Gut in Form
Die neue LSR-3 Serie von JBL ist kostengünstig und richtig gut in Form – in mehrfacher Hinsicht.
Von Harald Wittig
Der amerikanische Hersteller JBL gehört zu den Urgesteinen der Audio-Szene: 1946 von James Bullough Lansing, dessen Initialen den knackigen Drei-Buchstaben-Namen bilden, gegründet, ist das heute zur Harman-International-Gruppe gehörende Unternehmen seit Jahrzehnten als einer der bedeutendsten Hersteller von Audiosystemen weltweit etabliert. Vor allem die Beschallungs- und Studio-Lautsprecher der Amerikaner sind weltberühmt. So haben auch viele Pro Audio-fremde Menschen einen der JBL-Erfolgsmodelle bestimmt schon gesehen und gehört: Die Passiv-Lautsprecher der Control-Serie beschallen in sehr vielen Kneipen und Restaurants die Gäste mit Musik als Neben- oder Hauptgang. Auch im Kinobereich ist JBL seit Jahrzehnten eine feste Größe und in den 1980er-Jahren wurde JBL von Lucasfilm ausgewählt, das erste THX-Kino-Lautsprechersystem zu entwickeln. Schließlich entwickelt und baut das Unternehmen seit Jahrzehnten professionelle Beschallungssysteme, die unter anderem auch die phonstarken Attacken der 1960er-Rockmusik auf Konzerten und Festivals mit geprägt hatten.Auch bei der Entwicklung von Abhör-Monitoren für professionelle Tonschaffende ist JBL stets aktiv gewesen. In den vergangenen Jahren sorgten die Amerikaner für Aufsehen und Aufhorchen mit dem Aktiv-Lautsprechern der LSR 4300 Serie, die unter anderem mit einer automatischen Einmessfunktion aufwarten (siehe ausführlich dazu den Test des JBL 4328P in Ausgabe 5/2006). Inzwischen gehört auch der mit einem Paarpreis von rund 600 Euro kostengünstige LSR 2325P (Test in Ausgabe 8/2009) zu den Erfolgsmodellen der jüngeren Vergangenheit.An diese Erfolge will JBL auch mit der brandneuen LSR-3 Serie, die in den USA entwickelt, in China aber gefertigt wird, anknüpfen: Diese besteht aktuell aus zwei Modellen, dem LSR305 und dem LSR308. Auf gleicher konstruktiver Basis stehend unterscheiden sich die beiden Modelle durch ihre Größe: Der zum einsteigerfreundlichen Preis von etwa 180 Euro erwerbbare LSR305 hat einen 5 Zoll-Tiefmittel-Töner, im rund 300 Euro teueren LSR308 werkelt dagegen ein Acht-Zöller, auch sonst ist beim großen Bruder Einiges ein wenig üppiger dimensioniert. Für einen ersten LSR-3 Serie-Test überließ uns der JBL-Vertrieb Audio Pro Heilbronn den LSR308, damit dieser seine Kompetenz als Abhör-Lautsprecher unter Beweis stellen möge.
Fällt der Blick auf die mattschwarz schimmernde Front des Lautsprechers, so bleibt dieser schnell beim oberen Drittel der Vorderseite hängen: Der sichtbare Teil des Hochton-Chassis, das übrigens eine komplette Neuentwicklung eigens für die LSR-3 Serie darstellt, sitzt im Zentrum eines schallführenden Elements, das ebenfalls ein JBL-Neuentwicklung darstellt. JBL nennt dieses „Image Control Waveguide“. Dieser zum Patent angemeldete Waveguide soll einen besonders großen Abhörbereich schaffen, sodass der Lautsprecher auch außerhalb eines eher kleinen Sweet Spots noch gleichmäßig und unverfärbt klingen soll. Da die LSR 3-Lautsprecher sich unter anderem auch für homerocordende Alleintäter empfehlen, wäre das sicherlich sehr praktisch. Wir denken beispielsweise an den Songschreiber, der seine Synthesizer-Workstation rechts oder links vom Hörplatz aufgestellt hat und so ergänzendes Material aufnehmen und dabei gleichzeitig hören kann, wie sich dieses in das Gesamtarrangement einfügt. Weiter verbessere der Image Control Waveguide die Raumdarstellung, da dank der neuen Technik das Stereo-Bild präziser mit einer überdurchschnittlichen Tiefenstaffelung erklingen soll. JBL weist nicht ohne Stolz drauf hin, dass die dem Waveguide zugrundeliegende Technik vom dem neuen Studio-Star und aktuellen Spitzenmodell, dem Referenz-Monitor M2 übernommen ist.
Selbstverständlich können und wollen die LSR- 3 Serie-Lautsprecher nicht mit dem M2 konkurrieren, dennoch sind diese kostengünstigen Lautsprecher alles andere als Billigheimer: So wird der Hochtöner mit seiner Gewebekalotte von einem kräftigen Neodymium-Magneten angetrieben, was in dieser Preisklasse, auch bei Fernost-Fertigung, keineswegs selbstverständlich ist. Der Tief-Mitteltöner wird vom Hersteller mit einer besonders guten Tiefbass-Wiedergabe beworben, wobei die Bassreflex-Öffnung im patentierten, strömungsoptimierten „Slip Stream“-Design dabei so gut unterstützend wirken soll, dass ein zusätzlicher Tiefton-Lautsprecher, sprich Subwoofer, nicht vonnöten sei. Wer ein LSR308-Paar besitzt, müsste demnach also ein Vollbereichs-System haben. Allerdings sind die Bassreflex-Öffnungen auf der Rückseite angebracht, was bei – ohnehin falscher – wandparalleler, aber auch bei gewinkelt-wandnaher Aufstellung nachteilig ist oder sein kann. Da ist das integrierte Shelving-Filter, das die Frequenzen unterhalb 115 Hertz um zwei Dezibel anhebt oder, im Falle der wandnahen Aufstellung, absenkt, durchaus hilfreich. Es empfiehlt sich aber, das LSR308-Paar nach Möglichkeit in einiger Entfernung zur Wand aufzustellen. Auch für den Hochtonbereich gibt es ein Shelving-Filter, das diesmal die Frequenzen oberhalb 4,4 Kilohertz um zwei Dezibel absenkt oder anhebt.
Apropos Elektronik: Der LSR308 kann nicht verheimlichen, dass bei seiner und der Herstellung seins kleinen Bruders auch gespart werden muss. Deswegen arbeiten in den Monitoren digitale Class D-Endstufen anstelle von teureren analogen Bi-Amp-Endstufen. Im Falle des Testlautsprechers sind es jeweils 56 Watt, die Tiefmittel- und Hochtonkanal antreiben, sie sollen dies sehr effektiv tun: JBL verspricht eine hohe Pegelfestigkeit, die den LSR308 auch als Arbeitsgerät für den Lauthörer empfehlen. Mit einer lichten Höhe von über 40 Zentimetern ist der LSR308 kein Kandidat für den Desktop-Betrieb, das ist eher der Einsatzort für den kleineren LSR305. Die optimale Abhörentfernung beträgt etwa 1,5 bis knapp zwei Meter zum Hörplatz. Wir empfehlen die Aufstellung auf soliden Stativen, wer die Meterbridge bevorzugt, sollte etwaige Reflexionen, welche sich klangverfälschend auswirken können, berücksichtigen (siehe hierzu näher unsere Aufstellempfehlungen im Rahmen des Lautsprecher-Specials in Ausgabe 4/2011). Davon abgesehen, dass jedem Lautsprecher eine akustisch optimierte Abhörumgebung zu gönnen ist, betont der Hersteller, dass der LSR308 in bester JBL-Familientradion stünde, denn er soll in „jeder Arbeitsumgebung richtig klingen“. Das Kürzel „LSR“ im Namen der JBL Studiomonitore steht nämlich für „Linear Spatial Reference“, das seit inzwischen 15 Jahren die Entwicklung der JBL-Monitore prägt. Ausgehend von der Überzeugung, dass ein Lautsprecher nicht nur einen linearen On-Axis-, sondern auch einen ebensolchen Off Axis-Frequenzgang haben muss, messen die JBL-Entwickler ein System sehr viel aufwändiger: Anstelle einer einzigen Direktschall-Messung werden insgesamt 72 Messungen vorgenommen, die das gesamte Schallfeld erfassen sollen, bei der Abstimmung eines Lautsprechers zusammen berücksichtigt werden. Im Ergebnis sei die LSR-Methodik gegenüber der Eine-Messung-Methode 1.296 mal genauer, die verschiedenen LSR-Modelle sollen deswegen besonders präzise abgestimmt sein. Interessant und vielsprechend – dann wir es aber höchste Zeit, dass wir uns den LSR308 anhören.
Der LSR308 ist, um ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen, ein erstaunlich guter Lautsprecher. Die Raumdarstellung ist auf hohem Niveau: Bei einer starken, unerschütterlich soliden Phantommitte eröffnet das LSR308-Paar dem Hörenden ein breite, bestens ausgeleuchtete die Hörbühne, welche die Verteilung der einzelnen Schallereignisse im Stereo-Panorama unangestrengt nachhörbar macht beziehungsweise diese im Rahmen des Mischprozesses erst ermöglicht. Ebenfalls sehr überzeugend die Tiefenstaffelung des Systems, die auch deutlich teureren Lautsprechern gut zu Gesicht stünde. Dabei klingt der Lautsprecher angenehm offen und so ganz und gar nicht nach kostengünstiger Box. Der Klang scheint zwar nicht so „einzurasten“ wie es für Koaxial-Systeme oder auch das auf Seite 78 dieser Ausgabe getestete KEF X300A-System kennzeichnend ist, als konventionelles Zwei-Wege-System macht der LSR308 in dieser Disziplin bestimmt alles goldrichtig. Die Bässe sind grundsätzlich präzise und tatsächlich erstaunlich tief, die unerschütterliche Souveränität bei der Basswiedergabe die einem Spitzen-Monitor zueigen ist, sollte aber niemand erwarten. Gleichwohl: Die dunkel-drohenden Kontrabässe im ersten Satz des Sibelius-Violinkonzertes in einer sehr hörenswerten Live-Aufnahme von Tonmeister Andrew Levine bringt der Tiefmittel-Töner des LSR308 ohne Mulm an unsere Ohren. Der Mittenbereich ist, wie es sich gehört ausgewogen – es ist keine Andickung in den Tiefmitten, noch eine Hervorhebung des Präsenzbereichs zu hören. Der leicht nasale, im schlechtesten Fall verschnupft klingende Klang von Billig-Lautsprechern, die wohlgemerkt ebensoviel wie der JBL kosten können, ist im Fall des Testkandidaten überhaupt kein Thema. Richtig gut bringt der eine cleane Fender Strat, die sich funkender Weise äußerst perkussiv gibt, zu Gehör. Hier zeigt sich das gute Impulsverhalten des Hochtöners, der den Anschlags-Transienten sehr gut auf der Spur ist. Die Höhenauflösung selbst ist gut, wenngleich weniger detailreich als die des X-ART-Hochtöners in den ADAM-Modellen F5 und F7 (siehe Test in den Ausgaben 2 und 9/2013). Dafür punktet der LSR308 mit seiner wirklich guten Raumdarstellung, verkraftet auch höhere Abhörlautstärken und liefert auch dann noch erlässliche Informationen, wenn wir uns bewusst oder unbewusst vom Sweet Shop wegbewegen. Ja, er ist klanglich in richtig guter Form, der LSR308 und verdient daher das Prädikat „Monitor“.
Fazit
Der JBL LSR308 ist ein überzeugender Mittelklasse-Monitor mit Oberklassen-Raumdarstellung, der im Grunde genommen alles richtig macht und nicht zuletzt angesichts seines günstigen Preises Einsteigern und Fortgeschrittenen auf der Suche nach einem leistungsstarken Abhör-Lautsprecher zu empfehlen ist.
Erschienen in Ausgabe 11/2013
Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 299 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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