Weg mit dem Grauschleier

Mit dem ARC System präsentiert IK Multimedia erstmals eine Raumkorrektur-Software, die für vergleichsweise wenig Geld Musikschaffenden eine professionelle Abhörumgebung bieten soll. Ist damit das Ende der traditionellen Schalloptimierung von Räumen eingeläutet? In einem Exklusiv-Test geht Professional audio Magazin der Frage auf den Grund. 

Von Georg Berger

Auf die Frage, welches Equipment Musikschaffende zur Produktion von Musik einsetzen, präsentieren viele von ihnen meist voller Stolz eine beeindruckende Liste mit hochwertigem Equipment auf. Bei der Frage, welche Maßnahmen sie denn zur Schalloptimierung des Abhörraums vorgenommen haben, werden nicht wenige deutlich kleinlauter. Entweder haben sie in dieser Hinsicht fast überhaupt nichts unternommen oder sich bestenfalls für eine eher amateurhafte und wenig sachgemäße Lösung entschieden. Kein Wunder, denn eine wirklich professionelle Raumoptimierung mit Absorber-Elementen und eine akustische Vermessung des Raumes verschlingen sehr schnell beachtliche Summen. Jenseits der hohen Schule der Raumoptimierung buhlen alternative Konzepte um die Gunst des Kunden in Sachen optimaler Abhörbedingungen. Das in Heft 10 vorgestellte und vorzüglich arbeitende 19-Zoll-Mehrkanal-Hardware-System von Trinnov kostet allerdings knapp 12.000 Euro. Preislich attraktiver erscheinen selbsteinmessende Monitorsysteme wie etwa das JBL LSR4328P System (Test in Heft 5/2006), das sich mittels Messmikrofon auf die akustischen Gegebenheiten des Raumes kalibrieren lässt. Wer jedoch schon qualitativ hochwertige Monitore besitzt und seine Abhörbedingungen weiter verbessern will, erhält jetzt mit dem Advanced Room Correction System, kurz ARC System, von IK Multimedia eine preislich attraktive Alternative geboten. Für knapp 700 Euro – Besitzer von anderen IK Multimedia-Produkten zahlen für ein Crossgrade cirka 500 Euro – soll das Paket aus zwei Software-Produkten plus Messmikrofon sowohl bereits schalloptimierte, aber vor allem in nicht optimierten Räumen den Lautsprecherklang deutlich verbessern…

Das ARC System eignet sich allerdings lediglich für Anwender, die ihre Produktionen am Computer realisieren: Das System funktioniert nur in Form eines VST-, AU- oder RTAS-Plug-ins im Verbund mit einem Sequenzer.   Wie schon bei anderen IK Multimedia-Produkten ist der italienische Software-Hersteller auch in Sachen ARC System eine Kollaboration mit einem Partner-Unternehmen eingegangen. Dieses Mal nutzt das in Modena ansässige Unternehmen die Lizenz der sogenannten MultEQ-Technik des amerikanischen Herstellers Audyssey (siehe Kasten auf Seite 82). Die dabei verwendeten Algorithmen wurden durch mehrjährige Forschung an der Universität von Kalifornien entwickelt. Audyssey und IK Multimedia versprechen, dass Verzerrungen und akustische Probleme im Abhörraum äußerst erfolgreich kompensiert werden. Dabei sei es gleichgültig, ob die Probleme vom Abhörraum oder durch die Monitore hervorgerufen werden. Das versprechen andere Systeme jedoch auch; aber beim ARC System allerdings soll sich der sogenannte Sweet Spot nicht mehr nur auf einen kleinen Punkt im Raum konzentrieren, sondern auf Wunsch erheblich größer ausfallen. Ferner sei es sogar machbar, mehrere Sweet Spots in einem Raum zu erzeugen. Ermöglichen soll dies eine äußerst raffinierte Messmethode in Verbindung mit einer sehr peniblen Amplitudenkorrektur des Lautsprechersignals. Außerdem greift das System – und das können herkömmliche Einmess-System (Ausnahme Trinnov) nicht – unmittelbar in den Zeitbereich ein. Folge: Raumreflektionen treten zurück und akustische Phänomene, wie Frequenzüberlagerungen und -auslöschungen, sowie stehende Wellen im Bassbereich, sollen sich reduzieren. Verantwortlich dafür zeichnen die sogenannten MultEQ-Filter im ARC-Plug-in. Diese arbeiten mit komplexen Algorithmen, die in mehreren Teilprozessen zum Ziel führen sollen (siehe Kasten). Der Umgang mit dem ARC System ist in wenigen Sätzen umrissen: Eine Stand-alone-Mess-Software schickt Testtöne über ein Audio-Interface an die Monitore. Die Töne wiederum werden vom Messmikrofon eingefangen und in der Software analysiert. Als erstes Zwischenergebnis werden die Analysen der Aufnahmen in einer Datei gespeichert. Diese errechnet (siehe Kasten) die komplexen Korrektursignale, die in einem VST-Plug-in abgespeichert werden. Das Plug-in findet dann als Insert-Effekt auf dem Master-Stereo-Bus des Sequenzers seine Bestimmung. Das Plug-in manipuliert jetzt die Stereosumme und kompensiert so die akustischen Charakteristika des Abhörraums und der Monitore.  Die gleichzeitige Installation der Stand-alone-Software und des Plug-ins ist in Windeseile erledigt. Bemerkenswert ist das im Lieferumfang enthaltene Messmikrofon. Die Kapsel mit den markanten Schlitzen in der Abdeckkappe erinnert eindeutig an Produkte aus dem Hause DPA. Der Aufkleber am Fuß des Mikrofons gibt jedoch Auskunft, dass es in China gefertigt wurde. Ausgelegt ist es als Kleinmembran-Kondensatormikrofon mit Kugelcharakteristik. Der Frequenzgang reicht von 16 Hertz bis 20 Kilohertz. Zusätzlicher Vorteil: Außer für seinen ursprünglichen Einsatzzweck kann man es, wie Untersuchungen im Testlabor von Professional audio Magazin zeigen, auch sehr gut als Aufnahmemikrofon einsetzen. Mit einer beachtlich guten Empfindlichkeit von 40 mV/PA und einem exzellenten Geräuschpegelabstand von 80,8 dBu ist es für diese Aufgaben bestens gerüstet. Das ARC System erhält dadurch einen zusätzlichen Mehrwert für alle, die bisher noch kein Kugelmikrofon in ihrem Gerätepark haben. Überdies haben die Entwickler von IK Multimedia die Mess-Software gezielt auf die Spezifikationen des Mikrofons angepasst und abgestimmt. Der Einsatz anderer Mikrofone würde zwangsläufig zu falschen Ergebnissen führen. 

Um das ARC System ans Laufen zu bringen, ist als erstes der Aufruf der Stand-alone-Mess-Software erforderlich. Doch davor sind noch einige Vorarbeiten zu erledigen. Zunächst ist das Messmikrofon mit einem Audio-Interface oder einem Wandler mit angeschlossenem Vorverstärker zu verbinden. Wichtig: Das verwendete Wandler-Equipment muss einen möglichst neutralen Klang besitzen. Färbende Röhren-Preamps oder -Simulationen würden die Messungen verfälschen. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass das Direct Monitoring am Wandler deaktiviert ist, da die Software die Testtöne ansonsten doppelt messen würde. Last not least muss nur noch eine Samplingfrequenz von 48 Kilohertz eingestellt werden. Damit das ARC System verwertbare Ergebnisse erhält, muss das Mikrofon in Ohrhöhe senkrecht am besten an einem Mikrofonständer mit ganz ausgefahrenem Galgen befestigt werden, um eventuelle Verfälschungen durch Reflektionen am Ständer zu minimieren. Allerdings ist die im Lieferumfang enthaltene Mikroklemme von schlechter Qualität. Sie verkraftet das Gewicht des Mikrofons nicht. Wer zusätzlich zu seinem Monitorpärchen einen Subwoofer betreibt, muss in den meisten Fällen das Wandlersignal zuerst durch den Woofer schicken, der seinerseits die beiden Satelliten speist.  

Die Mess-Software führt den Anwender mit Hilfe eines fünfstufigen Programm-Wizards sicher und bequem durch den kompletten Mess-Vorgang und begleitet ihn beim Setup seines Aufnahmesystems. Nachdem das Routing des Wandlers mit der Software vorgenommen ist, geht es ans Einpegeln des Mikrofons. Dabei sollte jedoch behutsam vorgegangen werden, indem am Monitorsystem die Lautstärke zunächst auf Null gesetzt und danach sachte bis auf die normale Abhörlautstärke erhöht wird. Denn die Testtöne, die aus kurzen, impulsartigen Sweeps von tiefen zu hohen Frequenzen bestehen, könnten nicht nur den Ohren des Anwenders einen ordentlichen Schock versetzen, sondern vor allem den Hochtöner überfordern. Um ein verwertbares Ergebnis zu erhalten, müssen mindestens zwölf, maximal 32 Messvorgänge durchgeführt werden. Die erste Messung definiert dabei den zentralen Ausgangspunkt und Sweet Spot, um den herum sich die übrigen Messpunkte gruppieren sollen. Zusätzliche Messungen sollten anschließend an einer geraden Linie ausgehend vom Sweet Spot wechselweise immer nach links und rechts erfolgen. Das informative Handbuch – wiederum nur in Englisch – gibt Vorschläge, wie die Messpunkte zu wählen sind. Pro Messvorgang werden übrigens jeweils zehn Impulse einmal in den linken und den rechten Monitor geschickt.  

Im Test erstellen wir unterschiedliche Analysen mit jeweils 15 Abgriffpunkten im Abhörraum von Professional audio Magazin. Als Abhörsysteme dienen die Monitore ADAM S3A und Mackie HR624 MK2. Es entstehen nach und nach sowohl Raumanalysen mit nur einem fest definierten Sweet Spot-Bereich um den Regie-Arbeitsplatz (Radius etwa ein Meter), als auch zwei unterschiedliche Sweet Spot-Felder, einmal um den Regie-Arbeitsplatz und in einer Entfernung von cirka drei Metern dahinter. Bei der ersten Analyse gehen wir noch extrem pingelig und akribisch vor, indem wir mit Hilfe eines Lots den zentralen Messpunkt am Fußboden markieren und anschließend einen Faden darüber legen, der als Trennlinie zur Aufteilung der beiden Monitorseiten dient. Die nachfolgenden Messpunkte markieren wir ebenfalls am Fußboden und messen die Abstände penibel mit einem Zollstock nach. Doch zeigt sich diese Methode im weiteren Verlauf als übervorsichtig. Denn das ARC System verhält sich durch die Vielzahl an Messungen sehr tolerant gegenüber kleinen Ungenauigkeiten bei der Positionierung des Messmikrofons. Das gestaltet den Umgang mit dem ARC System leicht und komfortabel. Wir benötigen für die 15 Messungen pro Analysevorgang cirka eine halbe Stunde. Nach Abschluss des Vorgangs produziert die Mess-Software eine Analyse-Datei, die schließlich mit einem sprechenden Namen abgespeichert wird. In Cubase 4 binden wir anschließend das Plug-in auf den letzten Insert-Platz des Masterkanals ein. Dieses ARC-Plug-in besitzt außer zwei Drop-down-Menüs, dem großen Aktivierungs-Button, einem Trim-Regler zum Regulieren der Lautstärke und einem Peak-Meter keine weiteren Bedienelemente. Mehr ist auch nicht nötig. Aus dem ersten Drop-down-Menü wählen wir für den verwendeten Monitor die entsprechenden Analysen aus. Im zweiten Menü gestattet das Plug-in die Auswahl aus vier Zielkurven, an die die analysierten Ergebnisse angepasst werden sollen. Außer einem linearen Verlauf gibt es noch Varianten mit Höhenabsenkung bei cirka 15 Kilohertz und einer Mittenabsenkung bei zwei Kilohertz, die auch kombiniert vorliegen. Pro Kanal zeigt das Plug-in ein Diagramm mit einer übersichtlichen Darstellung der Frequenzgänge von Analyse, Zielkurve und resultierendem Frequenzverlauf.  Auf Nachfrage bei IK Multimedia ist zu erfahren, dass das Repertoire an Zielkurven demnächst erweitert werden soll. Eine Mehrkanal-Variante des ARC Systems ist ebenfalls in Vorbereitung.  

Vor dem intensiven Hörtest messen wir die Frequenzgänge beider Monitore einmal mit und das andere Mal ohne aktiviertes ARC System per Neutrik Frequenzgangschreiber. Ein Vergleich der beiden Frequenzgangkurven zeigt: Bei der ADAM S3A sind die Unterschiede nur marginal. Der Verlauf der Kurve ist mit aktiviertem ARC System fast identisch zum Original und lediglich in der Lautstärke minimal abgesenkt. Offensichtlicher zeigen sich die Unterschiede bei den Mackie-Monitoren. Bei aktiviertem ARC System ist die Kurve im Vergleich zu der des Originals im Bereich zwischen 20 bis 50 Hertz merkbar abgesenkt. Der weitere Kurvenverlauf ist im Vergleich zum unkorrigierten Betrieb deutlich homogener, also nivelliert. Doch alles in allem fallen die Unterschiede der Monitormessungen im Abhörraum von Professional audio Magazin nicht sonderlich groß aus. Doch beweist wieder einmal, wie gut der Raum seinerzeit von Thomas Fast mit seinen Absorbern optimiert wurde. Im Hörtest kann das IK Multimedia-Produkt dennoch einige Trümpfe ausspielen. Trotz der minimalen Unterschiede bei den gemessenen Frequenzgängen gibt es mehr oder weniger deutlich vernehmbaren Unterschieden im Klang. Beim Abhören verschiedener Sequenzer-Arrangements ist bei beiden Monitoren vor allem ein etwas zurückgenommener Bass- und unterer Mittenanteil zu hören, der dem E-Bass und der Bass-Drum mehr Kompaktheit und Körper verleiht. Gleichzeitig erhöht sich die Transparenz des gesamten Mixes und auch die Ortung einzelner Instrumente im Panorama ist besser auszumachen. Hier hat das ARC System offensichtlich kleinere und größere Schwächen der Lautsprecher selbst korrigiert. Im Test fällt das ARC-Plug-in auch dadurch positiv auf, da es die CPU-Ressourcen des Computers nur sehr gering in Anspruch nimmt. Latenzen beim Ein- und Ausschalten des Plug-ins treten nicht auf. Die Entwickler von Audyssey und IK Multimedia haben da einen exzellenten Job gemacht. Die Nutzung der mitten- und höhenreduzierten Zielkurven ergibt ein fast unverändertes Hörresultat im Vergleich zur linearen Variante. Absenkungen in diesen Bereichen sind nur durch sehr konzentriertes Hören auszumachen und  hätten ruhig etwas kräftiger ausfallen können. Doch wir vertrauen auf den Support von IK Multimedia und die angekündigten zusätzlichen Zielkurven.

Wichtig: Nach Abschluss des Mischvorgangs und vor dem Rendern des Mixdowns muss das ARC-Plug-in logischerweise wieder aus der Mastersumme entfernt werden, da ansonsten die Frequenzkorrekturen des Plug-ins den Mix wieder verfälschen würden.   Der Hörtest mit den Analyse-Daten für die beiden Sweet Spots ergibt ein ähnliches Bild. Das ARC-Plug-in zeigt einen merkbaren Anstieg des Frequenzgangs im Bassbereich. Doch im Vergleich zu den Ein-Spot-Dateien sind nur geringe Unterschiede zu hören. Hier wie dort ist das Bass- und Mittenspektrum reduziert, Transparenz und Ortung verbessern sich. Nun wollen wir wissen, ob sich der Klang auch in den nicht vermessenen Bereichen des Studios verbessert hat. Deshalb gehen wir während des Tests auf Wanderschaft und lauschen an unterschiedlichen, sonst kaum ernsthaft benutzten Positionen des Raums. Das Ergebnis ist bemerkenswert: Wir erhalten an jeder Position im Abhörraum ein homogenes Klangbild. Das gleiche Ergebnis erzielen wir allerdings mit den Ein-Sweet-Spot-Daten. Das lässt den Schluss zu, die Mess-Software analysiere ungeachtet von der Anzahl der Messfelder den kompletten Raum – zumindest trifft dies auf unser Studio zu. Gegenprobe mit der Mackie: Bei deaktiviertem ARC-Plug-in sind wieder Frequenzverschiebungen zu hören, wenn wir einmal direkt in Abstrahlrichtung der Box stehen und das andere Mal außerhalb davon. Das ARC-Plug-in hat also erfolgreich kompensiert.  Doch wir geben uns mit diesen Ergebnissen noch nicht zufrieden und stellen das ARC System auf eine weitere Probe. Dazu verfrachten wir die Mackie-Monitore in einen nicht optimierten, akustisch sehr problematischen Raum innerhalb der Redaktion, missachten außerdem sträflicherweise die sachgemäße Ausrichtung der Boxen und nehmen weitere ARC-Analysen vor. Die anschließende Messung der Monitor-Frequenzgänge mit und ohne aktiviertem ARC-Plug-in liefern deutliche, ja drastische Unterschiede. Die Frequenzgang-Kurve des reinen Monitorsignals zeigt eindeutig die Resonanzen des Raums. Ab cirka 60 Hertz fällt die Kurve bis knapp 110 Hertz ab, um dann dramatisch im nachfolgenden Mittenspektrum anzusteigen. Bei zwei Kilohertz zeigt die Kurve außerdem eine markante Delle. Dieselbe Messung des Monitors mit aktiviertem ARC-Plug-in zeigt hingegen einen fast linearen Kurvenverlauf. Das ARC System hat den Berg- und Tal-Verlauf erfolgreich nivelliert. Beim anschließenden Hörvergleich zeigen sich die klanglichen Unterschiede drastisch. Obwohl beide Lautsprecher nicht angewinkelt aufgestellt sind, um einen korrekten Sweet Spot zu garantieren, hören wir wieder ein klares, transparentes und definiertes Klangbild – wie zuvor im Abhörraum. Selbst die Ortung der Instrumente im Panorama ist trotz der miserablen Bedingungen sehr gut auszumachen. Ohne ARC klingt es dumpf, mulmig und es dröhnt. Mit aktiviertem ARC-Plug-in entsteht der Eindruck, als ob eine Wand schallschluckender Materialien vor den Lautsprechern weg geschoben wird.  Im gesamten Verlauf der Tests ist es uns trotz aller Gemeinheiten nicht gelungen, Punkte zu finden, der Anlass zu konkreter Kritik an der Arbeitsweise des ARC Systems gibt. Deshalb fordern wir in einem letzten Test das ARC System schließlich noch einmal in extremer Weise heraus: Dazu stellen wir einen Monitor auf einen Tisch und den anderen Monitor weit entfernt auf den Boden. Den Sweet Spot messen wir überdies in der Nähe des Monitors, der auf dem Tisch steht. Nach Abschluss der Messungen zeigt das ARC-Plug-in konsequenterweise extrem unterschiedliche Frequenzgänge für beide Monitorhälften. Im Hörtest kann sich IK Multimedias Raumkorrekturlösung auch in dieser, zugegeben höchst unfairen, Abhörsituation souverän behaupten. Obwohl der am Boden stehende Monitor weit entfernt vom gemessenen Sweet Spot steht, hat es die Software geschafft, die räumlichen Bedingungen erfolgreich zu korrigieren.  

Wer oder was ist Audyssey?
Die in IK Multimedias ARC System verwendete und lizensierte Technik stammt vom amerikanischen Unternehmen Audyssey, das 2002 von Doktor Sunil Bharitkar, Philip Hilmes, Professor Tomlinson Holman und Professor Chris Kyriakakis gegründet wurde. Alle vier Gründungsmitglieder arbeiteten zuvor im sogenannten Immersive Audio Laboratory, das ein Teil-Institut des Integrated Media Systems Center (IMSC) an der Universität von Südkalifornien in Los Angeles ist. Das IMSC selbst wurde dort 1996 von der US-amerikanischen National Science Foundation gegründet. Als Ziele nennt das Institut auf seiner Homepage die Entwicklung von Hard- und Software zur Erzeugung virtueller Realitäten, die schließlich der Verbesserung von Kommunikations- und Interaktionsmöglichkeiten dienen sollen. Die Aufgaben und Forschungsgebiete der Audyssey-Firmengründer bestanden teilweise in interdisziplinären Untersuchungen zur Audio-Signalverarbeitung, Akustik und Psychoakustik. Zentrales Forschungsobjekt waren dabei die auftretenden akustischen Probleme und Phänomene bei der Schallabgabe von Lautsprechern in geschlossenen Räumen. Die Ergebnisse dieser Forschungen, die fünf Jahre in Anspruch nahmen und in dieser Zeit, laut Aussage von Audyssey, einen Forschungs-Etat von über sechs Millionen US-Dollar verschlangen, sind schließlich in die sogenannte MultEQ-Technik eingeflossen. Neben eigenen Produkten, wie etwa den Sound Equalizer, wird die MultEQ-Technik auch in Consumer-Hifi-Geräten von Herstellern wie unter anderem Denon, Onkyo, Marantz oder NAD eingesetzt. 

Das Konzept der MultEQ-Technik
Das von Audyssey entwickelte MultEQ-Verfahren, das an dieser Stelle nur grob umrissen werden kann, besteht aus einer Reihe äußerst komplexer Berechnungen. Beim Vermessen der Raumakustik mittels Messmikrofon an unterschiedlichen Stellen im Raum werden zunächst mehrere Messkurven erstellt, die Analysen sowohl im Zeit- wie auch im Frequenzbereich (Amplituden-Korrektur) beinhalten. Auf Basis von Algorithmen zur Mustererkennung, die auch von der sogenannten Fuzzy Logik Gebrauch macht, werden danach Messkurven mit ähnlichem Verlauf zu kleinen Gruppen zusammengefasst. Aus diesen Teilgruppen, die aus drei bis fünf Kurven bestehen können, wird anschließend je eine neue resultierende Gesamtkurve als erstes Zwischenergebnis errechnet. Im nächsten Schritt werden diese Teilkurven durch weitere Berechnung in eine abschließende Gesamtkurve zusammengefasst, die schließlich den so analysierten Frequenzgang des Raums repräsentiert. Diese Gesamtkurve wiederum dient nun als Grundlage zur Einstellung der MultEQ-Filter. Hunderte von Messpunkten stellen diese Gesamtkurve extrem präzise dar, wobei besonders viele Punkte im Bassbereich gesetzt werden, da dort die meisten Probleme auftreten. Anschließend errechnet die MultEQ-Technik anhand der Messpunkte einen genau spiegelbildlichen Verlauf der zuvor erfassten Kurve, so dass sich Wellenhügel und -täler am Ende gegenseitig auslöschen und zu einem idealen linearen Frequenzgang führen sollen – also theoretisch zu einem geraden Strich. Das errechnete inverse Ergebnis dient schließlich als Basis zur Einstellung der Filter, was am Ende zu einer Amplitudenkorrektur der Tonhöhen führt. Doch das ist nur ein Vorzug, der die MultEQ-Technik auszeichnet. Denn gleichzeitig zur Amplitudenkorrektur erfolgt auch noch eine Korrektur im Zeitbereich, um den direkt vom Lautsprecher abgestrahlten Schall „mehr Energie zu geben“, so der Hersteller, und so reflektierte Signale in der Gesamt-Energie-Bilanz zu reduzieren. Über genaue Details dieses Verfahrens hüllt sich Audyssey allerdings in Schweigen.

Fazit 

Ab sofort gibt es keine Ausreden mehr für mulmige und verunglückte Mixe. IK Multimedia bietet mit dem ARC System eine effektiv arbeitende und kostengünstige Software-Lösung zur Verbesserung der Abhörumgebung an, die auf Basis eines Effekt-Plug-ins primär in Sequenzern fast schon spektakulär ihren Dienst verrichtet. Wer bislang noch überhaupt nichts in Sachen Raumoptimierung getan hat, wird in jedem Falle vom ARC System profitieren. Diejenigen Toningenieure, die ihren Arbeitsplatz bereits weitgehend akustisch optimiert haben, können das Ergebnis nochmals erheblich verbessern. 

Erschienen in Ausgabe 01/2008

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 689 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut