Eidgenosse

Der Precision 8i ist das achtkanalige Vorverstärker-Flaggschiff des amerikanischen Herstellers True Systems. Klanglich der Wahrheit verpflichtet, bereichert er dank praxisgerechter Zusatzfeatures jeden professionellen Outboard-Park. 

Von Michael Nötges und Harald Wittig 

True Systems, ein aus Tucson, Arizona, stammender Spezialist für Highend-Preamps, hat sich mittlerweile bei allen einen Namen gemacht, die auf unverfälschte und feine Vorverstärkung schwören und ihre Klanggestaltung ausschließlich über die Mikrofonwahl oder die Nachbearbeitung bewerkstelligen. Wie bereits der zweikanalige P2analog (Test in Ausgabe 9/2006) und der in der letzten Ausgabe getestete einkanalige P-SOLO eindruckvoll unter Beweis gestellt haben, gehören die Produkte von True Systems zur Créme de la Créme unter den puristischen Vorverstärkern. Nach dem Test der Single-Auskopplung – der P-SOLO entspricht schaltungstechnisch einem Kanal des Precision 8i – steht jetzt das achtkanalige Flaggschiff auf dem Prüfstand. Dabei hat True Systems dem Precision 8i neben den acht Mikrofon-Vorverstärkern zusätzlich eine MS-Matrix und zwei Hi-Z-Eingänge spendiert. Damit sind sowohl Aufnahmen im Mitte-Seite-Verfahren als auch das direkte Einstöpseln von E-Gitarren, E-Bässen sowie Keyboards möglich. Um das Aufnehmen zu erleichtern, haben sich die Entwickler mit der kalibrierbaren Pegelanzeige ein besonderes Bonbon ausgedacht – dazu später mehr. Außerdem bieten die doppelt ausgeführten Analog-Ausgänge flexible Anschlussmöglichkeiten, so dass der Precision 8i beispielsweise auch als Mirofon-Splitter Verwendung findet. Das sieht auf den ersten Blick nach einem sehr guten und vor allem praxisgerecht ausgestatteten Frontend aus, das allerdings mit 3.200 Euro auch seinen Preis hat, für den der Anwender aber auch einiges geboten bekommt.

Auf der metallic-roten, gebürsteten Alu-Frontplatte finden sich der Netzschalter, die Lautstärkeregler für alle acht Kanäle, für jeden Kanal Phasenumkehr- und Phantomspannungs-Wahlschalter, sowie die Aussteuerungsanzeigen. Obwohl das Gerät einige Spezialitäten zu bieten hat – Stichwort MS-Dekoder –, ist die Vorderseite des Precision 8i durchaus aufgeräumt. Das Justieren der Kanal-Lautstärke beim Soundcheck oder während der Aufnahme ist mit den soliden und sehr griffigen Gain-Reglern auch für kräftige Finger kein Problem. Sämtliche Ein- und Ausgänge sind auf der Rückseite des Amerikaners angebracht: Dort finden sich acht XLR-Anschlüsse zum Einstöpseln der Mikrofone, wobei es sich bei Kanal Sieben und Acht um Neutrik-Combo-Buchsen handelt. Aus gutem Grund, denn hier hält der Precision 8i noch zwei zusätzliche hochohmige Eingänge zum Anschluss unsymmetrischer Signalquellen wie Keyboards und passiver E-Gitarren und E-Bässe bereit. Das ist ganz typisch für die True Systems-Preamps und wie der Test des einkanaligen P-SOLO gezeigt hat, gehören diese Hi-Z-Eingänge zum klanglich Besten, was derzeit auf dem Markt zu bekommen ist – hochwertige, aktive DI-Boxen eingeschlossen. Sobald ein unsymmetrisches Klinkenkabel in eine der Combo-Buchsen eingestöpselt ist, schaltet ein Relais automatisch den Mikrofoneingang ab. Das Vorhandensein von zwei Hi-Z-Eingängen ist durchaus praktisch, um beispielsweise ein Trio mit Schlagzeug, Bass und Gitarre live aufzunehmen: Während die Drums konventionell mikrofoniert und aufgenommen werden, spielen Bassist und Gitarrist zwar über ihre Anlagen, auf die eigentliche Aufnahme kommen aber lediglich die hochwertigen DI-Signale. Somit gibt es keine Probleme mit Übersprechen und die optimalen Gitarren- und Bass-Sounds -können Musiker und Toningenieur nachträglich und separat in aller Ruhe mittels Reamping oder Verstärker-Emulations-Plug-ins erstellen. Es wäre allerdings noch komfortabler, wenn sich die Instrumenten-Eingänge auch auf der Vorderseite befänden. Denn sobald der Precisison 8i im Studio-Rack installiert ist, sind Verrenkungen unvermeidbar.
An Ausgängen geizt der Precision 8i ebenfalls nicht: Neben den acht, der Kanalzahl entsprechenden Klinkenbuchsen, gibt es auch eine DB-25-Buchse. Mit einem entsprechenden hochwertigen Multicore-Kabel, zum Beispiel von Klotz oder Mogami, hat der Anwender dann zusätzlich zu den symmetrischen Klinkenausgängen noch acht XLR-Ausgänge zur Verfügung. Somit stehen dem Anwender 16 Direktausgänge zur Verfügung. Damit ist es ein Leichtes, für die Musiker beispielsweise eine Kopfhörermischung zu erstellen. In diesem Fall sind die Klinkenausgänge mit einem Kopfhörerverstärker verbunden, die XLR-Ausgänge mit dem Audio-Interface oder einem A/D-Wandler. Die Musiker können somit timingfest spielen und singen, denn Latenzen sind kein Thema.

Die Anschlussbuchsen für Mic 1 und 2 sind mit „MS“ beschriftet: Der Precision 8i ist nämlich mit einem MS-Dekoder ausgestattet, der Stereo-Aufnahmen im Mitte-Seite-Verfahren sehr einfach macht. Mic 1 ist in diesem Fall der Eingang für das Mittensignal, Mic 2 der für das Seitensignal. Entsprechende Symbole direkt unter den beiden Buchsen schließen Verwechslungen aus. Auf der Fronseite, rechts neben dem Gain-Regler des ersten Kanals finder sich der „On“-Schalter. Dieser aktiviert den MS-Modus für Mic 1 und 2, der das Mitte-Seiten-Signal in ein äquivalentes Stereosignal umwandelt: Das Mittensignal wird dann in Mono auf Ausgang 1 und 2 ausgegeben, das Seitensignal liegt ebenfalls an Ausgang 1 und 2 an. Durch Summierung beziehungsweise Differenzbildung ist jetzt ein XY-Signal entstanden: X (links) = M + S, Y (rechts) = M – S. Mit dem Gain-Regler des S-Kanals bestimmt der Anwender die Stereobreite, indem er den Anteil des Seitensignals verstärkt oder abschwächt. Gerade für mobile Aufnahmen ist ein MS-Dekoder im Preamp sehr praktisch. Allerdings müssen dann alle Entscheidungen über die Stereo-Breite schon beim Soundcheck getroffen sein. Eine nachträgliche Bearbeitung beim Mischen ist nicht mehr möglich. Wie es alternativ, also ohne MS-Dekoder gemacht wird, lesen Sie im Kasten auf Seite 22 – einschließlich grundlegender Erläuterungen zum MS-Verfahren.
Die eigentlichen Preamps im Precision 8i entsprechen hinsichtlich Schaltungsdesign und den verwendeten Bauteilen exakt denen, die im einkanaligen P-SOLO und im Zweikanaler P2 werkeln. Schaltungstechnisch handelt es sich um eine Kombination aus diskreten Halbleiter-Bauelementen und integrierten Schaltungen, wobei eine 24 Volt Versorgungsspannung verwendet wird. Dies ist machbar, da die True Systems-Ingenieure Burr Brown-Operationsverstärker vom Typ OPA604 und den OPA2604 einsetzen. Diese klängen, so der Hersteller, nicht nur exzellent, sie seien auch als einzige in der Lage, die erhöhte Versorgungsspannung zu verkraften. 
Die acht Verstärkerstufen kommen True Systems-typisch ohne Ausgangsübertrager aus. Davon versprechen sich die Entwickler eine höhere Bandbreite und Signaltreue beziehungsweise Neutralität. Da es auch Hersteller gibt, die mit Übertragern exzellente Ergebnisse erzielen, ist die elektrische Symmetrierung nicht per se die Bessere. Es ist letztlich – wie immer – eine Frage der Gesamtkonzep-tion. Als i-Tüpfelchen – um nur ja jede noch so geringe Signalbeeinflussung auszuschließen – hat der Precision 8i ein externes Netzteil. Ob das in Bezug auf Signaltreue der Weisheit letzter Schluss ist, sei an dieser Stelle mal dahingestellt – immerhin hat der in puncto Neutralität bisher ungeschlagene Referenz-Vorverstärker von Professional audio Magazin, der Lake People Mic-Amp F355 ein eingebautes Netzteil.
Im Unterschied zum P-SOLO und zum 
P2analog glänzen Hochpassfilter und Vordämpfungsschalter durch Abwesenheit. Insoweit zahlt es sich aus, wenn die angeschlossenen Mikrofone damit ausgestattet sind. Dafür verfügt der Preci-sion 8i über eine recht aufwändige Aussteuerungsanzeige, die eine eingehendere Beschreibung verdient. Dieser Vor-
-verstärker ist, wie heute üblich, für eine Aussteuerung von Digital-Equipment konzipiert, das selbst – wie es bei einigen hochwertigen Wandlern der Fall ist – ohne Eingangs-Pegelsteller auskommt. Dabei empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: Zunächst ist über den sogenannten Peak-Reference-Regler, ganz rechts auf der Frontplatte des -Precision 8i, der Referenzausgangspegel beziehungsweise der richtige Maximalpegel einzustellen. Der Vorverstärker stellt dafür die fünf Stufen von +18 bis maximal +26 dBu -bereit. Der Wert, der am nächsten dem Referenzpegel des Wandlers oder der Workstation kommt, ist der richtige. -Entspricht dieser beispielsweise +21 dBu für 0 dBFs sollte Peak Reference auf +20  dBu stehen. Das Übersteuern eines an den Precision 8i angeschlossenen Wandlers lässt sich jetzt einfach vermeiden: Jedem der acht Kanäle ist eine dreistufige LED-Kette zugeordnet. Die mit PK für Peak beschriftete LED leuchtet immer dann auf, wenn exakt der eingestellte Referenzpegel erreicht ist. Bei einzelnen Signalspitzen darf die PK-LED schon mal aufglimmen, auf der sicheren Seite ist der Anwender allerdings nur, wenn lediglich die –3-LED (drei Dezibel unter dem Referenzpegel) leuchtet. Dann ist auch bei sehr dynamisch aufspielenden oder singenden Musikern ausweislich unserer Tests im Verbund mit dem Lynx Aurora 8-Wandler die Gefahr von digitalem -Clipping gebannt.
Nicht zu verwechseln ist die PK-Anzeige mit der OL (Overload)-LED. Diese zeigt lediglich an, dass das Gerät intern übersteuert ist. Das ist der Fall, wenn der Signalpegel +26 dBu beträgt – das sind fünf dBu unterhalb der Maximalverstärkung von +31dBU. Diese sehr hohe Gesamtverstärkung, die auch das Messlabor von Professional audio Magazin bestätigt, überfordert nicht wenige Digital-Geräte. Deshalb ist es unverzichtbar, den Precision 8i an die nachfolgenden Digital-Geräte in der beschriebenen Weise anzupassen und sich an der PK-Anzeige zu orientieren. Optimale Kalibrierung vorausgesetzt, lässt sich mit der durchdachten Lösung des Precision 8i sehr gut arbeiten.

Wie bereits die Modelle P2analog und 
P-SOLO weiß auch der Precision 8i messtechnisch zu glänzen. Der Frequenzgang macht selbst weit über den hörbaren Bereich hinaus keinerlei Anstalten, vom Idealkurs abzuweichen. Selbst bei 100 Kilohertz sind es nicht einmal 0,2 Dezibel. Die Mikrofonvorverstärker des Precision 8i sind mit einer Eingangsempfindlichkeit von -60 Dezibel gesegnet und halten damit selbst bei schwachen Bändchenmikrofonen immer genügend Verstärkungsreserven bereit. Angst vor unliebsamem Rauschen braucht der glückliche Besitzer eines Vorverstärkers dieser Klasse auch nicht zu haben. Denn mit Geräusch- und Fremdspannungsabständen von 87,8 und 85,1 Dezibel (Instrumenteneingang: 88,2 und 85,9 Dezibel) ist man wahrlich immer auf der sicheren Seite. Damit spielt der Precision 8i locker in der Champions-League mit und muss sich nicht vor einem F355 von Lake People (91,7 und 86,2 Dezibel, Test in Ausgabe 8/2006) oder dem achtkanaligen m801 von Grace Design (90,3 und 87,6 Dezibel, Test in Ausgabe 2/2007) verstecken. Das FFT-Spektrum belegt, dass Störungen oder Verzerrungen oberhalb der Anregungsfrequenz bei einem Kilohertz kein Thema sind, der Noisefloor liegt in diesem Bereich weit unterhalb von -100 -Dezibel. Die Einstreuungen bei 50 Hertz deuten zwar auf einen kleinen Anteil Netzbrummen hin, aber bei einer Dämpfung von 98 Dezibel gibt es wirklich keinen Grund zur Beanstandung. Auffällig sind weitere kleine Peaks, die ab 150 Hertz in 100-Hertz-Schritten aufwärts auftreten, allerdings immer noch weit unterhalb von -90 Dezibel bleiben. Erst bei voller Verstärkung zeigen sich harmonische (k2, k4 und k6) und unharmonische (k3 und k5) Verzerrungen, deren Spitzen allerdings -75 Dezibel nicht überschreiten. Jedenfalls liegen die THD+N-Werte der Mikrofonvorverstärker bei ausgezeichneten 0,006 Prozent. Damit erreicht der Precision 8i zwar nicht den nach wie vor ungeschlagenen Spitzenwert von 0,0007 Prozent eines Millenia HV-3C (Test in Ausgabe 6/2006), gehört aber ohne Zweifel zur Upper-Class der Vorverstärker-Zunft. Die für mehrkanalige Geräte wichtige Übersprechdämpfung beträgt mehr als -90 Dezibel, so dass auch für optimale Kanaltrennung gesorgt ist und keinerlei Einstreuungen von benachbarten Kanälen zu befürchten sind. Auch die Gleichtaktunterdrückung gehört mit Werten von mehr als 70 Dezibel zur Spitzenklasse, so dass auch bei langen Kabelstrecken keine bösen Überraschungen in Form von Störgeräuschen zu erwarten sind.

 

Der Kölner Singer und Songwriter Christopher Clay ist zu Gast in der Redaktion und wir nutzen die Gelegenheit und nehmen einen seiner Songs – Akustikgitarre und Gesang – mit Hilfe des Precision 8i auf. Dabei geht es uns um das Live-Feeling, weshalb wir gleichzeitig die Akustikgitarre im M/S-Verfahren und die Stimme mit einem zusätzlichen Stützmikrofon aufnehmen und erst anschließend -Backings und Füllgitarren hinzufügen. Als Gesangsmikrofon dient das AKG C12 VR (Test in Ausgabe 12/2008), für die Stereomikrofonierung entscheiden wir uns für das Røde Classic II (Test in Ausgabe 6/2007) als Seiten- und das Sennheiser MKH 40 (Test in Ausgabe 6/2006) als Mitten-Mikrofon. Zum Vergleich fahren wir mehrere Durchläufe, wobei als Alternative für den Gesang sowohl der Universal Audio 710 Twin-Finity (Test auf Seite 60) als auch der F355 von Lake People zum Einsatz kommen, wir aber zum Vergleich auch noch zusätzlich eine Gitarrenaufnahme – nur das Mitten-Signal – über den F355 anfertigen. 

Die Peak-Reference-Funktion erweist sich als wertvolles Praxiswerkzeug: Um auf Nummer sicher zu gehen, wählen wir die +24-Einstellung. Bei der sehr dynamischen Performance Clays bewahrt uns der voreingestellte Referenz-Pegel das eine oder andere Mal vor der Neuaufnahme eines Takes, optimale Aussteuerung ist garantiert. Viel entscheidender ist aber der Klang des Precision 8i: Der Amerikaner ist eine absolut ehrliche Haut. Dabei sind besonders sein Impulsverhalten und die breitbandige und offene Umsetzung auch komplexer Signale zu erwähnen. Selbst im Vergleich zum F355, der gerade auf diesem Gebiet kaum zu schlagen ist, erweist sich der Precision 8i wirklich als Präzisions-Preamp. Seien es Raumanteile oder feinste Anschlagsgeräusche bei der Gitarrenaufnahme, ihm entgeht wirklich nichts. Der Charakter des MKH 40 kommt wunderbar authentisch zum Tragen und das Seitensignal über das Røde Classic II liefert luftig, transparente Rauminformationen. Der Precision 8i klingt eine Nuance griffiger beziehungsweise kräftiger als der F355, sehr natürlich und zu hundert Prozent authentisch, aber mit einem doch ganz eigenen, feinen Edel-Charakter. Dieser Vorverstärker versprüht bei aller unverblümten Ehrlichkeit einen subtilen Charme, der ihn von Hardcore-Puristen unterscheidet und ihn zu einem klanglichen Leckerbissen macht. Auch wenn uns für die Vocal-Spur die Kombination aus C12 VR und F355 restlos begeistert, steht ihr die Alternative mit dem Precision 8i in nichts nach. Dafür, dass der Lake People das Röhrenmikrofon von AKG perfekt in Szene setzt und der Klang an Plastizität und Feinauflösung kaum zu übertreffen ist, bringt der Precision 8i noch etwas ganz Eigenes, nämlich etwas mehr Druck und Energie, mit. Letztlich wissen beide Takes auf ihre Art zu überzeugen und es ist Geschmacksache, wer am Ende die Klang-Nase vorne hat. 
Die beiden Instrumenteneingänge machen den Precision 8i vollends zum Top-Vorverstärker, denn die klingen einfach sensationell. Der eingestöpselte E-Bass kommt direkt und satt, absolut rauscharm und mit überzeugender Auflösung sowie feinem Detailreichtum. Das Signal wirkt insgesamt etwas größer und mächtiger, ohne dabei unnatürlich oder verfärbt zu klingen. Beim ersten Ton der angeschlossenen Strat fällt uns dann wirklich nicht mehr viel ein. Nicht nur, dass der Sound einfach sehr edel klingt. So viele Details des eigentlichen Gitarren-Sounds haben wir lange nicht gehört. Dabei überzeugt besonders die direkte Ansprache des Preamps, der wahnsinnig schnell klingt und seine breitbandige Übertragung auch hier eindrucksvoll unter Beweis stellt. Aber auch an Druck mangelt es dem eigentlich eher dünnen Strat-Sound nicht. Funky-Licks kommen bei eingestellten Pickup-Zwischenstellungen knackig und transparent. Rund und warm zeigen sich Arpeggien und Zerlegungen in Hals-Pickup-Stellungen und der Steg-Pickup überzeugt durch seinen durchsetzungsstarken, leicht aggressiven Grund-Sound bei Solo-Phrasen und cleanen Rock-Riffs. Dabei klingen die Aufnahmen so gut, dass sich der Einsatz von Emulationsplug-ins á la Guitar Rig, Amplitube, Gear Box, Revalver MK III & Co (Test in Ausgabe 10/2008) für cleane Sounds fast erübrigt, beziehungsweise die exzellente klangliche Basis des Precision 8i zu mehr als amtlichen Endsounds führt.

Fazit

Der Precision 8i von True Systems hält was der Hersteller verspricht. Er besticht mit seiner exzellenten Auflösung und seiner breitbandigen und transparenten Signalübertragung. Dabei zählt er ohne Zweifel zu den nicht färbenden Preamps mit dezentem Edel-Charakter, der sich besonders bei Aufnahmen über die Instrumenteneingänge geschmackvoll in den Vordergrund spielt. Für 3.200 Euro bekommt man einen achtkanaligen universell einsetzbaren Vorverstärker, der sich mit integrierter MS-Matrix als leistungsstarkes Frontend empfiehlt – nicht günstig, aber jeden Cent wert.

So geht‘s auch: MS-Verfahren für alle


Das M-(Mitte)-S(Seiten)-Verfahren gehört wie das XY-Verfahren zu den koinzidenten Stereo-Mikrofonierungstechniken, bei denen sich die beiden Kanäle nur im Pegel, nicht aber in der Phasenlage der verschiedenen Quellen unterscheiden. Daher sind auch die Begriffe Intensitäts- oder Pegelstereophonie gebräuchlich. Sie benötigen allerdings für das MS-Verfahren – im Unterschied zum XY-Verfahren – immer zwei Mikrofone mit verschiedener Richtcharakteristik: Für das Mittensignal können Sie jede Richtcharakteristik wählen, am gängigsten sind Kugel oder Niere. Für das Seitensignal kommt nur eine Acht in Frage. Allerdings müssen Sie nicht zwingend einen reinen Druckgradientenempfänger verwenden. Genauso können Sie ein Großmembran-Mikrofon mit umschaltbarer Richtcharakteristik, das die Acht im Angebot hat, einsetzen. Das Mittenmikrofon ist beim MS-Verfahren direkt auf die Schallquelle gerichtet und zeichnet das Mitten-Mono-Signal auf. Das Achtermikrofon zeichnet das Seitensignal, namentlich die Informationen von der rechten und der linken Seite auf. Die Achterkapsel steht dabei möglichst nahe im rechten Winkel zur Kapsel des Mittenmikrofons. Sie müssen allerdings vorsichtig sein bei der Ausrichtung der Acht: Die 0°-Einsprechrichtung beziehungsweise positive Seite der Acht muss nach links (Blickrichtung Schallquelle) zeigen (siehe nebenstehende Grafik). Anderenfalls vertauschen Sie den rechten und linken Kanal. Dieser Aufbau gilt immer – ganz gleich, ob Sie mit einem Preamp mit eingebautem MS-Dekoder wie dem Precision 8i arbeiten oder folgende Methode bevorzugen:
Um ein MS-Signal auf einem herkömmlichen Stereo-System wiederzugeben, muss dieses in ein äquivalentes XY-Signal umgewandelt werden. Sofern Sie mit einem Hardware-Mischpult arbeiten, ist das kinderleicht: Das Signal des Mittenmikrofons geben Sie auf den ersten Kanal, der Panoramaregler steht exakt mittig in „Center“-Position. Das Seitensignal müssen Sie auf die Kanäle zwei und drei legen. Das geht am Einfachsten mit einem Y-Kabel, das an das Achter-Mikrofon angeschlossen ist und sein Signal aufsplittet. Als nächstes stellen Sie den Panoramaregler des zweiten Mischpultkanals hart links, den des dritten Mischpulskanals hart rechts ein. Nun müssen Sie den Phasenumkehrschalter in Kanal 3 aktivieren (siehe Grafik). Damit sind Sie noch nicht ganz fertig: Die beiden Seitenkanäle müssen für eine Panorama-richtige Darstellung, exakt pegelgleich ausgesteuert sein. Die Pegelgleichheit überprüfen Sie, indem Sie den ersten Kanal stumm schalten und das Summen-Mastersignal mono abhören. Ist Pegel-Gleichheit gegeben, hören Sie nichts. Andernfalls müssen Sie über die Kanalfader nachjustieren.
Noch einfacher geht das mit den virtuellen Mischpulten einer DAW-Anwendung – Sie benötigen lediglich ein Audio-Interface mit mindestens drei Eingängen. Die Kanäle ihrer virtuellen Konsole belegen Sie entsprechend wie bei der Arbeit mit einem Hardware-Mischer. Da die Fader eines Software-Pultes immer zuverlässig und auf exakt gleiche Werte einstellbar sind, können Sie jetzt sehr bequem die Stereobreite beim Mischen einstellen. Als Faustregel empfiehlt sich eine Einstellung von –3 dB im Verhältnis zum Mittensignal. Reduzieren Sie den Seitenanteil weiter, klingt die Aufnahme immer mono-lastiger. Der große Vorteil der separaten Aufzeichnung von Mitten- und Seitensignal ist ihre Variabilität. Deswegen ist das MS-Verfahren bei der Aufzeichnung von Filmton so beliebt: Erst bei der Postproduction legt der Toningenieur die akustische Abbildungsbreite der eingefangenen Szene fest und sie ist, wegen der Eigenheiten des M-S-Verfahrens, im Zweifel immer monokompatibel.

Erschienen in Ausgabe 01/2009

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 3320 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut