Die helle Seite des Sounds
Der britische Soundware-Spezialist Camel Audio fügt mit der Light Space-Library seiner Biolab-Serie ein weiteres Produkt hinzu, das sich thematisch der zarten und fragilen Seite der elektronischen Musik widmen will. Professional audio hat sich auf den Weg gemacht zur Sonnenseite elektronischer Sounds.
Von Georg Berger
Wer das britische Soundware-Unternehmen Camel Audio zumeist mit beinharten Dancefloor-Sounds und wuchtig-vordergründigen Soundscapes für Postproduction, Film und Game in Verbindung bringt, kennt nur die halbe Wahrheit. Abseits dieser Klangwelten hält der Hersteller auch so manche Library mit eher zarten, luftigen und zerbrechlich wirkenden Klangspektren bereit, mit denen sich Balladen und ätherische Ambient-Arrangements aufs Beste akustisch auskleiden lassen. Mit der jüngsten Veröffentlichung, der Biolabs: Light Space-Library, erweitert der Hersteller sein Portfolio jetzt um eine weiteres Produkt, das sich der zarten Seite elektronischer Musik widmet. Gleichzeitig markiert der für rund 30 Euro überaus günstige Neuling den Gegenpol zur Biolabs: Dark Space Library, die sich thematisch der dunklen Seite des Sounds verschrieben hat und mit bedrohlich wirkenden Klangkulissen aufwartet. Mit Light Space hat sich jetzt also der Kreis geschlossen und wer das Yin und Yang des Biolab-Klang-Universums gleich zusammen erwerben will, spart noch einmal: Im Bundle sind beide Librarys für rund 50 Euro erhältlich. Doch zurück zu Biolabs: Light Space. Ein sattes Gigabyte an Samples sind enthalten, die in 75 Presets zusammengefasst wurden und über den Camel audio eigenen Sampler Alchemy oder den kostenlosen Alchemy Player spielbar sind. Das Repertoire setzt sich dabei nicht nur aus Soundscapes zusammen. Vielmehr besticht die Library durch eine Vielzahl an Instrumenten-Presets, die sich in Kategorien wie unter anderem Bässe, Flächen, Leads, aber auch Gitarren und Mallets finden. Überdies offeriert Light Space auch drei Drumkits elektronischer Prägung, die mit einer Vielzahl an einzelnen Sounds ausgestattet sind. Insgesamt stellt sich das Klang-Repertoire, ähnlich einer Sampler-Workstation, sehr breit gefächert dar. Das Produzieren eines kompletten Arrangements ausschließlich mit den Sounds dieser Library ist also kein Problem. Die Sounds als solche, soviel sei schon verraten, liefern dabei alles andere als Standard und besitzen dank Layer-Technik stets das gewisse Etwas, das sie von den Brot-und-Butter-Sounds abhebt.
Erwartungsgemäß können die Presets mit den Möglichkeiten der Abspiel-Software weidlich im Klang verbogen werden. Außer acht Macro-Reglern, die individuell in jedem Preset anders belegt sind, sorgen die beiden XY-Pads sowie das sogenannte Remix Pad für tiefgreifende Eingriffe. Letzteres dürften Kenner von der mittlerweile eingestellten Kore-Software von Native Instruments kennen. Mit Hilfe der Maus lässt sich dabei ein Rahmen frei über acht Felder bewegen, hinter denen Varianten des Ausgangs-Sounds in Form verschiedener Parameter-Settings stehen. Somit stehen bei acht Varianten pro Preset also insgesamt 600 Sounds zur Verfügung. Je nach Settings sind beim Bedienen des Remix Pads subtile bis brachiale Klangverläufe möglich, bei denen vom Ausgangs-Sound am Ende so gut wie nichts mehr übrig bleibt. Die Presets der Light Space Library machen da keine Ausnahme. Von zarten, fragilen Klängen ist beim Großteil der Presets nach weidlichem Nutzen des Remix Pads nichts mehr zu hören. Heftige Filter-Eingriffe, Echo-Einsätze, Verzerrungen, Tonhöhen-Modulationen sowie digitale Klangartefakte und einiges mehr verwandeln die Sounds auf höchst dramatische Art, so als ob sich Dr. Jekyll in Mr. Hyde verwandelt hat. Dabei stellen sich gleichzeitig höchst lebendige Klangverläufe im Gesamtsound ein, die nach unserem Empfinden schon ein wenig zu viel des Guten sind. In den extremen Ausprägungen haben sich die Light-Space-Sounds vom Grundthema der Library weit entfernt. Vorteil: Sie können hervorragend auch als Lieferanten für bedrohlich wirkende Klangkulissen eingesetzt werden und auch bestens in elektronischer Musik der härteren Gangart bestehen. Die Samples und ihr Klanggehalt als solche geben im Test eine eindeutige Visitenkarte ab: Obwohl sich in einigen Presets, insbesondere bei den Soundscapes und Flächen, auch der untere Frequenzbereich deutlich bemerkbar macht, ist das Klang-Repertoire dennoch auf schlank und leicht getrimmt, wobei der Grundsound ausnahmslos geprägt ist durch dominante obere Mitten und Höhen. Dies verleiht den Samples einen crispen Charakter, der jedoch manches Mal nach unserem Empfinden sogar zu scharf klingt. Doch das ist kein Nachteil, denn Camel Audio liefert dem Anwender damit die Möglichkeit, die Sounds nach eigenen Wünschen zu bearbeiten.
Im Mix stechen die Sounds überdies problemlos heraus und können als fehlende Zutat gerade im oberen Frequenzspektrum hervorragende Dienste leisten. Insoweit verhehlt die Bezeichnung der Library dem Anwender nicht, was ihn erwartet, nämlich hell klingende Sounds. Die gesampleten Klangspektren leisten dabei ihr Übriges. Gerade bei den Instrumenten-Sounds sind viele perkussive Elemente hörbar, die teils luftig-zart, teils vordergründig-bissig im oberen Frequenzbereich hörbar sind. Viele Sounds sind dabei mit glockenartigen Spektren durchsetzt, wobei wir im Test immer wieder an klassische FM-Sounds à la Yamaha DX 7 erinnert werden. Insgesamt gibt sich die Herkunft des Klang-Arsenals nicht zuletzt durch seine Transparenz und fast schon nüchtern ehrliche Wiedergabe kleinster Details als eindeutig digital zu erkennen. Das heißt aber nicht, dass die Sounds jetzt dünn und hohl klingen. Highlights der Light Space-Library sind eindeutig die Flächen und Soundscapes, die aus teils opulenten Klangschichtungen bestehen, etwa einem vornehm im Hintergrund brummenden Bass, der gemischt ist mit orgelartigen Spektren in den Mitten und hauchzarten Geräusch-Teppichen im Höhenbereich. Dennoch: Wer auf der Suche nach wohlig-angenehmen Analog-Sounds ist, wird in der Light Space-Library nicht fündig. Zugegeben, hauchzarte und zerbrechliche Sounds haben wir auf Anhieb auch nicht gefunden. Erst beim Rumspielen mit dem Remix-Pad, kommen wir ans Ziel und können trotz der Mitten- und Höhen-Dominanz aus so manchem Preset das Filigrane und Zerbrechliche herausarbeiten.
Fazit
Die Biolabs: Light Space Library von Camel Audio wartet mit einem markanten Klang-Arsenal auf, wobei das Wort „Light“ nicht mit leicht, sondern mit hell übersetzt werden muss. Als Spezialist zum eindrucksvollen Anreichern von Arrangements, denen es in den oberen Mitten und Höhen mangelt, liefert die Library ein opulentes Arsenal an Sounds, das zwar durchaus zart, filigran und ätherisch klingt, aber schon nach wenigen Handgriffen auch sehr leicht scharf und bissig in den Vordergrund drängt.
Erschienen in Ausgabe 05/2013
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 29 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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