Quirlige Phrasen-Jongleure

Ob actionreiches Filmorchester oder souliges Bläserquartett – die beiden Sample Librarys Action Strings und Session Horns von Native Instruments versprechen einfaches, kreatives und intuitives Musizieren und Komponieren für unterschiedlichste Einsatzzwecke.

Von Sylvie Frei

Die Bäume sind kahl, die Tage dunkel und kalt und auch die Sonne hat sich schon ewig nicht mehr blicken lassen. Eigentlich wäre das doch die perfekte Jahreszeit um sich wie Maus, Braunbär oder Drahtesel der Lethargie des Winterschlafs hinzugeben. Doch der Berliner Hersteller Native Instruments scheint keinerlei wetterbedingten Müdigkeitssymptomen zum Opfer gefallen zu sein und so können wir uns stattdessen an seiner Betriebsamkeit erfreuen, der bereits im Herbst gleich zwei auf Phrasen basierende Kontakt-5-Instrumente entsprungen sind: Action Strings und Session Horns. Die Ensembles, die für das Sampling der beiden Produkte zum Einsatz kamen, könnten dabei kaum unterschiedlicher sein: Während die Action Strings den Klang eines großen, dramatischen Streichorchesters auf den heimischen Rechner zaubert, warten die Session Horns mit einer eher überschaubaren, vierstimmig swingenden Bläserbesetzung auf. Beide Instrumente sind ideal für Produzenten und Musiker, die mit relativ geringem Aufwand und auf flexible, intuitive Weise authentische Hintergrund-Arrangements für Film-, Game-, oder unterschiedlichste Musikproduktionen erstellen wollen. Vorteil: Durch den Einsatz gesampleter Phrasen ist es möglich ohne Expertenkenntnisse in Komposition oder Arrangement bereits mit wenigen Klicks und in kürzester Zeit musikalisch ansprechende Background-Arrangements und Bläser-Sätze für die jeweilige Produktion zu realisieren. Wer mag, kann dies sogar in Echtzeit mit entsprechend dafür programmierten Performance-Presets tun. Während sich die Action Strings als reiner Phrasen- und Arrangement-Lieferant zu erkennen gibt, erlauben die Session Horns sowohl den Einsatz von Phrasen, als auch das variable tonal-melodische Spiel jedes einzelnen Blasinstruments. Mit rund 300 Euro für die Action Strings und knapp 100 Euro für die Session Horns bewegen wir uns zudem in einem mittleren bis äußerst günstigen Preissektor. Doch genug der Vorrede und Bühne frei für einen tieferen Einblick in die Ausstattung und Möglichkeiten beider Librarys: Den Anfang machen die für Film- und Game-Soundtrack optimierten Action Strings. Erklingt eine treibende, orchestrale Action-Dramatik, die beim Hören fesselt und einen vor Spannung unkontrolliert zucken lässt, während auf dem Screen ein Inferno an Bewegungen und finsteren Farben an uns vorbeifegt, hat der Soundtrack-Komponist wohl etwas richtig gemacht. Seien wir mal ehrlich: Ohne derart wirkungsvollen Einsatz von Musik wären die meisten Filme oder Games sterbenslangweilig und um so etwas musikalisch kommunizieren zu können, ist normalerweise einiges an kompositorischem Know-how vorauszusetzen und zudem viel Zeit aufzuwenden. Was aber wenn Zeit Geld ist und Geld Mangelware? In diesem Fall können die Action Strings das kleine Helferlein sein, das in kurzer Zeit mit wenigen Klicks spannungsgeladene Orchester-Action für unterschiedlichste Projekte herbeizaubert. Dabei ist der Einsatzbereich der Action Strings, soviel sei schon verraten, nicht ausschließlich auf die Bereiche Film- und Game-Soundtrack beschränkt. Auch in einer entsprechend angelegten Rock-, Metal-, aber auch Dance- oder HipHop-Produktion eingesetzt, fühlen sich die Action Strings-Phrasen sehr heimisch. Für die Produktion der Library kam übrigens ein Ensemble mit der beachtlichen Besetzungsgröße von 60 Musikern zum Einsatz, namentlich das Prager FILMharmonic Orchestra. Zwei unterschiedlich große Besetzungen wurden dabei gesamplet: Das hochstimmige Ensemble setzt sich aus 22 Violinen, acht Bratschen und sechs Violoncelli zusammen. Das tiefstimmige Ensemble wartet hingegen mit zehn Bratschen, acht Violoncelli und sechs Kontrabässen auf. Für die Produktion der Samples und Phrasen zeichnen dabei die Spezialisten von Dynamedion verantwortlich, ihres Zeichens Experten für Soundtrack-Kompositionen. Eine stolze Anzahl von über 150 treibenden Streicher-Phrasen findet sich an Bord, die in Tempo, Dynamik und Harmonik flexibel angepasst werden können. Zudem können sich je fünf Phrasen auf einen Schlag in Form eines sogenannten Themas laden, wobei die Phrasen nach musikalischen Gesichtspunkten ausgewählt und gruppiert wurden. Insgesamt bietet die Action Strings Library damit eine solide Grundausstattung für Streichorchester-Arrangements. Ein erster Blick auf die Bedienoberfläche zeigt deutlich, dass bei den Action Strings nicht nur Wert auf ein optisch ansprechendes Design, sondern auch auf Übersichtlichkeit und Benutzerfreundlichkeit gelegt wurde. Auf einem Hintergrund, der einen verfallenen, historischen Konzertsaal zeigt, werden uns auf einem alten Pergament die Einstellmöglichkeiten und Phrasen ansprechend und übersichtlich als Notentext präsentiert. Oberhalb des Pergaments prangt das Action Strings-Logo, eingerahmt vom Modulationsrad, über das sich die Dynamik der Wiedergabe beeinflussen lässt, und der Phrasenanzeige, die sowohl den Namen der aktuell gespielten Phrase, als auch die via Anschlagdynamik spielbaren Eigenschaften anzeigt. So wird in einem Velocity-Bereich von eins bis 69 eine harmonische Phrase in Dur gespielt, Velocity-Werte von 70 bis 125 spielen die Phrase in Moll und im Grenzbereich oberhalb von 125 erklingt eine Staccato-Artikulation. Über eine Button-Leiste am Fuß der Oberfläche lassen sich vier Unter-Menüs aufrufen.

Sie sind unterteilt in die Kategorien Sound, Slots 1-5, Slots 6-10 und Playback. Die beiden Slot-Rubriken sind identisch aufgebaut und erlauben das Laden von je fünf Phrasen, die via Browser auszuwählen sind. Die Phrasen werden dabei per Keyswitch den Tasten C0 bis A0 zugeordnet – auf dem On-Screen-keyboard rot dargestellt. Zwei unterschiedliche Browser-Varianten stehen in Action Strings zur Verfügung: Zum einen der Phrasenbrowser zum Laden einzelner Figuren, der sich über die runden Buttons zur Linken der Notenzeilen aufrufen lässt. Außer unterschiedlichen Suchfiltern verfügt er über eine in Noten sichtbare und erklingende Vorschau. Zum anderen der Themenbrowser, der sich über das Lupensymbol öffnen lässt und ansonsten fast identisch wie der Phrasenbrowser ausgestattet ist. Die Benennung der Phrasen bezieht sich entweder auf ihre musikalische oder rhythmische Beschaffenheit oder es wurde mit bildhaften Namen wie „Dragon Flight“ oder „Dark Fires of War“ gearbeitet, durch die der musikalische Charakter der Phrasen sowie ihr möglicher Einsatzbereich in Film oder Game bereits anhand der Benennung erahnt werden kann. Bei den insgesamt 62 ladbaren Themen handelt es sich um Phrasengruppen, die aus fünf musikalisch einander aufbauenden Phrasen zusammengesetzt sind. Zumeist sind sie dergestalt geordnet, dass zunächst ein Grundrhythmus in der ersten Phrase erklingt, der in der zweiten bis vierten Phrase variiert und dramatisiert wird und in der fünften Phrase mit einer Schlusswendung oder einem einzelnen Klang abgeschlossen wird. Die Themen werden stets in die ersten fünf Slots geladen, während die übrigen Slots für weitere Phrasenbelegungen nach eigener Wahl frei bleiben. Versteht man die Auswahl einer Phrase als erste Stufe, so stellt das Thema sozusagen die zweite Stufe der aufbereiteten Mittel dar und bietet auf einfache Art und Weise die Möglichkeit eine grundständige Phrase musikalisch zu entwickeln, zu variieren und dramatisch zu verdichten. So kann ein ganzer Song oder ein Teil eines Soundtracks auf einfache Weise auf einem der zusammengestellten Themen aufgebaut werden. Einzelne Phrasen innerhalb eines Themas durch themenfremde Phrasen auszutauschen ist ebenfalls möglich und kann gezielt zur Individualisierung dienen. Das Sound-Menü verfügt über eine überschaubare Zahl an Effekten, bestehend aus zwei verschiedenen Master-EQ-Presets, einem schaltbaren Dynamic-Boost-Sättigungspreset und einer Auswahl von zehn Reverb-Presets sowie über die Möglichkeit, zwischen einer nahen und einer ferneren Mikrofonierungs-Variante zu wählen. Somit findet sich ein zwar überschaubares aber dennoch musikalisch sehr gut einsetzbares Effekt-Arsenal an Bord, das bei Bedarf für einen vollen, dynamischen und wuchtig homogenen bis hin zu einem raueren und trockeneren Klang sorgen kann. Der klangliche Unterschied der beiden Mikrofonierungs-Varianten ist beträchtlich: Während der Stage-Modus ziemlich unmittelbar, trocken und direkt klingt, ermöglicht es die Far-Variante das Orchester als plastischen und homogenen Klangkörper, aber noch immer ohne auffallenden Raumhall, wahrzunehmen. Für dieses Feature wurden sämtliche Phrasen doppelt aufgenommen, was abseits vom integrierten Reverb eine weitere Dimension an räumlich-klanglichen Möglichkeiten eröffnet. Keine der beiden Varianten interagiert im Übrigen negativ mit den Reverb-Presets, was für das Know-how der Produzenten spricht. Auffällig: Beim Umschalten von Stage auf Far oder umgekehrt, nimmt Kontakt 5 eine kleine Auszeit und tauscht die eine gegen die andere Variante aus. Das Playback-Menü offeriert Einstellmöglichkeiten, die Einfluss auf das Verhalten der Samples/Phrasen beim Abspielen nehmen. So stehen mit Phrase Sync und Free Trigger zwei Optionen für den Übergang zwischen zwei gespielten Phrasen zur Verfügung. Wird Phrase Sync gewählt, passen sich neu getriggerte Phrasen an bereits gespielte Phrasen synchron an und starten an der entsprechenden Stelle im Takt und vollenden so die angefangene Phrase mit der neu getriggerten. Unter Free Trigger werden neu getriggerte Phrasen stets vom Anfang an und rhythmisch unabhängig von der zuvor getriggerten Phrase gespielt. Dies bietet die Möglichkeit entweder mit Phrasenkombinationen oder mit einzelnen Phrasenteilen sequenzierend zu arbeiten. Sehr schön: Mit dem variablen X-Fade-Time-Regler kann zudem die Dauer des Cross-Fadings beim Wechsel zwischen zwei Phrasen in Millisekunden eingestellt werden. Dies ermöglicht einen organisch klingenden Phrasenwechsel – ein besonders dankbares Feature, wenn im Phrase Sync-Modus getriggert wird, da ein sanfter, unhörbarer Übergang zwischen zwei Phrasen auf diese Art möglich wird. Mit dem Temposchalter lässt sich die Geschwindigkeit der Phrasen-Playbacks relativ zum Master- oder Host-Tempo auf halb,  gleich oder doppelt so schnell einstellen. Das Stauchen oder Stretchen von Phrasen sollte allerdings mit Vorsicht genossen werden. So überschreitet beispielsweise das Verdoppeln der Geschwindigkeit einer Phrase bei einem Host-Tempo von 140 BPM bereits den vom Hersteller empfohlen Tempobereich von 100 bis 250 BPM, was im Test mit hörbaren Qualitätseinbußen einhergeht.

Ob ein Stauchen oder Stretchen empfehlenswert ist, kann also nur individuell pro Phrase entschiedenen werden. Innerhalb des empfohlenen Rahmens leistet der Time-Machine-Pro-Algorithmus jedoch ausgezeichnete Arbeit und lässt nicht erahnen, dass eine Änderung des Originaltempos vorgenommen wurde. Klanglich haben die Action Strings wahrhaft einiges zu bieten. Der Orchesterapparat tönt kraftvoll und laut, wobei die Instrumente sehr energisch und vehement mit einem akzentuierten und kräftigen Bogenstrich gespielt wurden, was den treibenden, spannungsgeladenen und aufwühlenden Charakter der gesampleten Phrasen eindrucksvoll in Szene setzt. Die Vielfalt der Phrasen reicht dabei von einfachen rhythmischen Patterns, die beispielsweise dem Streicherrhythmus des Indiana Jones Themas ähneln, bis hin zu düster-dramatischen Läufen oder aufreibend filigranen Arpeggio-Figuren, wie man sie auch aus dem Horror- oder Fantasy-Genre kennt. So befindet sich motivisch alles an Bord um Spannung, Dramatik und Action musikalisch zu kommunizieren. Das Jonglieren mit Motiven und Themen sowie die Bedienung der einstellbaren Elemente gestaltet sich im Test zudem äußerst angenehm. So bauen wir in kurzer Zeit intuitiv Arrangements auf, was so leicht von der Hand geht, dass selbst blutige Anfänger rasch erste Erfolgserlebnisse verzeichnen können. So steht der Untermalung einer rasenden Verfolgungsjagd, eines brennenden Infernos oder auch einfach nur einem wuchtigen orchestralen Hintergrund für einen Song nichts mehr im Weg. Wer also hochwertig gesamplete und musikalisch hervorragend einsetzbare Orchesterphrasen in seine Produktionen einbinden will und dabei kreativ in Echtzeit mit ihnen experimentieren möchte, dem seien die Action Strings wärmstens empfohlen. Soulig groovende Bläser, die im Hintergrund die Produktion gehörig aufpeppen und mit einer ganz eigenen Note würzen, bietet unser Testkandidat Nummer Zwei: Session Horns. Im Gegensatz zum großen, wuchtigen Action Strings-Orchester bieten die Session Horns eine kleine, aber feine vierstimmige Bläserbesetzung, bestehend aus Posaune, Tenorsaxofon und zwei Trompeten, die sich für eine ganze Reihe unterschiedlicher Musikstile einsetzen lässt. Im Gegensatz zu den Action Strings handelt es sich bei den Session Horns um kein reines Phraseninstrument. Zusätzlich ist jedes Blasinstrument tonal und melodisch frei spielbar, um auf diese Weise den Bläser-Sätzen einen individuellen Stempel aufdrücken zu können. Produzenten, Komponisten und Musikern mit unterschiedlichen Kenntnisgraden in Komposition und Arrangement eröffnet sich damit eine fast unerschöpfliche Vielfalt an Möglichkeiten authentische Bläser-Sektionen zu realisieren. Auffällig: Die 2010 veröffentlichte Session Strings Library weist ein ebenso sanftes Klangbild wie die Session Horns auf, so dass sich beide Librarys hervorragend ergänzen. Kein Wunder, denn beide Librarys wurden vom Hamburger Soundware-Spezialisten e-instruments produziert. Gleiches gilt auch für die Phrasen, die hier wie dort Genres von Pop bis Jazz abdecken, jedoch nicht auf Klassik ausgelegt sind. Dank der Möglichkeit, die Instrumente tonal und melodisch in Form von Standard-Presets spielen zu können, steht einem Einsatz in einem Klassik-Arrangement aber auch nichts im Weg. Auffällig ist auch, dass im Unterschied zur Session Strings Library, die mit 48 Presets aufwartet, in den Session Horns lediglich zwei ladbare Instrumenten-Presets enthalten sind: Performance und Single. Das Performance-Preset zeichnet sich dadurch aus, dass es tonal und melodisch spielbares Standardinstrument und phrasenbasierte Anwendung in einem ist, während das Single-Preset das reine Standardinstrument darstellt. Wie die Action Strings verfügen auch die Session Horns über eine exquisite Auswahl an Phrasen. Rund 170 soulig, groovende und swingende Varianten sind enthalten, die sich in unterschiedlichsten Musikstilen einsetzen lassen und ein einfaches, intuitives und kreatives Komponieren und Arrangieren ermöglichen. Die Benutzeroberfläche ist auch bei den Session Horns gleichzeitig ansprechend und übersichtlich gestaltet und gliedert sich ähnlich wie die der Action Strings. Auf einem Hintergrund, der Darstellungen der derzeit aktiven Besetzung zeigt, befinden sich die Einstellmöglichkeiten links und rechts neben dem Session Horns Logo auf dem oberen Drittel der Oberfläche und drei – im Fall des Single-Presets zwei – Menü-Buttons auf dem unteren Drittel der Oberfläche, über die zwischen unterschiedlichen Dialogen umgeschaltet werden kann. Links neben dem Logo findet sich ein ausklappbares Menü, mit dem die gewünschte Besetzung zusammengestellt werden kann. Außer dem vollen Bläserquartett lassen sich praktischerweise auch unterschiedliche Dreier- und Zweierkombinationen wählen. Unterhalb des Besetzungs-Felds befindet sich das ausklappbare Velocity-Switch-Menü, in dem sich alternative Artikulationsformen – Rip, Grace Note, Shake, FoPiCre, FoPiCre Time, Staccatissimo und Marcato – auswählen lassen, die bei härterem Tastenanschlag vielfältig auf die Spielweise einwirken können und gleichzeitig die Produktion um weitere authentische Klangeffekte bereichern können. Während es sich bei Rip um ein Bläser-Glissando handelt, stellt eine Grace Note einen kontinuierlichen Ganztonwechsel dar. Der Shake lässt sich als eine Art rauer Triller beschreiben, der – bauartbedingt – ausschließlich mit den Blechblasinstrumenten erzeugt werden kann, also nicht auf das Tenorsaxofon anwendbar ist. FoPiCre ist die Abkürzung für den typischen Bläserartikulationswechsel Forte-Piano-Crescendo, der sich an ein Tempo von 120 BPM anpasst. FoPiCre Time realisiert das Gleiche, wird aber stattdessen mit dem Master- oder Host-Tempo synchronisiert. Eine sehr abgehackte Spielweise ermöglicht die Staccatissimo-Einstellung, eine sehr akzentuierte die Marcato-Spielweise.

Zur Rechten des Session Horns-Logos ist der sogenannte Voicing Assistant integriert, einem praktischen Helfer, aus dem sich je nach Bedarf zwischen unterschiedlichen Voicing-Möglichkeiten wählen lässt: Im Modus Smart Voice Split wird bei vierstimmigen Akkorden automatisch der entsprechende Ton dem dafür bestimmten Blasinstrument zugewiesen, sodass beim vollständigen Ensemble der tiefste Ton von der Posaune und der höchste von der hohen Trompete gespielt wird. Chord + Legato ermöglicht es gleichzeitig Akkorde und eine einstimmige Legato-Melodie zu spielen. In diesem Modus erhöht sich die Stimmenzahl, da jeder Ton gleichzeitig von jedem Instrument gespielt wird. Im Legato-Modus sind nur einstimmige Legato-Melodien möglich, wobei jeweils sämtliche Instrumente unisono getriggert werden, die Stimmenzahl also konstant bleibt. Polyphonic ermöglicht es zudem alle derzeitig ausgewählten Instrumente gemeinsam zu triggern, ganz gleich ob homophon oder polyphon gespielt wird. Unterhalb des Voicing Assistants befindet sich das Octave-Menü, über das sich einzelne oder mehrere Instrumente um eine Oktave nach unten transponieren lassen.Die Instrumente werden dabei vom tiefsten zum höchsten Instrument durchnummeriert. Soll also zum Beispiel beim vollen Quartett die Posaune um eine Oktave tiefer versetzt werden, wäre die Option Drop 1st auszuwählen. Weitere Einstellungen sind über die Menü-Buttons im unteren Drittel der Bedienoberfläche realisierbar. Das Performance Preset verfügt dort über die Dialoge Main, Sound und Control, während das Single-Preset ohne das Control-Menü auskommt. Auf der Main-Seite des Performance-Presets versammeln sich alle Einstellmöglichkeiten, die den Animator, die zentrale Einheit des Phrasen-Instruments, betreffen. Über die Ausklapplisten Genre, Song und Phrase können die gewünschten Linien und Bläser-Sätze bequem ausgewählt und geladen werden. Weiterhin kann zwischen zwei unterschiedlichen Spielmodi gewählt werden sowie der Grad an Swingverhalten, Dynamik und exaktem oder weniger exaktem Timing eingestellt werden. Ansonsten verfügt der Performance-Main-Dialog über ähnliche Features wie das Playback-Menü der Action Strings. So ist das Tempo der Phrasen ebenfalls in drei Varianten (doppelt, gleich, halb so schnell) synchron zum Host-Tempo einstellbar. Um eine Phrasen-Auswahl zu treffen, muss im Genre-Menü zunächst zwischen sechs unterschiedlichen Genres von Pop über Reggae bis NuJazz gewählt werden. In der Ebene darunter kann zwischen den dort zugeordneten Songs gewählt werden, die sich ihrerseits aus je sechs Phrasen zusammensetzen. Sie sind sozusagen das swingende Äquivalent zu den Themen der Action Strings. Unterhalb der Songauswahl kann pro Song zusätzlich ein jeweils dafür programmiertes Effekt-Preset aktiviert werden, was dem Klang der Phrasen eindrucksvoll schmeichelt. Neben der Songauswahl wird über ein kleines On-Screen-Keyboard die momentan ausgewählte Phrase des jeweiligen Songs angezeigt sowie der Notenname des Key-Switchs mit dem sie zu triggern ist. Anders als bei den Action Strings wird also auf einen Slot-Dialog und die Möglichkeit Phrasen individuell zusammenstellen zu können verzichtet. Dafür stehen zwei unterschiedliche Spielmodi – One Shot und Rhythm only – zur Auswahl, die dennoch die volle Flexibilität bei der Arbeit gewährleisten. Wird One Shot aktiviert, genügt es kurz die gewünschte Note oder den gewünschten Akkord zu spielen und die gesamte Phrase wird einmal abgespielt. Ist Rhythm only aktiv, werden lediglich der Rhythmus und die Artikulation auf den gespielten Akkord angewandt. So lassen sich eigene kompositorische Ideen oder Melodien mit dem Rhythmus einer Phrase auf kreative Weise kombinieren. In Konsequenz vergrößert sich die Zahl der Phrasenvarianten dadurch ins nahezu Unendliche. Die Funktionen des Sound-Menüs reichen von Mix- und Master Effekt-Presets, über die Möglichkeit die Instrumente leicht bis stark zu verstimmen, die Einstellung der Stereo-Weite einzustellen oder ein Monosignal zu erstellen, bis hin zu einer Auswahl von 28 Reverb-Presets. Das Control-Menü erlaubt das Einstellen der Velocity in drei unterschiedlichen Härtegraden. Dort kann auch das Expression Wheel für die Kontrolle der Dynamik programmiert werden und dem Pitchbend-Rad und Sustain Pedal unterschiedliche Funktionen zugewiesen werden. So kann das Pitchbend-Rad wie gehabt zur Tonhöhenbeugung verwendet werden oder auf die wählbaren Artikulationen Doits/Falls on Note oder on release einwirken, die beim Spielen oder Loslassen von Tasten charakteristische Bläserartikulationen spielen. Die sogenannten Falls bezeichnen das schnelle oder langsame Hinabgleiten auf eine andere Note; bei Doits hingegen handelt es sich um chromatische Anstiege. Das Sustain Pedal kann entweder eine Bläser-typische Same Note Legato Artikulation, die bei mehrfach nacheinander erfolgtem Anspielen desselben Tons eine realistische Überbindung schafft, erzeugen oder den Animator starten. Dieses Arsenal an Möglichkeiten macht die Session Horns somit zu einem überaus flexibel steuerbaren Instrument, das durch eine Vielzahl von Artikulationen glänzt und das Arbeiten mit wirklich lebensechten Bläsersätzen zu einem wahren Vergnügen macht. Klanglich können die Session Horns durch einen angenehm homogenen Sound und perfekt weiche Bläseransätze punkten. Der transparente Klang der kleinen Besetzung macht sie zum perfekten Background-Ensemble in unterschiedlichsten Einsatzbereichen. Songs und Phrasen sind derart beschaffen, dass ihr Einsatz nicht auf das jeweils zugeordnete Genre beschränkt ist; dieses dient lediglich als grobe Orientierung.

Fazit

Native Instruments legt mit den Action Strings und Session Horns zwei äußerst flexibel und kreativ einsetzbare Librarys vor, für die es sich definitiv lohnt den Winterschlaf durch rege musikalische Aktivitäten einzutauschen. Neben ausgezeichneter Klangqualität glänzen sie mit einfacher und intuitiver Bedienbarkeit und liefern in kurzer Zeit und mit wenig Aufwand hochwertige Ergebnisse für Film- und Game-Soundtrack-Kompositionen beziehungsweise unterschiedlichste Musikproduktionen. 

Erschienen in Ausgabe 01/2013

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 299 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut