Kompakt, günstig – Lake People
Mit dem zweikanaligen MIC-PRE C360 präsentieren Lake People ihre exzellente Vorverstärkertechnik nun auch im kompakten Desktopformat. Wir schauen und hören, was der Kleine leistet.
Von Johannes Dicke
Wie muss man sich die ideale Signalübertragung vorstellen? Eine Antwort auf diese Frage lässt sich zunächst nicht eindeutig geben, stehen sich doch immer zunächst die beiden gegensätzlichen Attribute „klangneutral“ oder „klang färbend“ gegenüber. Fest steht zu aller erst: Es ist Geschmackssache, abhängig vom jeweiligen Musik-, beziehungsweise Klangstil, und zudem greift letztlich auch oft schlichtweg die Regel, dass am Schluss jene Klangvariante gewinnt, welche sich im Mix am besten durchsetzt. Doch wie auch immer – die möglichst verlustfreie, klangneutrale Übertragung von Audiosignalen ist seit je her eines der tontechnischen Ideale, dem sich der renommierte Hersteller Lake People verschrieben hat. Unter dieser Prämisse werden in Konstanz am Bodensee seit 1986 hochwertige Signalwandler, Mic-Preamps, sowie Kopfhörerverstärker gebaut und in bester Unternehmenstradition ist kürzlich ein weiterer Spross entsprungen: Der MIC-PRE C360 ist ein zweikanaliger Mikrofonvorverstärker in Transistorbauweise und gehört zur Kompaktabteilung des Lake People-Produktportfolios. Konzipiert wurde er als platzsparender und portabler Desktop-Preamp, der laut Herstellerangabe mit exzellenten Klangeigenschaften aufwarten soll. Dank optionaler Batteriespeisung, auf die später noch eingegangen wird, findet er nicht nur im beengten Projektstudio seinen Platz, sondern empfiehlt sich besonders für anspruchvolles Field Recording, bei dem das von Lake People bekannte, natürlich-unverfälschte Klangbild verlangt ist.
Mit rund 13 Zentimetern Breite misst der kleine Lake People gerade mal ein Viertel eines 19“-Zoll Gerätes. Für den Fall, dass entsprechender Platz im Studiorack frei ist, gibt es den C360 unter der Bezeichnung F366 auch in einer Rack-Version. Soll ein Mehrkanal-System aufgebaut werden, kann das 360er Modul Mehrkanal seine kompakte Größe ausspielen: In das 19 Zoll-Gehäuse passen bis zu drei C360-Module mit insgesamt sechs Kanälen, inklusive Stromversorgung. So bietet Lake People neben dem zweikanaligen F366-S(tereo) (695,- Euro) außerdem eine Vierkanalvariante F366-D(ual) (1090,- Euro) und den sechskanaligen F366 T(riple) (1619,- Euro) an.
Doch zurück zum C360: Das Gehäuse aus gebürstetem Edelstahl sieht gut aus und macht einen robusten Eindruck. Alle Teile sind sicher und servicefreundlich miteinander verschraubt, Spaltmaße sind kein Thema und das Geräteinnere ist durch den drei Millimeter starken Gehäusestahl bestens geschützt.
Auch Front- und Rückseite präsentieren sich tadellos: Alle Potis und Schalter lassen sich einwandfrei bewegen und sind übersichtlich in zwei Sektionen angeordnet. Das Layout der Bedienelemente bietet frontseitig die wichtigsten Funktionen, die bei einem Mic-Preamp zu erwarten sind: Pro Kanal ist ein zwölfstufiges, in sechs Dezibel-Schritten gerastetes Gain-Poti vorhanden, mit dem sich eine Verstärkung von +6 bis maximal +66 Dezibel einstellen lässt. Im Studioalltag stellt sich diese Rastung jedoch als ungünstig heraus, werden in der Praxis doch immer wieder deutlich kleinere Verstärkungsschritte benötigt. Stattdessen hätten wir uns an dieser Stelle eine stufenlose Gain-Einstellung gewünscht.
Unterhalb der Gain-Potis befinden sich ein Schalter für die Phasenumkehr, sowie ein bei Bedarf aktivierbarer 70Hz Low Cut Filter, nebst zugehöriger Status-LED. In der Mitte des Front-Panels liegt unter der Power-LED der Schalter zur Aktivierung der obligatorischen 48 Volt Phantomspeisung zur Spannungsversorgung von Kondensatormikrofonen. Die Speisespannung ist allerdings nur für beide Kanäle gleichzeitig aktivierbar, was ein kleiner Nachteil ist, wenn gleichzeitig ein Kondensator- und ein dynamisches Mikrofon am C360 genutzt werden soll.
Auf der Rückseite herrschen ebenfalls klare Verhältnisse: Auf der linken Seite findet sich zunächst der Anschluss für die externe Stromversorgung. Lobenderweise muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass es sich dabei um ein Universalschaltnetzteil mit Miniklinkenstecker handelt. Ist dieses einmal hinüber, lässt sich der C360 auch mit anderen Netzteilen hervorragend betreiben, vorausgesetzt man kann den benötigten Kleinklinkenstecker über den entsprechenden Adapter daran anschließen. Über dem Anschluss der Stromversorgung findet sich ein dreistufiger Kippschalter, mit dem der C360 ein- und ausgeschaltet werden kann. Rechts daneben befinden sich schließlich die XLR-Buchsen der Ein- und Ausgänge, alle in symmetrischer Ausführung und zudem auf Kundenwunsch zusätzlich mit Lundahl-Trafos für verbesserte Symmetrie-Eigenschaften ausrüstbar. Die Kosten für dieses Extra liegen bei 75,- Euro pro Kanal.
Schauen wir, was sich unter der Haube verbirgt: Dort eröffnen sich mehrere, auf der Platine vornehmbare Einstellmöglichkeiten zur Feinjustage – sehr erfreulich. Einstellbar sind der Erdungsweg zur Behebung von Brummschleifen und ähnlichem, der Trim-Pegel für die beiden Ausgänge zur Anpassung an den Referenzpegel der Peripherie und zu guter Letzt die Empfindlichkeit der Pegelanzeige (siehe Kasten, Seite 70). Es wurde also in diversen Punkten weiter und mitgedacht, was wir einmal mehr loben wollen.
Für unternehmungslustige Klangfreunde bietet sich dieses Gerät besonders an. Der kleine Lake People eignet sich laut Hersteller nämlich nicht nur für den stationären Betrieb im Studio, sondern leistet auch unterwegs klangstarke Unterstützung: Dank der alternativen Möglichkeit der Batteriespeisung lässt sich jederzeit und überall netzunabhängig arbeiten. Für Field-Recording-Expeditionen ist dann lediglich ein geeignetes Akku-, beziehungsweise Batterie-Pack zu erwerben. Zwischen acht und 25 Volt sind vonnöten, wobei die Akku-Leistung keinesfalls über den angegebenen 25 Volt liegen sollte, um die Elektronik nicht zu beschädigen. Das Akku-Pack muss zudem als Verbindung einen Miniklinkenstecker oder gegebenenfalls einen entsprechenden Adapter besitzen.
Bei den Akkus hat der Outdoor-Klangfänger die Wahl zwischen verschiedenen Bauformen. Unser Tipp: Es empfiehlt sich entweder ein Blei Gel-Akku oder aber ein Batterie-Pack mit vier AA-Batterien. Gerade letzteres hat im Feldbetrieb den entscheidenden Vorteil, dass nicht extra ein zweiter und vor allem teurer Ersatz-Akku angeschafft werden muss. Stattdessen bedarf es einfach frische Ersatzbatterien, die bei Bedarf einfach kurz getauscht werden können.
Messtechnisch ist der C360 ein echter Lake People: Sämtliche Messwerte sind sehr gut bis überragende, was unterstreicht, dass die Konstanzer auch bei den erschwinglicheren Geräten keine Qualitäts-Kompromisse eingehen. Allein das pieksaubere, auf Seite 71 abgedruckte FFT-Spektrum veranschaulicht, dass Störgeräusche kein Thema bei Lake People-Geräten sind. Auch sonst sind sämtliche Messwerte über jeden Zweifel erhaben (siehe den finalen Steckbrief). Besonders hervorheben wollen wir aber die exzellente Gleichtaktunterdrückung des C360 (siehe Grafik auf Seite 71): Lange Kabelstrecken – bei Vorort-Aufnahmen die Regel – und etwaige Einstreuungen sollten kein praxisrelevantes Problem darstellen.
Der folgende Klangvergleich gestaltet sich für uns besonders spannend, immerhin ist der Lake People F355 Class A seit Jahren die unangefochtene Preamp-Referenz von Professional audio. Für den Hörvergleich dient uns ein Schoeps MK2H/CMC6Ug als Testmikrofon, ebenfalls Redaktions-Referenz. Die aufgenommen Signale – Sprache, männlicher Gesang und Gitarre – offenbaren kleine aber feine Unterschiede – und einen gewissen Eigencharakter des C360. Im Ergebnis klingt dieser gegenüber seinem ehrwürdigen Verwandten etwas druckvoller und ein wenig luftiger, jedoch immer noch ausgesprochen klangneutral. Besonders bei den Gitarrenaufnahmen ist im oberen Höhenbereich ab etwa elf, zwölf Kilohertz besagte Luftigkeit hörbar, was angenehm und keinesfalls aufdringlich ist. Der F355 erweist sich hingegen als der transparentere Preamp: Gerade bei den Gesangsaufnahmen fällt auf, dass der F355 Class A eine bessere Auflösung sowie größere Detailtreue und Natürlichkeit als der C360 besitzt. Verantwortlich für diese Eigenschaften ist laut Hersteller die Class A-Schaltung, die zu einer Verbesserung der Signaleigenschaften führt.
Der transparente Grundklang unseres Testkandidaten ist noch ohrenfälliger, wenn wir ihn mit einem Vorverstärker anderer Konstruktion, wie dem in Röhrentechnik gebauten Universal Audio LA-610 vergleichen. Neben dem warmen, vollen und je nach Einstellung obertonreichen Charakter des LA-610 klingt der C360 zunächst nüchtern und unspektakulär. Das soll er auch, entspricht dies doch exakt der Lake People-Philosophie von Natürlichkeit und klanglicher Neutralität. Dies sind letztlich die Grundattribute des Kleinen, bei einem dezent luftigen Eigencharakter sowie subtil druckvollen Mitten, die für einen gewissen, keineswegs vordergründigen „Punch“ sorgen.
Am Ende gibt uns der Klangtest auch eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage nach der idealen Signalübertragung: Entscheidet sich der Anwender für den klangneutralen Weg, bekommt er mit dem C360 das passende Werkzeug an die Hand.
Fazit
Der C360 liefert mit seinem natürlichen, transparenten Klang den typischen „klanglosen“ Lake People-Sound, wenngleich der F355 Class A insoweit nach wie vor dessen unübertroffener Repräsentant ist. Sehr gut ist der C360 allemal. Wer für den stationären Studioeinsatz und Field-Recording mit hochqualitativen Ansprüchen einen äußerst klangneutralen, erschwinglichen Zweikanal-Mikrofonvorverstärker benötigt, ist mit dem C360 sehr gut bedient.
Feineinstellung von Pegelanzeige, Output Gain und Erdung
1. Mit beiden Beinen auf der Erde
Unmittelbar hinter den XLR-Buchsen befinden sich Jumper auf der Platine, über die Sie die Erdung jedes der Ein- und Ausgänge individuell konfigurieren können. Ab Werk ist das Gerät, da mit externem Netzteil betrieben, über das Gehäuse geerdet, doch sollten wider Erwarten Probleme mit Brummschleifen auftreten, kann für jeden Ein- und Ausgang der Erdungsweg des XLR-Masse-Pins geändert werden. Drei Einstellmöglichkeiten sind vorhanden, die zusätzlich mit Buchstaben gekennzeichnet sind: 1. (Werkseinstellung) Jumper rechts auf „G(round)“ = Pin 1 der jeweiligen XLR-Buchse mit internem Masse-Bezugspunkt über 100 nF Kondensator verbunden. 2. Jumper in der Mitte auf „L(ift)“ = Pin 1 der jeweiligen XLR-Buchse NICHT mit internem Masse-Bezugspunkt verbunden. 3. „C(ase)“ = Pin 1 der jeweiligen XLR-Buchse ist DIREKT mit dem Gehäuse verbunden, dabei wird der 100 nF Kondensator umgangen.
2. Das richtige Level
In der Mitte der Platine befinden sich Trim-Potis für beide Ausgänge, mit denen der Ausgangspegel mithilfe eines Schraubenziehers um +/-0,5 Dezibel feinjustiert werden kann. Auf diesem Weg können minimale Pegelunterschiede zur vor- oder nachgeschalteten Peripherie ausgeglichen werden. Wissenswert ist, dass in der Nullstellung – parallel zur Frontseite – ein Eingangspegel von 0dB am Eingang mit einem Pegel von 18 dB am Ausgang wiedergegeben wird.
3. Justierung der Pegelanzeige
Als besonders sinnvolles Feature finden sich hinter der Frontplatte zwei Trim-Potis, mit denen die Empfindlichkeit der Pegelanzeige kalibriert werden kann. Für die rote Null Dezibel-LED lässt sich ein Wert zwischen +6 und +25 dBu einstellen, so dass der gemessene Maximalpegel genau auf den entsprechenden Eingangspegel der Peripherie abgestimmt werden kann, welche das Signal nach Verlassen des C360 durchläuft.
Erschienen in Ausgabe 10/2012
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 595 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
Hinterlasse einen Kommentar