Maßgeschneidert
Semiprofis und Recording-Mobilisten schneidert Dangerous Music mit der D-Box ein analoges Frontend auf den Leib. Professional audio Magazin überprüft, wozu der Hybride aus Summierer und Monitoring-System in der Lage ist.
Von Michael Nötges
Bob Muller und Chris Muth betreiben seit 1992 das Dangerous Music Studio in New York. Im Studioalltag der 90er-Jahre erlebten die beiden Musiker und Toningenieure die Abkehr vieler angesagter Studios von den großen analogen Konsolen und Bandmaschinen. Mit großem Interesse, aber auch mit einer gewissen Skepsis verfolgten Muller und Muth damals die massive Hinwendung vieler Musikschaffender zu DAW-basierten Recording-Umgebungen. Die beiden Studioinhaber erkennen aber sehr schnell die neuen Anforderungen, die sich aus dem veränderten Workflow auch für sie selbst ergeben. Da sie ihren hohen Qualitätsanspruch aber keineswegs auf dem Altar der Digitaltechnik opfern wollten, entwickeln sie eigene analoge Spezialanfertigungen zur klanglichen Optimierung der digitalen Produktionen. „Da wir beide sowohl Musiker als auch Toningenieure sind, kennen wir die Belange auf beiden Seiten der Regie-Scheibe“, erklärt Muller dazu. Die Eigenentwicklungen finden mit der Zeit bei Kollegen so viel Anklang, dass die beiden Entwickler eines Tages entscheiden, diese Geräte künftig in Serie gehen zu lassen. Neun Jahre nach der Studiogründung ist dann das erste serienreife Produkt fertiggestellt. „Für uns fällt die offizielle Firmengründung in das Jahr 2001, als wir den Dangerous 2-Bus auf den Markt gebracht haben“, so Muller. Als Motto haben sich die Macher „Man hört den Unterschied“ auf die Fahnen geschrieben, zusammen mit dem Ziel, ausschließlich gut klingendes, ergonomisches Equipment zu entwickeln, das leistungsstark über Jahre hinweg dem harten Studioalltag trotzt. Die sich nach und nach entwickelnde Produktpalette lässt sich unter den Oberbegriffen Summing, Mastering und Monitoring einordnen. Das liegt nicht zuletzt auch an der beruflichen Vergangenheit von Chris Muth, der über 20 Jahre unter anderem als leitender technischer Direktor im renommierten New Yorker Mastering-Studio Sterling Sound und dem Aufnahmestudio Hit Factory arbeitete. Ein Blick auf die Referenzliste der Firma für analoges Studio-Equipment zeigt außerdem, dass nicht nur die Firmengründer, sondern auch renommierte Produzenten und Toningenieure rund um den Globus von der Qualität der Produkte überzeugt sind. Die hier getestete D-Box ist das jüngste Produkt von Dangerous Music und basiert auf einer intensiven Bedürfnis-Analyse in der anvisierten Zielgruppe. Heraus kam eine Kombination aus Monitor-Controller und analogem Summierer für acht Kanäle.
Neben einem Talk-Back-System und zwei Kopfhörerverstärkern besitzt sie zwei digitale AES/EBU-Eingänge mit einem eigens von Chris Muth entwickelten D/A-Wandler (96 Kilohertz, 24 Bit). Auf die Frage nach dieser Zielgruppe für das Produkt weiß Stefan Heger vom europäischen Vertrieb eine klare Antwort: „Die D-Box ist für kleinere Studio-Setups und den mobilen Einsatz im semiprofessionellen Bereich ausgerichtet. Sie eignet sich aufgrund ihrer Konzeption als analoges Frontend für die DAW in Verbindung mit achtkanaligem Interface oder einer äquivalenten Kombination aus Vorverstärker und A/D-Wandler.“ Als Alternative zu analogen Konsolen erweitert die D-Box das digitale Aufnahme-Setup folglich um eine Schaltzentrale zum Abhören und Aufnehmen, die nach der letzten Preissenkung rund 1.660 Euro kostet. Nimmt man die D-Box etwas näher in Augenschein, fallen sofort die mit je zwei griffigen Gummiringen ummantelten Pegelsteller auf. Die sind übersichtlich auf der Frontplatte verteilt und lassen sich schnell und treffsicher be-dienen. In Form und Haptik erinnern diese Knöpfe an die komfortablen Bedienelemente des Monitor-Controllers m904 von Grace Design (Test in 4/2007). Die dazu gehörenden Potentiometer verfügen über einen angenehm zähen Widerstand beim Verstellen und untermauern das Gefühl, ein hochwertig gebautes 19-Zoll-Gerät in Händen zu halten. Die farbig hinterleuchteten Tast-Schalter messen einen halben Zentimeter im Quadrat, reagieren auf geringsten Druck, quittieren das Umschalten mit einem hellen Klicken und liegen auch weit genug auseinander, um Fehlbedienungen zu vermeiden. Selbst in dunklen Studio- oder Live-Umgebungen ist durch die unterschiedlichen Farben der Hinterleuchtung die Kontrolle der ausgewählten Signale und Funktionen ein Kinderspiel. Wie bei allen Produkten von Dangerous Music setzen die Entwickler beim Schaltkreis-Design auf galvanische Entkopplung, so dass auf Spulen und Kondensatoren im Signalweg gänzlich verzichtet werden kann. Muller erklärt dazu: „Solche Bauteile beeinflussen oder verändern oftmals das Transientenverhalten, was wir in den Summier- und Monitor-Stufen vermeiden wollen. Außerdem erreichen wir auf diesem Weg einen sehr weiten Übertragungsbereich.“ Auf der Rückseite des 19-Zoll-Gerätes befinden sich alle Anschlüsse – Ausnahme: Die beiden regelbaren Kopfhörerausgänge, die auf der Vorderseite installiert sind. Vier symmetrische XLR-Buchsen ermöglichen den Anschluss von zwei Monitor-Paaren, um beispielsweise gleichzeitig Near- und Mid-Field-Monitore betreiben zu können. Vier analoge Stereo-Signale gelangen über einen 25-poligen Sub-D-Stecker – nach Tascam-Standard verdrahtet – in die D-Box. Kanal sieben und acht weisen dabei eine praktische Besonderheit auf: Die Signale können nämlich im Gegensatz zu den ersten drei Paaren beim Summieren im Stereopanorama bewegt werden. Deshalb bieten sie sich für das Zuspielen zweier Mono-Signale an, deren Positionierung flexibel bleibt. Der separate Sum-Ausgang – zwei weitere XLR-Buchsen – führt nur die Summe der auf zwei Kanäle addierten symmetrischen Signale. Die D-Box bietet aber noch weitere Eingänge: Der so benannte Analog-Input in Form von zwei zusätzlichen XLR-Buchsen erweitert die Zuspielmöglichkeiten um eine weitere analoge Stereo-Quelle. Zwei digitale XLR-Eingänge (DAW und CD) runden das Angebot mit der Möglichkeit zur Einspeisung von Signalen im AES/EBU- und S/PDIF-Format ab. Um die Talk-Back-Funktion fernsteuern zu können, findet sich auf der Rückseite eine 6,35-mm-Klinkenbuchse für einen zusätzlichen Taster oder Fußschalter. Mit Hilfe eines langen Kabels kann somit beispielsweise die Bedienung der Talk-Back-Funktion auch vom Sweetspot erfolgen. Die D-Box wird über ein externes Netzteil mit Strom versorgt. Einen Power-Schalter sucht man allerdings vergeblich. Seitens des Herstellers ist das eine bewusste Entscheidung, da er möglichst alle überflüssigen Bauteile vermeiden will und außerdem das ständige Ein- und Ausschalten der Lebensdauer des Gerätes abträglich sein soll. Ein unbestrittener Vorteil: Das Gerät befindet sich immer im betriebswarmen Zustand, liefert also jeder Zeit optimale klangliche Ergebnisse. Nachteil: der Dauerbetrieb trägt nicht gerade zur Senkung der Stromkosten bei. Bis auf die beiden Pan-Pots für die Signale von Kanal sieben und acht handelt es sich bei den Drehreglern der D-Box ausschließlich um Pegelsteller.
Einer dient für den Haupt-Ausgangspegel, ein weiterer der optimalen Anpassung der eingespeisten analogen Signale an ein nachgeschaltetes Aufnahmegerät oder einen A/D-Wandler. Der Talkback-Level-Regler bringt die Stimme des Produzenten, die beiden Kopfhörer-Level-Regler das Haupt-Ausgangssignal auf ein für die Musiker angenehmes Niveau. Über die Input-Select-Taster sind vier Signalquellen wählbar: ‚Sum’ aktiviert alle an der Sub-D-Buchse anliegenden Signale, deren Aktivität durch je eine grüne LED pro Kanal angezeigt wird. Eine wirkliche Pegelkontrolle gibt es allerdings nicht. Der Analog-Button schaltet den zusätzlichen Stereo-Eingang scharf. Über die Taster ‚DAW’ und ‚CD’ werden die beiden digitalen Eingänge aktiviert. Zur besseren Unterscheidung sind die Tastschalter für die analogen Signalquellen grün, die für die digitalen gelb hinterleuchtet. Auch hier zeigen die Entwickler, dass sie wissen, worauf es in der Praxis ankommt – intuitive Bedienung bei exakter Kontrolle und guter Übersicht. Die Funktions-Taster (Talkback, Mono, Speaker) sind zur Abgrenzung zu den Auswahl-Tastern rot hinterleuchtet. Ist der TB-Taster gedrückt, wird das Signal des in der Frontplatte integrierten Mikrofons in den Cue-Weg eingeschleift, so dass die Stimme des Produzenten für den Musiker hörbar wird. Der Mono-Taster bietet die Möglichkeit, die Mono-Kompatibilität des Mixes zu überprüfen, und das Speaker-Pendant schaltet zwischen den beiden angeschlossenen Monitor-Paaren um. Eine Besonderheit der Funktions-Taster ist die sogenannte Momentoggle-Fähigkeit. Das Prinzip ist gleichermaßen einfach wie praktisch: Wird einer der drei Tast-Schalter länger gedrückt, bleibt die jeweilige Funktion, wie bei einem Funkgerät, nur so lange aktiv, bis der Taster losgelassen wird. So kann bei-spielsweise bei der Talk-Back-Funktion sicher-gestellt werden, dass der Musiker nach erfolgter Durchsage nichts mehr aus der Regie hören kann.Die D-Box verfügt über einen Setup-Modus, der durch das gleichzeitige Drücken des Mono- und Alt-Speaker-Tasters aufgerufen wird. Dabei blinken beide Buttons und signalisieren so Eingabebereitschaft. Wird jetzt der Analog-Button gedrückt, schaltet die D-Box den zusätzlichen analogen Stereo-Eingang dauerhaft von +4 dBu auf -10 dBV um. Das ist bei der Integration von Consumer-Geräten gleichermaßen hilfreich wie empfehlenswert. Ein Druck auf den Sum-Button im Setup-Modus ermöglicht das gleichzeitige Auswählen und Mischen mehrerer Quellen, was im Normal-Modus nicht möglich ist. Beim Anwählen der beiden digitalen Quellen (CD- und DAW-Eingang) lässt sich nichts verändern, hier kann man immer nur entweder den einen oder den andern Eingang aktivieren. Die D-Box bietet zahlreiche Anaschluss- und Konfigurations-Möglichkeiten: Beispielsweise eröffnet die Erweiterung durch ein Mischpult, das an den separaten Sum-Eingang angeschlossen wird, ganz neue Perspektiven. Jetzt können die Signale aus der DAW (Sum-Eingänge eins bis acht) mit Instrumenten und Geräten, die an das Pult angeschlossen sind, zusammen gefügt werden. Die digitalen Eingänge stehen natürlich auch noch zur Verfügung.
Damit ergeben sich flexible und individuelle Setups zum Abhören, Üben, Komponieren und Aufnehmen. Im Messlabor schlägt sich die D-Box sehr gut. Geräusch- und Fremdspannungsabstand liegen bei 94,3 und 91,5 Dezibel und sind damit sogar besser als die des m904 von Grace Design und bleiben nur knapp unterhalb denen des Centro von Audient (Test in 2/2007). Der Klirrfaktor liegt bei sehr guten 0,002 Prozent. Über den absolut linearen Frequenzgang braucht man nicht zu diskutieren. Das für die Summierung möglichst geringe Übersprechen zwischen den Kanälen bleibt bis 20 Kilohertz weit unter -90 Dezibel. Phasenverschiebungen zwischen zwei Kanälen sind quasi nicht existent. Außerdem liegt der maximale Eingangs und Ausgangspegel bei hohen 27,7 Dezibel. Auf analoger Ebene haben die amerikanischen Entwickler gute Arbeit geleistet, und auch der Wandler zeigt sich von seiner besten Seite, wie beispielsweise die Kurve für die Wandlerlinearität zeigt. Im ausführlichen Praxis- und Hörtest von Professional audio Magazin stehen neben Klang und Handling der D-Box, vor allem die Qualität der analogen Summierung und die des D/A-Wandlers auf dem Prüfstand. Zunächst spielen wir unterschiedliche Produktionen verschiedener Genre über die D-Box ab und verschaffen uns einen ersten klanglichen Eindruck. Dann folgt der detaillierter Vergleich eines digitalen Down-Mix in Cubase 4 mit der analogen Summierung, die wir wieder in die DAW zurückspielen. Abschließend widmen wir uns dem D/A-Wandler in direkter Gegenüberstellung mit dem Lynx Aurora 8.Eins wird im Praxisbetrieb sofort klar: der Bedienkomfort der D-Box ist ausgezeichnet. Ob Pegelsteller oder Tast-Schalter, das Handling ist einfach ein Vergnügen und führt immer sicher zum erwünschten Ziel. Beim Umschalten der unterschiedlichen Signalquellen, der bei-den Monitor-Paare oder auch bei der Talk-Back-Funktion treten, ähnlich wie beim MTX-Monitor V.3a von Funk Tonstudiotechnik (Test in 1/2008), keinerlei Störgeräusche oder Verzögerungen auf. Die D-Box macht einfach und gelassen ihren Job. Von einem Eigenklang, sprich Sound, kann nicht die Rede sein. Die D-Box zeigt sich absolut neutral und ehrlich, ohne den abgespielten Produktionen einen eigenen Charakter aufzudrücken. Sie macht sich klanglich unsichtbar. Doch die Unterschiede liegen, wie so häufig, im Detail. Das stellen wir bei der analogen Summierung im Vergleich zum digitalen Mixdown fest. Der D-Box-Mix klingt insgesamt homogener und aufgeräumter und wirkt in den Höhen offener und frischer. Am deutlichsten kommt der Unterschied bei der Trennschärfe zwischen einzelnen Instrumenten zum Vorschein. Wirkt der digitale Mix-Down im direkten Vergleich etwas schwammig, so ist die analoge Summierung gestochen scharf, als wäre das Klangbild mit unterschiedlich starken Pinseln gemalt. Der D-Box gelingt es, im Detail etwas mehr Durchsichtigkeit zu schaffen, wo hingegen der digitale Mixdown zwar grundsätzlich gut gelingt, aber etwas Präzision vermissen lässt. Zum Schluss stellt sich die D-Box der Königsaufgabe, dem Vergleich mit dem Lynx-Wandler. Es bedarf einiger Zeit und intensivem Hinhören, um überhaupt einen Unterschied zwischen dem Lynx Aurora 8 und der D-Box auszumachen. Damit ist schnell klar, dass Chris Muth bei der Eigenentwicklung ganze Arbeit geleistet hat und sich der D/A-Wandler keinesfalls vor der Konkurrenz zu verstecken braucht: Die D-Box bietet eine insgesamt mi-nimal direktere und vordergründigere Übertragung, während der Aurora 8 den Raum ein wenig weiter nach hinten aufmacht. In puncto feiner, detailgetreuer Auflösung und in Sachen Impulsverhalten stehen sich die Beiden in nichts nach. Was die D-Box aber summa summarum auszeichnet, ist ihre exzellente Trennschärfe und der extrem klare und trans-parente Klang.
Fazit
Die D-Box hält, was der Hersteller verspricht. Sie ist ein sehr guter, analoger Acht-Kanal-Summierer, der durch seine exzellente Trennschärfe und den transparenten Klang überzeugt. Der kommt ihr auch in ihrem Nebenberuf als ergonomischer Komfort-Monitor-Controller zugute. Ein Highlight ist der eingebaute D/A-Wandler. Alles in allem ist die D-Box für kleinere Studio- und Live-Setups empfehlenswert und bietet für rund 1.660 Euro ein exzellentes Preis-Qualitäts-Verhältnis.
Erschienen in Ausgabe 02/2008
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 1666 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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