Leibwächter
Mit seinem brandneuen Standlautsprecher präsentiert KS Digital einen Abhör-Lautsprecher, der sich dem Tonschaffenden als nahezu perfektes akustisches Messinstrument anbietet.
Von Harald Wittig
KS Digital, der renommierte Hersteller von High-Tech-Abhörlautsprecher aus dem Saarland, ist immer wieder für eine Überraschung gut. Auf der diesjährigen Musikmesse präsentierte die Lautsprecher-Manufaktur von Chefdenker Johannes Siegler mit dem ADM 25 einen Standlautsprecher mit einer Chassisanordnung im D´Appolito-Prinzip, der bei den Besuchern für Aufsehen und Aufhorchen sorgte. Auch bei der Professional audio-Redaktion gab es Spontan-Reaktionen nach Art des Pawlowschen Hundes: „Herr Siegler, ihr ADM 25 muss umgehend für einen eingehenden Test zu uns. “ Der KS Digital-Chef machte es möglich, uns ein Vorserienmodell zu Testzwecken zur Verfügung zu stellen, betonte aber ausdrücklich, dass bei KS Digital derzeit noch am Fine-Tuning des Lautsprechers gearbeitet wird. Die jeweiligen Verbesserungen, die das Serienmodell haben wird, nennen wir im Rahmen dieses Tests an entsprechender Stelle. Der ADM 25 wird mit der offiziellen Markteinführung für begrenzte Zeit zum Einführungsstückpreis für 2.000 Euro angeboten, danach wird er etwa 2.300 pro Stück kosten.
Der ADM 25 ist als Standlautsprecher zur Aufstellung hinter dem Mischpult oder dem DAW-Arbeitsplatz konzipiert. Mit seiner lichten Höhe von 1,40 Metern ist gewährleistet, dass die Lautsprecher-Chassis ungehindert in Richtung Hörplatz abstrahlen können. Eine Neigung der Schallwand mit den Lautsprechern um fünf Grad nach hinten soll die Wiedergabe verfälschende Reflexionen von der Pult- beziehungsweise Arbeitsfläche minimieren. Die Chassis des ADM 25 sind nach dem D’Appolito-Prinzip angeordnet. Zwischen den beiden übereinander angeordneten Tief-Mitteltönern sitzt genau in der Mitte der Kalottenhochtöner. Johannes Siegler wählte die D´Appolito-Anordnung ganz bewusst, denn der große Vorteil dieses wieder recht populären Prinzips (siehe hierzu auch den Test des PSI Audio A 215-M in Ausgabe 3/2010) ist der enge Winkel bei der vertikalen Abstrahlung. Dadurch vermindern sich zusätzlich Schallreflexionen an Decke, Fußboden und vor allem am Regiepult, verbunden mit einer systembedingten vertikalen Bündelung verbessert sich theoretisch die räumliche Auflösung. Wichtig ist aber, dass es sich um eine echte D´Appolito-Anordnung handelt, denn die optimale Abstrahlung erreicht diese Anordnung nur, wenn der Abstand der Membranmittelpunkte der beiden Tief-Mitteltöner kleiner als zwei Drittel der Schallwellenlänge der Grenzfrequenz zwischen Hochtöner und Tief-Mitteltöner ist. Beim ADM 25 beträgt die Trennfrequenz der Frequenzweiche 1,4 Kilohertz, dann ergibt sich bei einer Schallgeschwindigkeit von 343 m/s bei 20 Grad Celsius in Luft eine Wellenlänge von rund 25 Zentimetern. Folglich darf der Abstand zwischen dem Hochtöner und den beiden Tief-Mitteltöner-Mittelpunkten 17 Zentimeter nicht überschreiten sollte. Das ist beim ADM 25 mit gemessenen 14 Zentimetern der Fall. Folglich ist der Saarländer bei zusätzlicher Berücksichtigung des speziell für dieses System berechneten Schallführungselements des Hochtöners bestens vorbereitet, den Schall – wie vom Hersteller garantiert – auf den Bereich von 90 Grad in der Horizontalen und 60 Grad in der Vertikalen zu bündeln. Die beiden Tief-Mitteltonchassis haben, wie bei KS Digital üblich, die typischen Carbon-Membranen, die Partialschwingungen verhindern und, ebenso wie der Hochtöner, einen kräftigen Neodymium-Magneten als Antrieb. Allerdings haben die, für den ADM 25 neuentwickelten Tief-Mittelton-Chassis mit ihrem Membran-Durchmesser von rund 17 Zentimetern eine neue Schwingspule bekommen. Damit handelt es sich nach Aussage von Johannes Siegler um ein sogenanntes Langhub-Chassis, das bei dem tief abgestimmten Bassreflex-System die benötigten größeren Luftmengen bewegen kann, um die Konzeption des ADM 25 als Vollbereichslautsprecher, der keinen zusätzlichen Tieftonlautsprecher benötigt, umzusetzen. Der ADM 25 ist digital entzerrt, hierbei setzt Johannes Siegler auf die von ihm entwickelte FIRTEC (Finite Impulse Response Technologie). Das Verfahren der FIRTEC-Entzerrung hat inzwischen bei den KS Digital-Schallwandlern eine lange Tradition. Es wurde bereits in den 1990er-Jahren entwickelt und selbstverständlich im Laufe der Jahre ständig verbessert. Auch wenn anderenorts schon mal anderes zu lesen ist: Johannes Siegler ist insoweit der Pionier, denn er präsentierte den weltersten digital entzerrten Lautsprecher. Das Besondere an der FIRTEC-Entzerrung: Sie soll Laufzeitverzerrungen völlig vermeiden und eine impulstreue Wiedergabe und automatisch einen linearen Frequenzgang in Amplitude und Phase hervorbringen. Dabei besteht FIRTEC aus zwei Komponenten – einer FIR-Differenzfrequenzweiche, welche die Wege mit einer Flankensteilheit von 90 Dezibel pro Oktave und linearer Phase trennt und einem diskret implementierten Systemfilter, welches das Gesamtsystem entzerrt. Dank der digitalen Linearisierung von Frequenz- und Phasengang mittels FIRTEC sei eine tonale und zeitlich korrekte, also neutrale Wiedergabe des ADM 25 gewährleistet. Nicht ohne Entwicklerstolz sagt Johannes Siegler: „Beim ADM 25 handelt es sich um einen der neutralsten Studio-Monitore überhaupt.“ Da sind wir selbstverständlich mächtig gespannt, was der hochgewachsene Saarländer im Rahmen des Hör- und Praxistests zu leisten vermag.
Doch zunächst sehen wir uns die weitere Ausstattung des ADM 25 an. Die Rückseite präsentiert drei Drehregler, die es bei unserem 0-Serien-Testmodell vorziehen, noch anonym zu bleiben – beim Serienmodell werden die Regler selbstverständlich beschriftet sein. Der oberste Regler des Trios ist zuständig für die stufenlose Einstellung der Eingangsempfindlichkeit, die 12-Uhr-Stellung entspricht der 0 dB-Einstellung. Damit ist die Empfindlichkeit schon vergleichsweise hoch, so dass der ADM 25 nicht nur mit einem hohen Wiedergabepegel aufspielt, sondern auch ein unüberhörbares Ruherauschen von sich gibt. Wir drehen folglich den Lautstärkeregler auf die moderatere 9-Uhr-Stellung zurück, wobei das Rauschen noch immer stört. Störungsfrei können wir letztlich nur bei einer Stellung des Lautstärkereglers zwischen sieben und acht Uhr. Darauf angesprochen erklärt Johannes Siegler, dass in den KS Digital-Labors derzeit an einer Optimierung des Eigenrauschens gearbeitet wird, die künftigen Serienmodelle würden gerade mit einer neuen internen Verkabelung und einer verbesserten Serienelektronik ausgestattet. Der KS Digital-Chef versichert, dass die Serienmodelle des ADM 25 dann nicht mehr mit diesem Störgeräuschmakel behaftet sein werden. Auch von dem schrecklichen Ausschaltknacks des Testmodells, der uns im Laufe der Testphase stets aufs Neue erschreckt, wird der Serien-ADM 25 erlöst sein. Selbstverständlich werden wir dies bei den Serienexemplaren überprüfen. Die beiden anderen Regler unterhalb des Lautstärkereglers dienen der Anpassung an den individuellen Abhörraum und den persönlichen Geschmack des Anwenders. Es handelt jeweils um – digitale – Shelving-/Kuhschwanzfilter, über die beiden Drehregler ist eine stufenlose Feinabstimmung nach Gehör möglich, der Flat-Einstellung entspricht analog zum Lautstärkeregler die mittige 12-Uhr-Stellung. Der ADM 25 ist allerdings ein echter Wolf im Schafspelz, denn er bietet noch weit mehr Einstelloptionen. Er ist nämlich zusätzlich mit drei vollparametrischen Filtern mit variabler Güte und einer Pegelanpassung von ±6 dB ausgestattet, hinzu kommt eine Regelmöglichkeit für die Gesamtverzögerung des Systems – instruktiv „Delay“ genannt – sowie die Möglichkeit, die Phasenlage über „Phase Reverse“ um 180 Grad zu drehen. Da fragt der aufmerksame Leser und Bildbetrachter zu Recht: „Wo finde ich die entsprechenden Regler am ADM 25?“ Kurze Antwort: Gar nicht. Hierzu bedarf es der Software ADMControl, die dank übersichtlicher, grafischer Benutzeroberfläche das Fine-Tuning am Rechner, allerdings ausschließlich auf Windows-PCs, zum Kinderspiel macht. Die Verbindung zum PC erfolgt via Ethernet-/Netzwerkkabel, entsprechende Buchsen sind auf der Rückseite des ADM 25 angebracht. Die Fernsteuerungssoftware gehört selbstverständlich zum Lieferumfang. Wer möchte, kann sich auch den optionalen, analogen Hardware-Controller ARC (Active Remote Control), der mit rund 300 Euro zu Buche schlägt, gönnen. Allerdings kann der Anwender dann nur über die Lautstärke gebieten, auf die erweiterten Fernbedienungsmöglichen, welche der Digital-Controller ARC-Remote beispielsweise beim KS Digital-Flaggschiff, dem Line Master (Test in Ausgabe 11/2007) bietet, muss er verzichten. Der ADM 25 hat keine digitalen Endstufen, stattdessen ist er mit zwei analogen MOSFET-Endstufen bestückt, die mit 170 Watt für die Tief-Mitteltonabteilung beziehungsweise 80 Watt für den Hochtonkanal viel Power bereithalten. Damit bieten die Endstufen im ADM 25 allemal genügend Leistungsreserven, um auch den Anforderungen notorischer Lauthörer zu genügen. Es empfiehlt sich allerdings nicht, die Endstufen bis zum Anschlag aufzureißen.
Der ist der ADM 25 wie die meisten seiner in puncto Endstufenleistung ähnlich ausgestatteten Mitbewerber bei weitem laut genug, um ohne Weiters im erweiterten Nahfeld oder beginnenden Mittelfeld einsetzbar zu sein. Die Aufstellung hinter dem Arbeits- oder Regietisch ist vergleichsweise einfach, denn trotz seiner 30 Kilo Lebendgewicht ist der ADM 25 wegen seiner schlanken, hochgewachsenen Gestalt weitaus tragbarer als vergleichbar schwere Konsolen-Quader. Dank des dunklen Gehäuses scheint die Schallwand bei schummeriger Beleuchtung über dem Arbeitstisch zu schweben, was schlichtweg klasse aussieht. Nicht zuletzt wegen des rundum überzeugenden Klangerlebnisses mit dem A 215-M von PSI Audio (Test in Ausgabe 3/2010), ebenfalls wie der ADM 25 ein Standlautsprecher mit D´Appolito-Anordnung, sind wir sehr gespannt, was der Saarländer zu bieten hat. Die Raumdarstellung des ADM 25 ist exzellent: Das D´Appolito-Prinzip ist vom akustischen Ergebnis her eng verwandet mit der Koaxial-Bauweise, die ebenfalls für ihre vorzügliche Darstellung von Räumen in Breite und Tiefe bekannt ist. In dieser Disziplin spielt der ADM 25 fraglos in der Spitzenklasse. Am Besten erfährt der Hörer diese Kompetenzen des ADM 25, wenn er die Augen schließt und sich allein auf seine Ohren verlässt: Dann erstehen virtuelle oder Naturräume in ihrer ganzen Größe und Ausdehnung. Auch das Verhalten einer Schallquelle im Raum, Stichwort Nachhall, erleben wir in dieser Plastizität nur selten. Beispielsweise hören wir den gesamten Lebenszyklus des Tons einer Hoch-B-Trompete vom Einschwingen Tons, über die volle Reife bis zum langsamen Ausklingen. Hinzu kommt – auch das ist eine Eigenschaft von Top-Lautsprechern –, dass die einzelnene Schallsignale nicht an den Lautsprechern kleben, sondern sich wunderbar lösen. Sofern die Aufnahme dies gestattet. Das Impulsverhalten des ADM 25 ist nicht minder beeindruckend, dieser Monitor bringt den Klang sehr direkt an die Ohren. Das ist vor allem bei transientem Material besonders ohrenfällig. Wer schon immer Detailinformationen benötigt hat, die darüber Auskunft geben, wann eine Snare richtig knackig rüberkommt, sollte sich entsprechende Referenzen über diesen Monitor anhören – und dann selbst entscheiden, ob die empfohlene Aufnahme wirklich Referenzqualitäten hat. Insofern schult ein präziser Lautsprecher wie der ADM 25 auch das Gehör, womit er folgerichtig die viel beschworene Werkzeugqualität, die der Toningenieur für die Arbeit benötigt, hat. Bei der Basswiedergabe ist der Saarländer dem insoweit ebenfalls exzellenten Mitbewerber aus der Schweiz, dem PSI Audio A 215-M, wenigstens ebenbürtig, vielleicht sogar noch eine Spur überlegen. Soll heißen: Der ADM 25 liefert echten Tiefbass, der zudem in vorbildlicher Präzision, also konturiert und fokussiert, erklingt. Kein verschmierter, aufgeblasener Pseudo-Bass ist hier zu hören, stattdessen erklingt beispielsweise das tiefe E eines gestrichenen Kontrabasses, aufgenommen mit einem vorzüglichen Druckempfänger-Kondensatormikrofon bei aller Mächtigkeit äußerst stabil. Auch den Mitten- und Höhenbereich stellt der ADM 25 mit hoher Präzision dar, vor allem gefallen uns die fein aufgelösten Höhen, wobei sich der Hochtöner auch bei sehr pegelstarken und obertonreichen Signalen wie dem der Hoch-B-Trompete als vorbildlich verzerrungsresistent erweist. Bevor der Hochtöner sich geschlagen geben muss, haben die Ohren des Hörers längst kapituliert. Was der ADM 25 allerdings gar nicht kann, ist Schwindeln. Nebengeräusche wie die typischen Rutscher auf ungeschliffenen Bass-Saiten beim Lagenwechsel auf der Gitarre, Atemgeräusche – und mögen sie noch so dezent sein – oder leichtes Kratzen des Bogens bei Streichern: Dieser Monitor serviert all dies gnadenlos. Das mag dazu führen, den Klang des ADM 25 zuweilen als hässlich zu bezeichnen. Was selbstverständlich völliger Quatsch ist, denn er entlarvt mit seiner unerschütterlichen Aufrichtigkeit lediglich die Schwachstellen einer Aufnahme. Damit fordert er den Tonschaffenden, aber auch den Musiker heraus, sich nicht allzu schnell zufrieden zu geben. Zum Trost sei gesagt: Was über den ADM 25 gut klingt, wird auf weniger präzisen Lautsprechern ausgezeichnet tönen. Wenn eine perfekte Aufnahme in ihrer ganzen Klangschönheit aus den KS-Digital-Monitoren zu hören ist, weiß der Produzent, dass er eine audiophile Aufnahme geschaffen hat.
Fazit
Der ADM 25 von KS Digital ist ein Profi-Monitor ohne Wenn und Aber mit der Präzision eines akustischen Messinstruments. Seine vorzügliche Raumdarstellung, die sehr gute Tiefbasswiedergabe und seine auf gnadenlose Neutralität getrimmte Gesamtabstimmung machen den Saarländer zum Abhör-Lautsprecher der Spitzenklasse.
Erschienen in Ausgabe 06/2010
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 2000 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut – überragend
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