Cleverle

Der Aktiv-Lautsprecher nuPro A-20 des schwäbischen Lautsprecherherstellers ist sehr kostengünstig und doch ein echtes Cleverle, das es faustdick hinter den Ohren hat.  

Von Harald Wittig

Seit 30 Jahren entwickelt Günther Nubert im Herzen des Schwabenländles, Lautsprecher für sein Unternehmen Nubert Electronics GmbH. Inzwischen hat sich der Tüftler aus Leidenschaft mit seinen Passivlautsprechern einen hervorragenden Ruf in der HiFi-Szene erspielt, doch auch bei Ton-Profis sind die Nubert-Schallwandler beliebt. Das kommt nicht von ungefähr, denn entsprechend der eigenen Philosophie sind die Nuberts als „ehrliche Lautsprecher“ konzipiert. Sie sollen also Signalquellen möglichst unverfälscht wiedergeben, Neutralität ist oberste Pflicht. Seit Mitte 2011 gibt es von Nubert jetzt auch Aktiv-Lautsprecher, den kleinen nuPro A-10 und den größeren nuPro A-20, unseren Testkandidaten. Mit den beiden nuPro-Modellen spricht Nubert  HiFi-Enthusiasten und Tonschaffende gleichermaßen an und es ist kein Zufall, dass Nuberts Aktive das Erwartungen weckende „Pro“ im Namen tragen. Preislich rangieren die nuPros im unteren Mittelfeld: Den kleinen A-10 bietet Nubert für 235, den A-20 für 285 Euro an. Das ist eine echte Kampfansage an die im Studio- und Homerecording-Bereich etablierten Nahfeld-Monitore und macht den A-20 besonders attraktiv. Der günstige Preis gründet sich einerseits auf den Nubert-Direktvertrieb, andererseits auf die Fertigung in Fernost. Diese erfolgt nach den Vorgaben von Nubert und soll weder bei der Verarbeitung noch bei der Leistung Abstriche bedeuten.

Tatsächlich verdient sich der Testkandidat mit seinem weißen MDF-Gehäuse – alternativ gibt es den A-20 auch in Profi-Anthrazit – auf den ersten und zweiten Blick ein „Sehr gut“ für die Verarbeitung. Die Schleiflackoberfläche des an den Kanten zur Minimierung von Kantenreflexionen abgerundeten Gehäuses ist tadellos und würde auch manch teureren Mitbewerbern gut zu Gesicht stehen. In puncto Chassis-Bestückung hat Nubert auf Bewährtes aus eigener Entwicklung gesetzt: So sorgt der exklusiv für die Schwaben gefertigte Tiefmittel-Töner mit Aluminium-Druckgusskorb und Polypropylen-Membran auch in Nuberts Passiv-Lautsprechern für den guten Ton in den tiefen und mittleren Lagen. Eine Erweiterung des Bassbereichs besorgt die Bassreflexkonstruktion, wobei sich die Bassreflexöffnung auf der Gehäuserückseite befindet. Daher ist bei wandnaher Aufstellung Vorsicht geboten. Auch der Hochtöner mit seiner 25 Millimeter Seidenkalotte kam in früheren Lautsprechern zum Einsatz, wurde über die Jahre optimiert und soll sich laut Hersteller durch außergewöhnlich hohe mechanische und thermische Belastbarkeit sowie besonders niedrige Klirrwerte auszeichnen. Der A-20 ist mit zwei digitalen Endstufen für den Tief- und den Hochtonkanal ausgestattet, die ein 80 Watt starkes Sinusleistungspfund bereitstellen. Die Verteilung der Frequenzbereiche des Musiksignals an die integrierten Verstärker erledigt eine aktive DSP-Weiche, die einerseits für eine präzise Trennung und Linearisierung der Frequenzbereiche sorgen soll, zum anderen profitiere vor allem der Tiefbassbereich von der Aktiv-Weiche, wobei der DSP auch als aktiver Limiter fungiert, der den Basspegel begrenzt bevor Verzerrungen entstehen können. Die aktive Klangregelung hat es in sich, verbergen sich hinter den mit „mid/high“ und „bass“ beschrifteten Reglern nicht etwa schlichte Shelving-Filter. Stattdessen sorgt der Mid/High-Regler für einen linearen Anstieg beziehungsweise Absenkung des Frequenzgangs ab 50 Hertz, der oberhalb 10 Kilohertz maximal ±10 Dezibel beträgt. Nubert bezeichnet diesen Regler als Klangwaage, was in Hinblick auf die Auswirkungen auf den Frequenzgang durchaus wörtlich zu verstehen ist. Der Bass-Regler wiederum verstärkt die Bassintensität, die Arbeitsweise entspricht grundsätzlich der einstmals sehr populären „Loudness“-Funktion bei HiFi-Anlagen, geht allerdings weitaus subtiler zu Werke. In Mittelstellung des Reglers ist der Bass für eine möglichst tiefe Wiedergabe linearisiert, bei sehr niedrigen Anhörpegeln empfiehlt sich eine Anhebung des Basses mittels Rechtsdreh, bei hohen Lautstärken sollte der Regler zur Vermeidung von Verzerrungen nach links gedreht sein. Die exakte Feinjustage ist übers Gehör vorzunehmen. Nötig ist eine Anpassung im akustisch optimierten Raum beim Einsatz des A-20 im Nahfeld nach unserer Erfahrung nicht, weswegen wir die neutrale Mittelstellung bevorzugen. Gleichwohl muss Nubert zugestanden werden, dass beide Regler, vor allem aber die Klangwaage von Mid/High den Grundcharakter des Lautsprechers nicht verbiegen, soll heißen verschlechtern, sondern sehr viel angenehmer ins Ohr gehen, als die gängigen Filterlösungen. In gewissen Grenzen lassen sich über diese Regler auch Schwächen des Abhörraumes kompensieren, Wunder kann und will diese eigen- und soweit ersichtlich auch einzigartige Klangregelung nicht vollbringen.

Die nuPro-Lautsprecher verfügen über ein eingebautes USB-Audio-Interface, die Lautsprecher lassen sich also zum Musikhören auch direkt mit einem Rechner verbinden. Der nuPro-eigene DA-Wandler ist klanglich auf dem Niveau von besseren Economyklasse-Interfaces, übertrifft damit die meisten On-Board-Soundkarten, kann aber keinesfalls mit höherwertigen Audiointerfaces oder gar mit DA-Wandlern der Spitzenklasse mit USB-Schnittstelle, beispielsweise einem Violectric DAC V800 (Test in Ausgabe 12/2010) konkurrieren. Wer das volle Potential des A-20 ausschöpfen möchte, sollte daher in jedem Fall in ein hochwertiges Audio-Interface oder einen Top-Wandler investieren. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass die nuPro-Modelle lediglich RCA-/Cinch-Eingänge haben. Um sich optimal ins Studio einzufügen, wünschen wir uns für künftige nuPros noch XLR- oder noch besser XLR-/Klinken-Combo-Buchsen. Dann könnten Musiker, namentlich Keyboarder oder Saitenartisten können den A-20 auch im optionalen Monobetrieb mühelos als Monitor-Box einsetzen, indem sie den Line-Out ihres Synthesizers oder Preamps mit dem Lautsprecher verbinden. Schließlich verfügt der A-20 noch über eine auch deaktivierbare Stromsparautomatik, welche die Elektronik ab einem bestimmten Schwellenwert in den Bereitschaftsmodus versetzt. Der Lautsprecher erwacht sofort wieder, wenn Musik erklingt. Um dem A-20 auch klanglich auf die Spur zu kommen, verbinden wir das Testpärchen mit dem in dieser Ausgabe auf Seite 70 getesteten Digital-Analog-Wandler Mytek Stereo192-DSD-DAC, der seinerseits über Firewire mit dem MacBook Pro kommuniziert. Unser durchweg positiver Eindruck in puncto Verarbeitung setzt sich beim Wiedergabe-Verhalten des Schwaben fort: Zunächst überzeugt die insgesamt sehr ausgewogene, neutrale Abstimmung des A-20, der weder eine Tendenz zum Schönfärben noch eine Neigung zur „analytischen“ Schroffheit hat. Erstaunlich tief tönen die Bässe des Monitors, als wolle er selbstsicher all jene eines Besseren belehren, die dem vergleichsweise kleinen Tiefmittel-Töner und dem noch kompakten Gehäuse keinen Tiefbass zu getraut haben. Dabei ganz wichtig: Der Nubert ist kein Pfuscher, der einen aufgeblasen-angedickten ohne Kontur und Fokussierung Bass produzier. Stattdessen spielt er impulssicher und präziser auf, steckt auch heftige Slap-Bass-Gewitter gelassen weg und hat einen in der tiefen Lage gestrichenen Kontrabass bemerkenswert sicher im Griff. Der Mittenbereich ist ausgewogen und – das ist ein Lob – nüchtern-neutral, wobei die hohe Trennschärfe das Aufspüren von Störgeräuschen oder die Feinabstimmung von Stimmen und Instrumenten im Arrangement sehr gut unterstützt. Auch die Höhenwiedergabe findet unser Wohlgefallen, denn auch wenn Spitzenmonitore bei der Feinauflösung noch ein gutes Schippchen drauflegen, so ist das Hören über den A-20 eine sehr entspannte, stressfrei Angelegenheit. Um es auf den Punkt zu bringen: Alle unsere Projekte, die wir über unsere Referenz-Abhöre ADAM S3X-H gemischt haben, erklingen über den Nubert fast ebenso gut. Umgekehrt lässt sich über den Schwaben sehr gut mischen – die Gegenkontrolle über die Referenz, aber auch übers Küchenradio bestätigen das. Einzig bei der Räumlichkeit tritt  der A-20 gegenüber Spitzenmodellen, beispielsweise den Modellen von Geithain einen Schritt zurück. Obwohl der A-20 seine Sache wirklich gut macht, ist die Hörbühne ein wenig verengt und es fehlt ein Quäntchen Tiefenauslotung. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau, denn unterm Strich ist der nuPro A-20 ein richtig guter Aktiv-Lautsprecher, dem wir ohne Weiteres das Prädikat „Studio-Monitor“ verleihen.

Fazit

Der nuPro A-20 vom Lautsprecherspezialisten Nubert ist ein  kostengünstiger Aktiv-Lautsprecher, der vor allem klanglich sich keine echten Schwächen erlaubt, der präzisen und neutralen Wiedergabe verpflichtet ist und somit das Prädikat „Studio-Monitor“ verdient.

Erschienen in Ausgabe 03/2012

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 285 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: überragend