Schneller als PCI erlaubt
Die Entwicklung bei den computergestützten Hard-Disk-Recording-Systemen lässt aufhorchen: Inzwischen erreichen leistungsfähige Geräte eine Audio-Qualität, die auch Klanggourmets überzeugt. Lediglich die Performance kann noch nicht mithalten. Doch jetzt wird der superschnelle PCI-Express Bus mit der Apogee-Symphony-Karte audiofähig,
Von Harald Wittig
Die Feststellung, dass die Wandler von Apogee auch hohe Ansprüche erfüllen, hieße Chips nach Santa Monica tragen. Bisher bot Apogee aber für Studios, deren Schaltzentrale der Computer ist, lediglich die X-Firewire-Karte an. Damit ist es möglich, die Wandler der Rosetta- und der 16X–Serie in der bevorzugten Hostanwendung, beispielsweise Logic, Cubase, Samplitude oder Sonar, auf PC und Mac nativ zu nutzen. Allerdings ist die Firewire-Lösung in Sachen Performance nicht der Weisheit letzter Schluss. Wenn Sie beispielsweise mit der höchstmöglichen Auflösung von 192 Kilohertz alle acht Kanäle eines Rosetta 800 belegen, kann das System allzu schnell an seine Leistungsgrenze kommen – der Datendurchsatz bei Firewire ist einfach zu gering. Eine Erhöhung der Puffergröße erlaubt zwar die Wandlung in der obersten Abtastfrequenz; erkauft wird das aber mit hohen Latenzen, die gerade Overdubbing unmöglich machen. Doch die Entwickler bei Apogee haben das Ohr am Puls des Klangs und präsentieren mit Symphony eine Karte für den noch jungen PCI-Express-Bus (PCI-E). Damit dringen Apogee-Anwender in neue Performance-Dimensionen vor.
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Keine Karte für alle: Das Symphony-Konzept
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Die Symphony wurde speziell für Apples neue G5 Computer entwickelt – PC-User bleiben außen vor. Dafür verspricht der Hersteller, dass die Karte auf die PCI-E-Architektur der G5-Computer maßgeschneidert ist. Übrigens: Wenn Sie weiterhin Ihrem G4 die Treue halten, können Sie die Karte mangels PCI-E-Bus nicht verwenden. PCI-E ist mit PCI und PCI-X nicht kompatibel (siehe Spezialkasten PCI-Express). Doch auch dazu gibt es eine Lösung: Die Symphony-Karte für den PCI-X-Bus ist jetzt lieferbar, zum selben Preis wie die getestete PCI-E-Karte.
Auch wenn es sich beim ersten Lesen des Datenblattes nicht sofort erschließt: Symphony ist keine PCI-E-Audio-Karte. Deshalb gibt es keine Ein- und Ausgänge. Symphony dient vielmehr als digitale Schnittstelle im Computer. Sie übermittelt die Audio-Daten der externen Wandler an die Hostanwendung, verwaltet diese und schickt sie wieder zurück und fungiert insoweit als Patchbay und Router. Dabei schafft es die Karte, je 32 Ein- und Ausgangskanäle zu verwalten, insgesamt also 64 Kanäle. Die Anzahl der Kanäle hängt von den angeschlossenen externen Wandlern ab. Für die Verbindung der PCI-E-Karte mit den Wandlern benötigen Sie die so genannte X-Series-Symphony-Karte. Hierbei handelt es sich um eine optional zu erwerbende Erweiterungskarte für die Rosetta- und die 16X-Wandler, die sich nur in diese Geräte einbauen lässt. Folglich eignet sich Symphony nicht für Wandler von Fremdherstellern. Deswegen muss der Käufer zu Symphony die X-Symphony-Karte gleich mit kaufen – anderenfalls kann er die Karte nicht nutzen. Symphony bietet also nicht den Apogee-Sound für vergleichsweise wenig Geld in Form einer Steckkarte für den Mac.
Das Konzept geht von folgender Grundkonfiguration aus: Zunächst hat der Anwender wenigstens einen Apogee-Wandler und einen G5. Da die Firewire-Lösung aus Performance-Gründen nicht in Frage kommt, soll er sich mit Hilfe der Symphony-Karte einen leistungsfähigen, schnellen DAW in Apogee-Qualität aufbauen können. Besonders billig ist diese Lösung nicht: Apogees günstigster Wandler, der Rosetta 200 (Test in Ausgabe 7/2006), kostet knapp 2.200 Euro, die unbedingt erforderliche X-Symphony-Karte gibt es für rund 215 Euro, Symphony selbst muss mit etwa 870 Euro bezahlt werden; schließlich kostet ein Power PC G5 in der Basiskonfiguration noch zirka 2.000 Euro. Insgesamt müssen Sie schon für dieses Minimalsystem fast 5.500 Euro ausgeben. Absolut gesehen ein hoher Preis.
Durch die Anpassung an den Mac ergeben sich noch weitere Aspekte: Die Hostanwendung muss mit dem OS X Core-Audio-Treiber zusammenarbeiten. Bei Logic entstehen natürlich keine Probleme; anders sieht es bei Cubase SX 3 aus. Wenn Cubase auf dem Mac Ihr bevorzugter Sequenzer ist, Sie aber zur vollen Ausschöpfung seines Leistungsumfangs einen speziellen ASIO-Treiber für Mac OS X verwenden, können Sie die Karte nicht einsetzen. Auch Pro-Tools-User stehen vor dem gleichen Dilemma, denn es basiert ebenfalls nicht auf Core Audio. In diesem Fall sind die X-Series-Erweiterungs-Karten die einzige Möglichkeit, Apogee-Wandler unter Pro Tools zu verwenden.
Festzustellen bleibt: Sie benötigen einen G5, mindestens einen Apogee-Wandler, die X-Symphony-Karte, die Symphony-PCI-E-Karte und sinnvollerweise auf den Mac zugeschnittene Sequenzer wie Logic Pro. Nur auf diese Weise kommen Sie in den Genuss der vollen Mac- beziehungsweise Core-Audio-Performance.
Soviel zum Grundkonzept – sehen wir uns die Ausbaumöglichkeiten an. Die Symphony-Karte wird über ein spezielles PC-32-Kabel mit der X-Symphony-Karte eines Apogee-Wandlers verbunden. Das ist die Basis-Konfiguration – abhängig vom Gerät haben Sie dann eine bestimmte Anzahl von Kanälen zur Verfügung; beispielsweise zwei mit dem Rosetta 200, acht mit dem Rosetta 800, während 16X-Wandler 16 Kanäle bieten. Allerdings benötigen Sie dann in jedem Fall den AD-16X und den DA-16X, die es für jeweils rund 3.800 Euro gibt.
Sie können mit einer Symphony-Karte darüber hinaus weitere Hardware-Geräte ansteuern. Dabei nutzt Apogee das Daisy-Chaining: Die Karte wird mit der ersten Einheit verbunden, indem das PC-32-Kabel an den X-Symphony Main Port angeschlossen wird. Von da geht es über den mit Thru bezeichneten Ausgang zum zweiten Gerät – hier dient wieder der Main-Port als Eingang – von da aus auf gleiche Weise an das nächste und so weiter, bis die volle Kapazität von insgesamt 64 Kanälen erreicht ist. Das ist aber noch nicht das Ende des Machbaren: Der aktuelle Power PC G5 hat vier PCI-E-Steckplätze, wobei einer bereits ab Werk von der Grafikkarte belegt ist. Die freien Steckplätze stehen für die Symphony-Karten zur Verfügung. Sie ahnen es sicher schon: Bei einer entsprechenden Anzahl von Hardware-Geräten ergeben sich in der Summe 192 Kanäle. Solch ein opulentes System dürfte auch anspruchsvollen Anforderungen des Produktionsalltags gewachsen sein.
Der Einbau einer Symphony-Karte bereitet keine Probleme. Sie können jeden der drei Steckplätze verwenden: Auch wenn Steckplatz 3 des G5 acht Lanes hat, gibt es keine Anpassungsprobleme: Symphony ist eine 4x-Karte und verwendet den 8x-Bus wie einen Bus mit vier Lanes. Um dennoch die bestmögliche Leistung aus Ihrem Rechner herauszuholen, sollten Sie die Anweisungen von Apple beim Einbau von PCI-E-Erweiterungskarten befolgen. Danach empfiehlt es sich, die erste Symphony im Steckplatz Nummer zwei zu installieren. Dieser hat eine Bandbreite von vier Lanes, die gesamte Bus-Bandbreite wird somit optimal genutzt. Wenn Sie weitere Symphony-Karten einbauen möchten, müssen Sie jeder Karte eine eigene ID zuweisen. Hierzu versetzen Sie die Jumper auf jeder Karte entsprechend. Das ist nicht weiter schwierig; das Handbuch erklärt die Jumper-Einstellung verständlich. Beachten Sie aber unbedingt, dass die erste Karte im System im niedrigsten verfügbaren Steckplatz installiert ist und die zweite unmittelbar darunter.
Wenn die Karten eingebaut sind, installieren Sie den passenden Symphony-Core-Audio-Treiber. Die Treiber sind auf der beiliegenden CD, sie werden automatisch mit der Steuersoftware Maestro (siehe unten) mitinstalliert. Die aktuellen Treiber hält Apogee zusätzlich im Internet unter www.apogeedigital.com/symphonysupport bereit. Erfahrene Logic-Anwender können trotz korrekter Treiber-Installation beim ersten Arbeiten mit der Symphony eine unliebsame Überraschung erleben: Es ist nicht mehr ohne weiteres möglich, über das Flip-down-Menü mit wenigen Klicks Audiospuren zu erzeugen. Der Hinweis im Handbuch kann schon mal überlesen werden – plötzlich scheinen Sie auf magere vier Audio-Spuren festgelegt. Es ist unbedingt erforderlich, über den Logic-Mixer neue Audio-Spuren einzurichten und korrekt zu benennen. Falls Sie alle 32 Kanäle respektive Spuren einer Symphony-Karte verwenden möchten, müssen Sie den Mixer über das Environment-Fenster sorgfältig konfigurieren. Um die Übersicht zu behalten, ist es ratsam, sich an der Anzahl der Kanäle des verwendeten Apogee-Systems zu orientieren. Wenn Sie eine Rosetta 800 besitzen, sollten Sie folglich die Anzahl der Spuren auf acht begrenzen.
Maestro ist ein Software-Interface, das als Schnittstelle zwischen OS X-Anwendungen und der Apogee Hardware dient. Dabei brauchen Sie Maestro zunächst zur Konfigurierung und komfortablen Fernsteuerung der Apogee-Hardware, wobei es keine Rolle spielt, wie die Hardware mit dem Mac verbunden ist. Sie können daher beispielsweise auch einen Rosetta 200, der über Firewire mit dem Mac Daten austauscht, fernsteuern. Gleiches gilt für Geräte, die über die Symphony mit dem Mac korrespondieren.
Maestro ist übersichtlich aufgebaut und lässt sich fast intuitiv bedienen. Die Software hat zwei Hauptfenster für alle Einstellungen. Über das so genannte Control-Panel konfigurieren Sie Ihr System, indem Sie angeschlossene Apogee Hardware anmelden und die Quelle für die Clock auswählen (intern im Gerät oder extern, beispielsweise mit Apogees Master-Clock Big Ben).
Im Routing/Mixer-Fenster legen Sie fest, wie die Signalwege verteilt werden. Haben Sie beispielsweise den zwei-kanaligen Rosetta 200, könnten Sie folgendermaßen vorgehen: Sie möchten einen Sänger und einen Instrumentalisten gleichzeitig auf zwei Spuren aufnehmen; folglich wählen Sie in Maestro entsprechend der Anschlussbelegung der Hardware Input 1 für den ersten und Input 2 für den zweiten Kanal. Diese Einstellungen werden von Logic übernommen. Das Routing sieht jetzt so aus: Das Eingangssignal durchläuft die Hardware, geht an Maestro und von dort wird es direkt zu Logic geroutet. Für die Ausgänge gilt der umgekehrte Weg, die Zuweisungen lassen sich in Maestro über das so genannte Output Pane ebenso einfach festlegen.
Die Mischer-Matrix von Maestro hat zwei getrennte Ausgänge, A und B. Diese Signale können zurück in die Host-Anwendung geroutet werden. Das kann praktisch sein, wenn Sie beispielsweise neben Stimme und akustischen Instrumenten noch einen Hardware-Synthie an Ihr Apogee Interface anschließen und für einen Zwischenmix den Synthie erst in Maestro mischen, und dann wahlweise für die Aufnahme auf Mixer A In oder Mixer B In in Logic routen.
Die Low-Latency-Mixer-Funktion von Maestro soll helfen, das Aufnehmen von Overdubs zu erleichtern. Das Audio-Signal wird, nachdem es den A/D-Wandler der Hardware durchlaufen hat, direkt auf den D/A-Wandler geroutet, ohne dass die Hostanwendung mit im Spiel ist. Maestro leitet den erstellten Mix aus Eingangssignal und Playback direkt auf die Ausgänge der angeschlossenen Hardware, ohne dass die Hostanwendung noch ein zweites, latenzverursachendes Signal erzeugen müsste.
Das ist nicht wirklich spektakulär: Ähnliche Funktionen bietet die Kontroll-Software kostengünstiger Audio-Interfaces schon länger. Und Apogee kann hier mit Maestro keine Performance-Rekorde aufstellen – wie auch, den Softwarelösungen sind eben Grenzen gesetzt.
Doch der G5 hat trotzdem mit der eingebauten Symphony einen Turbo unter der Haube. Deswegen testen wir in der Praxis aus, was die neue PCI-E-Karte an Performance bietet.
In der Grundkonfiguration verwenden wir den Rosetta 800 mit der Symphony-Karte, die in einem neuen G5 Quad eingebaut ist. Dieser Computer bietet dank seiner beiden Prozessoren einiges an CPU-Leistung, wobei wir nichts an der Werkskonfiguration des Rechners ändern. Als Hostanwendung dient Logic Pro 7.1.
Wir nehmen live vier improvisierte akustische Gitarren-Duos auf. Beide Akustikgitarren werden mit verschiedenen Mikrofonen abgenommen. Über den Mic-Preamp geht es analog in den Rosetta 800 und über die Symphony-Karte in den G5. Das Routing erledigen wir über Maestro. Die Output-Signale laufen wieder zurück in den Rosetta 800, der die digitalen Informationen wieder zu analogen wandelt. Über den Talk Back Controller von SPL wird schließlich die Abhöre angesteuert.
Die Puffergröße der Symphony steht zunächst im Core-Audio-Menü auf dem Standardwert von 250 Samples. Der Versuch, mit dieser Einstellung in höchster Auflösung von 24 Bit / 192 Kilohertz aufzunehmen, scheitert. Allerdings ist hierfür nicht die Apogee-Hardware verantwortlich: OS X meldet nämlich, dass die Festplatte des G5 zu langsam ist. Das entbehrt nicht einer gewissen Komik, immerhin bewirbt Apple den G5 Quad als echten Kraftprotz, der anspruchsvolle Aufgaben, ohne ins Schwitzen zu kommen, erledigen soll. Deshalb müsste der Rechner eine entsprechend fitte Festplatte haben, die nicht schon bei einer Zwei-Spur-Aufnahme überfordert ist. Daher bleibt uns nichts anderes übrig, als den Audio-Puffer auf 512 Samples zu erhöhen.
Die Aufnahmen überzeugen uns jetzt. Der Rosetta 800 bietet die bekannte Apogee-Qualität, die sich durch Detailreichtum und sehr feine Auflösung auszeichnet, mit einer bemerkenswerten Breiten- und Tiefenstaffelung. Dieses Ergebnis sagt indes noch nichts über die Symphony-Karte aus, denn wir benötigen kein Monitor-Signal beim Einspielen: Die Aufnahme läuft während des Spielens gewissermaßen nebenher. Deswegen schließen wir für den zweiten Take den Lake People Phone-Amp F399 D an den Rosetta an und hören nun das Monitor-Signal über Kopfhörer mit. Tatsächlich beweist die Symphony jetzt, wie schnell sie ist, denn die geringe Verzögerung, die wir hören – kein Wunder, wenn Sie bedenken, dass zwei Wandlerprozesse durchlaufen werden und das Signal dazwischen auch noch Logic passieren muss – stört beim Einspielen nicht.
Im Vergleich zur Firewire-Lösung, die wir im Rahmen unserer Tests mit dem Rosetta 200 kennenlernten, sitzen wir mit der Symphony-Karte in einem Rennsportwagen. Die Performance-Power der Symphony macht das Einspielen in Echtzeit ohne weiteres möglich – dabei haben wir noch nicht mal die Low-Latency-Mixer-Funktion von Maestro bemühen müssen. Bei einer Auflösung von 24 Bit / 96 kHz hören wir praktisch keine Latenz mehr, auch wenn messtechnisch etwa 5 Millisekunden im Labor ermittelt wurden – die Latenz des Rosetta 800, die bei knapp 1,7 ms liegt, eingerechnet. Damit belegt der Praxistest von Professional audio Magazin, dass diese PCI-E-Karte ein echter Turbolader ist. Overdubbing ist bei der Auflösung kein Problem, das latenzbedingte Monitor-Delay stört absolut nicht. Im Gegenteil: Der Effekt ist uns beim Einspielen sogar willkommen, da die Signale über Kopfhörer nicht mehr unangenehm direkt sind, sondern eine scheinbare Räumlichkeit erhalten, die wiederum unserer eigenen musikalischen Performance entgegenkommt. Dank der enormen Schnelligkeit der Symphony können wir auch bei dieser Auflösung mit dem Monitor-Signal auf dem Kopfhörer sehr schnelle Licks timingfest einspielen.
Fazit
Apogees Symphony PCI-E-Karte bietet zusammen mit einem neuen Power Mac G5 und einem Rosetta 800 einen gewaltigen Performancegewinn. Mit ihr kann der Anwender eine hervorragend klingende DAW einrichten, die dank der sehr geringen Latenzen vor allem Overdubbing leicht macht. Der Anschaffungspreis ist allerdings recht hoch. Doch dafür gibt es ein System der Spitzenklasse, das mit seinen umfangreichen Ausbaumöglichkeiten professionelle Ansprüche befriedigt.
Erschienen in Ausgabe 10/2006
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 870 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut
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