Nachwuchs-Ensemble
Dem Mikrofon-Nachwuchs eine Chance? Aber sicher doch – solange es sich um interessante Neuheiten wie das Nachwuchs-Ensemble von MicW handelt.
Von Harald Wittig
MicW ist eine eigenständige Marke des in Chinas Hauptstadt Peking – oder Beijing – beheimateten Unternehmens BSWA Technology LTD. BSWA wurde 1998 mit dem Zeil gegründet wurde, professionelle und erschwingliche Prüf- und Messmikrofone nach allgemeinen Industrienormen herzustellen. Schon nach kurzer Zeit konnten sich die BSWA-Messmikrofone etablieren und werden seitdem unter anderem von der in- und ausländischen Kraftfahrzeug-Industrie genutzt, finden aber auch Einsatz in der Luftfahrttechnik. „Wenn wir schon gute Messmikrofone machen, können wir unsere Erfahrungen doch nutzen und auch Aufnahme-Mikrofone entwickeln und herstellen“, dachten sich die Verantwortlichen bei BSWA und bieten unter dem Namen MicW seit kurzem auch eine stetig anwachsende Kollektion von Recording-Mikrofonen und speziellen Miniatur-Mikrofonen für iPhone, iPad und iPod touch an. Seit Ende 2011 sind die MicW-Mikrofone im Vertrieb der Synthax GmbH und damit auch hierzulande erhältlich und haben bereits für ein gewisses Aufhorchen in der Szene gesorgt. Selbstverständlich waren auch wir neugierig auf die MicWs, denn es wäre nicht das erste Mal, dass ein Hersteller seine Messmikrofone zu hochwertigen Studiomikrofonen weiterentwickelt hat – wir erinnern in diesem Zusammenhang an DPA und Microtech Gefell (siehe exemplarisch den Test des M 221 in Ausgabe 11/2011). Wir haben deswegen gleich eine repräsentative Auswahl der chinesischen Schallwandler zum Test geladen. Es versammeln sich folgende Modelle im Messlabor und Teststudio von Professional audio: Die Kleinmembran-Kondensatormikrofone E216 und N201 die für rund 240 beziehungsweise knapp 790 Euro zu haben sind, die beiden Großmembranmikrofone N101 und N151 – Kostenpunkt etwa 1.100 und 1.200 Euro – sowie das Messmikrofon M215, für das circa 500 Euro aufgerufen sind. Die MicWs rangieren also keineswegs in der Niedrigpreis-Liga, sondern bereits in der preislichen Oberklasse, wo sie sich mit einigen namhaften und etablierten Modellen bekannter Hersteller messen lassen müssen. Wir wollen die Chinesen aber möglichst unvoreingenommen begutachten und befassen uns deswegen direkt mit den Konstruktions-Details der fünf Testkandidaten. Das günstigste Modell E216 stammt aus der Einsteiger-Serie von MicW – „E“ wie „Entry“/Einstieg –, wobei es sich äußerlich von dem immerhin dreimal teureren N201 kaum unterscheidet, diesem sogar in Gewicht und Abmessungen auf Gramm und Millimeter gleicht. Selbstverständlich gibt es im übertragenen Sinne einen schwergewichtigen Unterschied: Die Kapseln. Während das N201 eine Kapsel mit Nickelmembran hat, ist die Membran der E216-Kapsel aus einer goldbeschichteten Polymerfolie. Der Kapselbau an und für sich, also unabhängig von den individuellen Varianten je nach Baureihe und Modell, erfolgt laut Hersteller nach hohen Standards.
MicW verfügt über Reinräume, Messkammern und fertigt alle Mikrofone nach ISO 9001, um eine gleichbleibend hohe Qualität gewährleisten zu können. Im Reinraum erfolgt die Fertigung der stets nur wenige Mikrometer dicken Membran, denn Fremdkörper können die Übertragungseigenschaften eines Mikrofons sehr stark beieinträchtigen. Die Kapseln werden individuell kalibriert und nach IEC 61049 im speziellen Messraum nach allen Regeln der Kunst und Messtechnik vermessen. Anschließend erfolgt eine Voralterung im Klimaschrank, um spätere Klangveränderungen auszuschließen und damit Langzeitstabilität zu garantieren. Die Kapseln der Testkandidaten sind sehr ähnlich aufgebaut und lassen vor allem an den charakteristischen Schutzkörben ihre Abstammung von Messmikrofonkapseln deutlich erkennen. Es spielt auch keine Rolle, ob es sich um Groß- oder Kleinmembranen handelt, allerdings lässt sich der Schutzkorb beim Einsteiger-Mikrofon E216 im Gegensatz zu allen anderen MicW-Mikrofonen nicht entfernen. Die Kapsel als solche ist hingegen stets abschraubbar. Interessanterweise sind, obwohl es sich strenggenommen nicht um ein Modular-System handelt, Kapseln und Verstärker/Impedanzwandler innerhalb einer Gattung – Groß- beziehungsweise Kleinmembranmikrofone – austauschbar. So wäre es beispielsweise möglich, die Kapsel eines E216 mit der Verstärkereinheit des N201 zu kombinieren – und umgekehrt. Das bloße Auge erkennt, abgesehen von der Typenbezeichnung, keine wesentlichen Abweichungen. Gleichwohl haben wir der Versuchung widerstanden, diesbezüglich zu experimentieren und Kapseln und Verstärker frei zu kombinieren. Der gemessene Geräuschpegelabstand des E216, das uns zu Testzwecken zur Verfügung gestellt wurde, ist aber mit 69,3 Dezibel nahe an dem des N201-Testmodells: Dafür ermittelt das Professional audio-Messlabor 71,0 Dezibel. Allzu große Unterschiede in der Elektronik und den Bauteilen dürfte es vermutlich nicht geben. Auch beim Zubehör und der Verpackung hat MicW beim günstigsten Studiomikrofon nicht den Rotstift angesetzt: Sowohl der robuste, mit Schaumstoff ausgekleidete Kunststoffkoffer, als auch die praxisgerechte Halterung, die ein wenig an die der Røde-Kleinmembranen erinnert und die Vorzüge von Klemme und Schwinghalterung verbindet, entsprechen dem N201-Zubehör. Sehr sparsam ist der Hersteller indes bei der Verteilung der Reduziergewinde, die es anscheinend nur bei den teuren Mikrofonen als Standard dazu gibt. Das muss doch nicht sein, so was kostet doch nicht die Welt und das Leben des aufnehmenden Anwenders wird unnötig schwer gemacht.Es gibt weitaus kostengünstigere Mikrofone, wo ein Reduziergewinde für die unproblematische Stativmontage selbstverständlich zum Lieferumfang gehört. Da das N201 äußerlich dem E216 wie ein Ei dem anderen gleicht, widmen wir uns doch direkt dem teureren Schallwandler. Es handelt sich ebenfalls um einen Druckempfänger, wobei MicW das N201 mit einer hochwertigeren Kapsel ausgestattet hat. „N“ steht für Nickel und bezeichnet das Membranmaterial, das zu den Standardmaterialien bei hochwertigen Messmikrofonen gehört.
Aus gutem Grund: Gegenüber einer Kunststofffolie mit Goldbeschichtung, wie sie als Membran-Material bei der E216-Kapsel Verwendung findet, kann der Hersteller mit Nickel eine wesentlich dünnere Membran mit entsprechend niedrigerem Gewicht fertigen. Das begünstigt ein überlegenes Impulsverhalten und damit allgemein die Übertragungseigenschaften des Mikrofons. Überhaupt zeigt sich MicW in Material-Dingen sehr experimentierfreudig und verwendet beispielsweise für das Großmembran-Kondensatormikrofon T551 eine Membran aus Titan mit ungewöhnlich großem 38-Millimeter-Durchmesser. Die Membran des N201 hat einen Durchmesser von gerade mal 12,5 Millimetern, was zwar in der Theorie überlegenen Übertragungseigenschaften und einem höheren Grenzschalldruckpegel förderlich ist, gleichzeitig aber mit dem Nachteil eines höheren Rauschens erkauft werden muss. Tatsächlich stellt das vergleichsweise hohe Rauschen von Messmikrofonen ein Haupt-Hindernis für deren Recording-Einsatz dar. Das N201 ist aber als Studio-Mikrofon konzipiert, folgerichtig ist sein Rauschverhalten an die Erfordernisse des Studiobetriebs angepasst: So findet der bereit genannte und gute Geräuschspannungsabstand von 71, 0 Dezibel seine Ergänzung mit der außergewöhnlich hohen Empfindlichkeit von 36,5 mV/Pa. In der Praxis muss das N201 mithin für einen praktikablen Arbeitspegel vergleichsweise weniger als niedrig empfindlichere, „leisere“ Mikrofone verstärkt werden. Deswegen können wir auch kein störendes Rauschen ermitteln, wohingegen das E216 mit seiner mit 20,6 mV/Pa niedrigeren, aber absolut gesehen ebenfalls höheren Empfindlichkeit zumindest über Kopfhörer beim Aufnehmen und Soundcheck, nicht aber bei den eigentlichen Aufnahmen auffälliger ist.
Mehr gibt es vorerst nicht vom N201 zu berichten, weswegen wir die letzte Kleinmembran des Testfeldes, das M215 in Augenschein nehmen wollen. Es handelt sich dabei um ein Messmikrofon, dessen Druckempfänger-Kapsel ebenfalls eine Nickelmembran mit 12,5 Millimeter Durchmesser hat und sich wirklich nur in weniger augenfälligen Details vom N201 unterscheidet: Beispielsweise sind die Kontakte des XLR-Ausgangs der Verstärkereinheit etwas dicker, wohingegen der Kontaktstift der Kapsel und Impedanzwandler elektronisch verbindet, dünner ist als im Falle der Verstärker von N201 und auch E216. Auch bei der Verpackung gibt es – momentan – noch Abweichungen: Das M215 wird in einer Aluminium-Röhre mit Schraubverschluss am Boden geliefert, eine neue Verpackung sowie eine neu konstruierte Schwinghalterung sind aber in Vorbereitung. Kommen wir ohne Umwege zu den harten Fakten, soll heißen den Messwerten des M215: Der Geräuschpegelabstand ist mit gemessenen 70,0 Dezibel auf dem guten Niveau von E216 und N201, allerdings ist das M215 noch mal ein ordentliches Stück empfindlicher als das ohnehin schon recht laute N201: Immerhin 43,8 mV/Pa ermittelt das Labor. Damit gehört das M215 zu den sehr empfindlichen Mikrofonen, was es, wegen des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Empfindlichkeit und Rauschen auch für Aufnahmezwecke interessant macht. Interessanterweise ist das Großmembran-Kondensatormikrofon N101 jedoch mit 46,1 mV/Pa das mit Abstand „lauteste“ Mikrofon des MicW-Testfeldes. Wir haben es ebenfalls mit einer Druckempfänger-Kapsel zu tun, dessen Nickelmembran mit 23,8 Millimetern Durchmesser etwas kleiner ausfällt als die großmembrantypischen Ein-Zoll-Membranen. Ebenfalls typisch für eine Großmembran: Der Geräuschpegelabstand ist in der Regel konstruktionsbedingt besser, also höher als bei den Kleinmembranen. So beträgt er im Falle des N101 76,3 Dezibel, was einen sehr guten Wert darstellt, wenngleich dieser von einigen prominenten Mitbewerbern noch deutlich übertroffen wird. Angesichts der überdurchschnittlich hohen Empfindlichkeit des Mikrofons ist störendes Rauschen auf der Aufnahme aber in der Praxis wirklich kein Thema. Das N101 wird mit dem gleichen Zubehör geliefert wie die Modelle E216 und N201. So findet sich im Kunststoffkoffer die von den MicW-Kleinmembranen bekannte Halterung, welche angesichts der Formgebung des Impedanzwandlers im MicW-Einheitsstil und des nur – wegen der größeren Kapsel – um 15 Gramm nur sehr geringfügig höheren Gewichts des Mikrofons auch im Verbund mit dem N101 seinen Zweck erfüllt. Das teuerste Mikrofon des Testfeldes, das Modell N151 bekam dagegen eine ganz andere Halterung spendiert: Es handelt sich um eine etwas aufwändigere Konstruktion, bestehend aus einer Klemme mit gummierten Backen, die ihrerseits elastisch, wenn auch recht stramm, aufgehängt ist. Diese Halterung umfasst das Mikrofon sicher und hält es noch einiges zuverlässiger in Position als die einfachere MicW-Halterung, was wir gerade bei Verwendung der von uns aus klanglichen Gründen bevorzugten, jedoch etwas steifen Vovox-Kabel zu schätzen lernen. Hinzu kommt, dass der Hersteller dem N151 und seiner höherwertigen Halterung ein Reduziergewinde mitgegeben hat. Das N151 ist das einzige Mikrofon mit einer Druckgradientenempfänger-Kapsel mit Nierencharakteristik. Ansonsten ist das Kapselgehäuse wie das der N101-Kapsel aus Edelstahl, die Membran aus Nickel hat ebenfalls einen 23,8 Millimeter Durchmesser.
MicW empfiehlt dieses Mikrofon in erster Linie als Stützmikrofon, und wenn eine bessere Trennung zwischen einzelnen Schallquellen verlangt ist, spricht gleichwohl aber von einem auf Neutralität und Transparenz optimierten Design. Das können wir angesichts des beiliegenden Frequenzgang-Schriebs, aber auch aufgrund unserer eigenen Frequenzgang-Messungen nicht so recht nachvollziehen. Denn die Messkurven weisen einen konstanten Anstieg ab etwa 1,5 Kilohertz auf, der im Gipfel zwischen fünf und sechs Kilohertz vier Dezibel beträgt. Demgegenüber fällt die Kurve unterhalb 200 Hertz stark ab – als hätten die Entwickler einen ständig aktivierten Trittschallfilter in das N151 eingebaut. Diese Eigenarten des Frequenzganges sind durchaus hörbar – dazu mehr im Rahmen der ausführlichen Klangbeschreibung des N151. Sehen wir uns doch zuvor noch die Frequenzgänge der anderen vier MicW-Mikrofone an. Der Frequenzgang des E216 verläuft zwischen 30 Hertz und 4 Kilohertz absolut linear. Danach kommt es zu einem vergleichsweise stark ausgeprägten Anstieg zwischen fünf und zehn Kilohertz – im Gipfel bei acht Kilohertz beträgt diese Anhebung vier Dezibel. Sehr linear verlüft die Messkurve des N201, die eher an ein Messmikrofon erinnert. Tatsächlich ist sie der des „echten“ Messmikrofons M215, abgesehen von einem minimalst stärker ausgeprägten Höhenabfall bei etwa 15 Kilohertz, verblüffend ähnlich. Bei dem Großmembran-Druckempfänger N101 fällt bei einer ausgeprägteren Welligkeit eine rech deutlicher Höhenabfall schon ab sechs Kilohertz auf. Vermutlich handelt es sich beim N101 sogar um einen freifeldentzerrten Druckempfänger mit bedämpften Höhen für Nah-Mikrofonierungen, damit Aufnahmen nicht spitz oder schrill klingen. Apropos Aufnahmen: Ohne Aufnahmen geht bei der Bewertung von Mikrofonen gar nichts, folgerichtig haben wir mit jedem der fünf MicW-Mikrofone ein Reihe von Gitarren-Aufnahmen mit der stets zuverlässigen, weil angenehm ausgewogenen Ricardo Sanchis Carpio 2F Flamenco-Gitarre, die regelmäßig bei Tests im Einsatz ist, erstellt. Neben den Mikrofonen selbst ist wie üblich unsere zigfach bewährte Referenz-Kombination, bestehend aus Lake People Mic-Amp F355 und Mytek Digital 8X192ADDA Wandler dabei. Als Bezugpunkt haben wir noch einen Vergleichstake mit dem herausragend guten Microtech Gefell M221, das ebenfalls mit einer Messmikrofon-Kapsel ausgestattet ist, erstellt. Eine kleine Auswahl der Aufnahmen haben wir für Sie zum kostenlosen Herunterladen und Anhören auf unsere Website, www.professional-audio-magazin.de bereitgestellt. Die Mikrofone unterscheiden sich, was schon die Messwerte vermuten lassen, klanglich durchaus, die Unterschiede und Klangnuancen seien sogleich näher, für jeden Testkandidaten einzeln beschrieben: E216: Der günstige Druckempfänger klingt mit Sicherheit nicht billig, sondern richtig gut. Bei einer guten bis sehr guten Auflösung gefallen vor allem die sehr sauberen und tiefen Bässe. Die Höhenanhebung sorgt für eine gewisse Frische, wobei der Klang zu keiner Zeit schrill oder überpräsent ausfällt. Ein Mikrofon das sehr gut zu Saiteninstrumenten passt, sich aber auch in Kombination mit einem zweiten E216 für Stereo-Aufnahmen von Chören oder Ensembles im AB-Verfahren bei größerem Abstand zur Signalquelle eignet. Das Mikrofon lässt eigentlich erst im direkten Vergleich mit der Referenz M221 Farbigkeit und Details vermissen, spielt gleichwohl absolut gesehen auf gehobenem Mittelklasse-Niveau.
N201: „Das Bessere ist der Feind des Guten„ sprach Voltaire, der Volksmund spricht ´s ihm nach und wer das N201 hört, weiß was den Mehrpreis gegenüber dem schon guten E216 rechtfertigt. Dieses Mikrofon besticht mit einer sehr guten Auflösung bei hoher Signaltreue und besteht auch im direkten Vergleich mit oft noch etwas teureren Schallwandlern etablierter Hersteller. Sein Timbre ist tendenziell eine Winzigkeit wärmer als die des Microtech Gefell M221, das noch ausgewogener erscheint und eine noch differenziertere Farbpalette hat. Außerdem ist die Räumlichkeit beim Gefell eindrucksvoller, wenngleich das N201 auch in dieser Disziplin überzeugt. Wir ordnen das Mikrofon in der Spitzenklasse ein und sehen in diesem Druckempfänger einen Allrounder für alle Aufnahmesituationen, wo vielschichtige Klänge, beispielsweise akustische Gitarren oder Klavier und noch vieles mehr aufzunehmen sind. N101: Ein vollmundig-warm klingendes Mikrofon mit sehr guter Auflösung und einem für eine Großmembran recht guten, eher an Kleinmembranen erinnernden Impulsverhalten. Es gefällt uns für die Gitarre, aber auch und gerade für Stimmen sehr gut, aufgrund seiner an Kleinmembranen erinnernde Bauform ist es unkompliziert zu positionieren – durchaus ein relevantes Kriterium. Das N101 sollte nah bei der Signalquelle positioniert sein, dann kann es mit seinen besonderen Klangeigenschaften auftrumpfen und liefert angenehm ins Ohr gehende Aufnahmen. Wir haben mit dem N101 auch eine Stereo-Aufnahme erstellt, wobei als zweites Mikrofon das N201 Verwendung gefunden hat. Das Ergebnis finden Sie ebenfalls online bei den Klangbeispielen zu diesem Mikrofontest. N151: Es liefert einen knackig, leicht brillanten Klang mit zurückgenommenen Bässen – insoweit finden die Messergebnisse ihre Entsprechung im Klanglichen. Für Instrumente ist es, wenn nicht spezielle Klangwirkungen beabsichtigt sind, weniger geeignet. Am Ehesten für einen glänzend-strahlenden Beckenklang und dann als Drum-Overhead, wenn das Schlagzeug multimikrofoniert wird. Als alleiniges Schlagzeug-Mikrofon ist es in den Bässen zu sehr zurückgenommen. Damit passt es allerdings zu Sprecherstimmen, denen es ein erhöhtes Maß an Durchsetzungsfähigkeit gibt. Da der Nahheitseffekt kaum relevant ist, ist auch eine sehr nahe Besprechung ohne störende Tiefenanhebung möglich. Dennoch sehen wir das N151 eher als vergleichsweise teures Spezialmikrofon, das weitaus weniger vielseitig einsetzbar ist als seine günstigeren Geschwister. M215: Als Messmikrofon ist das M215 ein Fall für den absoluten Puristen, denn es ist ein unbestechlich ehrlicher Schallwandler mit sehr guten Übertragungseigenschaften. Soweit so gut. Allerdings vermissen wir das bestimmte Quäntchen an Musikalität, das beispielsweise eine Schoeps MK2H-Kapsel vermittelt und die auch dem grundsätzlich ultraneutralen M221 von Microtech Gefell zueigen ist. Das M215 klingt ein wenig langweilig und farblos, um eine Metapher zu bemühen: Wie destilliertes Wasser im Vergleich zu normalem, sauberen Trinkwasser. Das N201, das wie gesagt ebenfalls sehr signaltreu ist, klingt doch sehr viel musikalischer. Aber das M215 ist auch nicht als Studio-Mikrofon konzipiert. Vielmehr lässt es sich auch und schon gewinnbringend zu Aufnahmezwecken nutzen.
Fazit
Die MicW-Mikrofone stellen tatsächlich eine gewisse Bereicherung des üppigen Schallwandler-Angebots dar. Bereits der vergleichsweise günstige Druckempfänger E216 kann mit seinen guten Übertragungseigenschaften als grundsolider Mittelklasse-Allrounder überzeugen. Wer seinen dreifachen Anschaffungspreis nicht scheut, findet aber mit dem N201 ein Kleinmembran-Kondensatormikrofon der Spitzenklasse, das auch gegen etablierte Mitbewerber bestehen kann. Es handelt sich um ein sehr signaltreu abbildendes Mikrofon, nicht unähnlich dem ebenfalls überzeugenden Messmikrofon M215, dem es aber mit seiner ganz spezifischen Musikalität überlegen ist. Auch der Großmembran-Druckempfänger N101 hinterlässt mit seinem vollmundig warmen Klang einen sehr guten Eindruck, zumal sich die Handhabung des Mikrofons nicht von der seiner Kleinmembran-Geschwister unterscheidet. Ein echter Spezialfall ist der Druckgradienten-Empfänger N151, der mit seiner bewussten Tiefenabsenkung einerseits und der Höhenanhebung andererseits zwar nicht gerade als Allrounder, dafür aber als empfehlenswertes Sprechermikrofon auftrumpft.
Erschienen in Ausgabe 09/2012
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 1098 €
Bewertung: gut
Preis/Leistung: gut
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