Wolf im Schafspelz

Aus Berlin kommt ein Abhörverstärker für den professionellen Studio-Einsatz, der dem Ideal „Draht mit Verstärkung“ verdammt nahe kommt. 

Von Hans-Günther Beer 

Im Grunde genommen hat Thomas Funk  bei seinem Bestreben, einen Studio-Abhörverstärker mit höchsten Ansprüchen an die Klangqualität zu bauen, alles falsch gemacht – glaubt man den Gurus unter den Pro-Audio-Entwicklern. Denn statt das Netzteil auszulagern und mit fettem Trafo und daumendicker Nabelschnur zu versehen, baut er es fest ins 19-Zoll-Gehäuse seines MTX-Monitor.V3a ein, außerdem gerieten die beiden Trafos nicht besonders groß. Statt auf edelgasgefüllte Reed-Relais, setzt der Berliner Entwickler ferner aufs elektronische Umschalten der Signale. Und statt diskret aufgebaute Verstärker mit handverlesenen Transistoren lötet er hoch integrierte Operationsverstärker auf die große Masterplatine. 

Dennoch oder auch gerade deshalb hat Funk, so viel sei schon verraten, sein Ziel locker erreicht. Doch der Reihe nach. Als typisches 19-Zoll-Gerät für den Studio-Einsatz gibt sich der MTX-Monitor.V3a betont nüchtern und funktionell.

Da ist nichts von dem Glamour mancher Nobel-Geräte mit ihren Zentimeter dicken Frontplatten und hochglanzpolierten Reglern und Schaltern. Da sich aber der MTX mit seinen acht symmetrischen beziehungsweise unsymmetrischen Ein- und Ausgängen auch unter den High-End-Fans zunehmender Beliebtheit erfreut, bietet Funk den Vorverstärker sozusagen als Zugeständnis an das dort herrschende Geschmacks-Diktat auch ohne Rack-Ohren und mit dickeren, farbig eloxierten Alu-Frontplatten an. Diese beherrscht in beiden Versionen ein großer, griffiger Lautstärkeregler aus Kunststoff, dessen  Regelbereich von -105 Dezibel bis +6 Dezibel reicht, also 111 Dezibel Dynamik umfasst. Der Regler besitzt 41 Rastungen, von denen man sich in der Praxis zuweilen einige mehr wünscht, wenn es um feinste Lautstärkeinstellungen geht. Allerdings greift dieser Pegelsteller in das Lautstärke-Management nicht direkt ein, sondern dient als Geber für eine besonders raffinierte Lautstärkereglung. Er liefert nämlich lediglich eine der Reglerstellung proportionale Gleichspannung, die dann ein A/D-Wandler digitalisiert. Ein Mikroprozessor errechnet aus den digitalisierten Werten den entsprechenden Pegelwert für jeden Audiokanal und steuert spezielle analoge Pegelschaltkreise an, die ihrerseits die eigentliche Lautstärkeeinstellung übernehmen. Der MXT-Monitor.V3a besitzt also eine rein analog arbeitende Lautstärkeregelung, die digital angesteuert wird. Dies soll einerseits, so der Hersteller, eine besonders hohe Klangqualität sicherstellen und andererseits in der Praxis eine Reihe von Vorteilen bieten. Zum einen lässt sich die Lautstärke problemlos und ohne Qualitätsverluste fernsteuern. Funk Tonstudiotechnik bietet dazu eine besondere Kabelfernsteuerung an. Ein plötzliches Aufreißen des Pegelreglers verursacht außerdem nicht zwingend einen entsprechend gravierenden Lautstärkesprung. Vielmehr arbeitet der Mikroprozessor den Pegelsprung innerhalb einiger Millisekunden in vielen kleinen Einzelschritten ab, und vermeidet so Knackgeräusche (Zippernoise genannt). Vier kaskadierend zusammen arbeitende Schaltkreise sind für die Pegelsteuerung verantwortlich und ermöglichen auf diese Weise die enorm hohe Auflösung pro Pegelstufe von 0,125 Dezibel – mehr benötigt auch der anspruchsvollste Toningenieur nicht. Außerdem soll dadurch die Dynamik gegenüber herkömmlichen Schaltungen deutlich erhöht werden.

Ein sogenannter digitaler Fensterdiskriminator verhindert zudem das ungewollte Hin- und Herschalten zwischen zwei Pegelstufen, falls der Regler zufällig zwischen zwei Stufen steht. Ein weiterer Vorteil dieser Technik ist die extreme Kanalgleichheit. Die vom Hersteller versprochenen maximalen Abweichungen von 0,05 Dezibel im Regelbereich von -60 Dezibel bis +6 Dezibel zwischen linkem und rechtem Kanal bestätigt der Audio-Precision-Messcomputer problemlos. Zum Pegelmanagement gehört natürlich auch eine Balanceregelung, hier per Drucktasten in 1-dB-Schritten mit jeweils sechs Dezibel Verschiebung pro Seite. Drückt man beide Tasten gleichzeitig, wird die Verschiebung rückgängig gemacht und die Balance steht wieder in der Mitte. Kleine aber wichtige Besonderheit: Auch bei korrigierter Balance bleibt die Gesamtlautstärke konstant, denn wird der Pegel eines Kanals verringert, erhöht sich der des anderen entsprechend. Jeder der beiden Kanäle lässt sich außerdem individuell stumm schalten. Ferner ist eine Mono-Funktion verfügbar und zusätzlich eine Phasenumkehr, sie dreht die Phase des linken Kanals um 180 Grad. Diese Features haben sich schon bei der Arbeit mit dem MTX-Monitor.V3a im Studio von Professional audio Magazin bestens bewährt. Insbesondere beim Abhör-Marathon für den großen Summierervergleich in der letzten Ausgabe mochten die Redakteure die Funktionen Phasendrehung plus Monoschalter nicht mehr missen. Ein weiteres Feature ist die Funktion LEV FIX. Damit wird die Pegel intern auf exakt Null Dezibel Verstärkung justiert, unabhängig von der Stellung des Pegelstellers. Dies ist hilfreich, wenn man beispielsweise den kompletten Abhörweg einmessen möchte. Aus Sicherheitsgründen reagiert die Taste allerdings erst nach zwei Sekunden, um sozusagen Unfälle aus Versehen zu vermeiden. Alle bisher beschriebenen Funktionen wirken auf die per Tastendruck (SPK ON) zu aktivierenden symmetrischen Monitor-Ausgänge auf der Rückseite – wahlweise und alternativ aber auch auf die unsymmetrischen Ausgänge via Cinch-Buchsen. Diese sind über die Taste ALT SPK einzuschalten. Eine Spezialversion des Vorverstärkers erlaubt auf Wunsch das gleichzeitige Betreiben zweier Monitorsysteme.

Der unsymmetrische Ausgang liefert im Normalfall einen Pegel von 0 dBu, lässt sich aber intern per 25-Gang-Präzisions-Spindeltrimmer von -24 dBu bis zu +6 dBu justieren. Der symmetrische Ausgang kann im Bereich -0,2 dBu bis +6 dBu angepasst werden. Als professioneller Abhörverstärker besitzt der MTX auch einen eigenständigen Kopfhörerverstärker nebst Klinkenbuchse und Regler. Auf Tastendruck übernimmt dieser leistungsfähige, übrigens diskret aufgebaute Verstärker, der sowohl hoch- wie auch niederohmige Kopfhörer betreiben kann, die Lautstärkeregelung vom Hauptpegelsteller. Dies ist dann sinnvoll, wenn man beispielsweise den MTX komplett über die Kabelfernsteuerung bedient. Insgesamt offeriert der MTX-Monitor.V3a auf seiner Rückseite acht Stereo-Eingänge, vier davon sind symmetrisch ausgelegt (Eingänge 1 bis 4 mit einem Nenneingangspegel von +6 Dezibel) und weitere vier unsymmetrisch. Die Anwahl der Eingänge erfolgt über die großflächigen Taster auf der Frontseite, die zwar kein Paradebeispiel für gutes Design darstellen, aber ungemein funktionell arbeiten. Jede Taste kann, wenn man die transparente Abdeckkappe entfernt hat, mit einer individuellen Beschriftung versehen werden, ein entsprechender Ausschneid-Bogen mit Papierschildchen liegt dem Gerät bei. Dies hilft in der Studiopraxis ungemein. Eine rote LED in jedem Taster meldet den gewählten Eingang zurück. Hält man eine dieser Tasten gedrückt, während man gleichzeitig eine oder auch mehrer weitere Eingangs-Wahlttasten betätigt, schaltet der MTX diese Eingänge parallel auf den oder die Ausgänge. Er arbeitet somit als analoger Summierer.

Die Pegel der unsymmetrischen Eingänge (fünf bis acht) lassen sich wiederum per Spindel-Trimmer in einem Bereich zwischen -6 dBu und +14 dBu feinjustieren. Pegelsprünge beim Umschalten sind so vermeidbar. Wie könnte es anders sein, kann man selbst die Ausgangsspannungen der Ausgänge Record 1 und 2 gemeinsam einstellen (-40 dBu bis +6 dBu). An diesen unsymmetrischen Cinch-Ausgängen stehen die Signale der Eingänge zum Aufzeichnen auf analoge Recorder oder Digitalrecorder mit Analogeingang bereit, die man mit der Record-Taste auswählt. Diese Record-Matrix arbeitet völlig unabhängig von der Abhörmatrix. So ist es beispielsweise möglich, denDownmix eines DAW abzuhören und gleichzeitig eine analoge Bandaufnahme auf einen CD-Recorder zu kopieren. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Eine in der Praxis sehr große Hilfe ist die optionale Kabelfernsteuerung, mit der sich fast alle Funktionen, die sich auf der Front des Vorverstärkers finden, bedienen lassen. Ausnahme: Kopfhörer-Anschluss und Regler. Die Wahl, ob Front-Bedienung oder Fernsteuerung trifft man jeweils mit der Aktiv-Taste. Will man beispielsweise auf die Tischfernbedienung wechseln, muss man dort erst die Aktiv-Taste zur Übernahme drücken. Aber achten Sie beim Wechsel auf die Stellung des Lautstärkestellers, um Abhörmonitore und Ohren vor großen Lautstärkesprüngen zu schützen. Wir sprechen hier aus Erfahrung. Eine Taste mit der Bezeichnung Digital findet sich ausschließlich auf der Tischfernbedienung, fehlt also auf der Frontplatte des 19-Zoll-Gerätes. Auf dessen Rückseite lässt sich über die vierpolige Mini-DIN-Buchse mit der Bezeichnung DIG.ROUT optional entweder der digitale Audio-Router AMS-S2 DAR oder das Modell PAS-8 aus dem Hause Funk Tonstudiotechnik in die Bedienung des MTX-Monitor einbinden. So ist es möglich, auch bis zu acht digitale Quellen zu managen. Die Stromversorgung der beiden Router erfolgt dann über den Vorverstärker, ebenso die Bedienung.

Wie in jedem Test von Professional audio Magazin obligatorisch, muss auch der MTX-Monitor.V3a seinen Gang nach Canossa, sprich auf den Labortisch des Audio-Precision-Messcomputers absolvieren. Und dieser Gang geriet sowohl für den Messcomputer als auch für den Delinquenten zur Sternstunde. Denn keines der über hundert bislang im Labor untersuchten Testgeräte lieferte in der Summe derart gute Messergebnisse. Beginnen wir mit den Fremd- beziehungsweise Geräuschspannungsabständen. Die Messwerte liegen durchweg um oder über 100 Dezibel – und zwar sowohl für die unsymmetrischen als auch symmetrischen Eingänge. Die THD+N-Messung für beide Anschlussarten zeigt: Klirr ist für den MTX-Monitor ein Fremdwort. Die über den Frequenzbereich von 20 Hertz bis 20 Kilohertz ermittelten Kurven berücksichtigen sowohl Verzerrungen als auch andere Störsignale wie etwa Rauschen. Wie die Kurven zeigen, dominieren hier die Rauschanteile, das Klirrspektrum liegt unter dem Rauschpegel.

Daher rühren auch die kleinen nterschiede in den entsprechenden Kurven auf Seite 66. Ein Blick auf die FFT-Spektren auf Seite 64 zeigt, dass die Klirranteile um 110 bis 120 Dezibel gedämpft werden. Das entspricht einem Klirrfaktor von 0,0001 Prozent und besser. Sehr gut geraten auch die Messungen der Gleichtaktunterdrückung. Hier erreicht der MTX-Monitor eine Dämpfung von 75 Dezibel über den gesamten Frequenzbereich. Eine Klasse für sich ist der Vorverstärker, wenn es um die Übersprechdämpfungen geht. Zwischen den beiden Kanälen eines Stereo-Eingangs kommt er auf eine Dämpfung bis sechs Kilohertz von 110 Dezibel, darüber immer noch auf vorzügliche 93 Dezibel. Misst man nun das Übersprechen von Eingang zu Eingang, ermittelt der Audio Precision Werte jenseits von 110 Dezibel, bei zehn Kilohertz und darunter gar 125 Dezibel. Damit ist es beispielsweise möglich, über einen der Eingänge heftigste Rockgewitter abzuhören, während auf einem anderen Eingang zarteste Cembalo-Klänge eingespeist und aufgezeichnet werden. Gegenseitige Beeinflussung ist ausgeschlossen. 

Diese tatsächlich exzellenten Ergebnisse ermöglicht nach Aussage von Thomas Funk sein besonderes Massekonzept. Üblichweise werden Störströme auf den genutzten Eingängen sowie die ungenutzten Eingänge auf Masse geschaltet. Die Ströme fließen also auch bei größten Leiterbahn-Querschnitten auf der mit Bauteilen bestückten Platine herum. Dies kann zu erhöhtem Übersprechen führen und Verzerrungssignale ins Nutzsignal einspeisen. Um dies weitestgehend zu vermeiden, realisierte der Entwickler im MTX eine virtuelle Masse, die keine Verbindung mit der sogenannten Audio-Masse besitzt. Die Ströme und Störsignale werden durch diese künstliche Masse, die man sich als Auffangbecken für Störsignale vorstellen kann, elektronisch abgefangen, ins Netzteil zurück gespeist und dort unschädlich gemacht. Thomas Funk verspricht eine Verbesserung um den Faktor zehn gegenüber herkömmlichen Lösungen. Soweit die Entwickler-Theorie. Die Messtechnik bestätigt jedenfalls dem MTX hier außerordentliche Qualitäten.

Auf eine Veröffentlichung der Frequenzgang-Messung verzichten wir hier aus Platzgründen. Die Kurve verläuft wie mit dem Lineal gezogen zwischen 10 Hertz und 100 Kilohertz. Abonnenten von Professional audio Magazin können diese und weitere Messkurven aber auf unserer neuen Website en Detail betrachten. 

Nachdem der MTX-Monitor.V3a der Mess-Parcour bravourös bestanden hat, wächst natürlich bei allen Testern die Spannung auf den Hörtest. Und auch hier machen es die Tester dem Kandidaten nicht leicht. Schon beim sehr langwierigen Hörtest für den Vergleich der analogen Summierer brachte der Wechsel vom vorzüglich klingen SPL Monitor und Talkback Controller MTC 2381 auf den MTX-Monitor.V3a das entscheidende Quäntchen Durchhörbarkeit, die es den Testern ermöglichte, die teilweise sehr geringen Unterschiede heraus zu hören. Vor allem im Bassbereich, auf den wir uns zeitweise sehr stark konzentrieren mussten, ist der Unterschied deutlich hörbar. Der MTX macht, abgehört über die vorzüglichen KRK Exposé 8, etwas mehr Druck, wirkt außerdem merkbar klarer und konturierter. Die räumliche Breiten- und Tiefenstaffelung gerät exzellent, gerade in Verbindung mit der auch besonders guten KRK. Das Auflösungsvermögen in den Mitten und Höhen ist darüber hinaus über jeden Zweifel erhaben, grob- und vor allem feindynamische Klangdetails arbeitet der Verstärker souverän heraus. Das Klangbild, das der MTX transportiert ist außerdem völlig frei von irgendwelchen Beschönigungen oder Färbungen. Der Vorverstärker eignet sich also keinesfalls für Setups, wo in irgendeiner Art und Weise Kompensationseffekte gefragt sind, denn er macht definitiv keinen Sound. Auf der anderen Seite wirkt der MTX nie stressig oder nervig, vorausgesetzt das Programm-Material ist es auch nicht. Allerdings ist der Abhörverstärker schonungslos gegenüber klanglichen Ungereimtheiten und deckt Fehler im Mix oder Mastering unbestechlich auf. Damit erfüllt er fraglos die Anforderungen an ein solches Gerät mit Bravour. Als Härtetest wollen wir dem Begriff „Draht mit Verstärkung“ auf den Zahn fühlen und lassen den MTX-Monitor tatsächlich gegen ein sehr gutes Studiokabel antreten. In diesem Vergleich gegen ein Kabel aus Serie CS-Carbokab von Sommercable zeigt sich, dass der MTX dem Ideal tatsächlich schon sehr nahe kommt. Ist der MTX per Fix Level Schalter auf null Dezibel Verstärkung eingestellt, bringt das Einschleifen zwischen dem Lynx Wandler Aurora 8 und den KRK-Lautsprechern beziehungsweise dem elektrostatischen Stax-Kopfhörer fast ein Null-Ergebnis. Selbst im Blindtest können die Tester nicht immer eindeutig bestimmen, ob sie nun Kabel oder MTX hören. Treten Unterschiede auf, sind sie nur sehr schwer zu beschrieben.

Fazit 

Optisch und haptisch geht der MTX-Monitor.V3a als typisches, gut zu bedienendes Studio-Gerät durch – keine besonderen Auffälligkeiten. Die Verarbeitung ist sehr gut, beim Blick ins Geräte-Innere sogar hervorragend. Klanglich und messtechnisch ist dem Hause Funk Tontechnik allerdings ein großer Wurf gelungen. Und so entpuppt sich der Studio-Abhörverstärker als Wolf im Schafspelz.

Erschienen in Ausgabe 01/2008

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 2624 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut