Freiheitsoffensive

Mit Avid Pro Tools 9 scheint nun das wohl letzte, seit Jahren von vielen Sequenzerianern hervor gebrachte Totschlag-Argument gegen die Software endgültig aus dem Weg geräumt zu sein: die Bindung an Avid-eigene Hardware. Wie dieses Pro Tools auch ohne Mbox und Co. funktioniert und was es sonst noch an neuen Funktionen zu bieten hat, haben wir für Sie herausgefunden. 

Von Carina Schlage 

Das Pro Tools der neunten Generation hat es im wahren Sinne des Wortes in sich: Unterstützung von ASIO- und CoreAudio-Treibern, das heißt, freie Auswahl bei der verwendeten Audio-Hardware, Integration aller bisherigen DigiTranslator-Funktionen, das heißt freier Datenaustausch mit Hilfe der Plattform unabhängigen OMF- oder AAF-Formate, Einbindung der automatischen Delay-Kompensation, das heißt, ab sofort phasenrichtige Mischungen – um nur einige der sensationellen Neuheiten gleich vorweg zu nennen. LE- und M-Powered-User haben in besonderem Maße Grund zu jubeln, denn all diese wichtigen und lang ersehnten Features sind nun von vorne herein in Pro Tools integriert. Nebenbei werden auch noch mehr einsetzbare Audio-Spuren, mehr Mix-Busse und mehr MIDI-Tracks frei Haus geliefert. Welch enorme Wende Avid damit eingeläutet hat und wie bedeutend dieser Schritt nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für Millionen Pro Tools-Benutzer ist, zeigt sich vor allem beim Rückblick auf die jahrelang gepflegte Firmenphilosophie: Denn das Verwenden von Avids Pro Tools war bislang an die Hersteller eigene Hardware gekoppelt, die zwangsläufig erworben werden musste, anderenfalls verweigerte die Software vollständig ihre Funktion.

Für den kleinen bis mittleren Geldbeutel offerierte Avid dafür die abgespeckte Pro Tools LE-Version, die mit der MBox-Serie von micro bis pro lauffähig ist. Wer ungleich größere Budgets zur Verfügung hat, gönnte sich die HD-Version mit wesentlich erhöhtem Funktionsumfang und nicht eben günstiger Hardware. Eine weitere günstige Alternative bot sich mit dem umfangreichen Portfolio günstiger Audio-Interfaces aus dem Tochter-Unternehmen M-Audio. Die Architektur und Konzeption von Pro Tools,  die besonders effiziente Bedienbarkeit und die stabile Perfomance sind unter anderem Gründe, warum die Software trotzdem eine seit Jahrzehnten wachsende Zahl von Anhängern und Anwendern verzeichnen kann. Dennoch lässt sich ohne Zweifel behaupten, dass vor allem die von Avid lange Zeit stiefmütterlich behandelten LE-User von einem Pro Tools ohne „Dongle mit integriertem Mikrofonvorverstärker“ als notwendiges Übel träumten. Nicht wenige dürften sich überdies ausgemalt haben, wie es wäre, wenn ihr hoch geschätzter Sequenzer ohne zusätzliche Investition OMF- oder MP3-Dateien erstellen könnte, wenn Timecode oder auch nur eine projekt-realistischere Anzahl von gleichzeitig abspielbaren Audio-Spuren verfügbar wäre. Dem letzten Major-Update (siehe Test Pro Tools 8 in Heft 3/2009) wurde zwar wegen der vielen neuen Optionen, vor allem der Erweiterung um essentielle MIDI-Funktionen, völlig zu Recht eine Menge Lob aus der Fachwelt zuerkannt. Automatische Delay-Kompensation, OMF-Datenaustausch oder Timecode-Unterstützung blieben jedoch weiterhin nur denjenigen vorbehalten, die ihr Pro Tools als HD-Version betrieben oder ihre LE-Version mit nicht gerade günstigen Software-Paketen wie etwa dem DV-Toolkit erweiterten.  Dass Avid diese Philosophie – Basis-Pro Tools für kleines Geld und voller Funktionsumfang für die großen Budgets – irgendwann doch aufweichen könnte und überdies Pro Tools als Hardware-unabhängigen Sequenzer auf den Markt bringen würde, damit hatte trotz aller Hoffnungen wohl kaum ein Anwender so schnell gerechnet. Dass Avid diesen großen Schritt schließlich doch gegangen ist, überrascht daher umso mehr. Geglückt ist dabei auch die Preisstrategie, denn die Vollversion ist bereits für moderate 532 Euro zu haben. LE- und M-Powered-Besitzer können für 221 beziehungsweise 309 Euro aufrüsten. HD-User erhalten das Update ebenfalls für knapp 300 Euro. 

Mit dem Pro Tools der neunten Generation geht auch eine Umstrukturierung des bisherigen Pro Tools System-Konzepts einher: LE- und M-Powered sind nicht nur als Namenszusatz verschwunden, sondern entfallen innerhalb der neuen Pro Tools-Generation vollständig. Fortan existiert also nur noch eine einzige Software für alle Pro Tools-Hardware-Systeme. Dennoch bietet der Verbund mit den HD-Core-Systemen neben der TDM-Fähigkeit nach wie vor den Vorteil einiger zusätzlicher Software-Funktionen, wie beispielsweise erweiterte Automationsmodi, Surroundfähigkeit und mehr Audio-Kanäle. Doch auch in Pro Tools-Systemen ohne HD-Hardware können die meisten dieser Funktionen wie bisher kostenpflichtig freigeschaltet werden, was allerdings nur noch durch den Erwerb des mit rund 1700 Euro recht teuren Complete Production Toolkit 2 möglich ist.  DV- und Music Production-Toolkit 2 werden fortan nicht mehr unterstützt, da deren Features weitestgehend als Standard-Funktionen in Pro Tools 9 integriert sind und das Preis-Leistungsverhältnis im Vergleich zur Vorversion wesentlich besser ausfallen lässt. Für Besitzer dieser beiden Toolkits bietet Avid übrigens attraktive Update-Angebote auf das Complete Production Toolkit 2 an. Das sensationellste Novum von Pro Tools 9, was für die Mitbewerber seit jeher zur Selbstverständlichkeit zählt, ist die Möglichkeit, die Software ab sofort mit jeder beliebigen ASIO- oder CoreAudio-fähigen Soundkarte betreiben zu können. Mac-Anwender können Pro Tools 9 übrigens sogar mit der onboard-Soundkarte ihres Apple-Rechners betreiben, was Mobilisten in besonderem Maße freuen dürfte. Denn das Mitschleppen eines Audio-Interface ist nun nicht mehr zwingend erforderlich. Lediglich der über USB angeschlossene iLok-Kopierschutzstecker mit der erworbenen Pro Tools 9 Lizenz ist für den Betrieb unerlässlich. Wer also auf Pro Tools umsteigen will, braucht sein Lieblings-Audio-Interface jetzt nicht mehr in Rente zu schicken. Konsequenz: Avid verlässt seine exklusive Nische, erhöht die Attraktivität seiner DAW und schließt endlich zu den Mitbewerbern auf, die ab sofort eine noch stärkere Konkurrenz zu fürchten haben.

Der Betrieb von Pro Tools mit „Fremd-Interfaces“ gestaltet sich dabei in gleichem Maße komfortabel, wie mit den eigenen Produkten. Die Auswahl des gewünschten Interfaces geschieht über den leicht überarbeiteten Playback Engine-Dialog. Dort erscheinen nun alle im System installierten ASIO- und CoreAudio-fähigen Soundkarten. Auffällig: Das Aufrufen separater Audio-Interface Control Panels, etwa zum Konfigurieren der Pufferrate, ist nicht möglich, jedoch auch nicht notwendig. Denn alle hardware-relevanten Einstellungen werden, ebenso wie bei den Avid-Interfaces auch, in Pro Tools selbst gesteuert. Der Routing-Dialog ist ebenfalls wie gehabt über das I/O-Setup erreichbar. Im Verbund mit einer EMU 0404 PCI-Karte funktioniert Pro Tools 9 während unseres Tests problem- und reibungslos.  Die einzige, eher amüsante Auffälligkeit ist, dass die bislang treue Mbox2 für den Test nicht benötigt wird, was anfangs schon gewöhnungsbedürftig ist. Apropos Mbox: Sämtliche Avid-Interfaces sind nach einem kurzen Treiber-Update selbstverständlich auch mit der neuen Pro Tools-Version verwendbar.  Das Lösen der Hardware-Bindung stellt nicht die einzige Freiheitsoffensive in Pro Tools 9 dar. Auch in punkto Audio-Material und dessen Wiedergabe räumt Avid vor allem den häufig Spuren-gestressten LE- und M-Powered-Usern größere Bewegungsfreiheit ein: Die Zahl der einsetzbaren Voices, also der simultan abspielbaren Spuren fällt mit 96 Kanälen jetzt doppelt so hoch aus wie in Pro Tools 8 LE. Gleiches gilt auch für die weiteren Spurenarten. So stehen ab sofort bis zu 256 Mix-Busse, 160 Aux-, 512 MIDI-, und 64 Instrumenten-Tracks zur Verfügung. Darüber hinaus unterstützt die neue Version nun auch Samplingraten bis 192 Kilohertz. Unverändert geblieben ist dagegen die Anzahl der adressierbaren physikalischen Ein- und Ausgänge: In der Basisausstattung kann das neue Pro Tools 32 In- und Outputs gleichzeitig aufnehmen beziehungsweise verwalten, wobei die tatsächlich verfügbaren Ein- und Ausgänge, ebenso wie die maximal unterstützte Samplingrate selbstredend von der jeweils verwendeten Hardware abhängt.  Insgesamt brauchen sich Pro Tools-Anwender künftig sehr viel weniger Gedanken um die Organisation ihrer Projekte machen. Der ständige Blick auf die Anzahl der Audio-Spuren, das Erstellen von Sub-Mixen aufgrund fehlender Voices oder zeitraubendes Planen zum effizienten Ausnutzen der verfügbaren Mix-Busse minimiert sich erheblich. Durch die deutlich erhöhte Auslastungsgrenze selbst kleinerer Pro Tools 9-Systeme ohne HD-Umgebung oder Complete Production Toolkit 2 werden sogar größere Projekte wie Orchesteraufnahmen oder -mischungen fortan sehr viel einfacher zu bewerkstelligen sein. Einzig die Surroundfähigkeit bleibt nach wie vor Domäne der HD-Systeme und der Complete Production Toolkit-Besitzer. Mit Pro Tools 9 allein können wie gehabt lediglich Stereo-Signale verarbeitet werden.  Ebenfalls Teil der groß angelegten Freiheitsoffensive in Pro Tools 9 ist der bereits erwähnte, fortan uneingeschränkt mögliche Datenaustausch, also das Erstellen und Importieren der plattformübergreifenden OMF- oder AAF-Formate. Außerdem ist das Tmecode-Format nun in der Timeline und als Nudge- beziehungsweise Grid-Raster verfügbar. Beide Optionen konnten bisher nur durch den Erwerb des DV-Toolkits verwendet werden und stellen besonders für die Postproduktion des Filmtons wichtige Features dar. Dies dürfte insbesondere Tongestalter, Sounddesigner und Projekt-Studios mit knappem Budget freuen, die bislang auf den Erwerb des DV-Toolkits verzichtet haben.

Sehr schön: Darüber hinaus ist auch der bislang nur kostenpflichtig zu erwerbende, direkte MP3-Export ohne Einschränkung in den Bounce-Dialog integriert. Das lästige Umwandeln von Mixen mittels externem Konverter erübrigt sich dadurch. Beim Einsatz von Video-Daten muss sich der Anwender mit einfachem Pro Tools 9-System allerdings weiterhin mit einem einzigen verfügbaren Video-Track begnügen, was aber auch bei den Mitbewerbern zum Standard zählt und in den meisten Fällen völlig ausreicht.  Ein weiteres Highlight mit dem Pro Tools auch für die kleinen Budgets deutlich an Attraktivität gewinnt, findet sich in der implementierten automatischen Delay-Kompensation (ADC). Dieses Feature war bisher den HD-Systemen vorbehalten und stellte für nicht wenige Sequenzerianer jahrelang ein starkes Argument gegen die Verwendung von Pro Tools LE dar. Denn mit Hilfe dieser wichtigen Funktion werden minimale Delays zwischen den verschiedenen Tracks, die durch rechenintensive Plug-ins, verschiedene Output-Pfade oder parallele Routings auftreten können, von der Software-Engine selbstständig ausgeglichen. Das Timing der Audio-Summe bleibt dadurch phasenkohärent und etwaige Transientenverwaschungen oder Timing-Ungenauigkeiten werden somit verhindert. Über den Playback Engine-Dialog kann der Anwender in drei Stufen (none, short, long) festlegen, ob und wie viel System-Ressourcen für die Delay Kompensation aufgewendet werden sollen, was sich größtenteils nach der Art und Anzahl der jeweils in der Session verwendeten Plug-ins richtet. Delay-Kompensation ist im Übrigen auch als Insert für die physikalischen Ein- und Ausgänge verfügbar, was beispielsweise im Verbund mit externen Effektgeräten, die zwangsläufig eine Verzögerung der Signalkette erzeugen, sehr hilfreich sein kann.  Zusätzlich wartet Pro Tools 9 in der Basisausstattung mit einigen weiteren Neuerungen und Optimierungen auf. Ein Teil dieser Neuheiten findet sich zum Beispiel im I/O-Setup: Physikalische Audio-Ausgänge müssen nun stets über entsprechend konfigurierte Mix-Busse geroutet werden und nicht mehr direkt über den Output-Dialog des I/O-Setups. Dieser dient fortan ausschließlich zur Konfiguration und Benennung der vorhandenen Ausgänge, das eigentliche Output-Mapping, sprich: die Verbindung der Sequenzer-Ausgangskanäle mit dem Ausgang des Audio-Interfaces, findet im Bus-Dialog des Setups statt. Außerdem können jetzt endlich mehrere Busse gleichzeitig erstellt oder ausgewählt werden, was vor allem bei sehr großen Projekten eine Menge Klick-Arbeit spart.

Auch das mühsame Konfigurieren jedes einzelnen Busses hat ein Ende. Denn das Zuweisen der Pfade, also der virtuellen Signalleitungen, ist nun endlich auch mit Hilfe von Shortcuts möglich, die das Routing zu einer deutlich komfortableren Angelegenheit werden lässt. Ähnlich wie bei bestimmten Auswahlvorgängen im Edit-Window werden zum Beispiel bei gleichzeitig gedrückter Alt-Taste alle ausgewählten Busse auf ein und denselben Ausgang geroutet. Darüber hinaus können nun auch mehrere Pfade auf denselben physikalischen Ausgang geroutet werden, was bislang nur durch Erstellen von Sub-Paths möglich war. Diese so genannten überlappenden Pfade ermöglichen beispielsweise verschiedene Abhörsituationen in ein und demselben Lautsprecher-Setup. So kann mit einem 5.1-System sehr leicht zwischen Stereo und Surround umgeschaltet werden.  Die Einstellungen des I/O-Setups speichert Pro Tools 9 übrigens nicht mehr nur als Teil des Session-Files ab. Alle gerouteten Ein- und Ausgänge, Inserts oder hinzugefügte Insert-Delays merkt sich die Software nun ähnlich wie die Preferences zusätzlich als so genannte System-Einstellungen. Der Vorteil: Beim Öffnen oder Importieren einer Session von einem fremden Pro Tools 9-System werden die darin gespeicherten I/O-Settings nicht wie bislang automatisch übernommen. Mühsam erstellte Routings für das eigene Studio werden nicht mehr überschrieben, sondern der Anwender kann über ein entsprechendes Häkchen im I/O-Setup selbst entscheiden, ob er die I/O-Einstellungen der Session oder die seines Systems verwenden möchte. Für das Routing der Mix-Busse gilt diese Option allerdings nicht, denn diese werden sinnvollerweise ausschließlich als Session-Settings gespeichert.  Auch für den Editing- und Mixing-Bereich gibt es einige kleinere, gleichwohl sehr wirkungsvolle neue Funktionen. Eine davon ist die so genannte Variable Stereo Pan Depth, vielfach auch Pan Law genannt: Wird ein Mono-Signal in die Mitte des Stereo-Panoramas positioniert, so ergibt sich auf Grund exakt gleicher Lautstärke und Phasenlage von linkem und rechtem Ausgangs-Kanal eine Verstärkung des Signals um drei Dezibel. Die in Pro Tools 9 integrierte Stereo Pan Depth gleicht diese Anhebung nun sogar als Menü-Punkt des Session-Setups in vier wählbaren Dezibel-Schritten (-2,5, -3, -4,5 und -6 dB) aus. In den Vorgängerversionen betrug die Dämpfung fest -2,5 Dezibel und war dem Anwender nicht zugänglich. Je nach Mischsituation kann eine wählbare Dämpfung des Panorama-Reglers aber durchaus sinnvoll sein. Beispielsweise sollte sie für Surround-Projekte -3 Dezibel, für volle Mono-Kompatibilität jedoch eher -6 Dezibel betragen. Diese Funktion variabel zu gestalten, ist daher ein lobenswerter, konsequenter Schritt – zumal sie in den meisten Sequenzern der Konkurrenz schon lange zum Standard-Feature gehört. 

Zwei weitere neue Funktionen finden sich im Edit- und Mixer-Fenster: Zum Einen lassen sich neue Audio-, Aux-, oder Instrument-Tracks nun direkt über bereits vorhandene Channelstrips erstellen und automatisch miteinander verbinden, wobei der Ausgang des Originaltracks an den Eingang des neu erstellten Tracks gesendet wird. Das Geniale: Den dafür benötigten internen Mix-Bus erstellt und routet Pro Tools dabei gleich mit. Zum Anderen können auch einfach zwei bereits vorhandene Tracks mit einem einfachen Klick im Channelstrip miteinander verbunden werden. Auch hierbei erstellt Pro Tools das notwendige Bus-Routing automatisch. Diese beiden kleinen Funktionen erweisen sich während unseres Tests als so praktisch, dass wir sie schon bald nicht mehr missen möchten. Der Workflow unserer Mischung erhöht sich merklich, da wir beim Erstellen von Aux-Kanälen für Hall und andere Send-Effekte das I/O-Setup kaum mehr bemühen müssen, sondern einfach die beiden neuen Einträge „Track“ oder „New Track“ in der Send- beziehungsweise Output-Auswahl des jeweiligen Channelstrips anwählen. Somit haben wir mehr Zeit, um uns auf das Wesentliche unserer Mischung konzentrieren zu können. Ein Lob an die Entwickler für dieses praxis-orientierte Feature. Einziger Wermutstropfen: Der Mixdown, in Pro Tools Bounce genannt, ist nach wie vor nur in Echtzeit möglich. Hier zeigt sich folglich Potenzial für künftige Updates.  Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Implementierung des EUCON-Protokolls zum Adressieren der Artist-DAW-Controller (siehe Tests in den Heften 3 und 8/2008 sowie 11/2009) und die Unterstützung des Avid PRE-Mikrofonvorverstärkers, der bislang nur mit HD-Systemen verwendet werden konnte. Darüber hinaus finden sich viele weitere kleine Verbesserungen, wie beispielsweise die erweiterten Funktionen des Beat-Detectives, – ein mächtiges Werkzeug zur einfachen Bearbeitung und Manipulation von Audio-Material mit rhythmischem Charakter – der nun multi-trackfähig ist oder die erweiterten Such-Kriterien in der DigiBase, die bisher ebenfalls nur mit HD-, DV-, oder Production-Toolkit-Systemen möglich waren.  Lobenswert ist außerdem die gewohnt hervorragende Abwärts- und Systemkompatibilität: Sessions aus Version 7 und 8 lassen sich während unseres Test vollkommen unproblematisch mit Pro Tools 9 sowohl auf Mac- als auch auf PC-Systemen öffnen und weiter bearbeiten. So muss das sein. Allerdings rät Avid in punkto Betriebssystem-Kompatibilität bedauerlicherweise ausdrücklich von einer Pro Tools 9-Installation unter Windows XP und Vista ab und empfiehlt stattdessen Windows 7 als offiziell unterstütztes Betriebssystem. Auffällig: Wer trotzdem weiterhin XP verwendet, muss sich nicht großartig sorgen, denn zumindest auf unserem Test-Rechner läuft Pro Tools 9 vollkommen problemlos mit dem nun schon etwas betagten Betriebssystem. Anders verhält es sich jedoch in Windows Vista in der Home Premium-Version. Bereits bei dem Versuch, die Software zu installieren, meckert das Betriebssystem und verweigert den Dienst. Daran ändert auch der XP-Kompatibiltätsmodus nichts. 

Fazit

Auch ohne HD-System oder Complete Production-Toolkit 2 erhalten Pro Tools-Anwender ein nunmehr recht üppiges Software-Paket, dessen Leistungsgrenze künftig sehr viel schwerer zu erreichen sein wird als etwa mit den LE-Vorgängerversionen. Damit öffnet sich für alle bisherigen LE- und M-Powered-User ein neuer Horizont für weitaus größere, nun problemloser zu bewerkstelligende Projekte. Auch die neuen Funktionen können sich sehen lassen: Auf den ersten Blick klein und subtil helfen sie in der Praxis, den Workflow auf nicht unerhebliche Weise zu optimieren und Zeit zu sparen. Angesichts des Preis-Leistungsverhältnisses und der neu gewonnenen Flexibilität gibt es nun eigentlich keinen Grund mehr, Pro Tools nicht zu benutzen.

Erschienen in Ausgabe 06/2011

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 532 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut – überragend