Plug-ins Galore

Steinberg baut seine Produkt-Linie an Effekt-Plug-ins in VCM-Technik weiter aus und legt unter der Bezeichnung Yamaha Vintage Plug-in Collection auf einen Schlag gleich zwei pralle Software-Bundles sowie ein weiteres Effekt-Plug-in nach. Was Sie leisten, haben wir für Sie herausgefunden.   

Von Georg Berger

Mit den beiden RND Portico-Plug-ins feierte Steinberg vor knapp drei Monaten eine beachtliche Premiere als Drittanbieter von Effekt-Plug-ins (Test in Heft 10/2011). Doch das war offensichtlich nur der Anfang, denn der Hersteller hat jetzt zu einem großen Rundumschlag ausgeholt und mit den beiden Bundles Yamaha Vintage Channel Strip und Yamaha Vintage Stomp Pack sowie dem Yamaha Vintage Open Deck Plug-in gleich drei neue Produkte nachgelegt. In Summe präsentiert der Hersteller neun Plug-ins, die sich der Emulation von Klassikern der Studiotechnik widmen. Das knapp 400 Euro teure Vintage Channel Strip Bundle setzt sich aus Studio-Effekten zusammen und enthält die beiden Dynamik-Prozessoren Yamaha Compressor 260 und 276 sowie den EQ 601 Equalizer. Die Plug-ins sind übrigens auch einzeln erhältlich zu einem Preis von circa 150 Euro. Das rund 200 Euro kostende Vintage Stomp Pack enthält – Nomen est Omen – gleich fünf Emulationen von Gitarren-Bodeneffekten, wobei mit drei unterschiedlich ausgestatteten Phasern, einem Flanger und einem Wah Wah-Pedal primär den Modulations-Effekten gehuldigt wird. Der Kauf von Einzel-Plug-ins ist hierbei übrigens nicht möglich. Mit dem Vintage Open Deck präsentiert Steinberg schließlich einen Einzel-Effekt, der den Sound von gleich vier klassischen Bandmaschinen emuliert. Kostenpunkt: Knapp 200 Euro.

Sämtliche Plug-ins sind wiederum unter Zuhilfenahme der von Yamaha entwickelten VCM-Technik (Virtual Circuitry Modeling) entstanden, bei der die Emulation des Schaltkreises bis hinab auf Bauteil-Ebene reicht. Interaktionen zwischen Bauteilen, die Einfluss auf den resultierenden Klang nehmen, können, so der Hersteller, dadurch en detail reproduziert werden. Im Test der Portico Plug-ins konnten wir uns bereits von den exzellenten klanglichen Qualitäten dieser aufwändigen Technik überzeugen, was umso mehr Appetit auf die neuen Steinberg Yamaha Plug-ins macht. Sicherlich werden Kenner an dieser Stelle jetzt einwenden, dass es sich bei den Plug-ins um keine komplette Neuentwicklung handelt. Tatsächlich haben die Effekte schon bereits vor über fünf Jahren das Licht der Welt erblickt. Allerdings wurden sie damals von Yamaha als sogenannte Software Add-ons ausschließlich für den Einsatz in den Digitalpulten der DM- und 0-Serie (DM 1000/2000, 01v96, 02R96) angeboten. Steinberg legt die gleichen Bundles jetzt erstmals in nativer Version vor, die übrigens ungleich günstiger sind als die nach wie vor erhältlichen Digitalpult-Add-ons. Ausnahme bildet das jüngst vorgestellte 01v96i-Pult, bei dem die VCM-Bundles bereits ab Werk und ohne Mehrkosten verfügbar sind (siehe Newsteil in diesem Heft). Nachdem das geklärt ist, wollen wir auch direkt in die Vollen gehen und die Plug-ins auf die Probe stellen. Den Anfang macht das Vintage Channel Strip Bundle.  Oberflächlich betrachtet, ähneln die Effekte des Vintage Channel Strip Bundles zunächst keinem der dahinter emulierten Hardware-Vorbilder. Wer sich jedoch ein wenig auskennt, kann anhand graphischer Details und auch bei der Namensnennung ermessen, was und wen die Plug-ins reproduzieren. So wandelt der Compressor 276 als klassische Emulation eines FET-Kompressors auf den Pfaden des Urei 1176. Charakteristisch ist der Input-Regler, der hier wie dort gleichzeitig die Eingangsverstärkung, den Threshold und die resultierende Kompressionsstärke regelt. Bei fast gleicher Zahl an einstellbaren Parametern fehlt am Ratio-Regler einzig die Möglichkeit zum Einstellen des berühmt-berüchtigten All-Button-Modus. Dafür besitzt das 276-Plug-in, anders als die Vorlage, eine schaltbare Auto-Make-up-Funktion sowie ein aktivierbares Sidechain-Hochpass-Filter, um den Bassbereich aus der Steuerung des Kompressions-Schaltkreises herauszunehmen. Unerwünschte Überkompressionen durch zu starke Bassanteile haben damit keine Chance. Der Compressor 260 gibt sich als RMS-Kompressor zu erkennen, der seine Nähe zu den Produkten des Herstellers dbx nicht verleugnen kann. Das einstellbare Attack und Release vermittelt dabei eine Nähe zum dbx 165. Allerdings ist die per Button einstellbare Kennlinien-Charakteristik (Soft, Middle, Hard) ein Alleinstellungsmerkmal des Plug-ins, das bei keinem dbx-Klassiker zu finden ist. Gleiches gilt auch für das interaktive Graphik-Display des EQ 601, das mit seiner Farbgebung von Frontplatte und Drehreglern in Richtung Filter-Sektion des Neve 1066 Preamps schielt.

Sechs Bänder stehen zur Verfügung, wobei die beiden Außenbänder per Drehschalter in je zwei Varianten als Pass- oder Shelf-Filter arbeiten. Die übrigen Filter sind als vollparametrische Glockenfilter ausgelegt. Erste Besonderheit: Jedes einzeln aktivierbare Filterband deckt einen einstellbaren Frequenzbereich von 20 Hertz bis 20 Kilohertz ab. Zweite Besonderheit: Per Kippschalter lässt sich eine Drive-Funktion aktivieren, die dem Signal Analog-Sound-ähnliche Verzerrungen hinzufügt. Sehr schön finden wir auch den Flat-Button, der sämtliche Bänder auf einen Schlag quasi wieder auf Null stellt, um Filterkurven bei Bedarf komplett neu aufzubauen. Komfortabel zeigt sich im Test auch das skalierbare Graphik-Display, das einen Bereich zwischen zwei und 40 Dezibel abdeckt, was je nach eingestellter Skala äußerst präzise Auskunft über die gemachten Einstellungen gibt. Sämtliche Plug-ins – auch die des Stomp Packs – sind übrigens sowohl mono, als auch stereo einsetzbar. Im Mono-Betrieb besitzen die Plug-ins konsequenterweise lediglich ein VU-/LED-Meter zur Anzeige des Ausgangs-Pegels.   Im Hörtest werden unsere Erwartungen an die Plug-ins angesichts der Nähe zu den Hardware-Vorbildern nicht enttäuscht. Jeder Studio-Effekt besitzt individuelle klangliche Eigenschaften, die anliegende Signale auf charakteristische Weise zu verschönern, respektive zu prägen im Stande sind. Der 276er Kompressor besticht durch das gleiche Regelverhalten wie seinerzeit im Test der Urei 1176 Emulationen von Native Instruments und IK Multimedia (Tests in den Heften 8 und 9/2011). Signale werden auf organische Art verdichtet, wobei sie einen ordentlichen Schuss an Frische und Präsenz durch Betonung im Höhenbereich erhalten. Hier wie dort lassen sich Transienten überdeutlich herausmodellieren, die jedoch nie unangenehm scharf klingen. Doch das 276er-Plug-in setzt sich im Grundsound deutlich von den oben genannten Vergleichskandidaten ab und wartet mit einem dominanten unteren Mittenbereich auf, der in Konsequenz die Höhen ein wenig in den Hintergrund treten lässt. Signale erhalten dadurch unabhängig von den Einstellungen am Kompressor mehr Volumen, das zudem sehr schmeichelnd klingt. Auffällig sind auch die ungleich größeren Kraft-Reserven beim Drehen an den Reglern. Die Steinberg-Yamaha-Emulation legt dadurch stets ein Schippchen mehr an Kompression drauf. Überdeutlich sind auch die Klangänderungen beim Betätigen der Attack- und Release-Parameter hörbar, was den 276er-Kompressor quasi zu einem muskelbepackten bösen Bruder der Mitbewerber von Native Instruments und IK Multimedia macht. Der von uns monierte All-Button-Modus wird im Test übrigens überhaupt nicht vermisst, denn durch die gebotenen Kraft-Reserven ist der brachiale und eigentümlich angezerrte All-Button-Sound durch geschicktes Einstellen des Input- und der Zeit-Parameter rasch realisiert und das sogar in jeder Stellung des Ratio-Reglers. Mit diesen Eigenschaften besetzt der Compressor 276 eine eigene Klang-Nische, die Vintage-Jünger mit Sicherheit begrüßen werden. Freunde der härteren musikalischen Gangart werden künftig nicht mehr auf ihn verzichten wollen.

Einen anderen klangästhetischen Weg schlägt hingegen das 260er-Plug-in ein, das anliegende Signale transparent in der Dynamik eingrenzt, ungleich luftiger klingt und nach oben hin auflöst als das 276er-Modell. Zusätzlich überzieht das 260er-Plug-in eingespeiste Signale auf eigentümliche Art mit einem hauchfeinen Schleier, was sie schöner, edler und schmeichelnder erklingen lässt, ganz so als ob raue Oberflächen mit Schmirgelpapier glatt geschliffen werden. Im Test zeigt sich sehr rasch, dass die Domäne des 260 Kompressors im subtilen Verdichten von Signalen liegt, was er auf höchst homogene Art erledigt. Gerade bei Vokal-Aufnahmen zeigt sich die Stärke des Plug-ins, das den stimmlichen Vortrag auf intelligente Weise verdichtet, einen homogenen Ausgangspegel liefert, dabei aber die Expressivität der Aufnahme unangetastet lässt. Auffällig ist der Regelweg des Attack-Parameters, der in der ersten Hälfte hochpräzise Einstellungen zwischen 0,01 und einer Millisekunde erlaubt, um danach mit einem logarithmischen Verhalten Werte bis hinauf 80 Millisekunden abdeckt. Hauchfeine Eingriffe in die Transienten-Gestaltung sind damit ein Kinderspiel. Wer mag kann das 260er-Plug-in auch in Extremstellungen einsetzen, wobei es ähnlich wie das 276er-Modell als kraftvoller Sounddesigner ans Werk geht und Aufnahmen teils brachial in den Vordergrund bringt. Transienten knallen zwar nicht ganz so kraftvoll und spitz heraus, das Betonen des Raumanteils einer Aufnahme gelingt jedoch in gleichem Maße souverän und kraftvoll wie im 276er-Pendant. In Minimalstellung der Zeitparameter stellt sich auch beim 260 Kompressor eine leichte Verzerrung ein, die Aufnahmen bei Bedarf eine gehörige Portion Schmutz hinzufügt. Im Vergleich zum 276-Plug-in gibt sich der 260er Kompressor eher wie ein vornehmer Gentleman, der seine Zurückhaltung aber leicht ablegen kann, wenn es die Situation erfordert und sich eindrucksvoll Gehör verschafft. Als Sounddesign-Instrument eingesetzt, punktet das Plug-in vor allem durch die drei wählbaren Knee-Charakteristiken, die dem Anwender willkommene Optionen zum Zügeln der Dynamik offerieren.   Drittes Plug-in im Bund(l)e ist der 601 Equalizer, der sich in gleichem Maße als Individualist in Sachen Klang zu erkennen gibt. Im Test ist auffällig, wie kraftvoll bereits leichte Gain-Boosts klingen. Dies wird im Vergleich mit dem in Cubase/Nuendo enthaltenen Studio EQ überdeutlich. Um einen sechs-Dezibel-Boost im 601-Plug-in in etwa gleich klingen zu lassen, müssen wir das Gain im Studio EQ doppelt so hoch einstellen. Abseits dessen besticht der Grundsound des 601-Plug-ins bereits noch ohne Aktivierung der Drive-Funktion mit einer deutlichen Dominanz im unteren Mittenbereich, was die Ergebnisse im Vergleich zum Studio EQ stets voluminöser, runder und schmeichelnder klingen lässt. Auffällig: Bei voll aufgedrehtem Gain der Bell-Filter mit kleiner Güte stellen sich sogar hörbare Verzerrungen ein. Mit aktivierter Drive-Funktion stellt ist eine leichte Kompression hörbar, die für zusätzlichen Druck sorgt und gleichzeitig für ein wenig mehr Präsenz in den Höhen sorgt.

Moderat eingesetzt sorgt das 601-Plug-in für ein samtig-seidiges Klangbild mit kräftiger Note. Hierbei gefallen vor allem die beiden Shelf-Filter, die nachhaltig und kraftvoll auf Signale einwirken. Das Ausfiltern von Störfrequenzen mit Hilfe der Bell-Filter bei hoch eingestellter Filtergüte gelingt auf höchst subtile und fast schon unmerkliche Art. Erst als wir das Plug-in auf Bypass schalten, bemerken wir, wie behutsam und fast schon chirurgisch das 601-Plug-in ans Werk geht.   Alles in allem legt Steinberg mit dem Plug-in Trio des Vintage Channel Strips drei ausgewiesene Individualisten mit betörendem Klangcharme vor, die Aufnahmen nachhaltig im Klang zu verschönern verstehen und ihnen das gewisse Etwas verleihen. Mit dem Vintage Open Deck Plug-in offeriert Yamaha, respektive Steinberg gleich vier Bandmaschinen-Emulationen unter dem Dach eines Stereo-Plug-ins, mit dem das nach wie vor hochgeschätzte Ideal des analogen (Tape-)Sounds Einzug in die DAW halten will. Die Bezeichnungen „Swiss“ und „American“ lassen den Schluss zu, dass es sich dabei um Nachbildungen alter Studer- und Ampex-Maschinen handelt. Drei Studer-Modelle, unterteilt nach Jahreszahlen, sowie eine Ampex-Nachbildung sind an Bord. Die optisch überaus ansprechende Bedienoberfläche nebst sich drehender Tonbandspulen bei laufendem Sequenzer-Betrieb offeriert separate Einstellmöglichkeiten für das Aufnahme- und Wiedergabe-Deck. Der Clou: Die Bandmaschinen-Emulationen sind dabei per Auswahlliste separat pro Deck wählbar, so dass sich der Anwender auf Frankenstein-Art seine virtuelle Bandmaschine zusammenbasteln kann. Die Bedienung und Funktionsweise des Plug-ins ist binnen weniger Augenblicke verstanden. Über den Gain-Regler des Record-Decks lässt sich Einfluss auf die Bandkompression nehmen. Der Bias-Regler, der in der realen Welt zur Vormagnetisierung dient, erlaubt das Einstellen des Verzerrungs-Pegels. Damit nicht genug bietet sich die Auswahlmöglichkeit der Bandlauf-Geschwindigkeit, mit der sich Einfluss auf die sogenannte Kopf-Sättigung nehmen lässt.  Das nächste Klang gestaltende Element findet sich in den beiden wählbaren Bandsorten, die ihrerseits zwei verschieden klingende Arten von Bandsättigung emulieren. Als Besonderheit findet sich eine schaltbare Auto-Make-up-Funktion, bei der sich das Gain des Wiedergabe-Decks an die Einstellungen des Record-Gain-Reglers anpasst, so dass sich bei gleich bleibendem Ausgangspegel lediglich der Grad der Verzerrungen ändert. Im Test wollen wir dieses banale wie geniale Feature alsbald nicht mehr missen. Das Wiedergabe-Deck wartet mit Höhen- und Bass-Blende sowie einem Gain-Regler auf und dient, ähnlich einer Mixer-Master-Sektion, dazu, dem Sound den letzten Feinschliff zu geben und die Ausgangs-Lautstärke zu kontrollieren. Abseits dessen erlaubt der VU-Adjust-Regler ein Kalibrieren der VU-Meter, die ihrerseits per Kippschalter wahlweise die Pegel von Record- und Wiedergabe-Deck anzeigen.

Im Hörtest setzt das Vintage Open Deck zu einem beeindruckenden Siegeszug in Sachen Analog-Sound an. Bereits leichte Anhebungen im Record-Gain führen zu hörbaren Kompressionen des Klangs, einhergehend mit den typischen, angenehm klingenden Verzerrungen, die den Bass und Höhenbereich runder und schmeichelnder klingen lassen. Das Arrangement klingt wie von Zauberhand kompakter, so als ob ein grobes Mauerwerk mit Mörtel glatt verputzt wird. Über den Höhenregler fügen wir dem Klang ein wenig mehr Frische hinzu, wohingegen beim Drehen des Bias-Reglers der Eindruck entsteht, als ob die Verzerrungen im Bassbereich bei Linksanschlag gedämpft, ganz nach rechts gedreht jedoch verstärkt erklingen. Alleine schon mit diesen drei Parametern bietet sich dem Anwender ein wahres Schlaraffenland an Einstellmöglichkeiten. Allerdings gilt wie so oft das Motto „Weniger ist oft mehr.“, denn bei allzu beherztem Einsatz klingt das Ergebnis rasch zu verzerrt. Doch das ist ja erst der Anfang. Beim Umschalten der Bandsorten ist hörbar, dass der Sound bei Anwahl der Old-Variante etwas weniger höhenreich klingt, die Verzerrungen dafür aber hörbar angenehm zurückgenommen sind. Das genaue Gegenteil liefert hingegen die New-Variante, die Mixen deutlich mehr Frische und Biss verleiht. Das Ändern der Bandlauf-Geschwindigkeit führt im Test indes zu eher homöopathischen Änderungen im Klang. Mit gutem Willen sind leichte Änderungen im Grad der Verzerrung hörbar, aber auch nur dann, wenn das Record-Gain (zu) weit aufgerissen ist. Leichte klangliche Unterschiede sind jedoch bei der Auswahl der einzelnen Bandmaschinen-Emulationen hörbar. Im Test sticht das Swiss 85-Modell mit einem deutlich vordergründigen, voluminösen und luftigen Klangbild heraus, dicht gefolgt von der Swiss 78-Variante. Die American 70- und Swiss 70-Emulationen liegen in etwa gleich auf und bestechen durch vornehme Zurückhaltung, die im Vergleich zur 85er Variante mit einem deutlich weicheren und runderen Klangbild sowie seidigeren Höhen aufwarten. Auf der Wiedergabe-Seite zeigt sich ein ähnliches Bild, wobei das 85er-Modell die meisten Verstärkungsreserven besitzt. In Konsequenz lässt sich durch geschickte Kombination der einzelnen Modelle das resultierende Klangbild noch einmal subtil verändern. So kann die eher zart klingende Swiss 70 Emulation durch Einsatz des 85er-Modells im Wiedergabe-Deck deutlich kraftvoller klingen als mit dem dazugehörigen Gegenstück. Allerdings finden wir, dass bei Gleichheit der Emulationen in beiden Decks der Sound doch immer noch am besten klingt, aber immerhin.    Das Vintage Open Deck liefert Analog-Sound in mannigfaltigen Varianten at its best und verleiht Aufnahmen einen schön klingenden Anstrich, der sie weicher, runder und kompakter erklingen lässt. Das gleichermaßen für Mix und Mastering geeignete, exzellent klingende Plug-in besitzt dabei ein hohes Sucht-Potenzial und dürfte sich künftig als Stammgast in vielen Summenkanälen finden.

Drei unterschiedlich umfangreich ausgestattete Phaser, ein Flanger und ein Wah Wah Pedal spielen die Hauptrollen im Vintage Stomp Pack Bundle, die allesamt dem Sound klassischer Bodeneffekte aus den 1970er und 1980er Jahren verpflichtet sind. Mit dem Modell Phaser Max 100 offeriert das Bundle eine authentische Emulation des MXR Phase 100 Pedals. Hier wie dort stehen vier Phaser-Settings mit unterschiedlich eingestellter Modulationstiefe und -intensität zur Auswahl, die sich per Speed-Regler in der Modulationsgeschwindigkeit regulieren lassen. Ungleich mächtiger geht’s im Dual Phaser Plug-in zur Sache, das dem Mu-Tron Bi-Phase nacheifert. Gleich zwei Phaser-Einheiten sind an Bord, die sich separat in Modulations-Tiefe, -Intensität und -Geschwindigkeit einstellen lassen. Besonderheit: Die zweite Phaser-Sektion kann dabei auch mit dem LFO der ersten Sektion moduliert werden. Per Schalter ist überdies die LFO-Phase umkehrbar. Last but not Least erlaubt ein Mode-Schalter im Stereo-Betrieb den Aufruf von insgesamt vier parallelen und seriellen Routings beider Phaser, im Mono-Betrieb stehen derer zwei zur Auswahl. Das Vintage Phaser und Flanger Plug-in ahmt hingegen kein spezielles Hardware-Vorbild nach. Per Mode-/Type-Schalter haben die Entwickler verschiedene Grundsounds implementiert, die dem Sound der 1970er und 1980er Jahre nacheifern und sich über eine reichhaltige Ausstattung an Parametern ausformen lassen. Das Wah Wah Pedal als klassischer Filter-Effekt fällt im Vergleich dazu etwas aus dem Rahmen. Ein spezielles Hardware-Vorbild konnten wir dabei nicht ausmachen, denn die gebotenen Einstellmöglichkeiten gehen teils über die übliche Ausstattung eines Wah Wah Pedals hinaus. So lässt sich der Filter-Sweep wahlweise per LFO (Auto-Wah), per MIDI-Automation oder über den Eingangspegel (Touch-Wah) steuern. Insgesamt vier Frequenzbereiche – High, Mid, Low, Bass – stehen zur Auswahl, auf die sich der Filter-Sweep gezielt anwenden lässt, wobei die Top- und Bottom-Fader die Spannweite des Sweeps eingrenzen. Für zusätzlichen Schmutz sorgt schließlich eine regelbare Overdrive-Schaltung. Im Hör- und Praxistest gefallen sämtliche Plug-ins durch einen wohlig-angenehmen und weich klingenden Analog-Sound. Das Phaser Max 100 Plug-in gefällt durch einen subtilen Modulationseffekt, der anliegende Signale dennoch nachhaltig anfettet und das für Phaser typische Verschieben der Phase eindrucksvoll zum Klingen bringt. Im Test vermissen wir zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit per gesondertem Regler in den Depth- oder Feedback-Parameter eingreifen zu wollen. Die vier Presets sind ausnahmslos musikalisch hervorragende einsetzbar, ganz gleich ob auf der Gitarre, einem E-Piano oder Synthesizern. Preset I gefällt durch einen sehr breiten und fetten Klang, wohingegen die Preset IV mit wenig Depth und Feedback hauchfeine Klangveränderungen gestattet. Wichtig: Steht der Speed-Regler in Stellung „S“, synchronisiert sich die LFO-Geschwindigkeit auf das Tempo des Hosts, was für sämtliche Plug-ins gilt. Zusätzlich erscheint nach Klick auf das „S“ ein halbtransparenter Dialog, der per Fader den Eingriff in die LFO-Phase erlaubt sowie die Möglichkeit bietet ein Taktraster auszuwählen, auf das sich der Effekt synchronisieren soll.

Ungleich farbenprächtiger geht’s hingegen im Dual Phaser zur Sache, der mit seinen Routing-Möglichkeiten beider Phaser-Sektionen sowie den weiteren Optionen im zweiten Phaser-Block die farbenprächtigsten Modulationen und Sounds gestattet. Psychedelische Effekte sind damit ein Kinderspiel und eingespeiste Signale lassen sich fast bis zur Unkenntlichkeit deformieren. Moderat eingesetzt und beide Sektionen seriell in Reihe geschaltet, liefert der Dual Phaser den fettesten Modulationssound im Plug-in-Quintett. Im Vergleich zu beiden Hardware-Emulationen besticht der Vintage Phaser hingegen mit einem eher schlanken Klang, der zumeist die oberen Mitten und Höhen betont, perfekt für ein zartes Andicken von Signalen. In Stellung Mode I liefert das Plug-in dabei die luftigsten Klänge. Das Mode II Preset klingt ähnlich, fügt dem Sound aber deutlich hörbare Bassanteile hinzu, die jedoch nicht ganz so wohlig-weich klingen wie die Hardware-Emulationen. Der Vintage Flanger liefert den typisch hohlen und fauchenden Sound, der ebenfalls durchweg analog klingt, aber ebenfalls nicht in gleichem Maße voluminös wie das Dual Phaser und Max 100 Plug-in klingen. Die drei wählbaren Type-Presets offerieren leichte Varianten im Frequenzspektrum, die mal bassbetont, mal eher höhenreich klingen. Den allseits berüchtigten und vordergründigen Jet-Flanger-Sound kann das Plug-in allerdings nur in Ansätzen liefern. Das äußerst prominente Flanger-Fauchen das etwa typisch für den Gitarren-Sound von The Cure ist, klingt im Vintage Flanger für unseren Geschmack ein wenig zu zurückhaltend. Insgesamt ist der Vintage Flanger damit ein eher zurückhaltender Zeitgenosse. Das Vintage Wah Plug-in kann allerdings beides: zurückhaltend und vordergründig-brachial klingen. Highlight sind die einstellbaren Frequenzbereiche mit denen sich gezielt je nach eingespeistem Programmmaterial auf den Klang einwirken lässt. Matschige und verwaschene Sounds, die leicht bei den breitbandig ausgelegten Hardware-Pendants auftreten können, sind im Wah Plug-in kein Thema. Sehr schön sind auch die beiden Fader zum Eingrenzen der Sweep-Breite mit der wir im Test den Wah-Effekt fein dosieren können. Einzig den Zerr-Sound der einblendbaren Overdrive-Funktion finden wir ein wenig zu harsch, dünn und bissig.  Das Vintage Stomp Pack enthält fünf Bodeneffekt-Emulationen, die mit herrlich analogem Sound aufwarten, sich durch hervorragend musikalische Klangeigenschaften auszeichnen und eindrucksvoll demonstrieren, wie amtlicher Effektsound zu klingen hat. Steinberg und Yamaha sollten sich überlegen, weitere Bodeneffekte in VCM-Technik herauszubringen.

Fazit

Steinberg holt die bislang ausschließlich für Yamahas Digitalpulte vorbehaltenen Vintage-Effekte aus dem Dornröschen-Schlaf, die sich fortan auch auf DAW-Ebene eindrucksvoll in Szene setzen werden. Sämtlichen Plug-ins wohnt ein wunderbar herrlicher Analog-Grundsound inne, die eingespeiste Signale nachhaltig verschönern, Yamahas VCM-Technik sei Dank. Highlight ist ohne Zweifel das exzellent klingende Vintage Open Deck, das der DAW auf beeindruckende Weise die Weihen analogen Bandmaschinen-Klangs verleiht. Die beiden Bundles punkten durch Effekte, die zwar sattsam bekannt sind, aber durch ihre teils völlig eigenständigen Klangeigenschaften einen markant klingenden und nachhaltig wirkenden Markstein in der DAW setzen. Anders als noch beim RND Portico-Bundle, fällt das Preis-Leistungs-Verhältnis für sämtliche Produkte dieses Mal sehr gut aus. Die Mitbewerber können sich jedenfalls warm anziehen.

Erschienen in Ausgabe 01/2012

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 199 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut