Kassensturz
Nachdem sich Cakewalk von Major-Updates für seine Sonar-DAW zugunsten monatlicher Updates verabschiedet hat, war es jetzt, nach einem Jahr, einmal Zeit zu schauen, was es alles Neues gibt. Dabei findet sich so manche Überraschung. Aber lesen Sie selbst.
Von Georg Berger
Etwas über ein Jahr ist es jetzt her, dass wir Cakewalks Flaggschiff-DAW Sonar Platinum im Test hatten, die seitdem über monatliche Updates und ohne irgendwelche Versionsnummern beständig weiter entwickelt wurde. Witzig: Die Updates wurden dabei auf Städtenamen im US-Bundesstaat Massachusetts getauft, etwa Newburyport, Ipswich und Lexington. Die sogenannten „Rolling Updates“ enthielten dabei mal mehr oder weniger umfangreiche neue Features, mit der sich der Funktionsumfang von Sonar kontinuierlich erweiterte. Überdies sind nach diesem Jahr über 400 Verbesserungen und Bugfixes am Programm durchgeführt worden, was schon enorm ist. Das Ganze erinnert an die zuletzt von uns getestete DAW Reaper (Test in Heft 04/2016), die mit einer ebensolchen Vehemenz und Frequenz beständig Verbesserungen nachschiebt. Das Preis-Niveau ist dabei das Gleiche geblieben. Wer Sonar Platinum erstmals erwerben will, zahlt dafür rund 600 Euro. Darin enthalten sind monatliche Updates für ein Jahr. Nach Ablauf des Jahres kann der Anwender über ein Abonnement-Modell und für kleines Geld – rund 15 Dollar pro Monat – auch künftig weitere Updates erhalten. Andere Möglichkeit: der Kauf wird direkt über das Abonnement realisiert, wobei dies für mindestens ein Jahr abgeschlossen werden muss. Dabei werden pro Monat rund 50 Dollar fällig.
Was sich alles an Interessantem und Neuem in Sonar Platinum eingefunden hat, wollen wir jetzt einmal kurz und knapp vorstellen, wobei wir angesichts der Vielzahl an Features eine Auswahl treffen mussten. Beginnen wir zunächst mit den Effekten und Klangerzeugern. Ist Sonar ohnehin schon prall gefüllt damit, haben sich dennoch weitere Effekte und Instrumente angefunden (siehe Kasten auf Seite 81). Es lässt sich natürlich trefflich darüber streiten, ob etwa die Light-Versionen von Strum und Ultra Analog von AAS, die beiden Effekte „Bark of Dog“ und „Panipulator“ von Boz Digital Labs, die für jedermann als Freeware erhältlich sind, das Geld für monatliche Updates wert sind. Wer das Haar in der Suppe unbedingt finden will, könnte auch die Style Dial-Effekte mit ihrer Ein-Knopf-Bedienung, die aus Music Creator entlehnt wurden, ebenfalls als Mogelpackung ansehen. Doch ganz so wollen wir das nicht gelten lassen, denn auch andere Hersteller erweitern ihr Arsenal mit Produkten von Drittanbietern und fügen Features aus einem Programm in ein anderes ein. Unterm Strich bleibt eine ordentliche Erweiterung an musikalischen Ausdrucks- und Klangformungs-Möglichkeiten. Das Highlight für uns stellt dabei die in Zusammenarbeit mit dem Hersteller Overloud erst vor kurzem veröffentlichte Amp-Simulation TH3 Cakewalk Edition dar, die jetzt erstmals auch Bass-Verstärker enthält. Nicht unerwähnt bleiben, sollen auch eine Vielzahl an Effekt-Ketten-Plug-ins für alle Arten von Instrumenten und Anwendungen geeignet sind und von Craig Anderton programmiert wurden. So sorgt als ein bemerkenswertes Beispiel der Monitorizer für die Akustik von Studio-Monitoren im Kopfhörer, was gar nicht mal so schlecht klingt. Auch in Sachen Sample Librarys hats einen Nachschlag gegeben, etwa mit der Hardgroove Bass Library, dem Les Paul Gold Top Expansion Pack, dem Kick Start Pack und den EDM Percussion Loops, die mal für Rapture (Session), mal für Dimension Pro oder als Rex-Files bereitstehen.
Über 400 Verbesserungen
Weitaus wichtiger sind natürlich die Verbesserungen und Neuheiten im Programm selbst. So haben die Entwickler nicht nur die MIDI-Engine komplett renoviert und neu aufgebaut, sondern auch die Geschwindigkeit des gesamten Programms verbessert. Im ersten Fall ist vornehmlich das Management mit Note-off-Messages verbessert worden und im Test geschieht das Laden gerade von umfangreichen Projekten tatsächlich merkbar flotter. Sehr schön ist auch die Möglichkeit, Plug-ins wahlweise beim Abspielen oder beim Rendern auf ein zweifaches Upsampling einzustellen, was für artefaktfreie Ergebnisse sorgt. Das ist nicht alltäglich und verdient ein Extra Lob.
Auch an der Oberfläche wurden einige Änderungen durchgeführt und Neuheiten hinzugefügt, die auf den ersten Blick banal, aber nichts desto Trotz für mehr Komfort sorgen. So gibt es jetzt einen neuen Start-Bildschirm, der nicht nur größer ausfällt und Projekte in Form von Icons (bei Bedarf auch als Liste) darstellt. Überdies gewährt der Dialog, ähnlich einem Browser, Zugriff zu weiteren Ressourcen, etwa den Tutorial-Videos oder zu einer Vielzahl von Templates, die im Verlauf des letzten Jahres kontinuierlich hinzugefügt wurden und dem Anwender auf einen Schlag das passende Layout an Spuren, Effekten und Instrumenten bereitstellt. Mehr noch stehen zusätzlich auch Templates fürs Mixen und Mastern zur Auswahl, die dem Anwender als praxisgerechte Einstiegspunkte eine Menge Arbeit am Anfang abnehmen. A pro pos Mastering: Seit kurzem lassen sich Mixe direkt aus Sonar heraus zum Online-Mastering-Dienst LANDR hochladen, der mit einer denkbar einfachen Bedienung, aber hochkomplexen Algorithmen im Hintergrund für einen amtlichen Sound sorgen will. Allerdings hat dieses Feature doch einen fahlen Beigeschmack. Dass man sich zunächst bei LANDR anmelden muss, ist ja noch in Ordnung. Aber dass der Free-Acount lediglich das Rendern von Mp3-Files ermöglicht, ist schon eine herbe Enttäuschung. Sicherlich, dass LANDR für seine Dienste bezahlt werden möchte, ist schon in Ordnung. Aber wir hätten uns als Sonar-Anwender, wenn denn schon solch eine Implementierung stattfindet, zumindest bessere Konditionen oder Rabatte gewünscht, die über das Maß des Free-Accounts hinausgehen. So verkommt das Ganze zu einer schnöden Werbe-Aktion, die sich Cakewalk auch getrost hätte sparen können. Dabei klingen zumindest die in MP3 gemasterten Ergebnisse gar nicht mal so schlecht.
Doch zurück zu Sonar: Ebenfalls neu ist ein Hilfe-Modul, das per Druck auf die Y-Taste erscheint und zu jedem Bestandteil, über den die Maus fährt, einen Erläuterungstext zeigt. Das ist nicht nur etwas für Anfänger. Gerade beim Ausführen von Funktionen, die selten oder bislang gar nicht genutzt wurden, ist dieser Dialog sehr hilfreich. Ein weiteres kleines Helferlein findet sich schließlich im sogenannten „Onscreen Virtual Controller“, der das Spielen virtueller Instrumente auf der Computer-Tastatur ermöglicht und dabei nicht nur ein Einstellen der Oktavlage, sondern auch von Velocity- und Modulationsrad-Werten ermöglicht. Wer über Touch-Screens, vor allem auf Laptops, verfügt, kann sogar direkt auf den Tasten am Bildschirm spielen. Und last but not Least gibt es mit dem Add-Track/Plus-Button oberhalb der Spurenleiste eine blitzschnell ausführbare Alternative zum Einfügen einzelner oder mehrerer Audio-/Instrumentenspuren. Jedenfalls geht das im Test deutlich schneller als über das Aufsuchen der Haupt-Menüleiste und das Auswählen des entsprechenden Eintrags.
Sonar 2016: Schneller, flexibler, umfangreicher
Neues gibt es auch in Sachen Audio-Dateien: So kann Sonar jetzt erstmals Ogg Vorbis-, RF64- und WaveX-Formate im- und exportieren und der Im-/Export von DSD-Dateien geschieht über wählbare Optionen jetzt merkbar besser. Abseits dessen haben sich auch ein paar pfiffige Neuheiten rund ums Recording von Audio und MIDI eingefunden. So können virtuelle Instrumente jetzt simultan und in Echtzeit via MIDI und Audio aufgenommen werden, was denkbar einfach durch das Output-Routing in eine leere Audio-Spur geschieht. Damit werden Performances – gerade beim Improvisieren , die unmöglich via MIDI-Editing und Parameter-Automation rekonstruierbar sind, konserviert. Ein wirklich begrüßenswertes und willkommenes Feature, denn auch lästiges,zwischenzeitliches Bouncen von Instrumentenspuren entfällt dadurch, was sehr komfortabel ist.
Das nächste interessante Feature sorgt sowohl beim Recorden als auch vornehmlich beim Abmischen für eine erhebliche Erweiterung der Möglichkeiten. Über sogenannte „Patch-Points“ kann der Ausgang jeder Spur über einen virtuellen Kanal an jedes beliebige Ziel geroutet werden, ganz gleich ob ein Spur-Ausgang auf eine neue Spur geroutet werden soll, oder eine Gruppen-/Bus-Spur oder ein Send-Kanal in einen neuen Track zwecks Aufnahme geleitet werden soll. Dafür haben die Entwickler mit dem sogenannten „Aux Track“ auch gleich einen neuen, für diesen Zweck gedachten, Spurtyp ersonnen, der als Empfänger und auch Verteiler dieser virtuellen Patch-Punkte dient. Im Kern ist ein Aux Track dabei eine normale Audio-Spur, die sämtliche Signale, die auf seinen Eingang geroutet sind entgegennimmt und bei Bedarf aufnimmt. So lassen sich denkbar einfach etwa individuelle Summierungen und Stems erstellen, Spuren mit reinen Effektsignalen aufnehmen, um CPU-Resourcen zu sparen und auch weitere Anwendungen realisieren, etwa Parallel- und Multiband-Processing ohne dabei neue Busse erzeugen oder Spuren für diesen Zweck kopieren zu müssen. Als zusätzliche Option zu Aux Sends und Bussen stellen die Patch Points und der Aux Track in jedem Fall eine willkommene Alternative dar. Allerdings gilt es, beim Patchen von Ein- und Ausgängen stets den Überblick zu behalten, denn nur allzu leicht kann das Ganze zu einer komplexen Routing-Schlacht ausarten. Dank des sogenannten „Smart-Solo“-Features erhalten wir im Test rasch eine akustische Kontrolle darüber, welcher Patch Point welche Spuren wo hin geroutet hat. Dabei ist es ganz egal ob nun der Aux Track oder eine der Spuren mit dem entsprechenden Patch-Point-Kanal auf solo geschaltet wird. Sonar merkt sich das und schaltet alle übrigen darin eingefasste Spuren ebenfalls auf solo. Das ist denkbar einfach, aber trotzdem genial gelöst. Nur eines ist nicht möglich: Das Erzeugen von Feedback-Schleifen, um nicht unvorhergesehen mit einer Pfeiforgie „verwöhnt“ zu werden. Das ist einerseits fürsorglich, andererseits aber auch bevormundend, denn die Möglichkeiten, auch wenn nur ein verschwindend geringer Anteil von Anwendern gezielt mit Feedbackschleifen arbeiten, sind dadurch eingeengt. Eine Wahlmöglichkeit, Feedbacks zu erlauben oder nicht, würde uns an dieser Stelle schon gefallen.
Flexibles internes Routing dank Patch Points und Aux Tracks
Auch das in der Start-Version hochgelobte Mix Recall-Feature hat innerhalb des letzten Jahres eine Reihe von zusätzlichen Optionen und Features erhalten, die das blitzschnelle Erstellen und Aufrufen alternativer Mixe noch komfortabler gestaltet. Highlight in unseren Augen ist die Möglichkeit, das Synth Rack aus den Mix Recall Settings auszunehmen. Gerade Projekte in denen viele Sampler und Librarys genutzt wurden, haben beim Umschalten eines anderen Mixes zu nervigen Pausen geführt. Jetzt bleiben die Samples im Arbeitsspeicher und das Aufrufen alternativer Mixe geht endlich flott und reibungslos über die Bühne. Umfangreiche Output-Routings können jetzt ebenfalls bequem in Mix Recalls aufgenommen und bei Bedarf an- und abgeschaltet werden.
Die Cakewalk-Entwickler haben nicht nur ans Recording und Mixing/Mastering gedacht, sondern sich auch ein paar Gedanken rund um das Exportieren von Mixes gemacht. So verfügt Sonar jetzt über Export-Presets mit dezidierten Einstellungen, etwa für Wav- oder MP3-Exporte, die ohne jedwede weitere Einstellungen das gewünschte Ergebnis erzeugen. Diese Presets können auch im Startbildschirm gefunden und aufgerufen werden. Überdies ist es jetzt auch möglich, nicht nur einzelne Spuren, Ausgänge und Gruppenspuren separat zu exportieren, sondern auch einzelne Clips innerhalb von Spuren. Via Clip Tail Duration Parameter können bei Bedarf dabei Effekte, die über das Ende des Clips hinaus erklingen mit gerendert werden, was klug gedacht ist. So lassen sich etwa in Slices aufgeteilte Loops blitzschnell exportieren und nach allen Regeln der Kunst weiter verarbeiten.
Doch das Beste kommt zum Schluss: Schon seit längerem verfügt Sonar Platinum über ein waschechtes Drum-Replacer-Plug-in im Stile etwa von Wavemachine Labs Drumagog oder SPLs DrumXchanger-Plug-in. Besonderheit in der Sonar-Variante: Das Plug-in nutzt die von Celemony entwickelte ARA-Schnittstelle, die übrigens von den Entwicklern im Zuge des Drum Replacers noch einmal optimiert wurde.Vorteil: Das Plug-in wird direkt in die Programmoberfläche integriert und arbeitet komplett latenzfrei. Sowohl Einzelspuren, als auch komplette Drum-Loops sind damit im Klang mehr oder weniger rasch komplett umgekrempelt. Der Drum Replacer verfügt dazu über drei Spuren, die einfach per Drag-and-Drop mit Samples belegt werden können, die am Ende anstelle des Originalsounds erklingen sollen. Ein Mix-Regler sorgt für ein dynamisch-geschmackvolles Überblenden zwischen Original und Ersatz. Mit Hilfe von Threshold und einem Filter lassen sich die gewünschten Schläge in der Spur erkennen. Überflüssige Schläge können selbstverständlich auch gelöscht werden. Damit nicht genug, kann jede Replacer-Spur auch eine MIDI-Notennummer erhalten. Per simplem Drag-and-Drop auf eine Instrumentenspur wird dabei das so erkannte Ergebniss blitzschnell als MIDI-Spur eingefügt. Das mag sich jetzt zwar kinderleicht anhören, doch wer einmal mit Drum Replacern gearbeitet hat, der weiß, dass die Arbeit damit und je nach Vorlagenmaterial durchaus langwierig ausfallen kann. Die Sonar-Variante macht da auch keine Ausnahme. Schade ist allerdings, dass nur drei Spuren gleichzeitig erscheinen. Wir hätten uns die Möglichkeit, beliebig viele Spuren erzeugen zu können gewünscht. In Sachen Ausstattung und Bedienmöglichkeiten gibt es allerdings überhaupt nichts zu meckern. Daumen hoch also, für ein Feature, dass bei den meisten Mitbewerbern gar nicht oder nur im Ansatz verfügbar ist.
Fazit
Cakewalks Subscriptions-Modell mit monatlichen, kostenpflichtigen Updates ist aufgegangen. Der Hersteller hat es tatsächlich geschafft, das Programm kontinuierlich in seiner Funktionalität, im Workflow und in der Ausstattung weiter auszubauen. Die Änderungen und Neuheiten im Vergleich zur Vorjahres-Version sind zahlreich und teils einzigartig, wie etwa die Patch-Punkte oder der Drum Replacer. Viele der neuen Features kennt man zwar auch aus anderen DAWs, aber das einzige was zählt ist, dass sie jetzt endlich auch in Sonar verfügbar sind. Die Zahl an Neuheiten hätte jedenfalls das Zeug dazu, Sonar Platinum, so es sie noch geben würde, mit einer höheren Versionsnummer zu adeln. Es bleibt zu hoffen, dass der Hersteller die künftigen monatlichen Updates mit der gleichen hohen Qualität weiter fortsetzt.
Neue Instrumente und Effekte
Strum Session 2 von AAS emuliert per Physical Modeling den Sound und das Spiel von akustischen und elektrischen Gitarren.
AAS Ultra Analog Session 2 liefert Analog-Synth-Sound at its best.
Der Bark of Dog-Prozessor ist ein Highpass-Filter, der als Pro Channel-Effekt ausgelegt ist.
Der Pro Channel-Effekt Panipulator erlaubt das Kontrollieren von Downmixes auf mono oder anderen Kanal-Varianten.
Komplett überarbeitet wurde der Linaer-Phasen-Equalizer, der sich primär fürs Mastering empfiehlt.
Auch der linearphasige Multiband-Kompressor ist überarbeitet worden und sorgt im Mastering für exzellenten Sound.
Pfiffig: Das Monitorizer-Plug-in emuliert die Lautsprecher-Wiedergabe über Kopfhörer, was gar nicht mal so schlecht klingt.
Ein Beispiel aus den unzähligen Effekt-Ketten aus der Feder von Craig Anderton: Die Pedalboard-FX, die Gitarren-Pedale emulieren.
Rapture Session ist eine abgespeckte Player-Variante von Rapture Pro, um rasch und unkompliziert Sounds und Instrumente spielen zu können.
Mit den Style Dial Effekten findet sich weiterer Zuwachs im Pro Channel. Über einen einzigen Regler werden gleich mehrere Parameter ausgeführt, um etwa für mehr Räumlichkeit oder Punch zu sorgen.
Die Gitarren-Amp-Emulation TH3 Cakewalk Edition ist in Zusammenarbeit mit Overloud entstanden und liefert jetzt erstmals auch Bass-Verstärker.
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