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PMC hat seine erfolgreichen Nahfeldmonitore überarbeitet. So setzt auch neue TB2S-AII setzt auf innere Werte, die auch den skeptischsten Ton-Profi überzeugen sollen.
Von Harald Wittig
Die Professional Monitor Company, kurz PMC, aus England, haben hierzulande vor rund drei Jahren bei professionellen Anwender und audiophile Amateuren gleichermaßen für Aufhorchen gesorgt. Während PMC-Monitore in ihrer Heimat schon lange zum festen Inventar beispielsweise der altehrwürdigen BBC gehören, wussten in der Bundesrepublik bis dato nur wenige Kenner wie beispielsweise Tobias Lehmann von den Berliner Teldex-Studios oder das Institut für Musik und Medien an der Fachhochschule Düsseldorf von der Qualität der britischen Profi-Schallwandler. Dass die Entwickler um Managing Director und Chief Designer Peter Thomas ihr Handwerk verstehen, bewies der kompakte Nahfeldmonitors DB 1S-A, den wir bereits in der Ausgabe 6/2007 testeten: Der wegen nicht zuletzt wegen seiner außergewöhnlichen Basswiedergabe von Michael Nötges als „Scheinriese“ titulierte Monitor leistete sich keinerlei Schwächen und konnte die gesamte Redaktion überzeugen. Das galt auch für den Avid/Digidesign RM2, den PMC in Kooperation mit dem DAW-Riesen entwickelte und der sich beim Test in Ausgabe 7/2008 einen Platz in der Spitzenklasse redlich erspielte. Seit kurzem gibt es die Nahfeldmonitore DB1S und TB2S mit einer neuentwickelten Verstärker-Einheit, dem DS-001. Das Verstärkermodul im Class D-Design stellt 200 Watt Leistung bereit und soll den beiden Monitoren zu einem noch besseren Impulsverhalten bei minimalsten Verzerrungen verhelfen. Um diese verheißungsvolle Aussage zu überprüfen haben wir zum Test den größeren TB2s ausgesucht, der wie sein kleiner Bruder den Namenszusatz AII bekommen hat.
Der TB2S-AII ist ein aktiver Zwei-Wege-Lautsprecher. PMC hat in mit bewährter Technik wie beispielsweise den bewährten Ein-Zoll-Hochtöner mit Gewebe-Kalotte und dem Markenzeichen der Briten schlechthin, der Advanced-Transmission-Line-Technology (ATL) ausgestattet. Dabei ist der Treiber des Tief-Mitteltöners mit einem Rohr oder Tunnel, der sogenannten Transmissionline, verbunden. Die Schallenergie wird durch dieses Rohr geführt und über eine Öffnung nach außen geleitet. Diese Austrittsöffnung muss – ebenso wie der Durchmesser des Tunnels – zwingend größer als der Membran-Durchmesser des Tief-Mitteltöners, im Falle des TB2S-AII sind das 170 Millimeter, sein. Die Rohrlänge selbst hängt ab von der gewünschten unteren Grenzfrequenz. Im Falle des Testkandidaten und seinem kleinen Bruder DB1S-AII ist das gefaltete Rohr immerhin 1,5 Meter lang, was den Monitoren nicht anzusehen ist. Der TB2S-AII hat mit einer lichten Höhe von 40 und einer Breite von 20 Zentimetern Nahfeldstandardmaße. Welche – theoretischen – Vorteile bringt die Transmissionline-Bauweise? Da das Grundprinzip darauf beruht, den von der Membranrückseite des Tief-Mitteltöners abgestrahlten Schall komplett zu absorbieren, ohne die Bewegung der Membran zu dämpfen oder durch reflektierte Schallanteile unnötig zu modulieren, ist eine Transmissionline einer Bass-Reflex-Konstruktion überlegen. Dort sorgen die systembedingten Reflexionen nämlich für eine Beeinflussung und Modulation der Membran. Klar, allein das Vorhandensein einer Transmissionline-Konstruktion garantiert noch lange keine saubere Basswiedergabe. Es kommt, wie immer, auf das Können des Entwicklers und auf die praktische Ausführung an. Gleichwohl sind unsere Erwartungen wegen der positiven Erfahrungen, die wir anlässlich der Tests von PMC DB-1S und Digidesign RM-2 machten, hoch. Ob auch der TB2S-AII den guten Ruf der ATL gerecht werden kann, ermitteln wir im Hör- und Praxistest. Kommen wir zur eigentlichen Neuheit aus dem Hause PMC, dem neuen Verstärker DS-001. Interessanterweise setzen die PMC-Entwickler bei ihren Aktiv-Lautsprechern auf digitale Monoverstärker. Der DS-001 ist – wie schon der Vorgänger DAD-M100 pro BI – im Class-D-Design konstruiert, nicht viel größer als eine DVD-Hülle und leistet jetzt 200 Watt an acht Ohm. Dank der brandneuen „Ultra Low Noise“-Technik soll das neue Power-Modul dank deutlich verbesserter Slew Rate noch impulsstärker sein, außerdem erklingt nach Aussage des Herstellers bei den Modellen DB1S-AII und TB2S-AII der Bass noch knackiger und präziser. Weitere Vorteile, mit denen aber auch schon der DAD-M100 aufwarten konnte, sind das gegenüber analogen Endstufen deutlich geringere Gewicht, ein besserer Wirkungsgrad der jetzt bei knapp 90 Prozent liegt und last not least die geringe Wärmeentwicklung. Deswegen ist der TB2S-AII, obwohl nicht gerade ein Winzling, vergleichsweise leicht: Da eine aufwändige Kühlvorrichtung nicht vonnöten ist, bringt der Brite gerade mal rund zehn Kilo auf die Waage. Das Power-Modul sitzt huckepack auf der Rückseite des Monitors, der um 90 Grad abgewinkelte, offen liegende Neutrik Speakon-Stecker verbindet den Analog-Ausgang des DS-001 mit der Frequenzweiche, die Übernahmefrequenz selbst liegt bei zwei Kilohertz.
Verweilen wir noch kurz auf der Rückseite des Monitors und handeln in Kürze die weitere Ausstattung des TB2S-AII ab: Wie üblich bei den kleinen PMCs weisen der XLR-Eingang und der Netzkabel-Anschluss am Power-Modul senkrecht nach unten, weswegen das Anschließen der Kabel etwas umständlich ist. Dafür sind Netzschalter und Lautstärke-Regler auf der Oberseite des Verstärkers angebracht und sehr bequem zu erreichen. Der Gain-Regler erlaubt die stufenlose Einstellung der Eingangsempfindlichkeit in einem Bereich von 17 bis maximal 33 Dezibel. Aber Obacht: Auch in Minimaleinstellung ist der Monitor beziehungsweise das Verstärker-Modul sehr empfindlich. Ist ein Audio-Interface ohne Regelmöglichkeit wie zum Beispiel ein AD-Wandler direkt mit dem Monitor verbunden und gibt der Wandler Signale mit dem Studio-Pegel von +4 dBu aus, übersteuert der Lautsprecher gnadenlos. Deswegen bedarf es unbedingt eines Monitoring-Controllers oder eines zwischengeschalteten hochwertigen Stand-Alone-Lautstärke-Reglers. Regler beziehungsweise Filter zur Raumanpassung hat der PMC nicht. Deswegen sollte der Monitor in der bestmöglichen akustischen Umgebung seine Dienste verrichten, anderenfalls kann er sein volles Klangpotenzial nicht entfalten. Was bekanntermaßen für fast alle Monitore gilt und nicht oft genug zu betonen ist. Dann wollen wir doch mal hören, was der TB2S-AII klanglich so drauf hat. Wie es sich für einen Studio-Monitor gehört, ist er stilistisch nicht festgelegt. Akustische Musik von Klassik bis Jazz, energetische Rockmusik oder Elektropop – der PMC gibt alles wieder, denn sein Impulsverhalten und seine Trennschärfe ist jedwedem Programmmaterial gewachsen. Bei der Raumdarstellung, nebenbei erwähnt eine besondere Stärke der PMCs (siehe auch den Test des DB1S-A) kann der Brite auch gegen Meister dieses Fachs, beispielsweise von Geithain, Manger oder ATC (Test des ATC SCM25APro) bestehen: Er präsentiert dem Hörer eine – im übertragenen Sinne – wunderbar ausgeleuchtete Bühne die sowohl in Breite und Tiefe jeweils die Abmessungen hat, die die zu beurteilende Mischung hat oder haben soll. Deswegen ist es ein leichtes, Stimmen und Instrumente ihren Platz im Mix zuzuweisen, wobei Phasenprobleme praktisch ausgeschlossen sind, denn der TB2S-AII liefert stets verlässliche Informationen. Auch die Suche nach dem angemessenen Hall für trockene akustische Aufnahmen geht vergleichsweise zügig von der Hand. Wie bereits angedeutet, steht das Impulsverhalten in bester PMC-Tradition. Soll heißen: Der Brite ist ein schneller Monitor, wobei der TB2S-AII, vermutlich dank des neuen DS-001 Power Moduls, gegenüber dem älteren DB1S-A noch präziser impulshaften Schallereignissen zu folgen scheint. Das zeigt sich sowohl bei der Basswiedergabe, wenn der Monitor auch von einer heftig gespielten Bass-Drum nicht aus der Ruhe zu bringen ist, als auch bei der Darstellung von harten, sehr schnellen Stakkato-Salven einer mit Plektrum-Wechselschlag à la Al Di Meola gespielten E-Gitarre.
Überhaupt ist dem Monitor anzuhören, dass die Entwickler die Transmissionline-Bauweise wirklich beherrschen: Der präzise, sehr gut fokussierte, dabei für einen Lautsprecher dieser Größe erstaunlich tiefe Bass, übertrifft an Akkuratesse nicht nur Monitore seiner Preisklasse. Er behauptet sich auch selbstbewusst gegen doppelt so teure Kollegen wie den ADAM S3X-H. Deswegen bedarf es nicht zwingend eines ergänzenden Bass-Lautsprechers, allenfalls um noch das letzte Quäntchen an tieffrequenter Präzision herauszuholen. Bei der Gesamtabstimmung hat PMC großen Wert auf Neutralität gelegt. Der TB2S-AII bevorzugt also keine bestimmten Frequenzbereiche, der Hochmitten- oder Präsenzbereich ist nicht, wie so oft, angehoben. Gleichwohl ist der PMC ein Analytiker, der exakt wiedergibt, was die Aufnahme hergibt. Soll beispielsweise die Solostimme ein wenig mehr Glanz bekommen oder umgekehrt eine präsent klingende Akustikgitarre wärmer und samtiger klingen, unterstützt der Monitor den Menschen am Arbeitstisch kompetent beim passgenauen Einstellen des Equalizers seiner Wahl. Der Hochtöner des TB2S-AII schließlich leistet sich ebenfalls keine Schwächen. Die Höhen erklingen fein aufgelöst und zu keiner Zeit scharf und damit anstrengend. Sicher, das hervorragende Impulsverhalten des X-ART-Hochtöners eines ADAM S3X-H kann der PMC-Kalotten-Hochtöner nicht erreichen und auch der grandiose Manger Schallwandler bleibt unerreicht. Aber lassen wir die Westminster Abbey mal in London und denken daran, dass ADAM und Manger völlig andere Konstruktionsprinzipien verwirklichen – vom ungleich höheren Preis mal ganz abgesehen. Deswegen ist festzuhalten: Was über den PMC gut klingt, klingt auch auf weniger hochwertigen Anlagen und sogar über billige Multimedia-Quäken. Genau das ist es aber, was einen Studio-Monitor auszeichnet und zum Arbeitsgerät macht.
Fazit
Mit dem überarbeiteten TB2S-AII haben es die Entwickler von PMC einen präzisen Monitor geschaffen, der dank seiner analytischen Neutralität den Profi kompetent unterstützt – und das zu einem Super-Preis.
Erschienen in Ausgabe 05/2010
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 1235 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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