Winzig, Mini, Nano
Sie sehen aus wie Spielzeug. Doch unterschätzen darf man die drei kleinen MIDI-Controller der Korg Nano-Serie in keiner Weise. Denn unter der Oberfläche schlummern, trotz vermeintlich überschaubarer Ausstattung, überraschende Features.
Von Georg Berger
Mit seinen jüngst veröffentlichten USB-Controllern NanoKey, NanoPad und NanoKontrol wird es der japanische Hersteller Korg leicht schaffen, für Aufmerksamkeit zu sorgen. Kein Wunder, verlagern sie die Meßlatte deutlich nach unten, wenn es um kompakte Gehäuse-Dimensionen in dieser Geräte-Gattung geht. Die komplett in Kunststoff gefertigten Controller sind gerade einmal so breit wie ein Laptop, in etwa so tief wie ein XLR-Stecker (inklusive Zugentlastung) und nur wenige hundert Gramm schwer. Ob man will oder nicht, sie sind deshalb ein echter Hingucker, nicht zuletzt auch durch ihre schneeweiße Gehäuse-Farbe – Apple lässt grüßen. Sehr attraktiv ist auch der Preis: Für jeweils gerade einmal 60 bis 70 Euro sind die drei Winzlinge erhältlich. Überdies legt Korg ihnen noch Gutscheine für Software bei wie Ableton Livelite, Toontrack EZ Drummer (nur NanoPad) und den Korg M1 LE-Software-Synthesizer (nur NanoKey). Jedenfalls erübrigt sich mit den drei Kompakt-Controllern ab sofort das Schleppen klobiger Hardware, denn sie finden problemlos Platz in fast jedem Rucksack oder Koffer. Sie dürften auch eine willkommene Alternative für diejenigen Anwender sein, die den einen oder anderen Controller nur hin und wieder nutzen möchten.
Jeder der drei Controller deckt dabei einen fest umrissenen Aufgabenbereich ab. Der NanoKey-Controller wartet mit einer zwei-Oktaven-Tastatur auf und richtet sich an Keyboarder. Das NanoPad mit seinen zwölf Pads eignet sich primär zum Einspielen von Drumsounds oder Starten von Samples. Mit an Bord: Ein XY-Controller, entlehnt aus den Effektgeräten der Korg Kaosspad-Serie, dient zur dynamischen Steuerung von Flams und Rolls. Der dritte Kandidat, das NanoKont-rol-Modell ist ein klassischer DAW-Controller, der mit neun Channelstrips und Transporttastenfeld ausgestattet ist. Ein Batteriefach sucht man vergebens, da die Geräte zu flach sind. Stattdessen versorgen sie sich über ihre Mini-USB-Buchse mit Strom vom Rechner, ein passendes Kabel ist im Lieferumfang enthalten. Die Ausstattung jedes Modells ist binnen weniger Augenblicke erfasst und vermittelt, oberflächlich betrachtet, nur einen eingeschränkten Funktionsumfang. Die Nano-Controller sind also doch nur ein nettes Spielzeug mit eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten noch unterhalb der Einsteigerklasse, könnte man meinen. Doch weit gefehlt, denn mit der kostenlos downloadbaren Kontrol-Editor-Software ist jeder Nano-Controller nachhaltig editierbar und offeriert so manche „professionelle“ Überraschung, wie etwa die flexible Vergabe verschiedener MIDI-Kanäle auf die einzelnen Bedienelemente und das Senden wahlweise von MIDI-Noten oder Controller-Daten beim Betätigen von Reglern und Tastern. Damit verlassen sie ihren Haupt-Aufgabenbereich und bieten sich als zusätz-liche Option an zum Steuern von Sequenzern, Editieren von virtuellen Instrumenten oder zum Spielen von Sounds – und das wohlgemerkt auf kleinstem Raum. Als erstes nehmen wir das Mini-Keyboard genauer unter die Lupe. Aufgrund seiner niedrigen Höhe – etwa einen Zentimeter – besitzen die NanoKey-Tasten einen sehr kurzen Anschlagsweg, was mehr an das Schreiben auf einer Computer-Tastatur als an das Spielen auf einem normalen Keyboard erinnert. Das Tastatur-Layout ist überdies gewöhnungsbedürftig und erinnert mehr an das einer Marimba, als an ein herkömmliches Keyboard. Das NanoKey geht also einen gänzlich eigenen Weg, weshalb sich ein Vergleich mit anderen Keyboards erübrigt und auch unfair wäre. Eine echte Überraschung im NanoKey ist jedoch die Tatsache, dass die Keyboardtasten sogar anschlagsdynamisch sind. Zwar ist damit kein nuanciertes dynamisches Spiel möglich, aber immerhin: es funktioniert. Korg demonstriert mit diesem Feature eindrucksvoll seine Ingenieurskunst.
Im Praxistest nehmen wir die spieltechnische Herausforderung erfolgreich an und haben die eigenwillige Tastatur bereits nach kurzer Eingewöhnungszeit fest im Griff. Wieselflinke Melodieläufe oder staccatohafte Akkordwechsel sind mit dem NanoKey kein Problem. Es ist alles nur eine Frage der Gewöhnung. Sicherlich: Pianistisch virtuose Musik ist damit nicht möglich, aber auch nicht beabsichtigt. Zum Einspielen von Bassläufen, Leads oder Akkord-Begleitungen reicht es aber allemal. Mit Hilfe der Oktav-Tasten transponieren wir das Keyboard blitzschnell in einem Bereich zwischen plus/minus vier Oktaven. Witzig: Pitchbend und Modulation werden ebenfalls über Tasten realisiert. Eine Besonderheit bietet der CC-Mode-Taster: Er schaltet die Keyboardtasten auf die ausschließliche Übermittlung von MIDI-Controller-Daten um. Im Test schalten wir damit die Channelstrips von Steinbergs Cubase-Mixer mit den schwarzen Tasten des NanoKey auf Solo und mit den weißen Tasten führen wir die Mute-Funktion aus. So wechseln wir blitzschnell zwischen Keyboardspiel und Kanal-Monitoring hin und her. Damit erschöpft sich fürs erste der Umfang an ausführbaren Funktionen des NanoKey. Doch über die Möglichkeiten der Kontrol-Editor-Software ist noch einiges mehr einstellbar: Dort lassen sich getrennt für die Übertragung der MIDI-Noten und Controller-Daten verschiedene MIDI-Kanäle einstellen, auf jede Keyboardtaste kann man eine eigene Controller-Nummer programmieren. Es stehen unterschiedliche Anschlagsdynamik-Varianten zur Auswahl und das Pitchbend kann in vier unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausgeführt werden. Allerdings bietet der Editor keine Funktion, um den Tonhöhenbereich des Pitchbends einstellen zu können, was schade ist und das NanoKey noch attraktiver gemacht hätte. So müssen wir uns im Test mit einer fest eingestellten Tonhöhenbeugung in einem Bereich von einem Ganzton nach oben und unten begnügen, was für unseren Geschmack jedoch zu wenig ist. Vermisst haben wir auch die Möglichkeit, an der Hardware verschiedene Presets aufzurufen, die beispielsweise unterschiedliche Sets an MIDI-Controller-Routings aufrufen. Die beiden anderen Nano-Controller verfügen über diese Möglichkeit und hätten auch das NanoKey in Sachen Flexibilität erweitert.
Als nächsten Controller knöpfen wir uns den NanoPad vor. Ähnlich wie der NanoKey ist er ebenfalls in der Lage, MIDI-Noten oder Controller-Daten zu senden, hier allerdings über zwölf anschlagsdynamische Spielflächen. Mit dieser Ausstattung schielt der NanoPad in Richtung der MPC-Serie von Akai und dient primär zum Spielen perkussiver Instrumente. Dies wird durch die Hold-, Flam- und Roll-Tasten zusätzlich unterstrichen, die in Verbindung mit dem genialen XY-Pad einsetzbar sind. Im Test drücken wir die Roll-Taste, anschließend spielen wir einen Sound und erzeugen einen dynamisch-lebendigen Wirbel durch simples Streichen des Fingers über das XY-Pad, mit dem wir gefühlvoll die Lautstärke und Geschwindigkeit der Tonrepetition regulieren. Ein Druck auf die Hold-Taste friert sozusagen die zuletzt gedrückte Position auf dem XY-Pad ein und wiederholt den Sound in dieser Einstellung solange bis wir nochmals auf die Hold-Taste drücken. Sehr schön: Ist keine der beiden Funktionen aktiv, führt das XY-Pad ein Pitchbending aus. Anders als beim NanoKey offeriert der Scene-Taster im NanoPad die Möglichkeit, vier Presets mit verschiedenen auf die Pads programmierten MIDI-Noten-Routings oder Controller-Nummern blitzschnell aufzurufen. Die Programmierung der Scenes und das Routing erfolgt natürlich im Kontrol-Editor. Dort kann für jedes Pad auch festgelegt werden, ob eine momentane Tasten- oder permanente Schaltfunktion ausgelöst werden soll und jedes Pad kann auf einem anderen MIDI-Kanal senden. Das macht den Mini-Controller zu einem flexibel einsetzbaren Werkzeug. Überdies können wir ebenfalls das XY-Pad zum Senden von MIDI-Controllern nutzen, das sich somit zu einem ganz besonderen Feature mausert. Im Test steuern wir mit dem XY-Pad die Morphing-Funktion des Kore Players von Native Instruments an, der Sounds aus seiner Electronic Experience abspielt (Test im letzten Heft). Durch das Fahren mit dem Finger über das Pad überblenden wir weich zwischen den einzelnen Sound-Variationen der Koresounds. So etwas hat nicht jeder Controller zu bieten, noch nicht einmal der eigens von Native Instruments entwickelte Kore Hardware-Controller. Im Test weiß die Anschlagsdynamik des NanoPads deutlich mehr zu überzeugen als beim NanoKey. Beim Ansteuern von Drumsounds aus Fxpansion BFD2 erlauben die Instrumenten-Pads ein sehr fein aufgelöstes und nuanciert dynamisches Spiel. Ein wildes Hämmern auf die Pads ist dabei noch nicht einmal erforderlich. Bereits ein leichter Druck führt zu einem Triggern des Sounds. Nach kurzer Eingewöhnungszeit haben wir auch beim NanoPad das richtige Spielgefühl erhalten, um Snare- und Tom-Schläge akzentuiert einzuspielen. Damit braucht sich das NanoPad vor seinen größeren Mitbewerbern wahrlich nicht zu verstecken und empfiehlt sich als ernst zu nehmende Alternative in Sachen Drumpad-Controller.
Der dritte Mini-Controller, der Korg NanoKontrol, ist mit seiner Ausstattung gezielt auf das Ansteuern virtueller Sequenzer-Mixer oder zum Editieren virtueller Instrumente ausgelegt. Wie ein klassischer DAW-Controller verfügt der NanoKontrol über neun Channelstrips mit je einem Fader, Drehregler und zwei Tasten. Ein Transporttastenfeld mit sechs Buttons sowie der bereits erläuterte Scene-Taster zum Aufrufen von vier verschiedenen Settings runden die Ausstattung ab. Obwohl die Fader über einen Regelweg von nur 30 Millimetern verfügen, haben wir uns im Test sehr schnell an sie gewöhnt. Das Aufziehen und Regulieren der Fader im virtuellen Cubase-Mixer lässt sich trotzdem präzise, weich und gefühlvoll realisieren. Gleiches gilt auch für die Drehregler, die eine blitzschnelle Ansprache besitzen und ebenfalls mit demselben Bedienkomfort aufwarten. Im Kontrol-Editor können wir wiederum umfangreiche Routings vornehmen und an die Hardware senden. Jeder Channelstrip kann dabei auf einem unterschiedlichen MIDI-Kanal senden – wichtig zum Steuern von Mixern, aber auch zum Editieren mehrerer Instrumente auf einen Schlag – und als Besonderheit ist es möglich, die Channelstrip-Tasten zum Senden von Noten- oder Controller-Informationen zu nutzen. Sehr schön: Senden die Taster Controller-Daten, lässt sich zusätzlich ein Attack- und Release-Parameter definieren, der den zuvor definierten Wertebereich dynamisch vom kleinsten zum größten Wert entsprechend schnell durchfährt und wieder zurück. Damit steuern wir, ähnlich wie bei den Pitchbend-Tasten des NanoKey nur deutlich gefühlvoller, das Filter-Cutoff eines Massive-Sounds im Kore Player. Last not Least gestattet der Editor noch das wahlweise Routen von MIDI-Controllern oder MMC-Befehlen auf die Transporttasten und erhöht die Einsatzmöglichkeiten des NanoKontrol noch einmal. Trotz oder gerade wegen der überschaubaren Ausstattung gerät die Arbeit mit dem NanoKontrol zu einem reinen Vergnügen, ganz gleich ob wir ein Arrangement mixen oder ein Instrument editieren. Dank der flexiblen Einstellmöglichkeiten und der vier Scenes können wir den Winz-Controller jeder Arbeitssituation flexibel anpassen.
Fazit
Die drei Controller der Korg-Nano-Serie beweisen erfolgreich, dass kompaktes Design und überschaubare Ausstattung nicht gleichzeitig mit eingeschränktem Funktionsumfang einhergehen muss. Dank der Editor-Software sind sie flexibel einsetzbar und bieten auf kleinstem Raum eine Menge Anwendungsmöglichkeiten. Für Mobil-Musiker sind die drei Geräte ein unbedingtes Muss.
Erschienen in Ausgabe 12/2008
Preisklasse: Economyklasse
Preis: 59 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut – überragend
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