Die Brüder Löwen-Her(t)z
Hersteller Black Lion Audio wird erstmalig mit gleich zwei Vintage-inspirierten Mikrofon-Vorverstärkern in Deutschland vorstellig. Beide Geräte locken mit attraktivem Kaufpreis und verheißen edlen Klang.
Von Sylvie Frei
Der US-amerikanische Hersteller Black Lion Audio ist in Deutschland noch ein Unbekannter. Das in Chicago ansässige Unternehmen hat sich in seiner Heimat zunächst vor allem mit der Optimierung und Modifikation bekannter Audio-Interfaces einen Namen gemacht. Dort bietet Black Lion unter anderem modifizierte Geräte von Avid/Digidesign, Focusrite, Apogee, Universial Audio, RME, Steinberg, MOTU oder SSL an. Die beim „Pimpen“ anderer Geräte erworbenen Kenntnisse nutzt Black Lion mittlerweile auch für die Entwicklung und den Bau eigener Produkte. Dazu zählen bislang Mikrofon-Vorverstärker, Wandler, Wordclock-Generatoren und Outboard-Geräte mit gehobenem Anspruch, doch moderaten Preisen – allesamt „made in USA“. Seit März 2014 arbeitet Black Lion Audio mit dem Vertrieb Audiowerk zusammen, der die selbstentwickelten Produkte des Herstellers nun auch in Deutschland und in der Schweiz vertreibt.
Mit den Modellen Auteur und B173 dürfen wir gleich zwei Black Lion-Mikrofon-Vorverstärker bei uns begrüßen. Es handelt sich dabei um analoge, Vintage-inspirierte Kompakt-Preamps im Halbrack-Format, die für einen attraktiven unverbindlichen Richtpreis von rund 500 (B173) beziehungsweise 560 Euro (Auteur) zu haben sind. Damit richtet sich der Hersteller an anspruchsvolle Musiker und Toningenieure, die mit einem mittleren Budget haushalten müssen, aber nicht auf edlen Vintage-Sound verzichten wollen.
Der zweikanalige Auteur, seines Zeichens ein reinrassiger Mikrofon-Vorverstärker, ist eine Black Lion-Eigenentwicklung, die zwei unterschiedliche klassische Schaltungs-Designs zu einer neuen charaktervoll klingenden Variante kombiniert. Der einkanalige B173 lässt sich hingegen sowohl als Mikrofon- als auch als DI-Vorverstärker nutzen. Er wurde laut Hersteller dem legendären Neve 1073 Preamp nachempfunden und soll mit einem ähnlich gearteten Sound aufwarten. Wir sind gespannt, was die beiden „schwarzen Löwen“ zu bieten haben.
Beide Preamps besitzen ein robustes und sauber verbautes Aluminium-Gehäuse mit stabiler, rund zwei Millimeter dicker Frontplatte. Die Frontplatten stehen seitlich über und sind mit Löchern versehen, sodass der unkomplizierten Montage ins Rack nicht im Wege steht. Beide Geräte sind im kompakten 9,5 Zoll-Halbrackformat konstruiert und beanspruchen im Rack eine Höheneinheit. Mit nur rund eineinhalb Kilogramm Gewicht lassen sich die beiden Preamps auch bequem zum Einsatz unterwegs transportieren.
Auteur:
Der Auteur ist mit symmetrischen XLR-Eingängen für zwei Mikrofone ausgestattet. Beide Eingänge sind mit Phantomspannung, Phasenumkehr-Funktion und einer -10 dB-Vordämpfung ausgestattet – allesamt vorbildlich separat pro Kanal schaltbar. Auf ein Hochpassfilter hat der Hersteller indes verzichtet. Ausgangsseitig sind zwei symmetrische 6,3 mm-Klinken verbaut. Zwar wären XLR-Ausgänge die professionellere Lösung gewesen, doch bei einer so kompakten Bauweise fehlt für eine derartige Ausstattung schlicht der notwendige Platz im Gehäuse.
B173:
Der einkanalige B173 verfügt über einen symmetrischen XLR-Eingang für den Anschluss von Mikrofonen und eine unsymmetrischen 6,3 mm-HiZ-Eingang für das direkte Einstöpseln von E-Gitarre oder E-Bass. Er ist also Mikrofon- und DI-Verstärker in einem. Für Kondensator-Mikrofonen steht Phantomspannung bereit sowie für beide Signaltypen (Mic und HiZ) eine Phasenumkehrfunktion. Eine Vordämpfung oder ein Hochpassfilter besitzt der Preamp nicht. Als Ausgang dient wiederum ausschließlich ein symmetrischer 6,3 mm-Klinkenanschluss– ein professioneller XLR-Anschluss wäre allerdings auch hier wünschenswert.
Der B173:
Bei der Entwicklung des B173 hat sich das Black Lion-Team, zum Ziel gesetzt, einen Studio-Preamp mit Vintage-Klang zu einem erschwinglichen Preis zu gestalten. Ziel für die Entwickler war es, sich „so originalgetreu wie möglich“ an der „Essenz“ der Neve 1073er Vorstufen zu orientieren.
Jesus Ortiz von Black Lion Audio bringt das Konzept auf den Punkt: „Wir nutzten eine ähnliche Reihenfolge und Art von Verstärker-Stufen wie sie im Neve-Original zu finden sind, arbeiteten aber mit ein paar modernen Modifikationen, um den Sound ein wenig zu variieren. Wir versuchten die Höhen etwas offener zu gestalten und den Mitten etwas mehr Aggressivität zu verleihen, wie es eher bei Preamps der Fall war, die nach den Neves entstanden sind. Der interne Signalfluss ist vollsymmetrisch, auch für den DI-Kanal. Für den Mikrofoneingang nutzen wir einen Cinemag-Übertrager, am Ausgang werkelt ein Edcor-Übertrager. Die DI-Sektion ist ein aktiver FET-Eingang.“
Auteur:
Beim Schaltungsdesign des Auteur verfolgte Black Lion Audio einen eigenen Ansatz: Eine Mischung aus übertragerloser Schaltung mit Operationsverstärker und klassischer Übertrager-Schaltung. Jesus Ortiz erklärt: „Der Auteur basiert auf einer einfachen, übertragerlosen Operationsverstärker-Eingangsstufe – wie beispielsweise bei einem Instrumentenverstärker. Die Signalverstärkung verläuft auch hier voll symmetrisch um Störgeräusche bei hoher Eingangsverstärkung abzumildern. Die nächste Komponente puffert den Ausgang, um das Signal für den Ausgangsübertrager vorzubereiten. Auf Klangebene soll dieser der offen klingenden Operationsverstärker-Stufe eine saubere und sanftere Vintage-Note beisteuern.“
Das Einstellen der Eingangspegel gelingt bei beiden Preamps nicht ganz so reibungslos wie erhofft. Das hat vor allem damit zu tun, dass sie über keinerlei Pegel-Anzeige oder Clip-LED verfügen. Die Aussteuerung erfolgt also mehr oder weniger im Blindflug – beziehungsweise akustisch mit einem lästigen Kontroll-Blick Richtung Wandler oder Aufnahmesoftware. Dafür gibt es für beide Geräte Punktabzug. Wenigstens eine Clip-LED wäre unserer Meinung nach angebracht, die beispielsweise bei -3 dB unter Vollaussteuerung vor drohender Übersteuerung warnt und so optisch Unterstützung beim Pegeln gibt.
Die Gain-Reglung der beiden Preamps ist unterschiedlich konzipiert. Der Auteur besitzt pro Kanal ein einzelnes Bedienelement: einen ungerasteten Poti, der das Signal stufenlos und fein aussteuern lässt. Der B173 verfügt hingegen über zwei Bedienelemente: einen in 12 Stufen gerasteten Gain-Drehschalter und einen ungerasteten Output-Drehregler. Im Test befände sich die Stellung für eine optimale Aussteuerung genau zwischen zwei Rasten des Drehschalters. Daher wählen wir niedrigeren Pegel, um keine Übersteuerung zu riskieren. Mit Hilfe des Output-Drehreglers können wir die nun fehlende Lautstärke zwar etwas ausgleichen. Dennoch lässt sich das Eingangssignal über den einzelnen, ungerasteten Poti des Auteur unkomplizierter pegeln.
Auteur:
Die Empfindlichkeit der beiden Mikrofoneingänge des Auteur liegt bei sehr guten rund -59,4 Dezibel, was in etwa dem Wert unserer Spitzenklasse Preamp-Referenz, dem 1.700 Euro kostenden Lakepeople F 355 (Test in Ausgabe 8/2006), entspricht. Damit steht auch dem Anschluss leiser dynamischer Mikrofone nichts im Weg. Der Auteur kann deren Signale um bis zu 88,8 Dezibel verstärken. Damit übertrifft er die Referenz um 5,4 Dezibel. Bei den Werten für Geräusch- und Fremdspannungsabstand, die mit guten 74,3 beziehungsweise 71,9 Dezibel vollkommen in Ordnung gehen, hat allerdings die Referenz, die Werte von 91,7 beziehungsweise 86,2 erreicht, die Nase vorn.
Die Klirrfaktorwerte des Auteur liegen überwiegend um sehr gute 0,02 Prozent. Im Bassbereich zwischen 20 und 100 Hertz kommt er allerdings nur auf 0,15 Prozent, was in diesem Frequenzbereich aber noch immer weit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt.
Bei der Gleichtaktunterdrückung werden zwischen zwanzig Hertz und zwei Kilohertz noch akzeptable Werte zwischen -60 und -55 Dezibel erreicht. Zwischen zwei und 20 Kilohertz steigen die Werte jedoch kontinuierlich auf -43 an. Der Anstieg im Höhenbereich ist vergleichsweise unkritisch – ein erhöhter Pegel im Bassbereich würde hingegen die Gefahr von Brumm-Einstreuungen bei langen Kabeln erhöhen, was beim Auteur glücklicherweise nicht der Fall ist.
B173:
Der B173 kann sogar mit einem noch empfindlicheren Mikrofoneingang aufwarten als der Auteur. Mit -81,9 Dezibel bei der Eingangsempfindlichkeit zeigt er einen überragenden Wert. So kann der B173 auch flüsterleise Bändchen-Mikrofon ohne eingebaute Übertrager verstärken – übrigens um überragende 102,4 Dezibel.
Bei den Geräusch- und Fremdspannungswerten von 77,5 beziehungsweise 74,4 Dezibel ist der Instrumenten-Eingang des B173 gut aufgestellt. Die Mikrofoneingänge können mit noch immer guten 66,4 beziehungsweise 62,4 Dezibel aufwarten.
Das FFT-Spektrum des B173-Mikrofoneingangs zeigt einen niedrigen Noisefloor von -80 Dezibel, der nicht nennenswert überschritten wird. Die Klirrfaktorwerte des Mic-Eingangs bewegen sich überwiegend um sehr gute 0,06 Prozent – im Bassbereich unter 50 Hertz werden zwar maximale Werte von 0,2 Prozent erreicht, was aber bei Bassfrequenzen völlig unproblematisch ist. Gleiches gilt für die noch etwas besseren Werte des HiZ-Eingangs, die sich zumeist um 0,02 Prozent bewegen und lediglich unterhalb 200 Hertz von 0,03 auf 0,2 Prozent fallen.
Für unseren Praxistest haben wir mit beiden Preamps und unserer Kleinmembran-Referenz, dem Schoeps MK2H/CMC 6U, unterschiedliche Gesangsaufnahmen von Pop-, Rock- und Klassik-Stücken aufgezeichnet.
Auteur:
Der Auteur besitzt einen vollen, wenig färbenden Grundklang. Der Preamp belässt das Signal detailreich, filigran und sanft konturiert. Die Gesangsaufnahmen sind bestimmt von angenehm offenen Höhen, leicht dominierenden, subtil nasalen Mitten sowie einem satten Bass-Fundament.
Die Stimme klingt tragend und weiträumig – der Raumanteil, den das Kleinmembran-Mikrofon mit seiner Kugelcharakteristik aufgezeichnet hat, ist deutlich hörbar. Konsonanten werden durch die offenen Höhen sehr deutlich abgebildet aber dennoch nicht überbetont. Insgesamt klingt die Stimme etwas voluminöser als über unsere sehr transparent klingende Lakepeople F 355-Referenz. Das liegt vor allem daran, dass der Auteur vergleichsweise etwas vollere Mitten und Bässe besitzt, die der Stimme subtil mehr Kraft und Tragfähigkeit verleihen. Besonders bei sanft aber auch rockig intonierten Stücken kommt die Stimme so sehr gut zur Geltung. Einzig bei den klassisch intonierten Stücken sind wir nicht ganz überzeugt. Die nasale Note in den oberen Mitten passt nicht zu unserem klassischen Material und das starke Vibrato wirkt mit dem Auteur etwas unwirscher als beispielsweise über die Referenz. Für Pop- oder Rockgesang können wir den Auteur indes uneingeschränkt empfehlen.
B173:
Anders als der Auteur kann der B173 mit einem eher intimen Grundklang aufwarten, der gleichermaßen kraftvoll, aber weniger weiträumig als der des Auteur tönt. Mit dem B173 kommen besonders die hohen und tieferen Frequenzanteile der Stimme – offene, klare Höhen und angenehm sonor klingende Tiefmitten – gut zur Geltung. Die höheren Mitten klingen ausgewogen, aber weniger aufdringlich als über den Auteur. In dieser Hinsicht gleicht der B173 eher der Lakepeople-Referenz. Anders als bei der Referenz kommen die tieferen Mitten allerdings merklich kräftiger und sonorer zum Vorschein. Auch mit dem B173 trägt die Stimme gut, es wird allerdings nur wenig Rauminformation hörbar. Der Klang ist insgesamt deutlich präsenter und dadurch intimer, was uns im Test aber sehr gut gefällt. Die Konsonanten werden auf den B173-Aufnahmen deutlich und konturiert, aber nicht störend abgebildet – das hat der Preamp mit dem Auteur gemeinsam.
Das klassische Vibrato tönt über den B173 kraftvoll, aber gut geordnet. Stark mittige und kräftige Passagen bekommen ordentlich Druck während sanfte Stücke ihren zarten und zerbrechlichen Charakter behalten. Insgesamt gefällt uns der Klang des B173 noch etwas besser als der des Auteur.
Fazit
Der Auteur und der B173 entpuppen sich im Test als „löwenstarke“ Oberklasse-Preamps, die Vocal-Aufnahmen mit ihrem jeweils individuellen Klang zum Glänzen bringen. Einzig das Fehlen von Pegel/Clip-Anzeigen macht das Aussteuern der Black Lions etwas unkomfortabel. Insgesamt überzeugen sie dennoch mit feinem Vintage-Klang zu fairen Preisen.
Erschienen in Ausgabe 09/2014
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 524 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut
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