Individualmix 2.0
„Zu laut! Zu leise! Zu viel Bass! Ich kann mich nicht hören!“ – Das war einmal. Jetzt soll Schluss sein mit dem lästigen Monitoring-Ärger. Der Mamba Mix Monitoring-Controler MMX16L der Firma NetworkSound verspricht umfassende Kontrolle – ganz im Pulse der Zeit – via App auf dem iPhone, iPad oder Android.
Von Sylvie Frei
Der Mamba Mix Monitoring-Controler MMX16L der Firma NetworkSound verspricht umfassende Kontrolle – ganz im Pulse der Zeit – via App auf dem iPhone, iPad oder Android. Neulich hörte ich einmal wieder eine alte, sehr charmante Demo-Aufnahme von Jimi Hendrix. Es war eine frühe Einspielung seines Klassikers „Hey Joe“, bei der er nach wenigen Takten mit den Worten „Oh, Goddamn! Hey, make the voice a little lower and the band a little louder“ seinen Gesang unterbrach. Dabei musste ich unweigerlich daran denken, dass der gute Mr. Hendrix mit der heutigen Technik einen etwas sorgenfreieren Alltag erlebt hätte. Denn hätte er den Mamba Mix MMX16L und ein iPad besessen, hätte er sich bereits beim Soundcheck in Sekundenschnelle mit wenigen Fingerbewegungen auf dem Multitouch-Screen seinen individuellen Headphone-Mix erstellen können. Ganz frei nach dem Mamba Mix-Motto „Monitor Mix at your Finger Tips“. Allerdings wären wir dann heute auch um eine anekdotische Aufnahme ärmer. Doch nun zurück in die Gegenwart und mehr zu der Technik, die ein derart unkompliziertes Arbeiten im Studio, im Proberaum oder auf der Bühne ermöglicht. Der MMX16L Line Level Mix stammt von NetworkSound aus Kalifornien, einer der führenden Unternehmen für professionelle, digitale Audiosysteme, die auch Produkte wie die Les Paul Digital Guitar oder die Mamba Digital Snake entwickelte.
Mit Mamba Mix MMX16 und Mamba Mix MMX32 erweiterte sie ihre Produktpalette um eine 16-Kanal- und eine 32-Kanal-Monitoring-Controler-Reihe, die sich über spezielle, kostenfrei downloadbare Apps via iPhone, iPad und Android direkt und individuell vom jeweiligen User selbst steuern lassen. Neben dem hier vorgestellten MMX16L Line Level Mix bietet NetworkSound auch noch zwei weitere 16-kanalige Mambas, den MMX16M Mic Level Mix und den MMX16A ADAT Input Mix, sowie zwei Extension-Geräte – das MMX16X Extension 4 Mix System und die MMX16F FOH Extension Box – an (siehe auch www.mambamix.com). Der einzige wesentliche Unterschied zwischen dem MMX16L Line Level Mix und dem MMX16M Mic Level Mix ist die Abwesenheit eines integrierten Mic-Preamps. Daher ist der MMX16L für Musiker geeignet, die es vorziehen ihren eigenen Mic-Preamp oder andere vorschaltbare Komponenten zu benutzen und das so bereits vorverstärkte Signal direkt über einen der 16 Line-Eingänge in den MMX16L leiten wollen. Die vier individuell einstellbaren Monitormixe lassen sich – dem Einsatz entsprechend – sowohl über symmetrische Ausgänge, als auch direkt über unsymmetrische Kopfhörerausgänge abhören. So eignet sich der MMX16L sowohl für größere Distanzen und für drahtloses IEM, als auch für den Naheinsatz. Wem vier unterschiedliche Monitormixe nicht genug sind, kann den MMX16L dennoch nutzen. Weitere Mix-Outs lassen sich durch Kaskadierung von weiteren Geräten mit jeweils vier zusätzlichen Monitormixmöglichkeiten hinzufügen. Insgesamt sind so – bei optimalem Budget – bis zu 96 individuelle Monitormixe denkbar, womit sich selbst gigantischste Projekte und Besetzungen mit den unterschiedlichsten Hörvorstellungen bedienen lassen würden. Für den MMX16L benötigt man einen gängigen WLAN-Router, ein Netzwerkkabel und ein achtfaches Break-Out-Sub-D-auf-XLR-Kabel. Als Zubehör ist zusätzlich ein für 90 Euro erhältliches Beltpack verfügbar. Das Beltpack lässt sich mit zwei XLR-auf-Klinke-Kabeln mit einem der Mix-Out-Ausgänge des MMX16L verbinden und mit einem Clip am Gürtel befestigen. Es verfügt über symmetrische und unsymmetrische Kopfhörerausgänge und einem zusätzlichen Volume-Regler, mit dem eventuelle Lautstärkeschwankungen mit einem Handgriff kontrollierbar sind. Alle weiteren Einstellungen werden indirekt über die App gesteuert. Der MMX16L bietet als erstes Monitor-Controling-System einen kompletten, gleichzeitigen Überblick über sämtliche 16 Kanäle, die jeder User einzeln mit dem integrierten 3-Band-Equalizer plus Hochpass-Filter, sowie Gain-, Panning-, Solo- und Mute-Funktion nach seinen Bedürfnissen einstellen kann. Das System ist auf eine möglichst geringe Latenz optimiert und die Berechnungen für sämtliche Einstellungen erfolgen innerhalb der Dauer eines einzigen Samples. Doch nun wollen wir einmal in der Praxis testen, ob die Inbetriebnahme des MMX16L tatsächlich so einfach ist, wie im durchaus anschaulichen Manual beschrieben. Dazu ist es zunächst nötig, dem Link zum App-Store und zu iTunes zu folgen und die entsprechende Bedien-App für den MMX16L herunter zu laden und zu installieren. Es gibt drei verschiedene Apps, die speziell für den entsprechenden Bediengerätetyp ausgelegt sind. Für unseren Test nutzen wir ein iPad als Controller und downloaden und installieren die dafür spezifische Mamba MIX16 iPad-App. Danach gilt es, den TP WLAN-Router über den Internetanschluss mit dem MMX16L zu verbinden und beide Geräte einzuschalten. Nun können wir das WLAN auf dem iPad aktivieren, den Mamba Mix-Router auswählen, warten bis sich das iPad mit dem Router verbunden hat und die Mamba MIX16 iPad-App starten. Auf der Bedienoberfläche lässt sich nun einer von 4 Mix Outs, #1, #2, #3, #4 oder der „admin“-Button auswählen. Für den Test haben wir den Kopfhörer mit Mix Out #1 verbunden und wählen in der App folgerichtig Mix Out #1 aus.
Es erscheint eine Anmeldemaske, in die das mitgelieferte Passwort einzugeben ist. Darauf wird die Bedienoberfläche mit 16-Kanal-Mischpult und Buttons für das Umschalten zwischen Gain- und Panning sichtbar. Rechts vom Mischpult findet sich zusätzlich eine globale Volume-Regelmöglichkeit mit eigener Mute-Funktion. Über den einzelnen Kanälen sind Buttons für den EQ angeordnet, unterhalb der Kanäle gibt es zudem kanalspezifische Mute- und Solofunktionen. Sämtliche Parameter lassen sich iPad-typisch intuitiv durch Antippen oder Schieben bewegen. Angepasst an die Multitouchfähigkeit des iPads lassen sich mit mehreren Fingern gleichzeitig mehrere Fader bewegen. Für eine sehr präzise Einstellung, die über das iPad durchaus möglich ist, empfiehlt es sich jedoch, die Fader einzeln zu bewegen. Die einzelnen Kanäle lassen sich durch ein Gedrückthalten der Channel-Bezeichnungen mit bis zu sechs Zeichen umbenennen. Fertig eingestellte Monitormixe sind über den Options-Button einfach via Save-Funktion abspeicherbar und sind bei Bedarf via Load-Funktion blitzschnell mit nur drei Klicks wieder ausgewählt und geladen. Tippt man auf den EQ-Button eines der aktiven Kanäle erscheinen der Hochpassfilter und die drei Bänder perlenschnurartig aufgereiht. Ist eine der Perlen angetippt, werden Informationen über Frequenz, Gain und Bandbreite sichtbar. Die drei Bänder lassen sich nun durch Antippen und Schieben sowohl auf der Frequenz-, als auch auf der dB-Achse in den gewünschten Bereich bewegen. Ist kein Band ausgewählt, werden sämtliche Perlen grün dargestellt. Ist ein Band ausgewählt, erscheint es in Gelb. Über den Q-Regler unter dem Diagramm lassen sich die Bandbreitewerte für das jeweils angewählte Band separat einstellen. Das Hochpass-Filter kann naturgemäß nur auf der Frequenz-Achse bewegt werden. Der EQ greift gezielt und wirkungsvoll ein. Mit wenigen Fingerbewegungen lassen sich störende Frequenzbereiche gezielt absenken und für den Musiker referenzrelevante Frequenzen pro Kanal individuell verstärken. Der Klang bleibt dabei unabhängig von der Bandbreite überraschend natürlich. Während der EQ einzeln für jeden Kanal eingestellt werden muss, lassen sich Gain und Panning auf einen Blick via Mischpult regeln. Das Panning ermöglicht mittels seiner stolzen Anzahl von 91 Positionierungsmöglichkeiten – wenn nötig –eine sehr ausdifferenzierte Panoramaverteilung, bei der auch die kleinste Positionsänderung deutlich wahrnehmbar ist. Dies bietet auch für größere Ensembles wie Chöre oder Orchester die Möglichkeit. den eigenen InEar-Mix mit der gewohnten Position im Ensemble in Einklang zu bringen. Beim Testen all dieser Funktionen fällt besonders auf, wie unkompliziert die einzelnen Elemente zu bedienen sind und wie schnell sie mit kaum merklicher Latenz hörbar werden. Bei einem Einsatz im Proberaum, auf der Bühne oder im Studio könnten sich nun weitere drei Musiker auf die selbe Weise über einen der anderen Mix Outs mit dem mitgelieferten Passwort einloggen und ebenso ihren individuellen Mix erstellen. Diese Konstellation entspricht auch der dritten von fünf im Manual skizzierten Beispielszenarios, die sich teils auf den MMX16L, teils jedoch auch auf den MMX16M beziehen. Szenario IV zeigt übrigens, wie zwei Mamba Mix-Geräte miteinander und mit dem WLAN-Router verbindbar sind, um die Zahl der Mix Outs zu verdoppeln. Szenario V zeigt beispielhaft, wie sich mittels eines Switchs vom Hauptgerät aus vier weitere Mamba Mix-Geräte anschließen lassen, um die Zahl der Mix Outs auf 20 zu erhöhen, von denen sich vier direkt am Hauptgerät und die übrigen vier mal vier Mix Outs an den Zusatzgeräten befinden. Tippt man auf dem Auswahlbildschirm statt auf einen der vier Mix Outs auf den admin-Button und gibt das mitgelieferte AdminPasswort ein, lassen sich dort die IP-Adresse für die Mamba Mix-Box, der Name, das Admin- und die Userpasswörter ändern.
Besonders der Passwortschutz der App ist äußerst wichtig, da sonst etwas zu gut informierte Unbefugte über ihre eigenen Mobilgeräte ihr Unwesen mit den Monitormixen treiben könnten. Daher ist es auch unbedingt nötig, die Passwörter zumindest einmal vor Inbetriebnahme zu ändern, sodass einem nicht durch einen Tonterroristen das Trommelfell über die Ohren gezogen werden kann. Die Mamba-Mix-MMX16L-Apps befinden sich noch in der Testphase und werden permanent verbessert und erweitert. Dabei wird jedoch darauf Wert gelegt, dass sie weiterhin intuitiv bedienbar bleiben. So war es NetworkSound bereits innerhalb kürzester Zeit möglich, sechs neue App-Features, die von ersten Usern angeregt wurden, zu realisieren, um eine größtmögliche Benutzerfreundlichkeit zu garantieren. Dabei handelt es sich um zusätzliche Buttons über dem Faderscreen, um zwischen den vier unterschiedlichen Mix Outs nach Bedarf ohne neue Passworteingabe zu springen. Zudem wird es, sobald man als Admin angemeldet ist, möglich sein, ohne weitere Passworteingabe auf sämtliche Mixe zuzugreifen. Zudem wurde eine OFF-Funktion im Adminbereich hinzugefügt, die den Eingriff durch die User unterbinden lässt. Als weiteres Feature wird die nur einmalige Benennung sämtlicher Kanäle für jeden neuen Mix implementiert, da in der Regel die identischen Kanalnamen wiederverwendet werden. Falls sich bei einem der Mixe doch etwas ändern sollte, lassen sich die Kanäle noch immer umbenennen. Zudem lassen sich dann global Mixerbenennungen hochladen, die von den Usern übernommen werden können. Die um diese sechs Features erweiterte App wird schon in Kürze verfügbar sein und auch weitere Verbesserungen – wie Gruppierungsmöglichkeiten für Kanäle und deren EQ-Einstellungen – sind laut NetworkSound bereits in Planung. Insoweit kann man nur ein großes Lob aussprechen. Bei NetworkSound werden die Bedürfnisse und Vorschläge aus der Praxis nicht nur ernst genommen, sondern auch noch in kürzester Zeit umgesetzt und integriert. Fazit: Wer nach einer flexiblen, leicht und schnell zu bedienenden, professionellen InEar-Monitoring-Lösung sucht, dem sei der Mamba Mix MMX16L unbedingt empfohlen. Er besticht durch eine hochwertige Klangqualität und umfangreiche Tools, die es erstmals möglich machen für einen individuellen InEar-Mix auf sämtliche 16 Kanäle gleichzeitig zuzugreifen und dabei präziseste Anpassungen vorzunehmen. Ein Konzept mit hoher Qualität und Zukunft, das sich vielfältig und fast schon kinderleicht, auch von technisch weniger versierten Usern, einsetzen lässt.
Erschienen in Ausgabe 12/2012
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 1993 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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