Netzwerker
Der myMix des amerikanischen Herstellers Movek könnte die Recording- und Live-Praxis revolutionieren, denn er bietet als netzwerkfähiger Mixer mit Multitrack-Funktion bisher ungeahnte Möglichkeiten.
Von Michael Nötges
„Karl hat `ne Panne und kommt heute nicht“, seufzt Guido leicht genervt während er seine Gitarre stimmt. Doch die langen Gesichter der Bandmitglieder erhellen sich schlagartig wieder, als Stefan breit grinsend mit den Sticks auf sein myMix klopft. Natürlich hat die Band die letzte Probe als Session mitgeschnitten und Karls myMix mit geladener SD-Karte steht glücklicherweise immer noch vor seinem Keyboard-Rack. Volker, der für die Lead-Vocals zuständig ist, startet das kleine Monitoring-Netzwerk. Alle Geräte fahren hoch, auch das von Karl. Schnell ist die letzte Session aufgerufen und jeder stellt die Keyboard-Sounds in seinem Personal Mixer auf Solo. Stefan mischt sich noch ein wenig seiner letzten Schlagzeugaufnahme auf die Kopfhörer, um das Einzählen zu hören. Jetzt kann es los gehen – auch ohne Karl.
Auch wenn der myMix, wie dieses Anwendungsbeispiel zeigt, deutlich mehr kann, ist er in erster Linie ein netzwerkfähiger Personal Monitor Mixer, wie er in anderer Aufmachung beispielsweise auch von der Firma Aviom (A-16II: 725 Euro) angeboten wird. Das Amerikanische Startup Movek hat aber zum einen den Preis auf unter 600 Euro pro Gerät geschrumpft und setzt damit die direkte Konkurrenz unter Druck. Zum anderen bietet das schmucke Kästchen einen komfortablem, führerscheingroßen Farbmonitor, einen SD-Karten Slot für Multitrack-Aufnahmen im WAV-Format (24 Bit, 48 Kilohertz) sowie interne digitale Effekte (Hall, Delay und Master-Equalizer), was unterm Strich zu einer breiten Palette an Einsatzmöglichkeiten führt. Vom Stereo-Mitschnitt eines Konzertes mit nur einem myMix, Proben- und Session-Setups bis hin zu einem ausgefuchsten Monitoring-Netzwerk von acht Geräten mit FOH-Mixer-Anbindung für eine Bigband ist sehr viel möglich .
Kern des myMix-Konzepts ist die dezentrale Vernetzung von bis zu acht Monitor-Mixern per Fast Ethernet (siehe Interview, Seite 78). Zwei Geräte können direkt mit einem Cat5-Kabel verbunden werden, ab dem dritten myMix wird ein handelsüblicher Netzwerk Switch – beispielsweise ein Trendnet PoE Switch TPE-S44 für rund 60 Euro – notwendig. Jedes Gerät verfügt über zwei analoge Eingänge, die in das Audio Netzwerk eingebracht werden können. Insgesamt bietet das Gesamtsystem somit die Möglichkeit, bis zu 16 Audio-Signale zu verarbeiten. Außerdem ist der myMix aber auch ein portabler Rekorder – wenn man ihn alleine verwendet – oder Multitracker: Jeder Teilnehmer an einem myMix-Netzwerk hat nämlich die Möglichkeit, die jeweilige Session auf einer eigenen SD- oder SDHC-Karte mitzuschneiden. Sind acht myMix per Netzwerk Switch miteinander verbunden, werden bei einer Recording-Session zum einen alle Einzelsignale (ohne Effekte) und zusätzlich der jeweils eingestellte Mix des eigenen myMix auf der Speicherkarte abgelegt. Durch das unkomprimierte Datenformat sind Speichermedien mit großer Kapazität gefragt. Bei acht Teilnehmern (16 Signalen), finden rund sechs Minuten Audiodaten pro Gigabyte Platz. Für einen Livemitschnitt von anderthalb Stunden braucht man also nach Adam Ries(e) mindestens 16 Gigabyte Speicherkapazität. Platzsparende MP3-Aufnahmen sind nicht möglich. Die Stromversorgung muss per Ethernet Kabel – Power over Ethernet – oder das Netzteil gesichert sein. Da jeder Switch 15 Watt PoE-Leistung benötigt, ist beim Ethernet Switch, je nach Anzahl der verwendeten Geräte, auf genügend Leistungs-Reserven zu achten. Zumindest, wenn zusätzliches Kabelgewirr durch die Netzteile vermieden werden soll. Ansonsten sind die „Wandwarzen“ aber natürlich immer eine sichere Stromversorgungs-Bank.
Der myMix hat in etwa die Größe eines DinA5-Blattes und ist komplett aus schwarzem Kunststoff gefertigt. Dabei macht das Gehäuse einen insgesamt widerstandfähigen Eindruck. Das moderne Design mit blau hinterleuchteten Softkeys und futuristischen Master-Mute- und Record-Buttons ist sehr gelungen, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich beim myMix nicht um edles Highend-Equipment, sondern um Massenware aus China handelt. Die Bedienelemente erfüllen zuverlässig und druckpunktsicher ihren Job. Überzeugend ist außerdem das Navigationsrad von der Größe eines Zwei-Eurostücks, dessen Position durch einen blauen Leuchtring auch in dunklen Studio- oder Bühnenumgebungen zielsicher auszumachen ist. Der Endlos-Regler mit Druck-Funktion läuft sehr geschmeidig und hat eine feine, kaum merkliche Rastung, der sehr genaue Parameter-Einstellungen zulässt. Etwas fummelig sind hingegen die beiden Eingangspegel-Steller an der linken Flanke des Geräts (siehe Foto, Seite 76). Nicht größer als ein Zehn-Centstück und flach am Gehäuse anliegend, sind sie vor versehendlichem Verstellen recht gut geschützt, dafür aber nur mit spitzen Fingern zu bedienen. Die Eingangspegelanzeigen beschränken sich auf die zweifarbig hinterleuchteten Kanal-Ziffern links neben dem Bildschirm. Sie leuchten grün, wenn ein Signal anliegt und rot, wenn der Eingang übersteuert ist. Mit etwas Gewöhnung gelingt zwar das verzerrungsfreie Einpegeln recht gut, eine etwas exaktere Anzeige in Form zweier LED-Ketten oder einer Darstellung auf dem Bildschirm wäre allerdings wünschenswert.
Auf glatten Oberflächen verhelfen dem myMix vier rutschfeste Gummifüße zu festem Stand. Sind viele Kabel angeschlossen ist der Monitor-Mixer aber doch schnell hin und her gerissen, denn mit 500 Gramm kann das Leichtgewicht dem versehendlichen Gezerre im Proberaum oder auf der Bühne nicht viel entgegensetzen. Deswegen hat Movek einen Mikrofonstativadapter mit 5/8-Zoll-Gewinde beigelegt. Die kleine Metallplatte wird mit einer Schraubvorrichtung am Boden des myMix fixiert. Das an diesem Präsentierteller befestigte Gewinderöhrchen lässt sich dann unmittelbar und bombensicher mit einem Mikrofonständer verschrauben. Es entsteht eine praxisgerechte Personal Monitoring Station.
Bis auf den Kopfhörer-Ausgang (3,5-mm-Klinke) an der linken Flanke befinden sich alle weiteren Anschlüsse auf der Rückseite des Geräts (siehe Foto, Seite 76): Zunächst sitzt hier die Netzwerkbuchse (RJ45) zum Anschluss der Cat5-Kabel. Daneben liegen zwei symmetrische Line-Ausgänge, um beispielsweise eine Abhöre anzuschließen oder die Mastersumme des myMix an ein Mischpult weiterzureichen. Die beiden XLR-Klinke-Combobuchsen nehmen Mikrofon- oder Line-Signale entgegen. Wobei es für die Eingänge drei Modi gibt: Mono (nur Input 1 aktiv), Dual Mono (zwei separate Mono-Kanäle) und Stereo (Input 1 links, Input 2 rechts). Da der myMix auch Phantomspannung bietet, können auch Kondensatormikrofone angeschlossen werden. Allerdings ist die Phantomspeisung nicht für jeden Kanal einzeln aktivierbar. Unmittelbar aufzurufen sind die Master-Mute- und Record-Funktion über die dazugehörigen Buttons oberhalb der ergonomisch geformten Aussparung für das Navigationsrad (siehe Foto, Seite 76). Alle anderen Funktionen sind über die Menüs erreichbar. Zur Bedienung stehen neben dem Jog-Wheel vier Softkeys zur Verfügung, deren Funktion sich in jedem Menü ändert und auf dem Bildschirm direkt neben den Buttons in Form virtueller Schaltflächen erscheint (siehe Screenshots, Seite 78). Das Geldautomaten-Prinzip ist intuitiv verständlich, und der myMix kommt mit vier Softkey plus Navigationsrad für das Handling zahlreicher Parameter aus.
Um jeden myMix und auch jedes angeschlossene Signal im Netzwerk exakt identifizieren zu können, empfiehlt sich zunächst die Einrichtung des Geräts. Im Menü ‚Preferences‘ ist neben allgemeinen Einstellungen der Unit-Name festgelegbar. Um die Identifikation perfekt zu machen, hilft die Beschriftung der Eingänge im Input-Menü (siehe Screenshot, Seite 77). Im Hauptmenü erscheint jetzt sowohl der Unit-Name, als auch die Eingangsbezeichnung. Haben diesen Schritt alle myMix-Netzwerker der Band vorgenommen, ist jedes Audio-Signal für den individuellen Mix eindeutig identifizierbar. Untereinander aufgelistet, lassen sich nun an jedem myMix die eigenen, wie auch die Signale der anderen mit dem Navigations-Rad anwählten und dann deren Lautstärke, Tone (Bass-Höhen-Balance), der Effektanteil und die Lage im Stereopanorama festgelegen. Zudem gibt es für jede Spur eine Mute- und Solo-Funktion und die Möglichkeit, das Mastervolumen anzupassen, ohne dass sich die eingestellten Mischverhältnisse ändern. Die praktische Zero-Mix-Funktion bringt automatisch die Lautstärke aller Spuren auf null, um von da aus einen neuen Mix aufzubauen.
Der myMix bietet ein paar rudimentäre Effekte: Es stehen zum einen sechs unterschiedliche Hall-Presets (siehe Tabelle) zur Verfügung, die allerdings keine Möglichkeit bieten, die Algorithmen durch Justierung unterschiedlicher Parameter zu beeinflussen. Sie sind wie sie sind. Das Delay bietet hingegen wenigstens zwei Parameter: Verzögerungszeit (10 bis 75 Millisekunden) und die Häufigkeit der Wiederholungen (Null bis 100 Prozent). Etwas üppiger bestückt ist da schon der vollparametrische Master-Equalizer, der insgesamt vier Bänder (Low, Low-Mid, High-Mid, High) bietet. Der Q-Faktor ist zwischen 0,4 bis 20 einstellbar, die Amplitudenänderung beträgt +6 und -18 Dezibel und die Frequenzen der Bänder überlappen sich fließend (siehe Tabelle). Zusätzlich bietet der Equalizer einen High- beziehungsweise Lowshelf-Modus für die Außenbänder.
Die Ergebnisse aus dem Messlabor von Professional audio sind durchaus überzeugend. Zunächst bieten die Mikrofonvorverstärker mit einer Eingangsempfindlichkeit von -59,7 Dezibel genügend Reserven, um auch unempfindlichen dynamischen oder Bändchenmikrofonen pegeltechnisch optimal auf die Sprünge zu helfen. Geräusch- und Fremdspannungsabstand liegen bei guten 74,7 und 72,9 Dezibel, was die Euphorie über die hohe Eingangsempfindlichkeit etwas dämpft, da bei extremer Verstärkung im Grenzbereich die Preamps offensichtlich an ihre rauschfreien Grenzen stoßen. Die Phantomspannung beträgt lediglich 36,5 Volt und liegt damit außerhalb der zehnprozentigen Toleranzgrenze. Auch wenn das bei den meisten Mikrofonen keine Probleme ergeben dürfte, da diese auch mit weniger Spannung zurechtkommen, sind die Schallwandler nicht optimal versorgt.
Die THD+N-Werte liegen mit 0,03 Prozent auf mehr als gutem Niveau, wenn man bedenkt, dass viele mobile Rekorder wie der Tascam DR-2d (Test in Ausgabe 9/2010) oder der Yamaha Pocketrack W24 (Test in Ausgabe 6/2010) mit Maximalwerten oberhalb ein Prozent aufwarten. Der Noisefloor des myMix liegt unterhalb -80 Dezibel (siehe FFT-Spektrum, Seite 78) und Übersprechen findet bei Werten unterhalb -90 Dezibel nicht hörbar statt. An dieser Stelle sei zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Messwerte über das Netzwerk ermittelt, keine nennenswerten Verschlechterung zeigen.
Zum Hör- und Praxistest haben wir drei myMix per Ethernet Switch (Trendnet TPE-S44) zu einem Personal Monitoring-System für ein Trio (Gesang, Gitarre/Backings, E-Piano) verbunden. Wer jetzt Angst hat, sich zunächst durch komplizierte Einrichtungsvorgänge und kryptische Switch-Konfigurationen schlagen zu müssen, kann durchatmen und sich wieder entspannen. Die Einrichtung besteht lediglich darin, Switch und myMixer per Cat5-Kabel zu verbinden, mit Strom zu versorgen und das Setup ist einsatzbereit. Am ersten myMix hängen nur die Lead-Vocals über ein dynamisches Shure SH55, weswegen wir ihn im Mono-Modus fahren, so dass nur Input 1 aktiv ist. Der zweite myMix empfängt ein Akustikgitarren-Signal (Input 1), das direkt vom eingebauten Pickup-System kommt. Außerdem ist am Input 2 ein Kondensatormikrofon (AT 4040) für die Backings angeschlossen. Der dritte im Bunde nimmt das Stereo-Signal des Stagepianos in Empfang. Die unterschiedlichen Pegelverhältnisse hat jeder für sich schnell im Griff, um einen komfortablen More-of-me-Mix zu erstellen. Es dauert keine fünf Minuten und die Aufnahme-Session kann mit drei strahlenden Gesichtern beginnen, da jeder unter optimalen klanglichen Bedingungen spielen kann.
Im Innern des myMix arbeitet ein Lüfter, der, wenn auch nur sehr leise, unaufhörlich vor sich hin rauscht. Bei sensiblen akustischen Aufnahmen sollte bei der Mikrofonpositionierung darauf geachtet werden, den myMix möglichst im ‚toten Winkel‘ eines Schallwandlers mit Nierencharakteristik aufzustellen. Ein leises Rauschen muss bei den Aufnahmen aber in Kauf genommen werden, soll der myMix in der Aufnahmekabine stehen. Von den Preamps oder dem Wandler des myMix stammen jedenfalls keine Störgeräusche. Sowohl Gesangs- als auch Akustikgitarrenaufnahmen kommen grundsätzlich transparent und absolut rauschfrei. Auflösung und Impulsverhalten sind insgesamt sehr gut und bilden die einzelnen Signale detailgetreu und authentisch ab. Sowohl die Timbres der beiden Gesänge, als auch die kleinen klanglichen Unterschiede der verschiedenen Mikrofone sind exakt herauszuhören. Dabei klingt der myMix insgesamt unauffällig und im unteren Mitten- und Bass-Bereich etwas zurückhaltend. Die Höhen kommen dagegen sehr schön frisch und offen. Das führt zu einem präsenten Grundsound, der Anschlagsgeräusche bei der Gitarrenaufnahme und Feinheiten des Stimmapparats exakt abbildet. Im Vergleich mit einem guten Mittelklasse Audio-Interface wie dem FW410 von M-Audio, kann der myMix problemlos mithalten. Im Vergleich zur Referenz, dem RME Fireface 400 (Test in Ausgabe 9/2006), ist die Auflösung am Ende nicht ganz so fein und High- und Low-End wirken etwas bedeckt. Dadurch geht etwas Plastizität, Fülle und Offenheit verloren. Da der myMix aber auch kein reines Audio-Interface ist und sein will, sondern sich als Personal Mixer und Multitrack-Rekorder versteht, sind das Nuancen, die der insgesamt sehr hohen und absolut überzeugenden Klangqualität des myMix keinen Abbruch tun.
Fazit
Der myMix kann als intuitiv bedienbarer, flexibler Personal Monitor Mixer punkten, der durch seine Netzwerkfähigkeit eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten im Studio, bei Sessions oder auf der Bühne bietet. Die zusätzliche Multitrackfunktion und das insgesamt hohe klangliche Niveau machen ihn zu einem zukunftsweisenden Tausendsassa.
Interview mit myMix-Entwickler Christian Glück
? Wie entstand die zukunftsweisende Idee des netzwerkfähigen personal Mixers und Multitrackers?
! Die Grundidee hatten einige Musiker, die auch Netzwerkspezialisten sind. Der eigene Monitor-Mix ließ einfach immer zu wünschen übrig. Sie sahen die Möglichkeit, mit neuer Technologie ein professionelles Monitoring für Musiker zu realisieren. Schließlich war es Mathias von Heydekampf – ehemaliger Präsident Pro Audio von Telex, Electro-Voice, Dynacord und Midas/KT –, der die Idee aufgriff und Anfang 2009 die Firma Movek gründete, um myMix aus der Taufe zu heben. Das technische Grundkonzept wurde dann in Teamarbeit erheblich erweitert und für aktive Musiker perfektioniert. Im Januar 2010 wurde dann myMix auf der NAMM vorgestellt.
? Was ist das Besondere und Einzigartige am myMix?
! myMix ist ein dezentrales, netzwerkbasiertes Mischpult System, welches das Ethernet AVB Protokoll in seiner aktuellen Form verwendet. Damit ist es Vorreiter für diesen neuen Standard. Dezentral heißt aber auch, dass außer dem konventionellen Fast Ethernet Switch keine Zentraleinheit oder ein anderes Mischpult notwendig ist. myMix ist ‚personal‘ im wahrsten Sinne des Wortes, denn Musiker können selber, auch ohne ihre PA und Studio Techniker, den flexiblen Monitor-Mixer bei Proben oder Sessions verwenden. Dabei haben sie immer den Vorteil der exzellenten, unkomprimierten Audio Qualität (WAV: 24 Bit/48 Kilohertz), haben Klangregelung sowie Effekte an Bord und können auf Knopfdruck alles als Mehrspur-Aufnahme auf SD Karte aufzeichnen und auch wieder abspielen. Die aufgenommenen Files können kann direkt in jede Recording-Software geladen werden. Dieses ‚Instant Recording‘ bei dem keine Idee oder einmaliges Solo mehr verloren geht, ist insbesondere für Konzerte, Proben und Kompositionen sehr wertvoll und bereichernd.
? Welche technischen Herausforderungen mussten in Angriff genommen werden?
! Die technischen Probleme waren relativ überschaubar. Es ergeben sich aber natürlich immer Design-Kompromisse: Beispielsweise war es uns wichtig, dass myMix mit PoE (Power-Over-Ethernet) betrieben werden kann, das heißt aber das wir mit insgesamt 15 Watt für zwei Vorverstärker mit Phantom-Power, Prozessor, Line-Pegel-Treiber und Kopfhörerverstärker (280mA an 50 Ohm) auskommen mussten.
? Wie sieht das nächste Update aus, und was ist dann möglich, was bisher nicht ging?
! Das nächste Update ist für Ende Oktober 2010 geplant und wird massive Verbesserungen mit sich bringen: Bisher war myMix auf 16 Netzwerkkanäle und acht Geräte beschränkt. Mit dem neuen IEX16L 16 Kanal Line Input Expander ist es nicht nur möglich, nahezu beliebig viele Audio Kanäle im Netzwerk anzubieten, sondern auch unbeschränkt viele myMix Geräte einzubinden. Will heißen: Ein Orchester mit 48 Musikern und 80 Audio Signalen ist dann kein Problem mehr. Jeder Musiker kann sich auf seinem myMix die maximal 16 Kanäle heraussuchen, die ihn interessieren. Wir bleiben zwar bei konventioneller Ethernet-Hardware, benötigen allerdings für mehr als 16 Kanäle einen Switch der IGMP Snooping unterstützt.
? Das müssen Sie mir und den Lesern erklären.
! Au weh, das ist was für IT-ler, aber ich versuche es trotzdem: myMix arbeitet mit Fast Ethernet also 100MBps. Auf 100MBps bekommt man 16 Kanäle 24 Bit/48 Kilohertz) plus Overhead unter. Im myMix-System laufen die Audiokanäle als Multicast-Paare, die dann jeweils als Dual Mono oder Stereo konfiguriert werden. IGMP Snooping ist nun die Möglichkeit eines Switches, zu sortieren und nur die ausgewählten Paare zu den jeweiligen myMix weiterzuschicken. Es werden beispielsweise 60 Kanäle angezeigt und man wählt sich davon maximal 16 oder eben 8 Paare für seinen myMix aus. Nur die ausgewählten Signale werden dann auch audiomäßig zum myMix übertragen und es kommt nicht zum Overload des Systems.
? Was verändert sich live und im Studio durch die Arbeit mit dem myMix?
! Ich denke es ist nicht übertrieben zu sagen, dass sich für den Musiker das Gesamterlebnis beim Spielen ändert. Mit myMix ist jeder unabhängig. Allein das Bewusstsein selbst Herr der Lage zu sein, ist ein gewaltiger Schritt. Natürlich spielt jeder Musiker auch besser, wenn er das, was er braucht, so hört, wie er will. Die Mehrspuraufnahme, die jeder für sich erstellen kann, ist dann der nächste Gewinn. Mit myMix wird jede Band Probe ohne zusätzlichen Aufwand zu einer Aufnahmesession. Jeder Musiker kann für sich selber mixen, aufnehmen und jederzeit wieder abspielen. Das Potential für die Anwendungen ist riesig.
? Was ist der mittel- und langfristige Ausblick in Bezug auf die netzwerkfähigen Monitor-Controller?
! Unsere Vision ist, dass myMix für Musiker ein Standardwerkzeug wird, das jeder dabei hat, egal ob Konzert, Probe oder Studiotermin. Denn anders als alle ‚zentralen Systeme‘, die fest installiert oder Bestandteil einer PA-Anlage sind, lässt sich myMix eben komplett autark verwenden. Das einzige Verbindungsteil zu anderen myMixes ist ein einfacher Netzwerk-Switch und schon geht die Session los. Und wenn Ethernet AVB zu einem IT-Standard wird, ist auch das Live spielen über Internetverbindungen ohne Latenzzeitprobleme Realität.
Auch wenn der myMix, wie dieses Anwendungsbeispiel zeigt, deutlich mehr kann, ist er in erster Linie ein netzwerkfähiger Personal Monitor Mixer, wie er in anderer Aufmachung beispielsweise auch von der Firma Aviom (A-16II: 725 Euro) angeboten wird. Das Amerikanische Startup Movek hat aber zum einen den Preis auf unter 600 Euro pro Gerät geschrumpft und setzt damit die direkte Konkurrenz unter Druck. Zum anderen bietet das schmucke Kästchen einen komfortablem, führerscheingroßen Farbmonitor, einen SD-Karten Slot für Multitrack-Aufnahmen im WAV-Format (24 Bit, 48 Kilohertz) sowie interne digitale Effekte (Hall, Delay und Master-Equalizer), was unterm Strich zu einer breiten Palette an Einsatzmöglichkeiten führt. Vom Stereo-Mitschnitt eines Konzertes mit nur einem myMix, Proben- und Session-Setups bis hin zu einem ausgefuchsten Monitoring-Netzwerk von acht Geräten mit FOH-Mixer-Anbindung für eine Bigband ist sehr viel möglich .
Kern des myMix-Konzepts ist die dezentrale Vernetzung von bis zu acht Monitor-Mixern per Fast Ethernet (siehe Interview, Seite 78). Zwei Geräte können direkt mit einem Cat5-Kabel verbunden werden, ab dem dritten myMix wird ein handelsüblicher Netzwerk Switch – beispielsweise ein Trendnet PoE Switch TPE-S44 für rund 60 Euro – notwendig. Jedes Gerät verfügt über zwei analoge Eingänge, die in das Audio Netzwerk eingebracht werden können. Insgesamt bietet das Gesamtsystem somit die Möglichkeit, bis zu 16 Audio-Signale zu verarbeiten. Außerdem ist der myMix aber auch ein portabler Rekorder – wenn man ihn alleine verwendet – oder Multitracker: Jeder Teilnehmer an einem myMix-Netzwerk hat nämlich die Möglichkeit, die jeweilige Session auf einer eigenen SD- oder SDHC-Karte mitzuschneiden. Sind acht myMix per Netzwerk Switch miteinander verbunden, werden bei einer Recording-Session zum einen alle Einzelsignale (ohne Effekte) und zusätzlich der jeweils eingestellte Mix des eigenen myMix auf der Speicherkarte abgelegt. Durch das unkomprimierte Datenformat sind Speichermedien mit großer Kapazität gefragt. Bei acht Teilnehmern (16 Signalen), finden rund sechs Minuten Audiodaten pro Gigabyte Platz. Für einen Livemitschnitt von anderthalb Stunden braucht man also nach Adam Ries(e) mindestens 16 Gigabyte Speicherkapazität. Platzsparende MP3-Aufnahmen sind nicht möglich. Die Stromversorgung muss per Ethernet Kabel – Power over Ethernet – oder das Netzteil gesichert sein. Da jeder Switch 15 Watt PoE-Leistung benötigt, ist beim Ethernet Switch, je nach Anzahl der verwendeten Geräte, auf genügend Leistungs-Reserven zu achten. Zumindest, wenn zusätzliches Kabelgewirr durch die Netzteile vermieden werden soll. Ansonsten sind die „Wandwarzen“ aber natürlich immer eine sichere Stromversorgungs-Bank.
Der myMix hat in etwa die Größe eines DinA5-Blattes und ist komplett aus schwarzem Kunststoff gefertigt. Dabei macht das Gehäuse einen insgesamt widerstandfähigen Eindruck. Das moderne Design mit blau hinterleuchteten Softkeys und futuristischen Master-Mute- und Record-Buttons ist sehr gelungen, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich beim myMix nicht um edles Highend-Equipment, sondern um Massenware aus China handelt. Die Bedienelemente erfüllen zuverlässig und druckpunktsicher ihren Job. Überzeugend ist außerdem das Navigationsrad von der Größe eines Zwei-Eurostücks, dessen Position durch einen blauen Leuchtring auch in dunklen Studio- oder Bühnenumgebungen zielsicher auszumachen ist. Der Endlos-Regler mit Druck-Funktion läuft sehr geschmeidig und hat eine feine, kaum merkliche Rastung, der sehr genaue Parameter-Einstellungen zulässt. Etwas fummelig sind hingegen die beiden Eingangspegel-Steller an der linken Flanke des Geräts (siehe Foto, Seite 76). Nicht größer als ein Zehn-Centstück und flach am Gehäuse anliegend, sind sie vor versehendlichem Verstellen recht gut geschützt, dafür aber nur mit spitzen Fingern zu bedienen. Die Eingangspegelanzeigen beschränken sich auf die zweifarbig hinterleuchteten Kanal-Ziffern links neben dem Bildschirm. Sie leuchten grün, wenn ein Signal anliegt und rot, wenn der Eingang übersteuert ist. Mit etwas Gewöhnung gelingt zwar das verzerrungsfreie Einpegeln recht gut, eine etwas exaktere Anzeige in Form zweier LED-Ketten oder einer Darstellung auf dem Bildschirm wäre allerdings wünschenswert.
Auf glatten Oberflächen verhelfen dem myMix vier rutschfeste Gummifüße zu festem Stand. Sind viele Kabel angeschlossen ist der Monitor-Mixer aber doch schnell hin und her gerissen, denn mit 500 Gramm kann das Leichtgewicht dem versehendlichen Gezerre im Proberaum oder auf der Bühne nicht viel entgegensetzen. Deswegen hat Movek einen Mikrofonstativadapter mit 5/8-Zoll-Gewinde beigelegt. Die kleine Metallplatte wird mit einer Schraubvorrichtung am Boden des myMix fixiert. Das an diesem Präsentierteller befestigte Gewinderöhrchen lässt sich dann unmittelbar und bombensicher mit einem Mikrofonständer verschrauben. Es entsteht eine praxisgerechte Personal Monitoring Station.
Bis auf den Kopfhörer-Ausgang (3,5-mm-Klinke) an der linken Flanke befinden sich alle weiteren Anschlüsse auf der Rückseite des Geräts (siehe Foto, Seite 76): Zunächst sitzt hier die Netzwerkbuchse (RJ45) zum Anschluss der Cat5-Kabel. Daneben liegen zwei symmetrische Line-Ausgänge, um beispielsweise eine Abhöre anzuschließen oder die Mastersumme des myMix an ein Mischpult weiterzureichen. Die beiden XLR-Klinke-Combobuchsen nehmen Mikrofon- oder Line-Signale entgegen. Wobei es für die Eingänge drei Modi gibt: Mono (nur Input 1 aktiv), Dual Mono (zwei separate Mono-Kanäle) und Stereo (Input 1 links, Input 2 rechts). Da der myMix auch Phantomspannung bietet, können auch Kondensatormikrofone angeschlossen werden. Allerdings ist die Phantomspeisung nicht für jeden Kanal einzeln aktivierbar. Unmittelbar aufzurufen sind die Master-Mute- und Record-Funktion über die dazugehörigen Buttons oberhalb der ergonomisch geformten Aussparung für das Navigationsrad (siehe Foto, Seite 76). Alle anderen Funktionen sind über die Menüs erreichbar. Zur Bedienung stehen neben dem Jog-Wheel vier Softkeys zur Verfügung, deren Funktion sich in jedem Menü ändert und auf dem Bildschirm direkt neben den Buttons in Form virtueller Schaltflächen erscheint (siehe Screenshots, Seite 78). Das Geldautomaten-Prinzip ist intu
Erschienen in Ausgabe 10/2010
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 589 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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