Anpassungsfähig
Im Idealfall soll ein Lautsprecher die Musik zum Klingen bringen und selbst nicht als Klangerzeuger in Erscheinung treten. Der neue ADM 30 von KS digital will dieses Ideal mit besten Bauteilen und moderner Technik verwirklichen.
Von Harald Wittig
Wer unsere Tests des ADM 20 und des C 5 Tiny in Heft 09/06 beziehungsweise 13/06 des Saarbrücker Herstellers gelesen hat, weiß, dass das Entwickler-Team um Geschäftsführer und Chefdenker Johannes Siegler enormen Entwicklungsaufwand betreibt. Der neue ADM 30 hat erwartungsgemäß auch einige technische Schmankerl zu bieten, die den Monitor als typisches Mitglied der KS-digital Produktfamilie auszeichnen. Mit einem Anschaffungspreis von rund 1.300 Euro ist der komplett in Deutschland gefertigte Monitor zumindest preislich in der Oberklasse. Wo er sich klanglich positioniert, sagt Ihnen dieser Test.
Äußerlich erinnert der ADM 30 mit seiner markanten Front aus lackiertem Kirschholz an den ADM 20. Im Gegensatz zum bei-nahe dreimal so teueren digitalen Kollegen, ist der Neue als geschlossenes, analoges Zwei-Wege-System konzipiert. Aller-dings bietet KS-digital einen optionalen D/A-Wandler für etwa 670 Euro an, der Signale im AES/EBU 3-Format mit maximal 24 Bit/96 Kilohertz verarbeiten und somit direkt an eine DAW an-geschlossen werden kann.
Der sehr gut verarbeitete Quader mit seinen zwölf Kilogramm Einsatzgewicht benötigt zwar einen soliden Stand, ist aber noch kompakt genug, um auch in Projektstudios seinen angestammten Platz zu finden. Allenfalls Homerecordler, die sich mit einer Mönchsklause begnügen müssen, wird der ADM 30 schon zu groß sein. Für diese Anwendergruppe bietet KS-digital mit dem C 5 Tiny eine interessante Alternative an.
Vom Hersteller wird der ADM 30 als „kompakter Kraftprotz“ beworben, der einen beachtlichen Schalldruck produzieren soll. Hierfür sind zunächst die beiden streng nach den Vorgaben von KS-digital in Deutschland gefertigten Spezialchassis verantwort-lich: Der Achtzoll-Tief-Mitteltöner besitzt eine – typisch für KS-digital-Lautsprecher – Kohlefasermembran, die einerseits leicht, andererseits auch sehr steif ist, um auch bei hohen Pegeln formstabil zu bleiben. Dies soll ein sehr sicheres Impulsverhalten im Bassbereich, ohne unliebsames Ausbrechen in Partialschwingungen, gewährleisten. Die Seidenkalotte des Hochtöners ist eine Neuentwicklung und soll, angetrieben von einem Neodymium-Magneten, Frequenzen bis hinauf zu 30 Kilohertz verzerrungsarm wiedergeben. Die Leistung von Tief- und Hochtonkanal ist mit 150 beziehungsweise 100 Watt auch nicht von schlechten Eltern und sorgt für die nötige Power.
Beim Arbeitsgerät Studio-Monitor ist das für die meisten Anwender wohl wichtigste Kriterium die unverfärbte Musikwiedergabe. Auf dem Weg zu diesem anspruchsvollen Ziel beschreiten die Hersteller die unterschiedlichsten Wege. Diese können altbewährt sein oder ganz innovativ. KS-digital vertrauen dem Unternehmens-Credo entsprechend auf den zweiten Pfad. Folglich steckt auch im ADM 30 moderne Technik. Diese nennt sich Dynamische Membran Controlle (DMC) und soll dem Achtzöller, der für die Basswiedergabe zuständig ist, zu einem optimalen Impulsverhalten verhelfen und Fehler wie beispielsweise Nachschwingen und verzögertes Einschwingen minimieren. Dabei setzten die KS-digital-Entwickler nicht auf Frequenzkorrektur-Filter, wie sie bei passiven Systemen üblich sind, denn diese Filter haben den Nachteil, das Impulsverhalten des Lautsprechers zu verzerren.
Der Ansatz der Saarländer ist deswegen ein anderer: Über die aktive, elektronische DMC-Regelung wird die Membranbewe-gung selbst beeinflusst, damit diese von vorneherein keine Fehler produziert. Das Bass-Chassis des ADM 30 hat unter der sichtbaren Oberfläche Sensoren, welche die drei Bewegungs-größen Amplitude, Geschwindigkeit und Beschleunigung messen können. Die ermittelten Daten werden in den DMC-Regler/Kontroller eingespeist, der sie mit den Werten des anliegenden Musiksignals vergleicht. Die Abweichung – und nur diese – wird auf die Endstufe zur Ausregelung gegeben. Damit ist in der Theorie gewährleistet, dass die Bassmembran ausschließlich die Bewegungen ausführt, die zur Wiedergabe des Musiksignals nötig ist. Die Korrekturelektronik arbeite bei diesem Prozess annähernd mit Lichtgeschwindigkeit, so dass Latenzen ausgeschlossen sind, Amplituden- und Phasenfre-quenzgang zeichnen sich durch Linearität aus, was eine unverfälschte, neutrale Wiedergabe bewirkt. Der DMC-Controller ist in der Konstruktion recht aufwändig, da er penible Handarbeit erfordert, ein Aufwand, der sich natürlich im Preis niederschlägt.
Weniger aufregend, aber gleichwohl für die Praxis nicht zu unterschätzen, sind die Regelmöglichkeiten eines Aktiv-Monitors. Der Lautstärkeregler erlaubt die stufenlose Anpassung der Eingangsempfindlichkeit im Bereich von -10 bis +6 Dezibel. Der Pegelsteller hat keine Skalierung, was beim Abgleich der Lautstärke eines Pärchens etwas unbequem ist, aber in der Praxis kein ernsthaftes Problem darstellt. Gleichwohl hat Johannes Siegler angekündigt, dass die künftige ADM 30-Serie insoweit verbessert werden wird: Der Lautsprecher wird voraussichtlich schon in der ersten Jahreshälfte 2007 mit einem neuen Lautstärke-Poti ausgestattet sein, dass über eine Rastung bis maximal 30 dB mit äußerst geringer Toleranz ver-fügen werde.
Der mit „Fqu 30 – 48“ beschriftetet Regler ist ein Hochpassfilter, der die untere Grenzfrequenz des Lautsprechers regelt und zunächst bei Nutzung eines Subwoofers den ADM 30 im Tiefbassbereich begrenzt. Der Hersteller empfiehlt den Einsatz des Hochpassfilters aber auch, um den verzerrungsfreien Maximalpegel des Monitors noch zu erhöhen: Dieser werde nämlich automatisch größer, je weniger Tiefbass der ADM 30 produzieren muss. Dank der DMC-Technik sei er nämlich in der Lage, linear Frequenzen bis hinab zu 30 Hertz wiederzugeben.
Die beiden Regler High beziehungsweise Low dienen der ei-gentlichen Anpassung an den Raum, die mittigen 12 Uhr-Stellung markieren die neutrale Flat-Einstellung. Es handelt sich jeweils um Shelving/Kuhschwanzfilter, die eine Anhebung oder Absenkung des Bass- und Hochtonbereichs um maximal sechs Dezibel gestatten. Wie beim kleinen C 5 Tiny haben auch diese stufenlosen Drehregler keine Skalierung, damit der Benutzer sich ganz auf sein Gehör bei der Abstimmung verlassen kann respektive muss. Im Test stellen wir fest, dass diese Klangsteller sehr effektiv arbeiten und feinfühlig einsetzbar sind – geschmackliche Korrekturen gehen uns sehr leicht von der Hand. Der der ADM 30 bietet zwar nicht die üppigen Anpassungsmöglichkeiten des ADM 20, wegen der guten Wirkungsweise der beiden Filter, kann dem Lautsprecher jedoch in jedem Fall Anpassungsfähigkeit an den Raum attestiert werden – sofern dessen Eigentümer bereits Einiges zur akustischen Optimierung aufgewendet hat.
Bei der obligatorischen Frequenzgang-Messung des ADM 30 – wie bei Professional audio Magazin üblich unter Praxisbedin-gungen, also im nicht schalltoten Raum vorgenommen – fällt uns bei neutraler Einstellung aller Regler neben einer leichten Senke im Mitten-Bereich bei etwa 240 Hertz der stete Anstieg ab zwei Kilohertz bis hinauf zu fünf Kilohertz auf. Das kann ein Hinweis auf ein möglicherweise eher analytisches Klangbild sein, wie es von einigen Toningenieuren geschätzt wird. Wie sich der ADM 30 tatsächlich klanglich verhält offenbart natürlich erst der eigentliche Praxistest.
Zunächst fällt uns auf, dass der ADM 30 tatsächlich mit einiger Dynamik und Power aufspielt, geprägt von einem gehörigen Schalldruck: Der Klang springt den Hörer sehr direkt an – ein zurückhaltender Vertreter der Monitor-Zunft ist der Lautsprecher nicht. Das ist keineswegs nachteilig gemeint: Die Musik bezie-hungsweise einzelne Events eines vielstimmigen Arrangements und vielspurige Aufnahme kommen für die Ohren in greifbare Nähe. Außerdem erweist sich der Lautsprecher als gut geeignet für notorische Lauthörer, denn hohe Abhörpegel bringen in zu keiner Zeit aus der Ruhe.
Zunächst überzeugt der ADM 30 mit einer sehr guten, starken Phantommitte und einer ausgezeichneten Darstellung der Stereobreite. Auch bei der Tiefenstaffelung leistet er sich keine Schwächen – hier steht er lediglich hinter dem insoweit exzellenten MO-2 von ME Geithain (Test in Heft 10/06) zurück. Wir hören über beide Lautsprecher die beiden spontanen Gitarren-Duo-Improvisationen, die wir im Rahmen des Tests des Yamaha EMX5016CF Powermixers (Heft 01/07) aufgenommen haben: Während sowohl der ADM 30 als auch der MO-2 den Aufnahmeraum nachhörbar vor dem inneren Auge erscheinen lassen, liefert der sächsische Monitor noch subtilste Nuancen, wie Änderungen der Position der Interpreten zu den Mikrofonen. Dennoch: Klasse hat die Raumdarstellung des ADM 30 in jedem Fall.
Das gilt auch für die Trennschärfe, die es ermöglicht, perfekt gemischtes Material auseinanderzuhalten, andererseits auch unliebsame Verdeckungseffekte oder Frequenzüberlagerungen aufzuspüren. So stellen wir fest, dass sich bei einem Arrangement für Kontrabass, Klavier und akustische Gitarre, dass letztere, die wie der Bass im Zentrum des Stereopanoramas liegt, dem Tieftöner ins Gehege kommt. Die Lösung ist erstaunlich einfach: Panning nach links um 38 Pro-zent bringt eine hörbare Verbesserung.
Die Basswiedergabe des ADM 30 verdient wegen der aufwän-digen DMC–Technik ein besonderes Ohrenmerk. Beim ersten Solo-Hören des Monitors haben wir an der Basswiedergabe zunächst nichts auszusetzen, der Lautsprecher hat auch einen wenig konturierten Fingerstyle-gespielten Fretless-Bass sicher im Griff und erweist sich bei schnellen, harten Tiefton-Impulsen wie Kick-Drums oder knallharten Elektrobässen als impulsfest und sicher. Beim vergleichenden Gegenhören mit den ADAM S3A erscheint uns der Bass zwar nur ganz geringfügig, bei sehr genauem Hineinhören in den Klang gleichwohl eigentümlich verschlankt und etwas ausgedünnt – was sowohl für die oberen, wie auch für die echten Tiefbässe gilt. Im A-B-Vergleich mit den S3A scheint den Bässen des ADM 30 etwas zu fehlen, so wirkt beispielsweise das tiefe E eines gestrichenen Kontrabasses, das wir zusätzlich noch durch eine Röhrenamp-Simulation ja-gen, klanglich abgespeckt. Desgleichen klingt ein Solo, das wir mit einem E-Bass mit Aktiv-Elektronik und heftigem Kompres-soreinsatz eingespielt haben zwar verblüffend tief, dabei aber auch ein wenig trocken und nüchtern, gar nicht so fett, wie es noch der Kopfhörer bei der Aufnahme versprach. Allerdings muss ein Bass, der schön fett aus den Lautsprechern quillt, nicht unbedingt der objektiven , linear-neutralen Klangwahrheit entsprechen: So können Pegelanhebungen im Bassbereich, von geringfügigen Verzerrungen ganz abgesehen, zwar den Ohren schmeicheln, dabei aber gerade beim Mischen eine Quelle der Falschinformation darstellen. Es ist sehr schwer, hier ein einigermaßen objektives Urteil über den ADM 30 und seine neue DMC-Kontrolle zu fällen, aber eines können wir nach intensivem Hören der Lautsprecher festhalten: Die Basswiedergabe des ADM 30 ist grundsätzlich sehr gut und auf hohem Niveau, gleichzeitig aber auch eigen und anders. Interessant wäre insoweit ein Vergleich des DMC-kontroliierten ADM 30 mit einem bei der Basswiedergabe eindeutig privilegier-ten Groß-Monitoren, der leider im Rahmen dieses Tests nicht möglich ist.
Weniger gefallen kann uns indes die Gesamtabstimmung des Lautsprechers. Wir nehmen eine kurze Komposition für Kon-zertgitarre unter Cubase SX 3 auf, um möglichst nahe am Originalklang von Instrument und Spieler zu bleiben, verwenden wir die Kombination Schoeps-Mikrofon MK 2H/CMC 6Ug, Lake People F355 Mikrofon-Vorverstärker und den Lynx Aurora 8 Digital-Wandler. Als Interface dient weiter die in den Studio-PC eingebaute Lynx AES 16-Karte. Während uns der Klang der Aufnahme über den MO-2 und den S3A sehr gut gefällt, klingt sie über den ADM 30 zu höhenbetont und etwas aufdringlich scharf. Auch die Atemgeräusche des Spielers werden deutlich dargestellt, desgleichen die für den Nagelanschlag charakteris-tischen Transienten. Wir neigen beim Abhören spontan dazu, die Aufnahme via Equalizer zu bearbeiten oder das Stück mit veränderter Mikrofon-Positionierung noch einmal neu einzuspie-len. Da wir aber sowohl beim vergleichenden Hören über die beiden MO-2 als auch über den fein auflösenden Stax SR 404 Elektrostaten-Kopfhörer am Klang der Aufnahme nichts auszusetzen haben, passen wir den ADM 30 über seinen Höhenregler an. Nach einiger Zeit finden wir die für unsere Ohren beste Einstellung: Mit der Stellung des Reglers in Zehn-Uhr-Position klingt es nach unserem Geschmack sehr viel besser. Jetzt kann der Hochtöner, da nicht mehr so vordergründig in Szene gesetzt, seine Stärken bei der Wiedergabe von Transienten und sein hohes Auflösungsvermögen ausspielen. Hier bewährt sich also in der Praxis die Klangregelung des Saarländers, der sicher ein Lautsprecher auf hohem Niveau ist, dem aber die gerade von Puristen so hoch geschätzte Neutralität zugunsten eines wohl bewusst analytischen Klanges etwas abgeht. Rein subjektiv betrachtet, ist er für die Produktion akustischer Musik, wo Effekte tabu sind, kein Wunschpartner. Womöglich bewahrheitet sich hier wieder einmal, dass Raum und Lautsprecher eine Einheit darstellen und nur Idealbedingungen die beste Klangergebnisse liefern können. Der ADM 30 ist zum Glück dank seiner Anpassungsfähigkeit nicht ganz so anspruchsvoll wie zum Beispiel der NF-3 von Strauss Elektroakustik (Test auf Seite 92) und im übrigen gilt auch für den Saarländer: Ist der Benutzer mit den Klangeigenschaften des ADM 30 vertraut – das bedarf, wie bei jedem Monitor eine gewisse, nicht zu knapp bemessene Kennenlernphase – lässt sich auch in sensiblen Bereichen wie akustischer Musik von Jazz bis Klassik mit ihm arbeiten.
Fazit
Der neue ADM 30 ist ein sehr gut verarbeiteter Monitor, der neben der ausgezeichneten Raumdarstellung zunächst durch seine sehr dynamische Wiedergabe, die auch bei hohen Abhörpegeln erhalten bleibt, punktet. Die innovative DMC-Technik sorgt für eine andere, für den einen oder anderen sicher ungewohnte Basswiedergabe, die sich durch bemerkenswerte Tiefe, Klarheit und Impulsfestigkeit auszeichnet. Lediglich die Gesamtabstimmung des Monitors gefällt nicht ganz, dank seiner Anpassungsfähigkeit und der sehr effektiven Klangregelung lässt sich hier aber nachbessern. Aufgrund der aufwändigen Konstruktion und den hochwertigen Bauteile ist das Preis-/Leistungs-Verhältnis ausgewogen.
Erschienen in Ausgabe 02/2007
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 1259 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut
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