Scheinriesen

Als klanglichen Scheinriesen eilt kompakten Nahfeldmonitoren manchmal ein eindrucksvoller Schatten voraus. Zu Recht, wie  der DBS1-A von PMC beweist.

Von Michael Nötges

Die Professional Monitor Company (PMC) aus England verfolgt seit Jahren unbeirrt ihren Weg, Lautsprecher-Gehäuse nach dem  Line-Transmission-Prinzip (siehe Kasten) zu fertigen. Südlich von London, im idyllischen Luton, angesiedelt, schwingt Managing Director und Chief Designer  Peter Thomas sein Zepter und stellt mit der jüngsten Entwicklung, dem aktiven Nahfeld-Monitor DB1S-A, einen bezahlbaren und vielversprechenden Zweiwege-Nahfeldmonitor vor. Lange Zeit waren PMC-Lautsprecher vor allem in Mastering- und Synchronisations-Studios sowie Sendeanstalten der BBC zu finden. Das sind sie noch, wie die Referenzenliste auf der Homepage von PMC1 zeigt. Allerdings beinhaltet die erweiterte Produktpalette neuerdings auch kleine Monitore wie den DBS1-A, um Projektstudios, Übertragungswagen und 5.1-Regieräume zu bestücken. Der Neuling zeichnet sich neben der aufwendigen Gehäusekonstruktion durch passive, handgefertigte Frequenzweichen und die so genannte Digitale Biphase Fusion Amplification des japanischen Herstellers
Flying Mole aus. Wurden bei früheren Modellen noch analoge Verstärker der kanadischen Edelherstellers Bryston verbaut, will PMC mit dem neuen Partner jetzt Gewicht, Platz und Geld sparen, „ohne das qualitativ hochgesteckte Ziel aus den Augen zu verlieren“, so versichert Thomas.

Die Buchstaben S (Studio) und A (Activated) im Produktnamen stehen zum einen für die günstigere, schwarz lackierte Studiovariante – das Hi-Fi-Pendant wird aus Echtholz hergestellt – und für die eingebaute 120-Watt-Endstufe. Um den
versprochenen Frequenzbereich von 50 Hertz bis 22 Kilohertz nach unten zu erweitern, bietet PMC zusätzlich den Subwoofer TLE1S an.  Er ist ebenfalls nach dem Transmission-Line-Prinzip konstruiert, mit zwei Treibern bestückt und
nach altbewährter Fertigungsphilosophie noch mit einem modifizierten Bryston-Verstärker ausgestattet. Für unseren ausführlichen Hörtest haben wir das Lautsprechersystem, bestehend aus zwei DBS1-A  (885 Euro) und dem TLE1S (XXX Euro) unter die Lupe genommen.

Dass unsere Testkandidaten nicht frisch rasiert und etwas abgekämpft in der Redaktion erscheinen, verzeihen wir ihnen gerne – es liegt wahrscheinlich an der langen Promotion-Tour, die sie hinter sich haben. Vor allem zeigt es aber die Widerstandsfähigkeit der kompakten Gehäuse, die trotz oder gerade wegen ein paar harmlosen Kratzern, nach professionellem Arbeitsgerät aussehen, das auch nicht vor widrigen Bedingungen zurückschreckt.

Schlicht, schwarz und zweckmäßig wirkt das schwarze Finish mit dem silbernen PMC-Logo auf der Front. Das Gehäuse des DBS1-A ist klein, schmal, verhältnismäßig leicht aber recht tief: Klein und schmal, um auch in beengten Studiosituationen Platz zu finden, leicht aufgrund des neuen digitalen Verstärkers von Flying Mole und tief, um im Gehäuseinneren die gefaltete Transmission-Line unterzubringen. Wie ein Rucksack schmiegt  sich der Verstärkeraufsatz an die Rückseite des eigentlichen Gehäuses und lässt im unteren viertel Platz für die rückwärtige Austrittsöffnung der Transmission-Line. Diese ist genau wie die seitlich gelegenen runden Lüftungsöffnungen des Verstärkers staubundurchlässig durch feinporigen Schaumstoff verschlossen. Auffällig ist der um 90 Grad abgewinkelte und offen liegende Neutrik-Stecker, der den Ausgang des digitalen Monoverstärkers mit der Frequenzweiche verbindet. Verwendung findet hier der digitale Class-D-Verstärker DAD-M100-pro BI, der insgesamt nicht viel größer als eine DVD-Hülle ist und eine Ausgangsleistung von 160 Watt an vier Ohm bietet. Seine Vorteile gegenüber analogen Konkurrenten sind das geringe Gewicht – zirka 650 Gramm –, sein ausgesprochen hoher Wirkungsgrad von 85 Prozent und die damit einhergehende, geringen Wärmeentwicklung. Diese ermöglicht erst sehr kompakte Monitore ohne aufwendige Kühlvorrichtungen.

Der XLR-Eingang befindet sich, senkrecht zum Boden weisend, ebenso wie der Netzstecker-Anschluss auf der Unterseite des Verstärker-Modul-Aufsatzes und ist so nur sehr umständlich zu erreichen. Gut durchdacht dagegen und optimal zugänglich sind Power-Schalter und Gain-Regler auf der Oberseite. Das sieht man selten, erweist sich aber im Abhörstudio von Professional audio Magazin als äußerst praktisch, da zum Anschalten der Monitore nicht lange im Blindflug auf der Rückseite der Lautsprecher nach dem Einschaltknopf getastet werden muss. Der Gain-Regler ragt allerdings gerade einmal vier Millimeter aus dem Gehäuse hervor und hat einen Durchmesser von zirka drei Millimetern. Da ist es beruhigend, dass die Lautstärke nicht ständig, sondern meistens nur einmal für die bestehende Umgebung angepasst wird, was mit viel Fingerspitzengefühl, nicht sehr komfortabel, aber sachdienlich möglich ist.

Die Datenblätter zu den Treibern geben nur die nötigsten Informationen her. Wo andere Hersteller mit detaillierten Informationen imponieren wollen, gibt sich PMC zurückhaltend bis verschlossen und liefert damit unterschwellig das
Statement ab: Allein der Klang ist entscheidend. Die wenigen Fakten möchten wir Ihnen aber nicht vorenthalten: Die Kalotte des Gewebe-Hochtöners misst 27 Millimeter im Durchmesser, der Tief-Mitteltöner kommt auf 140 Millimeter.

In früheren Modellen (DB1S, TB2S) wurden noch kostengünstigere Metallkalotten verwendet. Vom Gewebe als Membranmaterial versprechen sich die Entwickler bessere Eigenschaften in Bezug auf Steifheit, Dämpfungsverhalten und  verfärbunsgfreie Schallabstrahlung. Alle aktiven Monitore werden serienmäßig mit der verbesserten Variante ausgeliefert. Der Tief-Mittel-/Tieftöner ist mit einer beschichteten Papiermembran ausgestattet. Außerdem leistet sich PMC den Luxus, den Basstreiber in einem Magnesiumrahmen zu befestigen. Die Monitore sind nicht magnetisch abgeschirmt: aus gutem Grund. Zum einen ist in den meisten modernen Studios eine magnetische Schirmung nicht mehr nötig, da heute meistens LCD-Bildschirme verwendet werden, denen die Nähe magnetischer Felder nichts ausmacht. Zum anderen kann eine magnetische Schirmung die Leistung der Chassismagnete negativ beeinflussen. Optional können die DBS1-A aber auch mit Abschirmung geliefert werden. Das Modell ändert dann allerdings nicht nur seinen Namen (DBS1-AM) sondern auch seinen Preis auf XX Euro. Der TLE1S ist die passende Platz sparende Subwoofer-Ergänzung zu den beiden Nahfeldmonitoren. Außerdem eignet er sich bei Surround-Installationen für die Wiedergabe des LFE-Kanals. Um auch in engen Regieräumen in den Genuss des erweiterten Frequenzbereiches (bis 22 Hertz) zu kommen, bietet der schmale TLE1S mit seiner doppelt gefalteten Transmission-Line und dem 150 Watt Bryston-Verstärker gute Voraussetzungen. Optisch erinnert der Subwoofer an ein schwarzes Tower-Gehäuse eines Computers. Die Aufgabenstellung war einen möglichst verzerrungsfreien, klingenden Subwoofer zu konstruieren. Der Bassbereich der Satelliten soll dabei nicht aufgebläht, sondern dezent aber wirkungsvoll in den subsonischen Bereich erweitern werden, um dadurch unter anderem einen verbesserten Raumeindruck zu bewirken. Große Bassmembranen sucht man beim TLE1S vergeblich. Stattdessen hat PMC zwei kleinere Basstreiber – beide haben eine beschichtete Papiermembran mit einem Durchmesser von 170 Millimetern – verwendet. Der klangliche Vorteil der kleineren Membranen im Vergleich zu einem flächengleichen Einzelsystem ist deren geringere Trägheit und höhere Steifheit, was besseres Impulsverhalten und weniger Verzerrungen ermöglicht. Die symmetrischen XLR- und unsymmetrischen Cinch-Anschlüsse befinden sich wie gewohnt auf der Rückseite. Hinter einer Klappe auf der Oberseite des Gehäuses verborgen, sind die Bedienelemente, um den Subwoofer optimal an das bestehende System anzukoppeln. Der Gain-Regler sorgt für die passende Lautstärke, ein weiterer Drehknopf ermöglicht die Phasendrehung von Null bis 360 Grad. Ein regelbarer Tiefpassfilter sorgt für die gewünschte Übernahmefrequenz, die zwischen 40 und 155 Hertz einstellbar ist. Wird der Subwoofer über ein externes Frequenz-Management-System angesteuert, wie es bei Surround-Installationen häufig der Fall ist, ist das Filter deaktivierbar. Last not least dient ein weiterer Tastschalter zur Auswahl der beiden Eingänge.

Unsere erste ausführliche Abhörrunde im Testlabor zeigt, dass die DBS1-A unabhängig vom Stil der Musik einen exzellenten Job machen. Ob Jazz, Klassik oder auch Rock/Pop- oder Dance-Produktionen, die kleinen Monitore stehen wie ein Fels in der akustischen Brandung. Dabei sind sie schonungslos und decken Unzulänglichkeiten im Mix direkt auf. Ein leicht verschobenes Stereopanorama, ein höhenloses Mastering oder schlecht gefilterte Stimmen bleiben den DBS1-A nicht verborgen. Die kleinen Engländer erinnern klanglich insgesamt an die ausgezeichneten O110 von Klein + Hummel (siehe Test in Heft 10/2006) oder die in der letzten Ausgabe getesteten Geithain RL 906, beide ausgezeichnete Monitore ihrer Klasse. Auch wenn sie nicht ganz an die räumliche Darstellung der O110 und die Trennschärfe der Geithain RL 906 heranreichen, sind die Unterschiede jedoch gering und die DBS1-A können durch ihr Impulsverhalten punkten, das in dieser Klasse seinesgleichen sucht.

Die weitere Abhörsession – wir nehmen uns dazu mehrspurige Schlagzeugaufnahmen vor – stellt das außergewöhnliche Impulsverhalten der kompakten DB1S-A unter Beweis. Unabhängig von der Lautstärke klingen die Monitore klar, durchsichtig und vor allem direkt. Hier drängt sich der Begriff schneller Lautsprecher auf. Das Klangbild ist ausgewogen; Betonungen spezieller Frequenzbereiche sind nicht auszumachen. Trennschärfe und Auflösung führen zu exakten klanglichen Abbildern, die detailtreu das Ausgangsmaterial wiedergeben.

Die Becken kommen sehr impulsiv ohne dabei, selbst bei hohen Lautstärken, anstrengend zu klingen. Der schlackenfreie Mittenbereich ist von arbeitsfreundlicher Klarheit, wodurch sich durch analytische Präzision die einzelnen Schallquellen im Stereopanorama deutlich ausmachen lassen. Die Stereomitte ist dabei immer klar definiert und droht keinesfalls durch schwammige Basswiedergabe zu verschwimmen. Das Impulsverhalten auch bei einer heftig gespielten Bassdrum bleibt für einen Monitor dieser Größe erstaunlich gut. Den Mix mit der richtigen Positionierung und klanglichen Optimierung von Snare, Bassdrum und den Toms lässt sich problemlos und sehr akkurat erstellen. Dabei ist die örtliche Zuweisung punktgenau möglich und Equalizer- und Kompressor-Einstellungen fallen erstaunlich leicht, da die Auflösung der DBS1-A auch minimale Korrekturen exakt darstellt.

Jetzt schalten wir den TLE S1 als Subwoofer dazu. Dafür aktivieren wir das Tiefpassfilter und  finden schließlich nach ausgiebigen Messtests und Hörversuchen 50 Hertz Übernahmefrequenz als optimalen Wert heraus. Durch die Korrektur der Phase lässt sich der Subwoofer trotz einer Aufstellungsentfernung von zirka zwei Metern sozusagen in Phase bringen und
dockt damit ideal an das Monitor-Setup an. Es ist deutlich mehr zu hören, obwohl wahrnehmen an dieser Stelle das bessere Wort ist. Der Subwoofer füllt vorsichtig die Tiefbässe auf. Vor allem die Räumlichkeit der Aufnahmen gewinnt
deutlich an Kontur. Zusätzlich entspannt sich die Basswiedergabe und wirkt souveräner und gelassener. Dabei bleibt die Wiedergabe präzise und impulsiv. Der Subwoofer ist nicht zu orten.

Fazit

PMC macht seinem Namen alle Ehre. Die DB1S-A, in Kombination mit dem Subwoofer TLE1S, bieten ein ausgewogenes und analytisches Monitorsystem, das sich ob seiner geringen Ausmaße auch in beengten Studios installieren lässt. Dabei ist das Impulsverhalten das Aushängeschild der im Transmissionline-Prinzip gefertigten Profilautsprecher. Die DB1S-A sind klanglich präzise, direkt und trennscharf und eignen sich deshalb auch sehr gut für Surround-Setups. Mit 885 Euro für die DB1S-A und XXX Euro für den TLE1S Subwoofer haben sie überdies ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Empfehlung: Bei der nächsten Kaufentscheidung einmal antesten.

Erschienen in Ausgabe 06/2007

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 1057 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut