Subtil optimiert
Das Großmembran-Mikrofon MKL 2500 des russischen Herstellers Oktava ist ein kostengünstiger Geheimtipp unter den Röhrenmikrofonen, der es schon 2013 in unsere Editors Choice geschafft hat. Nun bietet TestYourMic.com zwei elektronisch optimierte Varianten des Schallwandlers an. Welche klanglichen Konsequenzen die technischen Modifikationen mit sich bringen, haben wir ausführlich im Vergleich zum Original getestet.
Von Sylvie Frei
Weltweit existiert eine überschaubare aber durchaus aktive Szene von Hobbyisten und Profis, die sich mit der technischen Optimierung und Modifikation von – zumeist günstigen – Studiomikrofonen beschäftigen. So manches technische Update wird nicht nur für den Eigengebrauch angefertigt, sondern durchaus zum Verkauf angeboten. So erfreuen sich einige Modifikationen – bei denen der Austausch von Bauteilen zu einem deutlich optimierten Klangbild geführt hat – unter Kennern einer großen Beliebtheit.
Unter anderem sind gerade Modelle des russischen Herstellers Oktava immer wieder beliebte Versuchskaninchen in der Mod-Szene. Das hat mehrere Gründe: Zum einen sind die Schallwandler zu vergleichsweise günstigen Preisen zu haben, zum anderen besitzen die Oktava-Mikrofone grundsolide Kapseln, die der erfahrene russische Hersteller schon seit Generationen baut, während andere Bauteile in der Elektronik mit einer gewissen Beliebigkeit gewählt wurden – zumindest in der Vergangenheit – schließlich kann der russische Traditions-Hersteller bereits auf eine fast 90jährige Betriebsgeschichte zurückblicken. Im Fertigungswerk in der russischen Stadt Tula, die ansonsten vor allem für ihre traditionsreiche Rüstungsindustrie bekannt ist, wurde lange quasi das verbaut, was gerade eben vorhanden war. Dies hat sich in der Vergangenheit durch mehr oder weniger deutliche Unterschiede in Klang und Qualität innerhalb einer Serie bemerkbar gemacht. Mittlerweile – unter anderem durch die Initiative der deutschen Vertriebe und Oktava-Partner – hat sich der Qualitäts-Standard der Oktava-Mikrofone deutlich verbessert. Heutige Modifikationen verstehen sich also nicht (mehr) als technische Rettungsaktionen, sondern dienen vielmehr der Klangveredelung ohnehin grundsolider Mikrofone.
Als ebensolche präsentieren sich auch die beiden TestYourMic.com-Varianten, die auf die Namen Okatava MKL 2500 UPdated Electronics Stufe 1 und Stufe 2 hören.
Bei Stufe 1 handelt es sich um ein Update der Elektronik im Mikrofon selbst, welche durch den Austausch klangprägender Bauteile durch höherwertige Komponenten die Transientenwiedergabe und damit besonders die Abbildungsfähigkeit des MKL 2500 in den Höhen optimieren soll. Das auf diese Weise modifizierte Mikrofon kommt in einer Holzschatulle, samt unelastischer Halterung, Netzteil und Siebenpin-XLR-Kabel (zur Verbindung zwischen Mikrofon und Netzteil) daher und ist für einen Preis von 498 Euro zu haben. Damit ist es nur rund 110 Euro teurer als das Original-MKL 2500.
Die Stufe 2 umfasst das elektronisch optimierte MKL 2500 der Stufe 1 und zusätzlich ein modifiziertes Netzteil, das noch für mehr Ordnung und Klarheit bei der optimierten Transientenwiedergabe sorgen soll. Hierfür muss der geneigte Interessent mit 598 Euro noch einmal 100 Euro mehr berappen, insgesamt sind die Preise für die Updates jedoch durchaus überschaubar. TestYourMic.com bietet übrigens auch die Optimierung von bereits angeschafften MKL 2500 an. Ob sich die Investition in eine der Update-Stufen lohnt, haben wir nachgehört und nachgemessen.
Das Original MKL 2500
Das Oktava MKL 2500 ist ein Großmembran-Mikrofon in Röhrentechnik, das sich schon lange im Programm des Herstellers befindet. Im Test in Ausgabe 7/2013 konnte das russische Mikrofon rundum überzeugen, sodass es anschließend sogar in unserer Editors Choice 2013 gelandet ist.
MK 319-Kapsel
Die im MKL 2500 verbaute Kapsel hat der Hersteller ursprünglich für das beliebte Großmembran-Transistormikrofon MK 319 entwickelt und seitdem auch in anderen Modellen verbaut. Besonderheit: Die Kapsel verfügt über eine überdurchschnittlich große, goldbeschichtete 3,3 Zentimeter Membran, die für einen vollen und dynamischen Klang sorgt. Sie arbeitet mit fester Nierencharakteristik und wird von einer Kunststoff-Schutzplatte mit mehreren, unterschiedlich großen kreisrunden Öffnungen umgeben, welche den eintreffenden Schall gleichmäßig dosiert auf die große Membran lenken und so einem ungleichmäßigen Schwingen oder Ausbrechen entgegenwirken. Die Kapsel ist aufrecht angeordnet (die Einsprechrichtung ist also, wie von den meisten Großmembran-Mikrofonen gewohnt, seitlich) und wird durch einen feinmaschigen Korb aus Drahtgeflecht geschützt.
Russische Mini-Pentode
Die Röhre, die den integrierten Verstärker des MKL 2500 betreibt, ist eine russische Mini-Hochfrequenzpentode mit der Bezeichnung 6SH1P (SH beziehungsweise kyrillisch geschrieben Ж steht für Pentode). Es handelt sich um eine Röhre für Siebenpin-Sockel von hoher Qualität, die ursprünglich für Militär- und Rundfunktechnik eingesetzt wurde. Sie entspricht der europäischen EF95-Röhre und wird auch unter den Bezeichnungen 6AK5W und M8100 gehandelt. Alle vier Bezeichnungen stehen für baugleiche Röhren und sind im Falle eines nötigen Röhrentauschs beim MKL 2500 als Ersatz für die Original-6SH1P-Röhre geeignet.
Die TestYourMic.com Electronic Updates
Verantwortlich für die TestYourMic.com-Electronic Updates zeichnen unser freier Autor Andreas „Igl“ Schönwitz, seines Zeichens ebenfalls Vertriebler für unterschiedliche Pro Audio-Hersteller, Betreiber des Tonstudio Rauschenberg und TestYourMic.com sowie Bassist und Fachkraft für Veranstaltungstechnik und sein technisch versierter Partner Michael Krzizek, der unter anderem für das erfolgreiche Horus Tonstudio in Hannover arbeitet. Während Michael Krzizek den Lötkolben schwingt und sich um die technische Realisierung der Updates kümmert, ist Igl Schönwitz für die akustische Abstimmung, die Klangbeurteilung und die endgültige Entscheidung, welche Modifikation klangliche Verbesserungen bringt und tatsächlich beibehalten wird, mit verantwortlich. Welche Bauteile bei den beiden Update-Stufen des MKL 2500 nun tatsächlich ausgetauscht wurden, möchte das Team natürlich nicht verraten. Igl Schönwitz betont jedoch, dass sie im Gegensatz zu Oktava-Modifikationen anderer Urheberschaft, die Mikrofonkapsel unangetastet gelassen haben. Die sei schließlich schon sehr gut. So habe lediglich ein Tausch unterschiedlicher, klangbeeinflussender Bauteile in der Elektronik des Mikrofons und des Netzteils durch höherwertige Komponenten stattgefunden.
Von außen unterscheiden sich die elektronischen Updates des MKL 2500 indes nicht vom Original. Einzige Kennzeichnung, dass es sich um modifizierte Geräte handelt, sind die TestYourMic.com-Aufkleber, die sich auf den Mikrofonen und beim Stufe 2-Update auch auf dem Netzteil finden.
Messtechnisch sollen sich die Veränderungen im Übrigen wenig bis gar nicht bemerkbar machen, es gehe ausschließlich um eine verbesserte Transientendarstellung, so Igl Schönwitz. Diese lasse sich ausschließlich mit dem Gehör erfassen. Aber wir haben natürlich trotzdem nachgemessen.
Vergleich im Messlabor
Bei der Eingangsempfindlichkeit lassen sich schon einmal Unterschiede feststellen. Ist das Original mit 26,9 mV/Pa schon eine eher lautes Mikrofon, sind die beiden Exemplare mit UPdated Electronic sogar noch etwas lauter. Bei unseren Messungen haben wir ein und das selbe modifizierte Mikrofon, einmal mit Originalnetzteil (Stufe 1) und einmal mit modifiziertem Netzteil (Stufe 2) gemessen. Die Ergebnisse: Stufe 1 ist mit 35,7 mV/Pa am Lautesten, Stufe 2 liegt mit 31,2 mV/Pa zwischen dem Original und Stufe 1. Mikrofonverstärker lassen sich also mit allen MKL 2500-Varianten im Optimalbereich betreiben, was eventuell vorhandenes Vorverstärkerrauschen gar nicht erst in Erscheinung treten lässt.
Beim Geräuschpegelabstand liegen das Original und die Stufe 1 mit für Röhrenmikrofone ausgezeichneten 76,6 und 76,7 Dezibel denkbar nahe beieinander. Die Stufe 2 ist indes mit noch immer sehr guten 74,6 Dezibel um zwei Dezibel schlechter aufgestellt.
Auffällig: Bei unseren Messungen zum Test des Original Oktava MKL 2500 vor zwei Jahren haben mit einem etwas schlechteren Empfindlichkeitswert von 23,3 mV/Pa und dafür noch etwas besserem Geräuschpegelabstand von 79,9 Dezibel merklich andere Ergebnisse. Dies spricht dafür, dass die Oktava-Serien noch immer einer gewissen Qualitäts-Streuung unterliegen, die sich allerdings durchgehend im grünen Bereich bewegt.
Der Vergleich der Frequenzgänge ist indes, wie von Igl Schönwitz bereits angedeutet, eher weniger aufschlussreich. Alle drei Kurven besitzen von der unteren Messgrenze bis auf etwa 2 Kilohertz einen auffallend linearen Frequenzgang. Beim Original wird dieser gefolgt von einer leichten Anhebung um 2,5 Dezibel auf einer Höhe von 4,5 Kilohertz, einem anschließenden Abfall um 7,5 Dezibel auf einer Höhe von 6 Kilohertz und einer erneuten Anhebung um 8 Kilohertz, der dann ein merklicher Abfall oberhalb 10 Kilohertz folgt. Die Kurven von Update Stufe 1 und 2 sind hingegen fast identisch, weisen aber um 8 Kilohertz eine subtil ausgeprägtere Anhebung auf, außerdem verläuft die abfallende Kurve oberhalb 10 Kilohertz etwas welliger. Ob sich dies auch klanglich bemerkbar macht, haben wir selbstverständlich nachgehört.
Röhrensound-Variationen
Für unseren Praxistest haben wir mit dem Original MKL 2500 und den beiden UPdated Electronics Stufe 1 und 2 die gleichen Gesangs- und Akustik-Gitarren-Stücke aufgezeichnet und die Klangergebnisse akribisch im Vergleich angehört. Als Mikrofonvorverstärker kam unsere bewährte Oberklasse-Referenz, der Lake People Mic-Amp F355, als Wandler der Mytek Digital 8x192ADDA zum Einsatz.
Original
Unser Eindruck des originalen MKL 2500 deckt sich mit den Klangeigenschaften, die unser Tester im Jahr 2013 niedergeschrieben hat – zu allzu großen Klangveränderungen haben die etwas unterschiedlichen Messwerte also nicht geführt. Signal-unabhängig besitzt unser Testexemplar einen tendenziell offenen, klaren, leicht Röhren-typisch angewärmter Grundklang. Die Gesangs-Stimme wird konturiert und sauber Abgebildet, die Akustik-Gitarre klingt voll und körperhaft. Auffällig ist das für eine derart große Membran sehr saubere Impulsverhalten, das Staccato-Gesangspassagen und gezupfte Gitarrensaiten gleichermaßen konturiert abbildet, kombiniert mit einem vollen, ausbalancierten Sound, der in den Höhen etwas Extra-Präsenz mitbringt. Durch die Nieren-Charakteristisch entsteht bei den Gesangsaufnahmen ein naher und intimer Eindruck. Der Nahbesprechungseffekt ist durchschnittlich ausgeprägt und lässt sich vom Sänger subtil zur Gestaltung einsetzen. Insgesamt klingen die Aufnahmen lupenrein, ohne merkliches Rauschen und besitzen einen edlen Anstrich, wie wir ihn eher von höherpreisigen Produkten kennen.
UPdated Electronics Stufe 1
Das Update Stufe 1 besitzt noch den gleichen Grundcharakter wie das Original, wirkt aber im Vergleich noch etwas offener in den Höhen. Die Aufnahmen wirken insgesamt frischer und merklich dynamischer, was besonders der Gesangs-Stimme einen Extra-Kick verleiht. Das Stimmvibrato wirkt noch eine Nuance filigraner und konturierter. Ebenfalls auffällig ist, dass auch das Impulsverhalten noch einmal eine Steigerung erfährt. Gesangs- wie Gitarrenaufnahmen klingen noch sauberer umrissen und knackiger. All dies deutet in der Tat auf eine merklich verbesserte Wiedergabe der Transienten hin. Besonders klassische Vocals kommen mit dem Stufe 1-Update noch schöner zur Geltung als mit dem Original MKL 2500.
UPdated Electronics Stufe 2
Das Update Stufe 2 klingt naturgemäß – schließlich ist das Mikrofon selbst das gleiche – dem Update 1 prinzipiell sehr ähnlich, was den Frische-Kick in den Höhen und den Umgang mit den Transienten angeht. Insgesamt wirken die Aufnahmen aber merklich geglättet und gezügelter und in der Dynamik – verglichen zur Stufe 1 – subtil eingeschränkt. In dynamischer Hinsicht gleicht die Stufe 2 mehr dem Original. Der aufgeräumte, aber sehr differenzierte Klang macht sich besonders bei den Gitarrenanschlägen positiv bemerkbar. Schwierige, perkussive Signale wie etwa auch Drums werden am Ausbrechen gehindert und behalten Kontur und Ordnung.
Beide subtile klangliche Optimierungen gefallen gut und haben unabhängig voneinander ihre Berechtigung. Besonders für klassische Stimmen können wir das Update 1 empfehlen, das Frische und Dynamik mit einer verbesserten Transientenabbildung und einem noch besseren Impulsverhalten kombiniert. Wer Mikrofone schätzt, die etwas komprimieren und schwierige Signale wie Drums und andere perkussive Instrumente und Transienten zwar fein auflösen, aber gleichzeitig etwas zügeln und im Zaum halten, dürfte von Stufe 2 angetan sein.
Fazit
Beide UPdated Electronics-Varianten können mit subtilen klanglichen Detailänderungen punkten, die den ohnehin sehr guten Grundklang des MKL 2500 tatsächlich verbessern. Welche Variante die bessere ist, kommt sehr auf den Einsatzzweck, den Signaltyp und die gewünschten Klangeigenschaften an. Bei beiden Updates sind positive Veränderungen in der Transientenwiedergabe und im Impulsverhalten feststellbar. Mehr Frische und Detailreichtum für Gesangsstimmen liefert unserer Meinung nach besonders Stufe 1. Einen geordneteren und etwas komprimierteren Klangeindruck verschafft die Stufe 2.
Erschienen in Ausgabe 05/2015
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 498
Bewertung: sehr gut – überragend
Preis/Leistung: sehr gut – überragend
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