Britisches Präzisionswerkzeug
Der britische Hersteller PMC steht seit jeher für Studiomonitore der allerhöchsten Qualitätsklasse. Mit der neuen twotwo-Serie präsentiert PMC drei neue digital kontrollierte Aktivmonitore, die im Nahfeldbereich Maßstäbe setzen wollen. Wir hatten das größte und das kleinste Modell zum Test.
Von Igl Schönwitz
PMC – das Kürzel steht selbstbewusst für „Professional Monitor Company“ – wurde 1991 von Adrian Loader und dem BBC-Toningenieur Peter Thomas gegründet. Bereits das erste Produkt, der aktive Main Monitor BB5A sorgte für Furore und wurde zur Referenz bei Metropolis Mastering, in Stevie Wonder‘s Wonderland Studio, bei Prince wie auch bei den Klassiklabels Decca und Harmonia Mundi.
Die internationale Reputation wuchs seither ständig, allerdings wurde der Hersteller stets mit großvolumigen Hauptmonitoren assoziiert, die sich zudem in der Regel im deutlich fünfstelligen Preisbereich (Stückpreis) bewegen. In den letzten Jahren gab es darüber hinaus keinen deutschen Vertrieb für PMC Speaker.
Doch die Dinge ändern sich: Mit Stefan Mayer vom For-Tune-Vertrieb hat sich ein ausgewiesener Pro Audio Spezialist der PMC-Produktfamilie angenommen. Gleichzeitig bringt die Company mit der neuen twotwo-Serie drei vergleichsweise kompakte Monitore der auf den Markt. Grund genug, einmal ausführlich nachzuhören, was die Lautsprecher mit den noblen Genen zu bieten haben.
Advanced Transmissionline
PMC baut seit jeher ausschließlich Transmissionline-Lautsprecher, und auch die twotwo-Serie macht dabei keine Ausnahme. Unter einer Transmissionline (TLM) versteht man ein Gehäuseprinzip, das, ähnlich wie eine Bassreflexbox, auch den rückwärtig abgestrahlten Schall des Basslautsprechers nutzt. Allerdings funktioniert eine Transmissionline physikalisch deutlich anders als ein Bassreflex. Das Prinzip nutzt eine Röhre mit ¼ der Wellenlänge der tiefsten abzustrahlenden Frequenz und erzeugt dort eine stehende Welle. In der Praxis wird die Röhre bei PMC über eine Art gefaltetes Horn innerhalb der Box erreicht – wobei eine Transmissionline auch kein Hornlautsprecher ist. Im Ergebnis entsteht wesentlich weniger Luftzug als an einer Bassreflexöffnung, trotzdem wird der Frequenzgang nach unten hin erweitert.
Transmissionline-Lautsprecher sind ungleich komplizierter abzustimmen als ein herkömmlicher Bassreflex, daher gibt es nur wenige Hersteller, die auf diese Technologie setzen. Da PMC jedoch seit jeher konsequent mit TLM arbeitet, kann man wohl davon ausgehen, dass der Hersteller die Technologie im Griff hat. Die neuen twotwo-Speaker jedenfalls tragen stolz den Schriftzug „ATL“ für „Advanced Transmissionline“. Laut PMC ist der wesentliche Vorteil dieser Bauweise, dass der Bassbereich nach unten hin erweitert wird und dabei auch bei niedrigen Abhörlautstärken stabil bleibt – wir sind gespannt.
PMC twotwo Monitore
Die twotwo-Serie besteht aus drei Zwei-Wege Modellen die sich nur durch die Größe des Gehäuses und des Basslautsprechers unterscheiden.
Der mittig angeordnete Basslautsprecher misst bei der twotwo5 5,5, bei der twotwo6 6,5 Zoll und bei der twotwo8 8 Zoll. Alle Modelle der Serie teilen sich den 27 mm Soft-Dome-Kalottenhochtöner, der mit einem Lochgitter versehen ist, das auch die horizontale Abstrahlung verbessern soll.
Steht der Lautsprecher aufrecht, so befindet sich ober- und unterhalb der Tieftöners ein farblich abgesetzter Bereich, der aus der Ferne identisch aussieht. Von nahem betrachtet ändert sich das freilich: Der untere Bereich ist ein schwarzes Schutzgitter mit dahinter erkennbarer Bedämpfung – der Ausgang der Transmissionline. Oberhalb des Basstreibers befindet sich eine schwarze gummierte Fläche gleichen Formats, an deren Seite der Hochtöner sitzt. An der anderen Seite dieser Fläche ist das PMC-Logo angebracht, das bei Betrieb weiß leuchtet. Greift die Schutzschaltung der integrierten Digitalelektronik, warnt das Logo mit roter Beleuchtung.
Die Besonderheit der Gehäusekonstruktion ist, dass die twotwo-Lautsprecher sowohl aufrecht stehend wie auch liegend betrieben werden können und stets das gleiche Stereobild liefern. Ins Gehäuse integrierte flache Gummifüße an allen Seitenwänden unterstreichen diese Möglichkeit. Das ist natürlich eine sehr praxisnahe Auslegung, denn so lassen sich die Lautsprecher flexibel in unterschiedliche Studioumgebungen integrieren. Laut Hersteller sollen alle drei twotwo-Modelle identische Klangeigenschaften haben und sich nur im Schalldruck und in der unteren Grenzfrequenz unterscheiden. Unsere Frequenzgangsmessungen bestätigen dies weitgehend, ob das auch in der Praxis so ist, lesen Sie weiter unten im Hörtest.
Die Gehäuse der Lautsprecher sind aus MDF gefertigt und mit einer bläulichen Lackschicht überzogen, die einen unzerstörbaren Eindruck macht. An den Seitenwänden ist das PMC-Logo eingraviert. Insgesamt strahlen die twotwo-Lautsprecher eher den Charme von seriösen Arbeitsgeräten als von Edelspeakern aus, was aber sicherlich auch die beabsichtigte Intention ist.
Die Technik
Die verwendeten Lautsprecherchassis sind Eigenentwicklungen von PMC. Die Gesamtabstimmung der Monitore wurde in enger Zusammenarbeit mit dem britischen National Physical Laboratory unter Verwendung moderner Lasermessmethoden realisiert.
Die rückseitig angebrachte Elektronik der twotwo-Lautsprecher ist bei allen drei Modellen gleich und lässt kaum Wünsche offen: Auf analoger Seite gibt sowohl symmetrische (XLR) wie auch unsymmetrische (Cinch) Eingänge, darüber hinaus aber auch einen AES/EBU Digitaleingang, der Signale mit Sample Rates von 32 bis 192 kHz und bis zu 24 Bit akzeptiert. Hier ist man also für alle Studioumgebungen bestens gerüstet.
Zusätzlich gibt es auch noch je eine LAN-Ein- und Ausgangsbuchse: Hier kann das Signal des nicht von der Box verwendeten Kanals des AES-Inputs an die zweite Box durchgeschliffen werden, gleichzeitig lassen sich DSP-Settings der Lautsprecher synchronisieren. Optional lässt sich zudem eine Fernbedienung, mit der sich die DSP-Funktionen komfortabel vom Hörplatz aus justieren lassen, anschließen.
Komplettiert wird die Rückseite von der unvermeidlichen Kaltgerätebuchse für das Netzkabel nebst Powerschalter sowie von einem zweizeiligen LCD-Display, das von vier Navigationstasten flankiert wird, mit denen die DSP-Einstellungen vorgenommen werden. Last but not least finden sich vier Gewinde zur Aufnahme einer optionalen Wandhalterung, beispielsweise zur Installation in Ü-Wagen.
Alle twotwo-Modelle besitzen zwei Digitalendstufen für Hoch- und Tieftöner, die 50 bzw. 150 Watt leisten. Als Frequenzweiche fungiert der erwähnte DSP, den wir gleich noch detailliert betrachten:
Der DSP
Der DSP der twotwo-Monitore verarbeitet ankommende Analogsignale mit einer SampleRate von 96 kHz und 24 Bit Wortbreite. Der Digitaleingang verfügt über eine Realtime-Samplerate-Conversion.
Wie mir ein PMC-Techniker mitteilte, legt der Hersteller gesteigerten Wert darauf, dass der DSP wirklich nur als Frequenzweiche fungiert. Alle weiteren Eigenschaften der Lautsprecher resultieren nur aus der Qualität der verwendeten Komponenten und der Konstruktion, jedoch nicht aus etwaigen „Tunings“ via DSP. Im Ergebnis ist das natürlich positiv und wünschenswert, denn nur ein Lautsprecher, der das tut was er auch mechanisch/physikalisch kann, arbeitet verzerrungsarm und akkurat.
Für den Benutzer bietet der DSP jedoch einige Funktionen, um die Monitore an die eigene Studioumgebung anzupassen, namentlich Volume, Trim, Eingangsanwahl und Raumkorrektur (Details im Steckbrief).
Praxis und Hörtes
In unseren Amazing Sound Studios nutzen wir SE-MF1 Mastering Monitore des Schweizer Herstellers Strauss Elektroakustik, die unter anderem auch in den Sony Mastering Studios Tokyo zum Einsatz kommen. Es handelt sich um einen ca. 18.000 Euro pro Paar teuren passiven Zweiwege-Midfieldmonitor mit einem Mittelhochtonhorn, der vor allem überragende Räumlichkeit und Feindynamik bietet. Da der vergleichsweise große Lautsprecher direkt hinter der Konsole steht, ist kaum Platz für ein weiteres Boxenpaar – und laut Hersteller Jürgen Strauss ist das auch unnötig, hat man einen Lautsprecher der, wie der SE-MF1, wirklich funktioniert.
Dahingehend „verwöhnt“ bin ich grundsätzlich eher skeptisch gegenüber aktiven oder gar digitalen Monitorsystemen, da sie nach aller Erfahrung in puncto Feindynamik und Räumlichkeit nur selten an unsere Referenz heranreichen. Ich begann meinen Test bewusst mit der kleinsten PMC-Box, der twotwo5. Mit ca. 30 cm Höhe und nur 15 cm Breite ist das ein wirklich kleiner Monitor, wenngleich das Gehäuse vergleichsweise tief ist. Jedenfalls ließ sich die Box problemlos auf der Meterbridge unserer Konsole platzieren, ohne die Schallabstrahlung der Strauss-Monitore zu sehr zu behindern – ein erster Pluspunkt.
Eine kleine Schrecksekunde bereitete dann allerdings der Blick auf die vom Vertrieb mitgeschickte Preisliste: Stramme 4.664 Euro soll ein Paar dieser Winzlinge kosten. Nun ja, ich wollte mich erstmal überraschen lassen, bevor ich ein Urteil fällte. Und diese Überraschung gelang gründlich:
Ich hörte zunächst einige der Titel, die ich üblicherweise benutze, um mich auf ein System einzuhören, über die bekannten SE-MF1. Dann schaltete ich auf die kleinen PMC um. Mir fiel buchstäblich die Kinnlade herunter. Die Darstellung des kompletten Frequenzbereiches war sehr ähnlich zur akribisch eingemessenen Strauss. Im Lowmidbereich war es etwas zu viel des Guten, was aber offenkundig an der Aufstellung auf der Meterbridge lag. Soundcare Superspikes als Füße zur Entkopplung und ein leichter Lowshelf von -1,5dB im DSP der twotwo5 behoben das Problem.
Was bleibt ist ein wirklich, und ich meine wirklich beeindruckender Nahfeldmonitor. Frequenzdarstellung, Transientenwiedergabe, Stereobild, Phantommitte, räumliche Tiefe: Hier stimmt einfach alles. Die Basswiedergabe ist selbst bei der Fünf-Zoll-Box so akkurat und tiefreichend, dass man kaum glauben möchte, dass der DSP hier nicht nachhilft. Und das tatsächlich wie vom Hersteller versprochen unabhängig vom Abhörpegel. Der Unterschied zum Strauss-Monitor? Die Referenz hat noch mehr räumliche Tiefe, einen tiefreichenderen Bass (logisch, bei der ca. 6-fachen Größe und einem 11“-Basslautsprecher) und eine hörbar bessere Feindynamik. Gerade in dieser Disziplin ist ein passives Hornsystem aber schlicht unschlagbar, und man sollte auch die Preisdifferenz im Auge behalten.
Ich konnte drei Mixes mit der twotwo5 machen und muss gestehen, ich habe mich ein wenig verliebt: Es ist ein leichtes, mit diesem Lautsprecher einen Mix zu entwickeln, Entscheidungen gelingen mühelos und sicher, dabei ist der Monitor niemals anstrengend, zumal man auch bei wirklich leisen Abhörlautstärken noch in der Lage ist, das ganze Frequenzspektrum bis in tiefere Bassregionen zu beurteilen. Die twotwo5 entpuppt sich tatsächlich als eine willkommene Nahfeldergänzung zum Strauss-Monitor, die ich nur ungern zurückschicken werde.
Die twotwo8 zeigt – wie vom Hersteller versprochen – ein sehr ähnliches Verhalten wie die kleinere Box. Lediglich die untere Grenzfrequenz ist niedriger und der Schalldruck ist höher, was den Lautsprecher auch als Hauptmonitor für größere Regien prädestiniert. Mit einem Paarpreis von 9.150 Euro liegt sie etwas unterhalb einer ATC SCM 25 ASL pro, die zwar drei Wege, aber keine Digitaleingänge und keine Raumkorrekturfunktionen bietet. Klanglich kann die twotwo8 sicherlich mithalten, die Unterschiede sind in dieser Liga wohl ein Stück weit Geschmackssache.
Fazit
Die twotwo-Monitore erweisen sich als seriöse, durchdachte Arbeitstiere, die in Klang, Handling und Praktikabilität Maßstäbe setzen. Insbesondere die Ermüdungsfreiheit und die unabhängig vom Abhörpegel tiefreichende und akkurate Basswiedergabe beeindrucken nachdrücklich. Diese Qualität hat sicherlich ihren Preis, der sich jedoch deutlich relativiert, wenn man bedenkt, dass man hier ein zuverlässiges Werkzeug erwirbt, auf das man jahrelang zählen kann. Schlussendlich spart solch ein Monitor dem Profi bares Geld, weil er schneller zu funktionierenden Ergebnissen kommt.
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