Ein-Mic-Lösung

Das neue Apogee MiC 96k bietet sich als mobile Recording-Lösung für Mac und iOs-Geräte an und soll Gesangs-, Sprach- und Instrumenten-Aufnahmen in feinster Studio-Qualität ermöglichen. Wir sind gespannt.

Von Sylvie Frei

Warum müssen wir eigentlich auch unterwegs für professionelle Aufnahmen immer Mikrofon, Interface und Laptop mitschleppen? Geht es denn nicht noch etwas kompakter? Eine Antwort darauf wäre sicherlich einer der vielen portablen Stand-alone-Recorder, die wir in den vergangenen Ausgaben getestet haben – eine ganz andere hingegen der nun vorgestellte Testkandidat. Die Rede ist vom neuen Apogee MiC 96k, seines Zeichens ein digitales Kleinmembran-Mikrofon mit integriertem Vorverstärker und Wandler, das wie ein Audio-Interface mit iPad, iPhone, iPod touch oder Mac interagieren kann.

Hersteller Apogee, der ansonsten hauptsächlich Interfaces, Wandler und Vorverstärker der gehobener Klasse für den Mac entwickelt und anbietet, hat seine Erfahrungen aus der professionellen Studiotechnik in das MiC 96k gesteckt und mit ihm eine ernstzunehmende Kompakt-Recording-Lösung anbieten, die einem gewöhnlichen Studio-Mikrofon klanglich in nichts nachstehen soll. Das ist ein großes Wort. Darüber hinaus verspricht der Hersteller geringes Rauschen, höchste Signalqualität und feinste Detailtreue. Mit einem unverbindlichen Richtpreis von rund 270 Euro kostet die findige Plug-&-Play-Lösung etwa gleich viel wie ein Kleinmembran-Mikrofon am unteren Ende der mittleren Preisklasse.
Laut Hersteller eignet sich das MiC 96k besonders zur Aufnahme von Gesang, Sprache und akustischen Soloinstrumenten. Es wartet – wie der Name bereits erahnen lässt – mit einer Auflösung von bis zu 96 Kilohertz bei 24 Bit auf. Werden die so geschürten hohen Erwartungen erfüllt, könnte das MiC 96k für Musiker, Sprecher oder Podcaster, die ausschließlich über Mikrofon aufnehmen, tatsächlich eine günstige Alternative zur meist teureren Kombination aus Interface und Mikrofon sein. Doch auch wer eine kompakte Mobil-Recording-Lösung sucht, sollte weiterlesen. Denn gemeinsam mit dem ohnehin in vielen Musiker-Taschen obligatorisch vorhandenen Apple-Mobilgerät (iPhone, iPod touch oder iPad) passt das kompakte Mikrofon samt Zubehör bequem ins Handgepäck. Unterwegs heißt es dann nur: MiC 96k, Mini-Mikrofonstativ, Kabel und Mobilgerät samt Aufnahme-App (beispielsweise Apples kostenlose Garage Band-App) in einem ruhigen Hotelraum installieren – fertig ist das reisetaugliche Mini-Studio-Setup.
Klingt in der Theorie fast schon zu verlockend unkompliziert. Doch wie sich das MiC 96k tatsächlich in der Praxis schlägt und ob es dabei dem selbstgesetzten professionellen Anspruch wirklich gerecht wird, wollen wir zuerst gründlich testen.

Das Äußere
Auf den ersten Blick gleicht das MiC 96k einer Miniaturausgabe eines typischen Großmembran-Mikrofons. Mit einem Membran-Durchmesser von 16 Millimetern zählt es allerdings zu den Kleinmembran-Mikrofonen. Das MiC 96k hat eine feste Nierencharakteristik und eignet sich Bauart-bedingt im Besonderen für die Nahmikrofonierung einzelner Schallquellen. Die Einsprechrichtung ist aufgrund der aufrecht verbauten Kapsel seitlich und wird durch die Status-LED und das MiC-Logo gekennzeichnet. Mit Maßen von rund zwölf mal vier Zentimetern sowie etwa 200 Gramm Gewicht passt das kompakte Digitalmikrofon bequem in jedes Handgepäck. Sein schwarzes Zink-Gehäuse macht einen widerstandfähigen und solide verarbeiteten Eindruck. Ein Korb aus Stahldrahtgeflecht schützt die aufrecht stehende Kapsel.

Anschlüsse
Einziger Anschluss und Ausgang des MiC 96k ist ein auf der Unterseite verbauter sogenannter 8-Pin-Hirose-Ausgang, ein proprietärer Anschluss, in den sich jeweils eines der im Lieferumfang enthaltenen USB-, Lightning- und 30-Pin-Kabel einstöpseln lässt. Diese leiten das vorverstärkte und A/D-gewandelte Mono-Eingangssignal wie bei einem gewöhnlichen Interface in den Mac oder das Apple-Mobilgerät. Außerdem dient der Anschluss zur Buspower-Versorgung des MiC 96k. Messwerte können wir mangels weiterer Anschlüsse allerdings nicht liefern und müssen uns im Test stattdessen ganz auf die Klangbeurteilung stützen.

Aussteuerung
Zum Aussteuern des Eingangssignals ist das MiC 96k mit einem kleinen ungerasteten Einstellrad ausgestattet, das sich bequem mit dem Daumen bedienen lässt. Als Anzeige dient die dreifarbige Status-LED, die bei Betriebsbereitschaft blau, bei eingehendem Signal grün und bei Übersteuerungen rot aufleuchtet. Im Test erhalten wir, wenn wir das MiC 96k so justieren, dass die LED bei den lautesten Signalspitzen ganz knapp noch nicht von Grün nach Rot wechselt, ein perfekt ausgesteuertes Signal. Das erfordert zwar etwas Fingerspitzengefühl und Übung, gelingt im Test aber auch ohne Zuhilfenahme der Eingangspegelanzeige der verwendeten Aufnahmesoftware.

Monitoring
Da das MiC 96k ein reines A/D-Interface ist, muss der Nutzer beim (Direct-)Monitoring auf den integrierten Stereo-Ausgang des Macs oder Mobilgerätes zugreifen. Das Monitoring über diese internen Kopfhörer-Ausgänge gelingt zwar im Test mit unserem iMac und dem iPad 2 erstaunlich gut und mit noch praktikabler Latenz, entspricht aber eigentlich nicht dem professionellen Standard. Für Overdubbing-Aufnahmen, bei denen das Timing besonders präzise sein muss, wie etwa beim Einsingen einer zweiten Stimme, wären wir eigentlich auf ein latenzärmeres Monitoring angewiesen. Für bloße Soloaufnahmen oder grobe Overdubbing-Skizzen reichen die gegebenen Mittel hingegen aus. Dennoch sollte Apogee seiner nächsten MiC-Generation unbedingt einen Monitoring-Option spendieren – erst eine solche würde das Digitalmikrofon tatsächlich zu einer vollwertigen Alternative zu einer Mikrofon/Interface-Kombination machen.

Positionierung
Mit Hilfe des rückseitigen Stativgewindes lässt sich das MiC 96k bequem auf das im Lieferumfang enthaltene Mini-Stativ montieren. Bei letzterem handelt es sich um ein kleines Drei-Bein von etwa 10 bis 15 Zentimetern Höhe mit schwenkbarem Kopf und stufenlos ausrichtbaren Beinen, das dem Mikrofon zu einem soliden Stand auf dem Desktop verhilft. Schutz gegen Vibrationen ist zwar auf diese Weise nicht gegeben – allerdings machen sich im Test klanglich keine Beeinträchtigungen bemerkbar. Für den mobilen Einsatz ist das Mini-Stativ allemal hilfreich und zudem platzsparend.
Als alternative Montage-Option hat Apogee außerdem einen Adapter beigelegt, mit dem sich das MiC 96k auf einem gewöhnlichen Mikrofonstativ befestigen lässt. Allerdings macht uns für ein derartiges Setup die Länge der Verbindungskabel einen Strich durch die Rechnung. Die im Lieferumfang enthaltenen USB-, Lightning- und 30-Pin-Kabel haben nämlich lediglich eine Länge von rund 50 Zentimetern. Das USB-Kabel reicht jedenfalls ärgerlicherweise nicht aus, um den Abstand zwischen unserem iMac und dem Mikrofonstativ zu überbrücken. Um dieses Problem zu lösen muss der Nutzer allerdings nochmal in die Tasche greifen. Denn im Online-Shop des Herstellers (www.store.apogeedigital.com) sind tatsächlich drei Meter lange USB-, Lightning- und 30-Pin-Kabel als Zubehör für das MiC 96k erhältlich. Diese schlagen allerdings mit saftigen Preisen zwischen je nach Kabeltyp 25 und 40 Dollar zu Buche. Für unseren Test bleiben wir also bei der weniger professionellen Montageoption auf dem Mini-Stativ und nehmen das unkomfortable Singen im Sitzen vor dem Desktop in Kauf.

Kompatibilität
Das MiC 96k verträgt sich, wie bereits erwähnt, mit vielen Apple-Geräten – dazu zählen alle Mac-Rechner mit USB-Anschluss, sowie iPhone, iPod touch oder iPad mit 30-Pin- oder Lightning-Anschluss. Alle Betriebssysteme ab OS X 10.7.5 und iOS 6.1 werden unterstützt, einschließlich der beiden neusten: OS X 10.9 und iOS 7. Softwareseitig kommt das MiC 96k mit Apple-Aufnahmeanwendungen aller Art wie etwa der kostenlosen Garage Band-Software beziehungsweise der gleichnamigen App gut klar. Im Test lässt sich das Mikrofon aber auch mit der GPL-Recording-Software Audacity auf dem Mac problemlos einsetzen.

Interaktion mit Mac und iPad
Die Interaktion zwischen dem MiC 96k und dem iMac sowie dem iPad 2 funktioniert im Test reibungslos und unkompliziert. Das Mikrofon ist Plug-&-Play-fähig und lässt sich ohne vorherige Treiberinstallation oder nervige Reboots direkt an die Apple-Geräte anschließen. In der Software wählen wir lediglich das MiC als Eingabegerät aus, wählen die Samplerate, justieren die Eingangsaussteuerung und los geht es.

Klangbeurteilung
Für unseren Praxistest haben wir mit dem MiC 96k mehrere Gesangs- und Sprechstücke sowie eine Tinwhistle-Melodie aufgenommen, was dank des unkomplizierten Handlings schnell und problemlos gelang. Von der Klangqualität sind wir vom ersten Moment an mehr als angetan.
Apogee hat also den Mund nicht zu voll genommen: Klanglich kann das MiC 96k tatsächlich mit einem guten Oberklasse-Interfaces samt gutem Mittelklasse-Kleinmembran-Mikrofon mithalten. Sämtliche Aufnahmen klingen klar, detailliert und stimmig – Rauschen ist überhaupt kein Thema. Unsere Aufnahmen sind von feinen, klaren und offenen Höhen und stimmigen Mitten dominiert. Die Tiefmitten erscheinen hingegen etwas zurückhaltend, sodass die Brusttöne der Gesangsstimme ein wenig in den Hintergrund treten, was sich aber insgesamt im Rahmen hält. Tinwhistle, Gesang und Sprechstimme klingen dennoch stimmig und tragend. Kleine Unebenheiten in der Artikulation werden durch das MiC nicht überbetont, allerdings auch nicht glattgeschliffen.
Ein Nahheitseffekt ist indes nur ganz leicht vorhanden und kaum als Gestaltungsmittel für den Sänger oder Instrumentalisten einsetzbar, was wir bei einem Kleinmembran-Mikrofon auch nicht anders erwartet haben. Durch seine offenen Höhen ist das Mikrofon etwas anfällig für hohe Artikulationsgeräusche, was aber nicht störend auffällt. Stattdessen verleiht diese Eigenheit den Aufnahmen einen leicht Exciter-artigen Effekt, welcher der Stimme im Mix oder auch beispielsweise im Podcast-Einsatz sogar zu mehr Durchsetzungsvermögen verhelfen kann.
Trotz Singens ohne Windschutz ist die Kleinmembran des MiC 96k übrigens angenehm unempfindlich gegenüber Atem und Luftbewegungen. So muss für den Reiseeinsatz nicht immer zwangsweise ein Windschutz mit ins Gepäck.

Fazit
Alle Achtung: Klanglich wird das Apogee MiC 96k seinem selbstgestellten professionellen Anspruch rundum gerecht. Anspruchsvolle Sänger, Sprecher oder Instrumentalisten, die hauptsächlich Soloaufnahmen anfertigen, können mit ihm durchaus glücklich werden. Punktabzug gibt es allerdings für die fehlende integrierte Monitoring-Option und die zu kurz geratenen Verbindungskabel.

Erschienen in Ausgabe 08/2014

Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 237 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut