Das Ausstattungswunder

Auch wenn die DAW-Anwendung Sonar immer noch im Schatten der Platzhirsche steht: Angesichts der Ausstattung und Qualität dieser Vollbedienung für die Musik-Produktion verdient diese Software einen Platz im Scheinwerferlicht.

Von Harald Wittig 

Die amerikanische Softwareschmiede Cakewalk hat sich mit ihrem Vorzeigeprodukt, der DAW-Anwendung Sonar inzwischen einen zwar vergleichweise überschaubaren, aber doch treuen Anhänger- und Anwenderkreis redlich verdient. Redlich deswegen, weil dieses Sequenzer-Programm in alle seinen Inkarnationen in puncto Benutzerfreundlichkeit, Ausstattung und Klangqualität bei einem fast unschlagbaren Preis-Leistungsverhältnis alles Wesentliche und noch viel, viel mehr für die professionelle rechnerbasierte Musikproduktion bereithält. Insoweit sei auf unsere Tests von Sonar 6, 7 und 8 (siehe die Ausgaben 1/2007, 1/2008 und 7/2009) verwiesen und nach wie vor kommt die eigentlich schon sehr überzeugende Version 8.5 bei den Tests von Professional audio zum Einsatz. 
Im Herbst 2011 gab es dann aber für viele alte Sonar-Hasen mit der Version X1 eine faustdicke Überraschung: Viele Sonar-Anwender rechneten höchstens mit einer Version 9, die allenfalls Detailverbesserungen im Vergleich zur ausgereiften Vorversion zu bieten gehabt hätte. Stattdessen präsentierten die Amerikaner eine gänzlich neu gestaltete, Arbeitsflussorientierte Benutzeroberfläche, Skylight genannt, die zu den fortschrittlichsten Ein-Fenster-Anwendungen überhaupt in dieser Produktkategorie gehört. Hinzu kam – Cakewalk-typisch – ein neu geschnürtes Plug-in- und Software-Instrumentenpaket, das einen Neueinstieg oder Umstieg, aber auch den Aufstieg von Sonar 8.5 sehr attraktiv machte.
Insgesamt ist Sonar X1 gut aufgenommen worden, allerdings war anscheinend nach einem X1-Jahr die Zeit wieder reif für eine neue Version. Im Herbst 2012 ließ Cakewalk verlauten, dass es Sonar X2 gibt, das auf X1 aufbaut, sich von diesem allerdings im Detail und bei der Ausstattung deutlich unterscheidet. Wie von Cakewalk gewohnt gibt es auch Sonar X2 in drei Versionen: Die mit rund 100 Euro günstigste Version nennt sich Essential, mit der Version „Studio“ die um die 200 Euro kostet sind MIDI-fizierte Produzenten wegen der unbegrenzten Anzahl an MIDI-Spuren schon mal gut bedient, das wahre Produzentenglück stellt sich aber erst mit der „Producer Edition“ ein. Auf diese bezieht sich auch dieser Praxistest.
Der Listenpreis für Sonar X2 Producer Edition beträgt rund 600 Euro, im Fachhandel ist die Vollausstattungs-Ausführung indes schon für 499 Euro zu bekommen. Wie einmal ein anziehendes Angebot von Cakewalk, das seit 2008 zu Roland gehört und dank der an Sonar angepassten Geräte der V-Studio-Reihe sich längst zur Voll-DAW gemausert hat.

Allerdings bleibt Sonar zunächst mal eine reine Windows-Anwendung. Es besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, Sonar via Bootcamp auch auf Apple-Rechnern zu betreiben. Dennoch ist das nur eine behelfsmäßige Lösung, weswegen sich Sonar-interessierte Mac-User mit dem Erwerb eines Windows-PCs anfreunden sollten. Dabei ist aber unbedingt zu beachten, dass mit Sonar X2 die XP-Zeiten endgültig passé sind: Offiziell gibt es herstellerseits keine XP- und Vista-Unterstützung, künftige Updates sind nicht kompatibel, lassen sich nicht mal installieren. Lassen sie sich besser auf keine Kompromisse ein und machen Sie es nicht unter Windows 7. Unter Windows 7 lässt sich sehr gut mit Sonar X2 arbeiten. Das Programm ist auf der Installations-DVD als 32- und 64-Bit-Version vorhanden, beide Versionen lassen sich ohne Probleme installieren und nach unserer Erfahrung auch auf einem Rechner mit 64 Bit-Betriebssystem nebeneinander verwenden. Gleichwohl ist die ausschließliche Installation und Verwendung der 64 Bit-Sonar-Version empfehlenswert, denn das 64-Bit-Windows 7 kann mehr Arbeitsspeicher, die Professional-Version sogar maximal 192 Gigabyte, adressieren und insgesamt ist die Performance des Programms deutlich besser. Allerdings sollten Sie das seit Kurzem erhältliche und kostenlose Update auf die Version X2a nicht auslassen: Manche Probleme, beispielsweise mit dem virtuellen Schlagzeuger Session Drummer 3 (siehe den Kasten Effekte- und Instrumenten-Highlights auf Seite 26) oder dem Mastering-Multibandkompressor LP-64 sind damit ausweislich unserer Erfahrungen obsolet. Das Update finden Sie unter www.cakewalk.com/Support/kb/reader.aspx/2007013301.
Die eigentliche Installation ist einfach, verlangt aber wegen des umfangreichen Contents – immerhin umfasst das Gesamtpaket vier prallvolle DVDs – einige Stunden Zeit. Seit der Version 7 befindet sich der Sample-Player Dimension Pro, der unter anderem die rechtgut klingende Garriton Pocket-Orchestra-Library umfasst, im Lieferumfang. Wir schätzen Dimension Pro wegen seiner guten Sounds und der einfachen Handhabung und Spielbarkeit. Sofern Sie keinen anderen Sampleplayer mit wenigstens einer umfangreichen Library ihr Eigen nennen, sollten Sie Dimension Pro auf jeden Fall installieren.
Beim Erststart von Sonar wird automatisch der sogenannte Wave Profiler ausgeführt, der die passenden MIDI- und Audioeinstellungen für das an den Rechner angeschlossene Audio-Gerät ermittelt. Das funktioniert grundsätzlich gut und Sonar X2 kann beispielsweise auch – ganz anders als beispielsweise Logic Pro – den Treiber des AVID Eleven Rack korrekt auslesen (siehe hierzu näher den Test des Eleven Rack in Ausgabe 3/2013). Dennoch kommt der Anwender im Einzelfall nicht umhin, bei Verwendung mehrerer verschiedener Audio-Geräte händisch noch nachzuarbeiten: Sonar hat die Eigenart, bei den „Einstellungen für die Audiosynchronisation und „Festplattencaches, das über „Bearbeiten – Voreinstellungen – Audio“ aufzurufen ist, nicht immer den Treiber des aktuell ausgewählten Interfaces zur Kompensation der Aufnahmelatenz zu wählen. Vor allem der Pseudo-ASIO-Trieber ASIO4ALL drängelt sich da gerne vor. Es ist uns nicht gelungen, ASIO4ALL rauszukicken. Deswegen haben wir dieses Software-Tool kurzerhand deinstalliert und konnten damit auch den Mytek Digital Stereo192DSD DAC für die Dropout-freie Zusammenarbeit mit Sonar X2 fit machen. Hinzu kommt, dass Sonar anscheinend bei den Audio-Interfaces wählerisch ist: Beispielsweise ist das Arbeiten mit dem Eleven Rack, aber auch mit M-Audio-Interfaces eine ausgesprochen entspannte, also störungsfreie und geschwinde Angelegenheit. Dagegen können die Presonus AudioBox 44VSL und die Cakewalk-DAW nicht so recht miteinander: Beim Erstellen unserer beiden X2-Testprojekte, einem Jazz-Walzer-Arrangement mit fünf Gitarrenspuren, Drums und einem Streicherarrangement sowie einem kurzen Funkytrack mit Drums, Rhythmusgitarre, Singlenote-Lead-Gitarre und kurzem Gitarren-Solo ist der Aufnahmeprozess zwar einigermaßen reibungslos verlaufen, beim Mischen und Bearbeiten, vor allem aber auch beim Exportieren der fertigen Mischung kam es auch beim sogenannten „schnell abmischen“ ohne Ton zu Dropouts.  Bestens funktioniert die Kombination Roland V-Studio 100/Sonar X2 – mehr zu dem Roland Interface/Controller finden Sie im Kasten auf Seite 27.
Gehen wir davon aus, dass Ihre Audio-Hardware und Sonar X2 eine Traumhochzeit gefeiert haben, sodass einer glücklichen und kreativen Zusammenarbeit nichts im Wege steht. Nun erstrahlt der opulente Hauptbildschirm, das sogenannte Skylight vor Ihnen. Die Hauptmodule sind die Steuerleiste, die zunächst zuoberst angeordnet ist, in der Mitte sehen Sie die Spuren mit den Clips – das sind Audio-Dateien oder Events, also MIDI-Daten, links davon ist der Spurinspektor und rechts der Browser angeordnet.
Lassen wir den Blick von links nach rechts schweifen und verweilen wir zunächst beim Spurinspektor. Er bietet einen schnellen Zugriff auf alle relevanten Einstellungen einer MIDI- oder Audiospur nebst umfangreichen Informationen. Eingeführt wurde der Inspektor mit Sonar X1 und verbessert damit deutlich die frühere vergleichsweise starre Spuransicht. Nicht nur, dass die Informationen sehr viel üppiger sind. Vor allem stellt der Inspektor einen kompletten Kanalzug dar, sodass das Aufrufen der Mischpultansicht bei der Einzelspurbearbeitung nicht mehr nötig ist. Bei den Sonar-Vorversionen haben wir immer auf die Mischpultansicht umgestellt, wenn wir einen aufgenommenen Take bearbeiten wollten.

Mit X2 bleiben wir stattdessen bei der Spuransicht und richten im Inspektor über den ebenfalls in X1 eingeführten, sehr nützlichen „Assistenten zum Einfügen von Sends“ den entsprechenden Send-Bus für den Halleffekt ein, passen die Lautstärke über den Kanalfader an, laden eventuell einen Audioeffekt in den Spur-Container oder bearbeiten den nackten Aufnahmeklang mit den leistungsstarken Elementen des ProChannel. Was hat es jetzt damit auf sich? Der ProChannel hat nur noch grundlegende Gemeinsamkeiten mit dem von X1, denn er ist jetzt modular aufgebaut und umfasst eine Sammlung von Modulen zur Audiobearbeitung, die für jede Audio- und Instrumentenspur – das sind die einem Software-Instrument, beispielsweise Session Drummer 3 oder einem Softwaresynthesizer zugeordneten Spuren – sowie jeden Bus zur Verfügung stehen. Der ProChannel umfasst einen Kompressor, einen Equalizer und eine Röhrensättigung pro Kanal, wobei es sich dabei um sehr gut klingende Emulationen klassischer Analog-Hardware aus den USA und dem Vereinigten Königreich auf Modeling-Basis handelt. Das PC76 U-Type Kanal-Kompressor-Modul steht für die Spuren zur Verfügung und kein Schelm ist, wer bei dieser Nachbildung eines berühmten FET-Kompressors an UREI denkt. Allerdings klingt die Sonar-Emulation weniger bissig, was wir aber nicht für einen Nachteil erachten. Speziell für Gitarren – akustische wie elektrische – leistet dieser Kompressor Erstaunliches. Wir haben ihn deswegen für unsere beiden Test-Projekte verwendet. Demgegenüber steht das PC4K S-Type Bus Kompressor-Modul, das – klar – dem inzwischen schon fast sagenumwobenen Bus-Kompressor analoger SSL-Konsolen nachempfunden ist. Auf der Summe eingesetzt, bringt er einen Mix schön nach vorne, ohne dass dieser an Musikalität verlöre. Sehr gut eignet sich der PC4K aber auch für perkussive Klinge, vorzugsweise Klavier oder Schlagzeug. Beim Jazz-Walzer kommt der PC4K auf der Summe zum Einsatz.
Premiere im ProChannel von X2 hat der QuadCurve Equalizer, grundsätzlich ein Equalizer-Modul mit sechs Bändern mit ansprechendem grafischem Benutzerinterface, das jedoch den Spur-Equalizer sämtlicher Vorversionen in puncto klanglicher Flexibilität in den ganz dunklen Schatten stellt. Denn die Entwickler haben genau genommen mehrere, über einen dezidierten Button aufrufbare Entzerrertypen in diesem Modul vereinigt: Der EQ-Typ „Hybrid“ mit seiner unsymmetrischen Kennlinie ist bestens geeignet für sanfte Frequenzanhebungen oder die gezielte Resonanzsteuerung für Schlagzeug oder Percussion. Verwand ist „E-Type“, die Emulation eines klassischen Hardware-EQs nach SSL-Vorbild mit konstanter Filtergüte bei allen Pegeleinstellungen, was eine schmalbandige Absenkung bei niedrigen Gain-Einstellungen ermöglicht – sehr praktisch für Schlagzeug-Spuren. Bei den Typen „Pure“ und G-Type handelt es sich hingegen um moderne Equalizer: Pure ist ein transparenter, eher subtil zu Werke gehender Mastering-EQ, der für die Summenentzerrung, auf Bussen oder eben beim finalen Feinschliff zum Einsatz kommen sollte. Für feinfühlige Korrekturen bei puristischen Akustik-Aufnahmen darf er aber gerne auch Verwendung finden. Der G-Type ist ein Verwandter des E-Type, es handelt sich um die Emulation des EQs der G-Serie-Pulte von SSL. Dank seiner dynamischen Filtergüte – wird der Pegel erhöht, verringert sich automatisch der Güte-Wert/Q-Faktor – bietet er beste Vorraussetzungen für eine breitbandige und musikalische Klangbearbeitung. Neben dem schon von X1 bekannten und jetzt auch in der Presonus-DAW Studio One 2.5 Professional (siehe Test in Ausgabe 3/2013) zu findenden Saturation Knob von Softtube, ein Röhrensättigungs-Plug-in, hat der ProChannel in der X2 Producer Edition als hochinteressanten Neuzugang das sogenannte Console Emulator-Modul zu bieten. Es bildet die Klangeigenschaften dreier klassischer Mischpulte nach, wobei es nicht etwa um den Klang von Kompressoren und Equalizern geht. Nein, dieses Modul fügt dem sterilen Digital-Klang subtile, analog klingende Schattierungen hinzu, die für die Vorbildpulte charakteristisch waren beziehungsweise sind. Mit dem für alle drei Emulationen vorhandenen Drive-Regler lassen sich zudem charakteristische Verzerrungen beimischen.
Mit der Emulation S-Type kann der Sonar-Produzent seinen Aufnahmen und Mischungen einen mehr oder weniger ausgeprägten Hauch des SSL-Sounds der 1970er und 1980er einblasen. Auf der Summe ein gesetzt, gewinnt eine Mischung an Transparenz, Klarheit und Durchhörbarkeit, ohne dass sich die Dynamik und das Gesamtgefüge der Mischung grundlegend ändern würden. Bei N-Type, eine Emulation der frühen Neve-Pulte, ist die klangliche Ausrichtung eindeutig retro, der Klang deutlich wärmer, die Bässe angenehm angedickt, bei gleicher Stellung des Drive-Reglers fügt N-Type dem Signal hörbar mehr Verzerrungen hinzu. Beim A-Typ ist schließlich eine ultraseltene Konsole britischer Herkunft Vorbild, das A-Range-Pult der Trident-Studios, das Könner wie der Yes-Toningenieur Eddie Offord wegen seines eigenen Klangs für eines der besten Analog-Pulte aller Zeiten halten. Anders als der warme, angedickte Sound des N-Typs sorgt die A-Type-Emulation vor allem feinen Höhenglanz und hält die Bässe etwas schlanker, die Klirranteile sind stärker als bei S-Type, dafür geringer als bei N-Type. Grundsätzlich empfiehlt es sich, für einen homogenen Klang ein und dieselben Consolen-Emulation für die Spuren und die Busse zu verwenden. Sie sollten diesem Ratschlag aber nicht sklavisch folgen – schließlich kann das Zusammenspiel von eigentlich gegensätzlichen Zutaten einer Mischung das gewisse Etwas verleihen.  

Wir haben das Jazz Walzer-Arrangement mit der A-Type-Emulation veredelt, nachdem uns N-Type eine Spur zu warm und S-Type zu neutral war.
Insgesamt sind wir sehr überzeugt von dem ProChannel, denn damit hat der Sonar-Produzent ein ausgesprochen flexibles, sehr analog klingendes virtuelles Mischpult unter der Maus-Kontrolle. Allerdings ist der ProChannel auch leistungshungrig: Beim Jazz Walzer-Projekt, das mit vier Audio- und drei Instrumentenspuren sowie einem Effekt-Bus überschaubar ist, sorgt der in allen Spuren und der Stereo-Summe aktive ProChannel für ständige Dropouts. Allerdings ist der Testrechner mit seinem Intel Core 2.1 GHz-Prozessor an der untertesten Sonar X2-Leistungsgrenze: Ein Dual Core mit mindestens 2.67 sollten es schon sein. Wir müssen daher den Audio-Puffer auf den Maximalwert erhöhen, sodass das Mischen entspannt und störungsfrei vonstatten gehen kann.
Nach unserer ausführlichen Inspektor-Besprechung mit ProChannel-Exkurs wenden wir uns jetzt dem Spurbereich zu und der unseres Erachtens bedeutendsten Neuerung von Sonar X2. Mit den sogenannten Automationsbahnen, im Tonstudio-Sprech besser als „Lanes“ bekannt, erlaubt das neue Sonar erstmals die Möglichkeit, Automationshüllkurven als eingezognen Bahnen unter der übergeordneten Spur anzuzeigen. Gegenüber der früheren, nach wie vor möglichen Variante, welche die Automationskurven direkt in die Spur einzeichnet, stellen diese Lanes eine große Arbeitserleichterung dar. Die Automationsdateien sind so viel besser sichtbar, neue Lanes lassen sich blitzschnell hinzufügen und wieder entfernen. Die Bearbeitung ist dank der großzügigen Zoomfunktion – vergleichbar mit dem schon bekannten Spur-Zoom – und des mit wenigen Klicks erledigten Zuweisens von Parametern sehr benutzerfreundlich.
Das Zeichnen von Automationskurven ist dank der mittels Short Cuts optimierten Bedienung, die ein Ziehen von Linien und das freihändige Zeichnen ohne umständlichen Moduswechsel erlaubt, sehr bequem. Zumindest mit der aktuellen Version X2a haben wir beim Zeichnen von Automationskurven keine Abstürze zu verzeichnen, diesbezügliche Probleme, die User mit der ersten X2-Version hatten, sind uns bislang nicht begegnet.
Der Browser, unterteilt in die Sektionen Media, Plug-ins und Synth ist ein prima Werkzeug zum Suchen, Importieren und Verwalten von Audio- und MIDI-Dateien, Spur- und Projektvolagen, Effekt-Plug-ins und Instrumenten. Das altbekannte Synthesizerrack, das den praktischen Umgang mit virtuellen Instrumenten ganz erheblich entspannt hat, ist seit Sonar X1 Teil des Browsers. Soweit so gut, allerdings ist die Anzeige auf wenige Parameter beschränkt, wenn das Browserfenster rechts am Hauptfenster angekoppelt – „angedockt“ heißt das bei Cakewalk – ist. Wie auch das Inspektor-Fenster ist jedoch auch das Browser-Fenster abkoppelbar und dann frei vor dem Hauptbildschirm, gewissermaßen wie das GUI eines Effekt-Plug-ins, verschiebbar. Jetzt hat der Anwendbar Zugriff auf alle Einstellparameter des Synthesizerracks. Einige Anwender haben von Cakewalk insoweit eine Überarbeitung erwartet. Wir meinen aber, dass es hier keinen echten Handlungsbedarf gibt, denn es ist wirklich keine große Sache, das Browser-Fenster abzukoppeln. Aber mal abwarten, ob die Amerikaner künftig mit einer Neuerung aufwarten werden. Klasse ist, dass beim Anklicken eines Synthesizers im Rack die entsprechende Instrumentenspur direkt aktiviert wird. Wer Sonar X2 in erster Linie als Mittel zur Komposition verwendet – das dürfte die Anwender-Mehrheit sein – und Software-Synthesizer wie Hardware-Musikinstrumente spielt, freut sich darüber.
Kommen wir im Rahmen unserer Skylight-Tour abschließend noch zur Steuerleiste, deren Module jetzt zentriert sind. Das Zuschneidewerkzeug ist in Bearbeitungswerkzeug umbenannt worden, was uns, die wir die alte Nomenklatur gewohnt waren, anfänglich verwirrte – inzwischen haben wir uns aber daran gewöhnt. Das Rastermodul ist dank neuer und jetzt instruktiverer Grafiken einfacher zu bedienen, die sogenannte Smart Grid-Option, die ein dynamisches Einrasten basierend auf der horizontalen Zoomauflösung ermöglicht, ist eine willkommene Innovation. Sehr gut gefällt uns das überarbeitete Screenset-Modul: Wie bisher lassen sich über nummerierte Knöpfe verschiedene Screensets, also vorgefertigte oder auch selbst erstellte Fenster-Layouts, per Mausklick aufrufen. Es gibt jetzt zehn Schaltflächen, die schon ab Werk so ziemlich alles abdecken, was die verschiedenen Anwender-Typen vom konventionellen Akustiker bis hin zum Vollelektroniker benötigen.
Die Mischpultansicht ist wie bisher auch die Arbeitsoberfläche für die Mischung des Projekts. Wenn wir uns einen Shortcut eingeprägt haben, dann ALT + 2 womit die Mischpultansicht aufgerufen wird, denn nach der Aufnahme und dem Bearbeiten der Clips und Events arbeiten wir noch mit dem Mischpult. Die bereits ausführlich besprochenen ProChannel-Module der Kanalzüge und Busse sind in der Standardeinstellung ausgeblendet – aus gutem Grund, denn das virtuelle Mischpult verbreitert sich bei ausgeklappten Modulen deutlich, was der Übersichtlichkeit gerade auf Laptop-Bildschirmen nicht eben dienlich ist. Somit hat Cakewalk eine praktikable Lösung gefunden.
Die sogenannte Matrixansicht dient zum Spielen von Loops: Mit ihr lassen sich Loops, Phrasen, One-Shotsamples als Audio- oder MIDI-Pattern via Tastatur, Maus oder MIDI auslösen und in Echtzeit arrangieren, indem die Phrasen in das Matrix-Raster mit seiner unbegrenzten Anzahl an Reihen und Spalten eingeladen werden.   

Die Matrix wurde gründlich überarbeitet, bietet dank höherer Triggerauflösung eine bessere Spielbarkeit über externe MIDI-Controller, eine frühere Synchronisationsprobleme überwindende verbesserte Wiedergabe – die Synchronisation ist tatsächlich perfekt – und einiges mehr. Die Matrix macht richtig Spaß, denn auch Frischlinge beim Umgang mit Loops haben direkte Erfolgserlebnisse. Zum Lieferumfang von Sonar X2 gehört übrigens ein überzeugendes Arsenal an sehr gut programmierten MIDi-Clips und fetzigen Samples – einmal mehr hat Cakewalk daran gedacht, dem Sonar-Einsteiger jede Menge nahrhaftes Kreativfutter beizupacken.
Auch Sonar X2 wurde in bester Cakewalk-Tradition eine pralle Effekte- und Instrumenten-Sammlung beigepackt, die neben Bewährtem – wie gewohnt – einige hochinteressante Neuheiten zu bieten hat. Den in unseren Augen und Ohren herausragenden Glanzlichtern haben wir auf Seite 26 einen Kasten gewidmet, die Neuerungen im ProChannel sind ebenfalls schon ausführlich besprochen. Die Mastering-Tools LP-64 EQ und LP-64 Multiband-Kompressor sind zum Glück immer noch dabei und sogar verbessert worden: Jetzt ist es möglich, in Echtzeit an den Reglern zu drehen, ohne dass Sonar abstürzten würde. Schließlich freuen wir uns, dass auch der Vintage-Channel VC-64, einen wunderbar analog klingender Channelstrip für Mix und Mastering, der die Sonar-Ausführung des Gold Channel von der inzwischen eingegangenen Software-Schmiede Kjaerhus Audio darstellt. Da die hoch geschätzten Kjaerhus Plug-ins nicht mehr zu bekommen sind, leben diese dänischen Klangdelikatessen in Sonar X2 weiter. Wir haben mit dem Vintage Channel die Streicherspuren unseres kleinen Jazz-Walzers bearbeitet: Sie klingen jetzt hauchiger und griffiger, was dem Arrangement gut zu Gesicht steht.
Besondere Erwähnung verdient zum Schluss noch das Plug-in R-MIX Sonar Edition, das es exklusiv nur in der X2 Producer Edition gibt. In diesem VST-Plug-in ist die V-Remastering-Technologie von Roland integriert und grundsätzlich handelt es sich um eine Mastering-/Restaurations-Software, die dazu dient, Einzelspuren, Zwischen- oder Gesamt-Mischungen zu bearbeiten. Das Besondere dabei: Im Hauptfenster von R-MIX ist das Eingangssignal spektographisch dargestellt und in Echtzeit animiert. Laute Signalanteile blinken gelb und rot, leise blau bis grün. Mittels eines wahlweise rechteckigen oder ovalen Auswahlwerkzeugs lassen sich gezielt Elemente des Audiosignals markieren, im Verhältnis zum Gesamtsignal im Pegel anheben oder abschwächen und im Panorama verschieben. Hinzu kommt ein recht effektives Werkzeug zur Rauschunterdrückung und Delay- und Halleffekte – beides wirkt aber immer auf das Gesamtsignal. Mit etwas Geduld und – im wahrsten Sinne des Wortes – Fingerspitzengefühl ist es beispielsweise möglich, Solostimmen aus einer Aufnahme zu entfernen, genauer unhörbar zu machen und folglich Karaoke-Versionen anzufertigen. Interessanter sind unseres Erachtens die Kreativoptionen, welche das Plug-in bereithält. So haben wir unseren kurzen Funky-Track mittels R-MIX dergestalt bearbeitet, dass vor allem die mächtigen Drums stark „ge-Phaser-t“ erklingen. Für Klangschrauber und passionierte R-Mixer ist das Plug-in bestimmt eine willkommene Ergänzung von Sonar, dezidierte, umfangreicher ausgestattete und auch teurere Klangbearbeitungswerkzeuge ersetzt R-Mix sicher nicht.
Ist das Projekt veröffentlichungsreif, gibt es wie bisher die Möglichkeit, den fertigen Mix direkt auf CD zu brennen oder direkt auf SoundCloud hochzuladen. Das bietet auch Presonus Studio One und wir haben daran überhaupt nichts auszusetzen, denn immer mehr Musiker nutzen die Klangwolke zusammen mit sozialen Netzwerken zum Austausch mit Freunden, Fans und Fachberatern. Insoweit hat Cakewalk tatsächlich an alles gedacht: Sonar X2 Producer ist in der Tat die Komplettlösung für eine rechnerbasierte Musikproduktion.

Fazit

Sonar X2 Producer überzeugt: Das mit X1 eingeführte Bedienkonzept wurde noch einmal verbessert, was die Cakewalk-DAW zu einer der benutzerfreundlichsten überhaupt macht. Die nach wie vor vorzügliche Audio-Engine, die ausgezeichnete und außergewöhnlich umfangreiche Ausstattung mit sehr gut klingenden Effekten und Instrumenten lassen keine Wünsche offen – sofern das Rechenzentrum im eigenen Studio ein Windows-Rechner ist.

Sahnehäubchen




Der Cakewalk-Tradition folgend ist auch Sonar X2 mit einer Fülle von sehr gut klingenden Effekten und Instrumenten ausgestattet. Vier unserer persönlichen Lieblinge seien an dieser Stelle gesondert vorgestellt. Den Anfang macht Breverb 2 (Screenshot links) von der italienischen Softwareschmiede Overloud/Almateq, ein algorithmischer Hall, der den ohnehin schon erlesenen Effekte-Fuhrpark nochmals aufwertet. Breverb 2 ist klanglich sehr nahe am typischen Lexicon-Digitalhall und hat sehr satt und dicht klingende Hallräume zu bieten. Uns gefällt neben den kleinen Räumen, den „Rooms“, vor allem die „80s-90s“-Abteilung. Da geht der Breverb 2 klanglich eindeutig in Richtung der großen Lexicon-Systemen, die unzählige Hits der 1980er und 1990er Jahre geprägt hat. Breverb 2 ergänzt das immer noch vorhandene Faltungshall-Plug-in Perfect Space um die spezielle algorithmische Note. Sehr schön: Breverb 2 gibt es sowohl als konventionelles Effekt-Plug-in, das in den Spur- oder Bus-Container zu laden ist, als auch als ProChannel-Modul. Wir haben Breverb 2 als solches in unseren beiden Test-Projekten „Funkytown“ und „Soulman“ für die Sologitarrenspur verwendet, um der Leadstimme ein wenig mehr Tiefe zu geben – eine Aufgabe, die der Overloud-Hall mit Bravour gelöst hat. Ebenfalls von Overloud kommt TH2 (Mitte links), die in der Sonar Producer-Edition zwar abgespeckte, gleichwohl ungemein flexible und klangstarke Gitarren-Amp-Simulation der Italiener (siehe die Einzeltests von Overloud TH1 und TH2 in den Ausgaben 3/2009 und 7/2011). Als echte Alternative zu den Spitzen-Simulationen Guitar Rig und Amplitube – um nur diese beiden zu nennen – bietet TH2 als einziges Plug-in dieser Art äußerst gelungene Randall- und THD-Emulationen. Die Sonar Edition beinhaltet – zum Glück – den Randall T2, ein sehr kompetenter Vertreter der Gattung Heavy Amp, der aber auch mit seinen Klarklängen überzeugt. Mit dem THD ist dann noch ein Amp für die Vintage-Freaks dabei, wobei die Software zudem die üblichen Verdächtigen aus den Häusern Fender, Marshall und Vox auch beinhaltet. Es sei nicht verschwiegen, dass die TH2-Vollversion diese geschrumpfte Ausführung noch bei Weitem übertrifft. Professionelle E-Gitarrensounds von Traditionell bis Modern hat die Sonar-Edition gleichwohl ebenfalls in Hülle und Fülle zu bieten. Für unsere Test-Stücke findet TH2 allerdings keine Verwendung, da wir sowohl für die Funk-Nummer als auch den Jazz-Walzer den ProChannel-Klang, im Falle der Sologitarren ergänzt um den Breverb 2, bevorzugen.
Session Drummer 3 (Mitte rechts) ist der professionelle, kinderleicht zu bedienende Schlagwerker, der dank hervorragender Samples von Akustik-Drumsets letztlich auch klanglich überzeugt. Zu den absoluten Klang-Glanzlichtern gehören die Steven Slate-Samples, beispielsweise das mächtige OldZepKit. Damit können Sie den Drum-Sound des großen John Bonham (Led Zeppelin) mit geringem Aufwand in Ihre Projekte holen. Wir haben für unsere stilistisch anders orientierten X2-Testprojekte das trockene und schön locker swingende „Motown Kit“ von SonicReality gewählt, werden aber bei künftigen Projekten bestimmt noch auf das OldZepKit zurückkommen. Session Drummer 3 machte im Verlauf des Tests – entgegen gegenteiliger Erfahrungsberichte von X2-Usern der ersten Stunde – zumindest unter X2a übrigens keinerlei Zicken.
Die meisten Sonar-User und –Tester reden und schwärmen von den Synthesizern und Dimension Pro, die Gruppe der S(tudio)I(nstruments) findet weniger Beachtung. Das sollte sich unserer Meinung nach ändern, denn hinter den Einzelinstrumenten SI-Bass Guitar, SI-Drum Kit, SI-Electric Piano und der SI-String Section gut klingende Sample-Instrumente, die einen gewissen US-Touch haben und sich speziell für Soul-Poppiges gut eignen. Mit der SI-String Section (rechts) haben wir das Grundarrangement unseres Jazz-Walzers aufgewertet, speziell die Jazz-Sections können gefallen, da sie nicht etwa ein Weichspüler-Schluchzen liefern, sondern, selbstverständlich abhängig von der Spielweise, recht kernig und präsent klingen. Eine gute Wahl, auch für „Mellow-Tunes“.

 

Erschienen in Ausgabe 04/2013

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 594 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: überragend