-Programm von T-Racks 3. Somit hat sich in der Bedienung nichts geändert. Näheres darüber steht im Kasten auf Seite 57. Dazu zählt auch die Integration der Lautsprecher-Korrektur-Software ARC, die sich bequem von T-Racks aus starten lässt. Einziger Unterschied: Der Aktivierungs-Button startet ausschließlich das im letzten Jahr veröffentlichte Update auf ARC 2. Wer nach wie vor mit der ersten Version unterwegs ist, schaut in die Röhre, was Anlass zur Kritik gibt. Denn damit wird T-Racks CS in Sachen Flexibilität, explizit im Stand-alone-Betrieb, beschnitten und ein Teil der Klientel verprellt, die bestens mit der ersten ARC-Version zurecht kommen. Ganz erheblich meckern müssen wir auch bei der Ausstattung der integrierten Meter-Bridge. Trotz opulenter Ausstattung und vielfältiger Einstellmöglichkeiten hat IK Multimedia eine ganz wichtige Entwicklung schlicht und einfach verschlafen: Die Rede ist vom R128-Standard. Was also fehlt, ist eine Anzeige zum Messen der neuen Lautheits-Norm. Dafür gibt’s einen saftigen Punktabzug in Sachen Ausstattung. IK Multimedia sollte dies so rasch als möglich nachholen, denn in dieser Form genügt T-Racks CS professionellen Ansprüchen zurzeit nicht.
Nichts zu meckern gibt es hingegen bei den Zuwächsen im Effekte-Arsenal, dem British Channel und den vier Quad-Series Prozessoren, die das Arsenal um weitere Klangfarben und professionelle Mastering-Tools erweitert. Den Anfang macht der British Channel, der sich zwar rein optisch durchaus eigenwillig präsentiert, klanglich aber unverkennbar den klassischen Channelstrip-Sound der 80er Jahre SSL-Konsolen reproduziert. Erwartungsgemäß findet sich ein Vier-Bandiger Equalizer plus zwei in der Frequenz einstellbare Passfilter, gefolgt von der typisch ausgelegten Dynamik-Sektion, aufgeteilt in Kompressor und Noise Gate, respektive Expander. Zusatz-Funktionen wie das Umschalten der Equalizer-Charakteristik von der Brown- auf die Black-Knob-Serie, das Routen von Filter und EQ in den Sidechain sowie die Fast Attack und Hard-/Soft-Knee-Funktionen im Dynamik-Part fehlen ebenso wenig. Im Hörtest tritt der British Channel gegen die Solid Mix Series von Native Instruments und den Duende native Channelstrip von SSL an (Test in Heft 5/2011) und hinterlässt dabei einen markanten Eindruck. Im Grundsound zumeist vergleichbar, offenbart sich in Sachen Regelverhalten und Wirkmächtigkeit jedoch ein hörbarer Unterschied. Die IK Multimedia-Version klingt bei gleicher Parameterstellung stets zarter, luftiger, behutsamer und schlanker als die Versionen von Native Instruments und SSL. Durch Ändern des Input- und Output-Gains am Plug-in können wir diesen Unterschied jedoch nivellieren. Dennoch geht in Sachen Kraft und Vordergründigkeit das SSL-Plug-in als klarer Sieger hervor, der sich wie ein heldenhafter Wagner-Tenor eindrucksvoll in Szene setzt, wohingegen der British Channel eher das Stimmfach des lyrischen Tenors besetzt. Doch das ist kein Makel. So liefert der Kompressor des British Channel im Fast Attack Modus deutlich mehr Raumanteile und klingt plastischer als im SSL-Plug-in. Das Realisieren rhythmischer Gate-Effekte mit Hilfe des Noise Gate, gelingt uns mit der IK Multimedia-Version im Test ebenfalls ungleich besser als mit der SSL-und auch der Native Instruments-Version. Welche Version dabei jetzt die bessere sei, ist letztlich Geschmackssache und muss jeder selbst entscheiden. IK Multimedia offeriert jedenfalls eine musikalisch hervorragend einsetzbare Emulation eines SSL-Channelstrips mit markant klingenden Eigenschaften.
Gänzlich anders aufgestellt sind hingegen die Quad-Series-Effekte, die sich im Test als transparente, unauffällige und äußerst subtil ans Werk gehende Signal-Prozessoren zu erkennen geben, namentlich ein Kompressor, Limiter, De-Esser und ein Stereobasis-Tool. Damit sind sie prädestiniert, um im Mastering als chirurgische Fein-Werkzeuge für den letzten Schliff zu sorgen.
Im Test sind wir anfangs jedoch nur allzu leicht versucht, zuviel des Guten zu tun, vor allem beim De-Esser. Doch einmal an den (Nicht-)Sound und das unauffällige Verhalten gewöhnt, entdecken wir, dass selbst kleinste Parameter-Änderungen dennoch für Unterschiede im Klang sorgen. Mehr noch klingen die Signale über die Quad-Effekte irgendwie schöner und ein Hauch von Highend macht sich breit.
Die Bedienung der Multiband-Effekte erschließt sich dabei von selbst. Zwei bis vier Bänder sind aktivierbar, die ihrerseits in der Flankensteilheit einstellbar sind. Einzig der De-Esser fällt aus dem Rahmen, der über maximal drei Bänder verfügt, um auf die Art das Entfernen von Zischlauten in einem fest umrissenen Frequenzbereich zu realisieren. Über das Graphik-Display werden die Crossover-Frequenzen sowie die Lautstärke der einzelnen Bänder eingestellt. Sehr praktikabel sind auch die integrierten Solo- und Bypass-Funktionen, mit denen sich das ausgewählte Band entsprechend isoliert abhören oder abschalten lässt. Bis auf den De-Esser verfügen alle Multiband-Effekte auch über eine schaltbare M/S-Matrix, womit sie vollends prädestiniert fürs Mastering sind. Besonderen Eindruck hinterlässt dabei der Quad-Compressor, der in Opto-Charakteristik arbeitet und mit zu den gutmütigsten Dynamik-Effekten zählt, die wir je im Test hatten. Der Quad-Image Prozessor arbeitet per se im M/S-Modus und erzeugt im Test die hörbarsten Effekte, die von mono bis Super-Stereo reichen. Sehr praxisgerecht fällt auch der Quad-Limiter aus, der mit Peak-Charakteristik arbeitet und als Geheimwaffe einen schaltbaren Brickwall-Limiter am Ausgang enthält und im Test zuverlässig stets bei -0,2 dBfs abriegelt.
Fazit
Im Vergleich zu T-Racks 3 fällt das vierte Major-Update von IK Multimedias Effekt-Suite zwar nicht sehr spektakulär aus. Doch es müssen nicht immer die großen Änderungen sein. Mit der neuen Custom Shop-Funktion und vier Produkt-Versionen setzt der Hersteller auf die Zukunft, wobei der Anwender auf Updates künftig besser und flexibler bei voller Kostenkontrolle reagieren kann. Das neue Flaggschiff T-Racks CS Grand punktet mit fünf neuen, erwartungsgemäß hervorragend klingenden Prozessoren, die das Gesamtpaket merkbar ausgereifter erscheinen lässt. Allerdings trüben Schwachstellen wie die Ausstattung der Meter-Bridge den ansonsten positiven Eindruck, die hoffentlich alsbald beseitigt sein werden.
Mastering ouf of the Box: T-Racks kurzgefasst
Seit 13 Jahren sorgt IK Multimedia mit seiner Effekt-Suite T-Racks für guten Klang in der DAW, sei es im Mix oder Mastering. Was einstmals mit einer überschaubaren Zahl an Studio-Effekten begann, ist seit Version 3 (Test in Heft 1/2009) zu einem stattlichen Software-Bundle angewachsen. Das neue T-Racks Custom Shop basiert dabei im Wesentlichen auf der Vorversion, die wir kurz näher vorstellen wollen. Im Kern setzt sich T-Racks aus einem Host-Programm zur Aufnahme von Signal-Prozessoren zusammen. Dabei ist die Host-Shell sowohl Stand-alone, als auch als Plug-in einsetzbar. Die Stand-alone-Version enthält zusätzlich einen integrierten Audio-Player inklusive Fade- und Marker-Funktion, um an verschiedenen Stellen im Song unterschiedliche Settings blitzschnell aufrufen und einsetzen zu können. Via Export-Funktion inklusive aktivierbarem, eigens programmiertem Dithering können anschließend die bearbeiteten Stücke gerendert werden. Damit lässt sich ohne Zutun einer DAW komplett autark arbeiten. In der Plug-in-Ausgabe fällt der Audio-Player logischerweise weg. In beiden Varianten können insgesamt zwölf Prozessoren gleichzeitig eingesetzt werden. Jeweils vier Slots werden am Anfang der Signalkette parallel geführt, anschließend summiert und an weitere vier Slots geleitet (siehe Abbildung). Eine integrierte, opulent ausgestattete Meter-Bridge mit Anzeigen für Peak- und RMS-Level, Phasen- und Gonio-Meter sowie ein Spektrogramm gibt als ständig sichtbares Element Auskunft über die Qualität des anliegenden Signals. Überdies finden sich eine Vielzahl an Optionen zur Skalierung und Einstellung der Mess-Instrumente. Für exzellente klangliche Ergebnisse sorgen im Hintergrund schaltbare Features wie Oversampling, Linearphasen-Modus sowie ein Schutz vor digitalen Verzerrungen am Ausgang.
Doch zurück zur Oberfläche von T-Racks: Der Großteil der Bedienoberfläche ist den Signal-Prozessoren vorbehalten. Dabei hat IK Multimedia auf Konsistenz gesetzt. Die vier Effekte der ersten beiden Versionen inklusive der eigens dafür erstellten Presets, aufgesplittet nach Modul- und Effektketten-Versionen, sind bis heute fester Bestandteil von T-Racks. Projekte die mit den Vorversionen gerendert wurden, lassen sich dadurch auch in T-Racks 3 und natürlich auch in T-Racks CS Grand komplikationslos laden und weiter bearbeiten. Die Effekte der ersten und zweiten Version geben sich dabei durch ein sattes gelb im GUI eindeutig zu erkennen. Mittlerweile mit dem Zusatz „Classic“ versehen sind dies ein Vier-Band-Equalizer plus Passfilter, ein Kompressor mit integriertem Sidechain-Filter, ein Multiband-Limiter mit drei Bändern sowie ein weiterer Limiter-Effekt in Form des Soft Clippers. In Version 3 fand schließlich eine erhebliche Erweiterung mit neuen Prozessoren statt, wobei der Hersteller sowohl Emulationen legendärer Studio-Klassiker in Form des Fairchild 670-Kompressors und des Pultec EQP-1A Equalizers präsentierte, als auch mit weiteren Eigenkreationen aufwartete. So erhielt T-Racks 3 erstmals auch einen linearphasigen Sechs-Band-Equalizer mit fünf wählbaren Filter-Charakteristiken, einen Opto-Kompressor mit angenehm, weichem Regelverhalten sowie einen Brickwall-Limiter, der mit wählbaren Limiter-Algorithmen von transparent bis färbend punkten konnte. Überdies warteten die neuen Prozessoren – Ausnahme: der Brickwall-Limiter – erstmals auch mit einer integrierten M/S-Matrix sowie Dual-Mono-Signal-Bearbeitung auf, was die Bearbeitungsmöglichkeiten um moderne Features erweitert. Insgesamt erhält der Anwender mit diesem Gesamtpaket ein reichhaltiges Arsenal, um Mixe von unauffällig transparent, bis charakteristisch-färbend aufzupolieren. Doch damit fängt die nunmehr vierjährige Geschichte von T-Racks 3 erst an, denn IK Multimedia hat in der Folgezeit weitere bemerkenswerte Verbesserungen und Features hinzugefügt. Das erste Highlight markierte seinerzeit die Möglichkeit, die im Host-Programm aufrufbaren Prozessoren auch als einzelne Plug-ins in die DAW zu insertieren. Dazu zählt auch die Meter-Bridge. Konsequenz: Die T-Racks-Effekte können seitdem auch einzeln erworben werden. Nächstes Highlight war die Integration des Lautsprecher-Korrektur-Systems ARC (Test in Heft 1/2008) sowohl in die Stand-alone- als auch in die Plug-in-Version. Somit ließ sich auch der Klang der Monitore bequem von T-Racks aus kontrollieren und sorgte für einen weiteren Schub in Sachen Bedienkomfort und Klang. 2011 legte IK Multimedia schließlich mit zwei neuen Prozessoren für die T-Racks-Suite nach, namentlich der Black 76 und der White 2A, Emulationen der Dynamik-Klassiker Urei 1176 und Teletronix LA-2A (Test in Heft 9/2011). T-Racks 3 hat sich somit zu einem vielfältig einsetzbaren Klangverbesserungs-Instrument gemausert, das nicht nur äußerst flexibel einsetzbar ist, sondern mittlerweile gleichermaßen im Mix und Mastering zu Hause ist.
Erschienen in Ausgabe 02/2013
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 381 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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